Landkarte
Muktinath Siehe auch Lete und Marpha Tura

Jomsom Road 4: Tukuche तुकुचे und Kobang कोबाङ (Nepal)

Houses with wooden balconies in Tukuche (Nepal, Mustang)

Manche Häuser in Tukuche wirken mit Balkonen und Erkern fast herrschaftlich

Wooden bridge spanning the Kali Gandaki in Jomsom (Nepal, Mustang)

Die Holzbrücke von Jomsom

Liebe Birgit,

die Rück­reise aus dem fas­zinie­ren­den Mustang steht nun an. Dazu schnapp­te ich mir einen Jeep von Kag­beni nach Jom­som; ich war mir nicht ganz sicher, ob ich in dieser Stadt, die bei der ersten Durch­reise einen öden Ein­druck ge­macht hatte, ab­steigen wollte, spazier­te aber zu­min­dest einmal kurz durch den alten Teil, der noch ein bißchen von jener Atmo­sphäre ver­mit­telt, die Jomsom viel­leicht vor der ex­zessi­ven Bau­tätig­keit der letzten Jahre gehabt haben mag. Letzt­lich fand ich aber nichts, was einen Auf­enthalt ge­recht­fertigt hätte; die einzige Sehens­würdig­keit scheint die alte Holz­brücke zu ein, die die Kali Gandaki über­spannt und die so wackelig ist, daß Motor­räder nur einzeln darüber­fahren dürfen. Eine andere Brücke gibt es nicht, aber Jeeps können zu­min­dest im Winter den zu­gefrore­nen Fluß überqueren.

Buddhist prayer mills in Tukuche (Jomsom Trek, Nepal, Mustang)

Gebetsmühlen in Tukuche

Viwe from buddhist monastery  in Tukuche, with Nilgiri mountains in the backdrop (Nepal, Mustang)

Ausblick vom Klosterdach

Tibetan buddhist monastery in Tukuche (Nepal, Mustang)

Das Kloster von Tukuche

Eine Bus­stunde süd­lich liegt Tukuche; be­reits bei der An­reise hatte ich es kurz aus dem Bus­fenster ge­sehen und als mög­lichen Zwischen­stop vor­gemerkt. Bis in die Fünf­ziger war Tukuche ein wich­tiger Handels­ort für den Waren­verkehr zwischen Tibet und Nepal, aber die Zeit der Woll- und Salz­karawa­nen ist längst vor­bei. Trotz­dem hat sich Tukuche anders als Lete und Marpha einen ge­wis­sen urbanen Cha­rak­ter be­wahrt; sieht man vom heute sehr ge­mischt be­wohn­ten Jom­som ab, so ist es wohl die einzige Thakali-Ansiedlung, die man ohne über­mäßi­ges Er­röten als „Stadt“ be­zeich­nen kann. Es gibt sogar eine Biblio­thek mit Internet­anschluß (zu Ausländer­preisen, ver­steht sich).

In der Stadt ste­hen meh­re­re Ge­bäu­de, deren Bau­stil eine re­ligi­öse Be­deu­tung nahe­legt, aber die meisten davon sind ver­lassen oder die­nen als Wohn­häuser (sehr pein­lich, wenn man im Vor­garten einer Fa­milie steht und nach dem Mönch fragt). Eine Gumba ist aber noch in Betrieb, ob­wohl alle Mönche bis auf einen in Pokhara zur Fort­bil­dung weilen; die Morgen-Puja war daher ein etwas ein­sames Ver­gnügen. Ganz nett ist aber die Aus­sicht vom Dach des Klosters, das man mit einer Holz­leiter er­rei­chen kann: Der Nil­giri er­hebt sich gleich hinter dem an­de­ren Ufer der Kali Gandaki, aber vom Dhaula­giri-Massiv sieht man nur die Ost­flanke, und den als “Tukuche Peak” be­zeich­neten Aus­läufer habe ich gleich gar nicht gefunden. Abends er­glüht der Nilgiri für ein paar Minuten in einem un­glaub­lich in­tensi­ven Pink, ver­gleich­bar mit Paulchen Panther.

Nilgiri mountains in the Himalayas, seen from Tukuche (Nepal), appearing almost pink in evening glow

Allabendlich bietet der Nilgiri in Tukuche ein farbiges aber kurzes Schauspiel. Die drei sichtbaren Gipfel sind Nilgiri North (7061 m), Nilgiri Central (6940 m) und ganz rechts Nilgiri South (6839 m)

Dhaulagiri massif in the Himalayas, seen from Kobang, Nepal.

Das Dhaulagiri-Massiv mit seiner langgestreckten Ostflanke und dem Ostgletscher, gesehen von Kobang

Unfinished bridge across the Kali Gandaki River in Kobang, Mustang, Nepal

Warum dieses Brückenstück nur von einer Seite per Leiter geerdet ist, darfst Du mich nicht fragen. So hilft es jedenfalls nicht über den Fluß.

Himalayang mountains: Dhaulagiri seen from Kobang, Mustang, Nepal

Der Dhaulagiri und sein Ostgletscher bieten von Kobang einen spektakulären Anblick

Sweet kitty in Tukuche, Nepalese Himalayas

Was hat diesen Reisebriefen seit 140 Folgen gefehlt? Richtig, Katzenbilder!

Sonst war in Tukuche aber ziem­lich wenig los, und so ent­schloß ich mich spon­tan, im näch­sten Dorf Ko­bang eben­falls Halt zu machen. Der Ort be­steht aus zwei Teilen: Die Läden und Guest Houses an der Straße heißen Khanti, und das ei­gent­liche Dorf Kobang (der Reise­führer schreibt Kho­bang, of­fen­bar an den zwei Orts­teilen ge­schei­tert) liegt ver­kehrs­frei etwas süd­lich davon auf einem klei­nen Plateau zwischen Straße und Fluß. Von der Archi­tektur gibt es nicht viel zu berichten, außer daß die Häuser etwas ge­räumi­ger sind als an den an­de­ren von mir be­such­ten Thakali-Orten; oft haben sie einen Innen­hof und einen Stall­trakt, denn jeder hält sich hier Rinder. Die Kühe und vor allem Stiere stehen unter­tags über­all in der Land­schaft herum und wirken alles andere als friedlich. Du weißt ja, mit diesen Viechern habe ich es nicht so, und die hiesi­gen Berg­rassen sehen nur be­grenzt do­mesti­ziert aus; man ge­winnt eher den Eindruck, jedes Rind­vieh hier habe einen angriffs­lustigen Yak unter seinen Ahnen. Jeden­falls sind mir die Katzen lieber: Die Thakali scheinen ein ziem­liches Faible für schnur­rende Zeit­genos­sen zu haben, und das hebt sie er­freu­lich von den meisten anderen Ethnien des Sub­kontinents ab.

Die Berg­ausblicke sind in Ko­bang auch nicht schlecht: Zwar wird der Nil­giri von einem nutz­losen Hügel ziem­lich ver­deckt, aber die Blicke auf Dhaula­giri und Tukuche Peak (dazu muß man auf der Straße einen Kilo­meter nach Süden wan­dern, oder in das Fluß­bett hinein­gehen) können sich durch­aus sehen lassen. Nur ein paar hundert Meter über dem Dorf würde man auf einen großes Gletscher­feld treffen, das lang­sam vom Dhaula­giri-Haupt­massiv herunter­fließt. Kobang liegt liegt etwa an der Grenze zwischen den Bereichen von Zypressen­wäldern und Kiefern­wäldern; somit kann man mit einem kurzen Spazier­gang nach Norden bzw. Süden beide Typen sehen.

Butter lamps in Narsang Gompa buddhist monastery in Kobang, Mustang, Nepal

Butterlampen geben Licht und Wärme

Puja in Narsang Gompa buddhist monastery in Kobang, Mustang, Nepal

Die improvisierte Puja in der Narsang Gompa

Neglected buddhist temple in Kobang, Mustang, Nepal

Der hochgradig verfallene Stadttempel von Kobang

Kobang hat gleich drei Klöster: Das erste steht ziem­lich ver­fal­len und fast ver­las­sen im Orts­kern. Ein weiteres lockt vom anderen Fluß­ufer, und das wäre über die frag­menta­risch vor­han­de­ne Brücke sogar zu er­rei­chen, wenn es nur ge­nug Lei­tern gäbe; aber lei­der sind manche Brücken­frag­mente nur auf einer Seite mit dem Erd­boden ver­bun­den, warum auch im­mer. Das drit­te Kloster (Narsang Gompa) liegt über Khanti auf dem steilen Hang; es ist noch nicht ganz fertig­gestellt, und statt in der leeren Medi­tations­halle ze­lebrie­ren die Mönche ihre Sechs-Stunden-Poojas in einer Art zu klein geratener Ab­stell­kammer. Das fand ich recht an­genehm, weil die reich­lich angezün­de­ten Butter­lampen den klei­nen Raum gut heizten; und mittler­weile ist es hier überall dort, wo nicht gerade die Sonne hinscheint, winterlich kalt.

Die Puja selbst war er­staun­lich ent­spannt; zwei Mönche in Zivil rezi­tier­ten gut ver­steckt unter der großen, frei­schweben­den Trom­mel; ein Mönch im Ornat, wahr­schein­lich ihr Vorgsetzter, sah ge­legent­lich herein, um den Stand der Dinge zu erfahren, und be­schäf­tig­te sich mit den Butter­statuen (Torma), indem er sie stän­dig in an­de­re Grup­pen auf­teilte und neu im Raum auf­stellte. Stich­wort Butter: Zur ersten und nun leider auch letz­ten Mal auf der ganzen Jomsom-Reise bekam ich Butter­tee kredenzt. Wie schon mehr­mals ge­schrie­ben, schmeckt dieser nach so ziem­lich allem nur nicht nach Tee; ich finde den Ver­gleich mit einer Bouillon am tref­fend­sten, weil das auch von der Nahr­haftig­keit her ganz gut hinkommt.

Nepalese/Thakali Food: Phapar ko Diro (stiff buckwheat porridge) with boiled vegetables and pickles

Buchweizen-Kloß (Phapar ko Diro) mit Gemüsen

Nepalese/Thakali Food: Phapar ko roti (buckwheat bread)

Buchweizen-Brot (Phapar ki Roti)

Beim Es­sen hatte ich durch­aus Glück: Be­reits in Tukuche sah ich zum ersten Mal auf der Reise ein paar Säcke Buch­weizen. Die­ses Pseudo­getreide heißt hier Phapar und wird zu Diro oder Roti ver­arbei­tet. In jedem Fall mischt man das Mehl mit Wasser: Für Diro wird der flüs­sige Teig dann unter Rühren gekocht, bis es eine feste aber elas­ti­sche Masse er­gibt; für Roti gießt man ihn ein­fach auf eine heiße Platte und gart unter ein­mali­gem Wen­den. Der Phapar ko Diro er­in­nert etwas an das steiri­sche Bauern­gericht Heiden­sterz, auch wenn letz­terer in Grammel­schmalz ge­braten wird und daher viel reich­haltiger schmeckt.

Nepalese/Thakali Food: Dried Jimbu (Allium spp) collected from wild populations in Upper Mustang, Nepal

Getrockneter Jimbu mit Resten von Blütenständen

Nepali/Thakali Food: Thali with buckwheat dumpling (diro), dried meat (sukuti), taro vegetable and spice powder

Das letzte Thakali-Essen, im Uhrzeigersinn: Phapar ko Diro, Sisno, Timur Piro, Sukuti, Achar und Pinalu

Nepalese/Thakali Food: Yellow split peas flavoured with Jimbu (Himalaya Onion, Allium spp)

Dal mit einer satten Menge Jimbu

Ein ande­res Mal konnte ich der Köchin in einem Bhan­cha Ghar ge­nau da­bei be­obach­ten, wie sie mein Dal Bhat ab initio kocht; Reis und Linsen wan­der­ten in je einen Druck­koch­topf und waren in ein paar Minuten gar, aber das Ge­müse aus ge­schmor­tem Weiß­kohl (Banda, nicht zu ver­wech­seln mit dem schreck­lichen Banda) wurde stufen­weise in einem of­fe­nen Topf zu­bereitet: In heißem Fett werden Bocks­horn­klee­samen ge­bräunt oder besser gesagt ge­schwärzt, dann kamen nach­einan­der Zwiebeln, grüne Tomaten und der ge­hackte Kohl dazu und es wurde gekocht, bis der Kohl zusammenfiel.

Inzwischen waren Reis und Spalt­erbsen längst fertig, und ich sah, wie die Tadka mit Jimbu ge­macht wird: Fett in einer kleinen Pfanne sehr heiß werden lassen, eine kräf­tige Prise Jimbu dazu und das ganze eine Se­kun­de später über die Linsen kip­pen. Das Jimbu-Gewürz be­steht ja aus den ge­trock­ne­ten Blätter einer wil­den Zwiebel­art (die ich mir un­gefähr wie Schnitt­lauch vor­stelle) und ver­trägt die Hitze des fast rauchen­den Fet­tes nur ganz kurze Zeit, viel we­ni­­ger als die sonst für diesen Sport ge­nutz­ten Ge­wür­ze (z. B. Kreuz­kümmel oder Knob­lauch). Desto besser hat das Dal dann auch ge­schmeckt; ich blei­be ent­schie­den bei meinem frü­he­ren Ur­teil, daß Jimbu ge­schmack­lich sehr nahe bei Asant liegt und mit ge­röste­ten Zwiebeln weniger gut er­setzt werden kann.

Mein letz­tes Thakali-Essen in Kobang war dann wieder ohne Jimbu. In einem win­zigen Bhan­cha Ghar wurde mir (auf Vor­bestel­lung) wieder Phapar ko Diro ser­viert, dazu ein Schäl­chen Sukuti (ge­trock­ne­tes Schaf­fleisch, je nach Dik­tion „knusprig“ oder „stein­hart“) und dazu zwei un­erwar­tete Gemüse: Sisno (Brennessel) und Pindalu (Taro, aus Pokhara im­por­tiert). Das Sisno war, ver­mut­lich wegen der un­pas­sen­den Jahres­zeit, sehr dick und fast so schlei­mig wie ein Gumbo aus New Orleans, schmeck­te jedoch gut, und das mit Timur Piro be­streu­te Sukuti war ein Hoch­genuß; ins­gesamt kam ich zu einer würdigen Ver­abschie­dung aus dem Thakali-Land.

The countless stars of heaven's field — Starry sky in the Nepali Himalaya mountains, showing Andomeda Nebula, Plejades and parts of Triangulum and Aries

Ein Photo vermittelt kaum einen Eindruck vom Sternenhimmel im nachtschwarzen Himalaya; da hilft nur selbst hinfahren!

Links oben die Plejaden, ein dichter bläulicher Haufen. Rechts oben die Andromeda-Galaxis (rötlich, schwach und anisotrop diffus). Der bläuliche Stern links von der Andromeda-Galaxis ist ν Andromedae; schräg nach links unten kommt man zu μ Andromedae und schließlich zum Roten Riesen β Andromedae, dem hellsten Stern des Bildes. Auch das Dreieck am rechten unteren Bildeck gehört zum selben Sternbild (θ, ρ und σ Andromedae).

Das auffällige Triple in der Bildmitte gehört zum Sternbild Triangulum und wird von γ Trianguli mit seinen beiden optischen Satelliten δ und 7 gebildet; rechts daneben der Weiße Riese β Trianguli (der „spitze Scheitel“ α Trianguli liegt unterhalb des Bildausschnittes). Die dreieckige Struktur noch weiter links gehört in die Peripherie des Widders (auf den Rücken, um genau zu sein); der hellste Stern ist 41 Arietis.

Belichtungszeit 30 Sekunden, Blende 2.7, ISO 1600, Brennweite 17 mm. Aufgenommen während eines Stromausfalls in Kobang. Fürs Web gedreht, beschnitten, verkleinert und komprimiert. Das Bild kann zum Vergrößern angeclickt werden, ist aber dann immer noch ca. ein Drittel kleiner als im Original.


Muktinath Tura

Acār, Achar, Banda, Bandā, Bhancha Ghar, Bhānchā Ghar, Buchweizen, Dal, Dāl, Dal Bhat, Dāl Bhāt, Dhaulagiri, Dhaulāgirī, Diro, Dīro, Fāpar, Fāpar ko Dīro, Fapar ko Roti, Fāpar ko Roṭī, Gumba, Gumbā, Himalaya, Himālaya, Indien, indischer Subkontinent, Jimbu, Jomsom-Highway, Kagbeni, Kāgbenī, Kali Gandaki, Kālī Gaṇḍakī, Katzenfotos, Katzenphotos, Khanti, Khantī, Kobāṅ, Kobang, kulinarische Reiseberichte, Mārfā, Marpha, Mustāṅ, Mustang, Narsang Gompa, Narsāṅ Gompā, Nepal, Nepāl, Nilgiri, Nīlgiri, Nīlgirī, Phapar, Phapar ki Roti, Phapar ko Diro, Pinalu, Pindalu, Piṇḍālu, Pokhara, Pokharā, Poojas, Puja, Pūjā, Pūjās, Reisebriefe, Roti, Roṭī, Sukuti, Sukuṭī, Tadka, Taḍkā, Thakali, Thakālī, Timur Piro, Ṭimur Piro, Torma, Tormā, Tukuce, Tukuche