Der japanische Fünfundzwanzig-Meter-Buddha (Daibutsu 大仏)
Statue im Gelbmützentempel Gaden Phelgayling Namgyal Tatsang
Fresco im Karma Tharjay Chokhorling Kagyupa (Kloster des Vajrayana-Buddhismus)
Der japanische Fünfundzwanzig-Meter-Buddha (Daibutsu 大仏)
Liebe Birgit,
wie bereits letztens kurz erwähnt: Auch in Bodhgaya gibt es viele buddhistische Tempel und Klöster, die vom Klerus verschiedener buddhistischer Länder betrieben werden. Einige davon haben übrigens auch Lehr-, Kurs- und Meditationveranstaltungen im Angebot; man kann also hier ganz gut buddhistisches guru shopping betreiben. Das habe ich freilich bleiben lassen; stattdessen habe ich als neugieriger Tourist die Tempel in Augenschein genommen. Jeder davon dient auch als so etwas wie eine kulturelle Visitenkarte; daher sind alle sehr gepflegt und versuchen, dem Besucher einen Eindruck vom landestypischen Tempelstil zu geben.
Statue im Gelbmützentempel Gaden Phelgayling Namgyal Tatsang
Die Mehrzahl der Tempel in Bodhgaya repräsentiert den tibetischen Zweig des Buddhismus (Vajrayana). Das ist nur natürlich, denn jeden Winter stürmen die Tibeter den Platz, um den tiefen Temperaturen in ihren Bergen zu entgehen; selbst der Dalai Lama, so habe ich gehört, liebt die milden Winter der nordindischen Tiefebene mehr als die Frostexzesse des Gebirges. Nachvollziehen kann ich es!
Fresco im Karma Tharjay Chokhorling Kagyupa (Kloster des Vajrayana-Buddhismus)
Der tibetische Buddhismus ist in mehrere Sekten gespalten; allerdings sind die Unterschiede eher politisch als theologisch bedingt. Die in Tibet bedeutendste Gruppe sind die „Gelbmützen“ (Gelugpa), deren Oberhaupt der Dalai Lama ist; dazu kommen die Nyingmapa, Sakyapa und Kagyupa, die gemeinsam als „Rotmützen“ bezeichnet werden. Während die älteste dieser Linien, der Nyingma, eine dezentrale Organisation pflegt und kein besonderes Oberhaupt hat, werden die andern beiden vom erblich bestimmten Sakya Trizin bzw. vom jedes Mal neu inkarnierten Karmapa Lama geführt; letzterer weilt übrigens gerade in Bodhgaya. Alle diese Sekten haben hier ihre eigenen Tempel und Klöster, und auch der Staatsbuddhismus von Bhutan ist hier mit einem schönen Tempel vertreten.
Goldener Buddha im burmesischen Tempel
Vietnamesisches Lotos-Motiv im Tempel der Gesellschaft für Erleuchtung (Tung Tam Vien Giag)
Tempelhalle im Maha Bodhi Viharaya
Buddha unter Kobra, im Bangladeshi-Tempel (bengalische Produktion, kein Thai-Import)
Goldener Buddha im burmesischen Tempel
Tempelhalle im Maha Bodhi Vihare
Südostasien ist ebenfalls ein vorwiegend buddhistisch, und so kann man zwei wunderschöne, mit viel Gold geschmückte Tempel aus Burma und Thailand bewundern. Etwas bizarr ist der vietnamesische Tempel, dessen Innenraum von einem in tibetischem Stil gehaltenen Buddha Maitreya dominiert wird; daneben findet man aber auch Vietnam-typische Dekorationselemente wie Bambus und Vorhänge im Stil traditioneller Seidenmalereien. Vor dem Tempel prangt ein einfacher Nachbau der berühmten Einpfahlpagode (Chua Mot Cot), die auch schon als „das größte Vogelhaus der Welt“ bezeichnet wurde.
Vietnamesisches Lotos-Motiv im Tempel der Gesellschaft für Erleuchtung (Tung Tam Vien Giag)
Mitten im Stadtzentrum findet man auch einen großen chinesischen Tempel (中華大覺寺, Zhonghua Dajue Si „Chinesischer Tempel der großen Erleuchtung“), mit einer Sandurne für Räucherstäbchen am Eingang und mehreren großen Buddha-Statuen in der Halle. Die Japaner sind mehrfach vertreten, offenbar eine Frage der Konkurrenz zwischen verschiedenen buddhistischen Sekten. Das auffälligste japanische Exponat ist aber ein Figurenpark mit einem 25 m hohen sitzenden Buddha; sie wird von mehreren Statuen flankiert, die die bekannten Schüler des Meisters darstellen.
Tempelhalle im Maha Bodhi Viharaya
Ich habe ja schon letzte Woche beschrieben, daß Sri Lanka den stärksten Einfluß auf die buddhistische Szene Indiens ausübt. Am deutlichsten sieht man das im singhalesisch benannten Jaya Sri Maha Bodhi Vihare, dem Tempel der indischen Mahabodhi-Gesellschaft, dessen Fassade eine überlebensgroße Statue von Anagarika Dharmapala ziert. Dieser Tempel hat von allen die lebendigste Atmosphäre: Rund um die Uhr beten Pilger in dem großen, mit Malereien und Statuen in sirlankanischem Stil geschmückten Saal, und häufig wird er wegen Veranstaltungen für den Touristenverkehr ganz gesperrt.
Buddha unter Kobra, im Bangladeshi-Tempel (bengalische Produktion, kein Thai-Import)
Khichari
Etwas überraschend ist der Tempel aus Bangladesh, da man bei diesem Land nicht unbedingt an den Buddhismus denkt. Aber im hügeligen Grenzgebiet zu Burma leben einige Bergstämme mit Theravada-Bekenntnis; ich hoffe, diese Region, die Chittagong Hill Tracts, demnächst besuchen zu können. Auch die Chakma, ein über Indien (Mizoram, Tripura) und Bangladesh verteilter Stamm, sind mit einem bescheidenen Tempel vertreten, in dem nur ein einziger Mönch lebt. Meine Hoffnung, in diesen Tempeln eine neuartige Ikonographie und Sakralkunst zu finden, wurde aber bitter enttäuscht: Die Buddha-Statuen sind zum guten Teil (und bei den Chakma vollständig) Geschenke aus Thailand, was wohl die schwierige Situation dieser winzigen Minderheiten deutlich macht;.
Khichari
Chili Idli
Khichari
Leider schlägt diese internationale Szene nicht auf die kulinarische Versorgung durch; zwar bieten einige Restaurants Thai-Küche an, aber darauf lasse ich mich lieber nicht ein, zumal sich Köche und Management aus Indern rekrutieren. Folglich esse ich meist indisch, wie im letzten Brief beschrieben. Als kleinen Nachtrag erwähne ich noch Khichari, einen dicken oder dünnen Brei aus gespaltenen Kichererbsen und Reis, der in seiner dünnen Form oft als Frühstück oder leichtes Mittagsmahl verzehrt wird; es handelt sich um typische Hausmannskost, die man in Restaurants nur ausnahmsweise bekommen kann. Dazu servierte mir der freundliche Koch des Shiva Restaurant noch Alu Chokha, eine angeblich für Bihār typische Form vom gewürztem Kartoffelpüree.
Chili Idli
Das Be Happy Café
Trotzdem kann man eßtechnisch ein bißchen „fremdgehen“: In einem Laden namens Tirupati South Café bekommt man passable südindische Küche, insbesondere die von mir so geliebten Idli, fluffige gedämpfte Laibchen aus Reis–Bohnen-Teig. Gewöhnlich werden sie mit Sambar und Kokossauce serviert, aber hier hat sich der Koch etwas Besonderes einfallen lassen: Vielleicht erinnerst Du Dich ja noch an Chili Chicken, den merkwürdigen indisch–chinesischen Hybrid, von dem ich einmal aus Bhubaneshvar berichtet habe. Im Tirupati South Café werden Idlis nach derselben Art mit dünnem Teig überzogen, frittiert und in einer ziemlich scharfen, fruchtigen Stärkesauce serviert; das schmeckt erstaunlich gut und gewinnt einen „Originalitätspreis“.
Das Be Happy Café
Doppelter Espresso
Pizza Margherita
Das Be Happy Café
Wem das noch nicht „fremd“ genug ist, dem bleiben natürlich noch die allgegenwärtigen Traveller-Kneipen, die mittlerweile alle mit Wireless Internet Access protzen (vor drei Jahren war diese Technik in Indien noch ziemlich unbekannt, so rasch kann Fortschritt gehen). Trotz seiner Hochpreisigkeit ist das Be Happy Café gleich beim vietnamesischen Tempel ein besonderer Favourite geworden, und das liegt vor allem am Kaffee.
Doppelter Espresso
Pizza Margherita
Wildes Heiliges Basilikum (Tulsi)
Hummus mit echten Oliven
Pizza Margherita
Indien ist ja ein Land ohne jede Kaffeekultur, besonders im Norden; aber das Lavazza-Schild am Be Happy Café machte mich dann doch neugierig, und ich habe es nicht bereut. Der Kaffee kommt aus einem Espresso-Automaten und hätte in Berlin wohl nur ein leicht anerkennendes Grunzen geerntet, aber hier ist die schwarze Brühe mit der dicken Crema-Haube die reinste Offenbarung. Die Pads mit dem abgepackten Kaffeepulver kann man in Indien mittlerweile einigermaßen problemlos kaufen, erklärte mir die Besitzerin, eine junge Dame aus Kanada, die den Laden zusammen mit ihrem indischen Mann betreibt. Auch das ist eine Art von Fortschritt: Mit Schaudern erinnere ich mich an meinen einzigen „Espresso“ während des ersten Indienbesuchs im Jahr 1995, der zwar aus einer Espresso-Maschine kam, aber mit löslichem Kaffeepulver gebrüht war.
Pizza Margherita
Wildes Heiliges Basilikum (Tulsi)
Hummus mit echten Oliven
Am nächsten Tag versuchte ich dann eine Pizza Margherita. Alles daran war frisch, denn wie mir erläutert wurde, sei das Be‑Happy-Geschäftsprinzip ganz einfach: Mach es gut oder laß es. Die Pizza hatte nach amerikanischer Art einen dicken, etwas krümeligen Boden und war mit frischen Tomaten und echtem Mozzarella aus indischer Produktion belegt; dazu kamen noch ein paar Basilikum-Blätter, allerdings kein mediterranes sondern süßes Thai-Basilikum (Horapha). Ich frage mich, ob das überall wildwachsende Heilige Basilikum (Tulsi) es nicht mindestens ebenso gut getan hätte. Dieses aromatische Kraut wird von Indern übrigens niemals gegessen, höchstens kocht man einmal einen Kräutertee daraus.
Hummus mit echten Oliven
Das Be Happy Café wagt sich auch in den östlichen Mittelmeerraum und offeriert sogar ein ziemlich authentisches Hummus, also ein Kichererbsenpüree mit echtem Olivenöl, Knoblauch und Limettensaft; dazu gibt es grüne Oliven (Import) und Weißbrot (selbstgebacken und richtig gut). Insgesamt kriegt dieser Laden bei mir (nach dem Überraschungserfolg in Hampi) den zweiten Platz im Wettbewerb um das beste Touri-Futter in Indien.
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