Landkarte
Karnali Highway 2 Siehe auch Tarke Ghyang 2, Marpha Karnali Highway 3

Jumla जुम्ला (Nepal)

Resident house with firefood, in Jumla, Western Nepal

Wohnhaus mit Brennholzvorrat

House with woodn balkony in Jumla, Western Nepal

Holzbalkon im Marktviertel

Panoramic view of Jumla, Western Nepal

Jumla liegt mäßig attraktiv in den Bergen

Liebe Birgit,

nach end­losen Mühen bin ich also letzt­lich doch Jumla ange­kommen, habe mein defek­tes Netz­gerät für den Lap­top provi­sorisch repa­rieren lassen und kann diese touri­stisch kaum be­kann­te Stadt er­kunden. Die zentrale Frage ist: Hat sich der Auf­wand gelohnt?

Jumla liegt in einem breiten Tal­kessel auf ca. 2400 m Höhe und wird ganz überwiegend von Chetri bewohnt. Das Berg­panorama ist ver­hältnis­mäßig lau; nur in Rich­tung Norden und Osten sieht man ein paar höhere Gipfel, die sich bei den häufigen Regen­schauern mit Schnee über­zuckern, der dann im Verlauf der nächsten paar Sonnen­stunden wieder weg­schmilzt. Über­haupt ist es ziemlich kalt, vor allem an bewölk­ten Tagen packe ich Pullover, Wind­jacke, Schal und Regen­schirm ein, und brauche alles davon; und in der Nacht kann es wirklich sau­kalt werden. Bei Sonnen­schein da­gegen steigen die Tempera­turen rasch in den T-Shirt-Bereich.

Die Stadt selbst be­steht aus grau­en Stein­häusern mit Holz­elemen­ten, vor allem Bal­konen, und wür­de recht pitto­resk wirken, wenn sie nicht so er­bärm­lich schmu­tzig wäre; Klo­aken stauen sich am Straßen­rand (wenn sie nicht gerade über­laufen und stin­ken­den Lehm auf die Straßen spülen), Kinder uri­nieren öffent­lich auf den mit Steinen grob ge­pflaster­ten Fuß­wegen, Be­woh­ner kübeln Küchen­abfäl­le aus dem ersten Stock auf die Straße, und von Müll­abfuhr hat man bestimmt noch nichts gehört. Das rasche Wachs­tum der Stadt seit der Öff­nung des Karnali-High­way hat Jumla be­stimmt nicht hübscher gemacht, auch wenn Neu­bauten glück­licher­weise das Er­schei­nungs­bild der tradi­tionellen Stein­häuser zu­mindest imitieren.

Local village women carrying fuel to their homes, in Jumla, Western Nepal

Frauen beim Holzholen

High-elevation paddy fields in Jumla, Western Nepal

Reisterrassen

Himalaya red short grain rice produced in Jumla (Western Nepal), raw and cooked

Lokaler Reis (roh und gekocht)

Golden dome of Chandannath Mandir Hindu Temple in Jumla, Western Nepal

Die Kuppel des Chandannath Mandir

Apple flowers in Jumla, Western Nepal

Apfelblüten

Der Stadt­kern ist ein einziges Markt­viertel und durch­aus sehens­wert; man findet Dörf­ler mit Obst­ständen eben­so wie Handy-Läden, aber Inter­net-Cafés sind rar und funk­tio­nieren nur an geraden Tagen (ich bin mir aber nicht sicher, nach wel­chem Kalen­der). Rund um den Markt grup­pieren sich schöne alte Ein­familien­häuser aus Stein, mit großen Häufen von Feuer­holz und oft einem ge­pflegten Garten, in dem zur Zeit die Apfel­bäume blühen. Am Markt steht auch der be­rühm­teste und einzige Hindu-Tempel Jumlas, ein Doppel­komplex aus dem Bhairab­nath Mandir und dem Chandan­nath Mandir mit seiner ikonischen gold­glänzen­den Kuppel. An der Außen­seite des flachen, am Dach mit Gras bewach­senen Kom­plexes sind alkohol­trächtige Kneipen unter­gebracht, und im Tempel­inneren verrichtet ein mit grauer Asche beschmierter Brahmane seinen Segensdienst.

Den freien Platz zwi­schen der Stadt und dem Tila-Fluß bedecken die bereits be­schrie­benen Gersten­felder. Man kann durch die Felder zu einer Draht­seil­brücke spa­zieren und vom andren Ufer aus schöne Aus­blicke auf die Stadt, den Chandan-Nath-Tempel und die Um­gebung genießen; dabei sieht man bunt­geklei­dete Dörfler und Frauen, die un­glaub­liche Lasten an Feuer­holz kilometer­weit von den Wäldern in ihre Häuser schleppen.

Trotz der großen Höhe wird in Jumla auch Reis an­gebaut; ein­mal bekam ich röt­lichen, etwas meh­ligen Rund­korn­reis zu essen, von dem man mir sagte, er stamme aus lokaler Pro­duk­tion. Da­durch auf­merk­sam ge­worden, konnte ich ihn auch am Markt finden, wo er in kleinen Por­tionen vermut­lich wesent­lich teurer als Import­reis ver­kauft wird. Ein Spazier­gang an die nord­westlich an die Stadt an­schlie­ßenden Hänge brachte mich zu einigen Ter­rassen, in denen gerade Reis­sämlinge im Naß­feld­anbau heran­gezogen werden; außerdem sieht man saubere Häuser mit großen Gärten, in denen auch Gewürz­kräuter wie Koriander, Garten­kresse und Bockshorn­klee gedeihen. Die Menschen sind hier ganz und gar nicht an Touristen gewöhnt und wollen unbe­dingt plaudern; daß ich die Landes­sprache nicht spreche, verwundert sie so sehr, daß sie immer noch einmal nach­fragen (natür­lich alles auf Nepali, denn Englisch ist hier ein sehr seltenes Phänomen).

Tibetan (mugumpa) buddhist monks blowing horns in Jumla, Western Nepal

… werden die Hörner geblasen …

Tibetan butter tea bo cha, in Jumla, Western Nepal

Buttertee für den Ausländer

Buddhist Gompa temple in Jumla, Western Nepal

Im buddhistischen Tempel …

Tibetan (Mugumpa) buddhists with prayer mills in Jumla, Western Nepal

… während draußen mechanisiert gebetet wird.

Ein uner­war­tet schö­nes Er­leb­nis hatte ich in einem klei­nen bud­dhis­ti­schen Tem­pel (tibe­tisch Gompa, auf Nepali Gumba): Dort feier­ten tibeti­sche Bud­dhisten ein mehr­tägiges Fest, und zwar handelte es sich um die Minder­heit der Mugumpa, einer der vielen klei­nen tibeti­schen Clans, die es im Lauf der Jahr­hunderte irgend­wie nach Nepal ver­schlagen hat. Die Leute leben eigent­lich im Mugu-Distrikt ganz an der tibe­tischen Grenze.

Einer der dort an­wesen­den Mönche hatte meh­rere Jah­re in Canada ge­lebt und sprach des­halb aus­gezeich­net Englisch. Mit ihm unter­hielt ich mich länger, wäh­rend wir in­mitten einer Grup­pe von Gläu­bigen saßen, die un­er­müd­lich die Gebets­mühlen dreh­ten. Der karmi­sche Gewinn durch die Gebets­mühlen sollte das Haupt­ereignis unter­stützen: Die Gesänge, Medi­ta­tionen und Zere­monien, die gleich­zeitig im Tempel ab­lie­fen.

Der tibeti­sche Bud­dhis­mus ist eine Myste­rien­reli­gion, und viele Ritu­ale wer­den Außen­sei­tern oder all­gemein Nicht­kleri­kern gegen­über un­gerne themati­siert; des­halb hatten die ge­wöhn­lichen Gläu­bigen in dieser Phase keinen Zutritt. Ganz gegen meine Er­wartung wurde ich aber mit Kamera ein­geladen, den Tempel während der laufen­den Zere­monie zu be­su­chen — zu­nächst mußte ich aller­dings zur spiri­tuellen Reini­gung mit etwas geweih­tem Wasser an­gespritzt werden, was der Mönch am Tempel­eingang erledigte.

Danach durf­te ich in den Tem­pel, des­sen en­ger Innen­raum mit Wim­peln und Butter­skulp­turen bunt ge­schmückt war. Am Rand saßen die Mönche und rezitier­ten (ein Laut­sprecher übertrug das Ge­mur­mel nach außen, wo das Fuß­volk die Mühlen drehte). So eine buddhisti­sche Puja läuft wie eine katholi­sche Messe nach eine detail­lierten Choreo­graphie ab, in der jeder Teil­nehmer (sei es der Lama, Mönch oder Novize) genau weiß, in welchem Moment sein Part beginnt. Das Ge­murmel der rezitie­renden Mönche, der Einsatz der Musik­instrumente (Schellen, Trompeten), die Kult­handlun­gen der höher­gestell­ten Lamas und natür­lich auch die Essens- oder Tee­pausen wirken chaotisch, sind es aber nicht. Stich­wort Tee­pause: Es gab sehr guten tibeti­schen Butter­tee, mit echter Yak­butter und ent­sprechend, ähh, pikant.

Nepali food: Gundruk soup with dark-fried chilies

Auch in der Gundruk-Suppe schwimmen große Chilistücke

Nepali food: Momos served with hemp seed sauce (Bhango)

Momos mit Hanfpaste und eingeblendeten Hanfsamen

Nepali Food: Dalbhat with Sisno (stinging nettle pureé), Gundruk and deep-fried chiles

Dalbhat mit Schälchen von Dal, Sisno und Röstchili (ganz unten der Tee); Gundruk-Suppe in der Mitte des Tellers, darüber das übliche Tarkari mit Kartoffeln, darunter das Senfgemüse.

Beim Essen erwies sich Jumla als ein typi­scher Ge­birgs­ort mit eher ein­ge­schränk­ter Aus­wahl. Meine Stamm­kneipe wurde das Mountain Hotel am Rand des Marktes. Dort schmeckt es sehr gut, und die Dame des Hauses ist un­glaub­lich nett; beim Ab­schied er­ließ sie mir sogar einen Teil der Rech­nung. Außer­dem er­freute sie mich außerhalb ihres regulären An­gebots sogar mit täg­lichem Gundruk, der hier an­geb­lich gar nicht üblich ist (sie stammt aus Surkhet und be­zieht den Trocken­kohl von dort).

Als beson­deres Extra ser­viert dieser La­den ganz dun­kel ge­röste­te Chilies, die zum Essen oder (häu­fi­ger) zum Trinken dazu­geknab­bert wer­den und da­mit die glei­che konsum­fördern­de Funk­tion er­füllen wie salzige Erd­nüsse bei uns. Die relativ großen, dünn­wandigen und ziemlich aroma­tischen Chilies wurden dabei so hoch ge­röstet, wie ich es sonst nur in Süd­indien und Sri Lanka erlebt hatte, und dabei nahmen sie einen kom­plexen Geschmack an, der ein bißchen an hoch­prozentige Schoko­lade erinnerte.

Außerdem bekam ich aus­gezeich­netes Dal­bhāt, das noch mit ei­nem hervor­ragen­den Extra auf­war­ten konn­te: Sisno, eine Wild­gemüse­suppe aus einer lokalen Brennessel­art, wird nur mild gewürzt und schmeckt daher ganz ver­gleich­bar dem Brennessel­spinat, auf den sich meine Groß­muttter das ganze Jahr über freute (ich weniger, denn irgend­jemand mußte das Grün­zeug ja ernten). Sisno und Gundruk, so erklärte mir die freund­liche Köchin, seien die Lieb­lings­speisen aller Nepali. Eine weitere Speziali­tät war Hanf­sauce — aber nicht aus den weib­lichen Blüten, son­dern aus den an­genehm nus­sig schmeckenden Samen (Bhago), die hier in Jumla den Sesam ver­treten. Hanf (Ganja) wächst hier übri­gens auf Schritt und Tritt und be­deckt vor allem die Straßen­böschun­gen mit einem dichten und der Jahres­zeit ent­sprechend noch sehr niedrigen Grünteppich.


Karnali Highway 2 Karnali Highway 3

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