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Fikkal फिक्कल (Nepal) |

… und dann ist das ganze Dorf auf der Straße

Die Teeplantagen überziehen die Hügel

Einmal in der Woche ist in Fikkal Markttag …
ich mußte dann doch zwei Tage länger als erwartet in Ilam ausharren, weil aus unerklärten Gründen die Busfahrer streikten. Daher komme ich mit Verspätung nach Fikkal, einem Ort, von dem Du wahrscheinlich nur dann gehört hast, wenn Du beim selben Teehändler wie ich einkaufst, denn gerade Tee aus Fikkal ist häufig in seiner Nepal-
Hier, rund um Fikkal und Ilam, liegt nämlich das Zentrum des nepalischen Teeanbaus. Die Qualität schwankt natürlich, aber selbst die billigsten Restaurants bieten Tee, der zwar lächerlich dünn aufgebrüht ist aber doch mehr Aroma hat als alles, was Du in einem deutschen Supermarkt als „Darjeeling“ kaufen kannst (typischerweise 90% Ceylon und 10% Darjeeling-Teestaub, und das ist sogar ganz legal). Am Straßenrand gibt es hier zahlreiche kleine Läden, die lokale Produkte wie den steinharten Yakkäse Churpi oder Tee vorwiegend an Touristen verkaufen; was die machen, wenn ich abgefahren bin, kann ich allerdings nicht sagen (wahrscheinlich warten sie drei Wochen auf den nächsten Touristen).
In Fikkal wird Tee von kleinen Teebauern produziert, die sich auf hohe Qualitäten und kleine Auflagen spezialisiert haben. Die Tees können sich wirklich sehen lassen: Was man hier in den Souvenirläden am Straßenrand angeboten bekommt, hat hellen Aufguß, wenig Körper, kaum Bitterkeit aber ein massives, duftiges Bouquet, das einem guten Darjeeling um nichts nachsteht. Die Spitzentees, die natürlich in den Export gehen, gehören zu den besten Schwarztees, die ich je getrunken habe und schmecken einfach nur phänomenal. Diese Tees sind hochduftig und haben sogar einen Hauch von Körper, oft mit etwas malzigen oder süßen Noten. Na, was beschreibe ich Dir das, Du hast solches Material bei mir ja oft genug getrunken.
Teepflanzen
Die Früchte des Teestrauches sind runde Kapseln
Die Teefabrik der Nepal Small Tea Producers
Der getrocknete Tee wird verpackt
Die große Teefabrik am Ortsrand straft die Bezeichnung „Nepal Small Tea Producers“ Lügen, aber (wie man mir erklärte) sei der 20 Jahre alte Name eben mittlerweile ein Anachronismus, da sich das Teegeschäft so gut entwickle. Man kann sich von einem nicht des Englischen kundigen Führer durch die Räume führen lassen, wo der Tee erst welkt, dann gerollt wird, fermentiert und schließlich getrocknet wird. Die Verpackung erfolgt mit der Hand, die Leute schaufeln den duftigen Tee dazu einfach in Säcke wie bei uns Grünschnitt.
Die Teeproduktion ist hier immer noch recht kleinräumig organisiert: Die einzelnen Produzenten haben nur kleine Gärten, deren Ernte von einem Teamaster ihres Vertrauens (oder dem Eigentümer) in der Fabrik verarbeitet wird. Die Fermentierung ist ja der Schritt, in dem Geschmack entsteht, und dabei ist alles zu gewinnen (oder zu verlieren). Die Ernte eines Tages (oder Halbtages) wird in einem Arbeitsgang gewelkt, gerollt, fermentiert und getrocknet, so daß am Ende der Saison eine große Anzahl verschiedener „Tagesgänge“ vorliegt, von denen die am besten gelungenen vielleicht bei meinem Teehändler auftauchen.
Dal Bhat Tarkari
Fleischcurry
Männer beim Brettspiel auf der Straße
Die Teegärten (Chiyabari) liegen rund um Fikkal herum, und sie sind auf die übliche Art entspannend–
Der Reiseführer warnt vor Reisen in die Region von Ilam und Fikkal, da es immer wieder zu Anschlägen der maoistischen Rebellen kam, die manchmal auch mit Straßenblockaden Reisende ausrauben und sich dabei über den „jährlichen Touristen“ entsprechend freuten (angeblich bekamen manche sogar eine Rechnung ausgestellt, in der das erpreßte Geld als „Spende“ ausgewiesen war; das soll man dann wohl von der Steuer absetzen). Seit dem erzwungenen Rücktritt des Königs und den Wahlen im Vorjahr hat sich die Lage aber völlig entspannt, da die Maoisten nun die stimmenstärkste politische Partei des Landes sind: Aus den Kriegern wurden so politische Akteure, die sich hervorragend in den bestehenden Reigen aus unfähigen Politikern mit jährlichen Regierungswechseln einpassen.
Das Essen ist hier ähnlich strukturiert wie im benachbarten Ilam: Dal Bhat Tarkari, Linsen und Reis mit Gemüsecurries, die fast überall gleich schmecken. In den etwas besseren Restaurants bekommt man auch “non-veg” als optionalen Zusatz zum Dalbhat. Wie oft im indischen Subkontinent sind die Fleischspeisen mit mehr Aufwand zubereitet, und die Lamm- oder Hühnercurries haben eine dicke, dunkelbraune Sauce mit vollem, aromatischem Geschmack nach gerösteten Zwiebeln, Ingwer und schwarzem Cardamom. Diese Sauce, eigentlich die Schmorflüssigkeit, ist meist auch das Beste am ganzen Curry, denn die Fleischqualität zeugt von schweren Hungersnöten unter den Nutztierpopulationen.
Traditionelle Landwirtschaft im Terai
Aussetzen der Reissetzlinge
Teeernte in einem Teegarten im Terai
Von Fikkal fuhr ich dann nach Birtamod, meinem Ausgangspunkt für die Reise in die Hügel nach Ilam und Fikkal. Birtamod liegt im südlichsten Teil Nepals, dem Tarai: Diese komplett flache Ebene ist eigentlich nur der Nordrand der nordindischen Tiefebene. Hier ist es geradezu schmerzhaft heiß, aber mein Wunsch, rasch wegzukommen, ließ sich leider nicht erfüllen: Es wurde nämlich wieder einmal gestreikt, und die Straße war deshalb gesperrt (ich frage mich, was „Streik“ hier eigentlich wirklich bedeutet: Sitzblockade?). Also fuhr ich ein bißchen in der Umgebung herum und sah mir einen Teegarten im Flachland an, wo gerade geerntet wird. Hier entstehen aber keine Spitzentees. Zuletzt spazierte ich durch das für diese Region typische Flickwerk aus kleinen Reisfeldern, in denen man alle Phasen des Naßreisanbaus auf engstem Raum gleichzeitig sehen kann. Bewirtschaftet wird mit Wasserbüffeln, und als Zugtiere sind auch Höckerrinder im Einsatz. Diese gemusterte Landschaft mit ihren kleinen, traditionellen Dörfern vermittelt das Gefühl von idyllischer Rückständigkeit.
Nächste Woche bin ich dann in der Tempelstadt Janakpur.
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