Landkarte
Kathmandu Siehe auch Kathmandu 3 Patan

Kathmandu 2 काठमाण्डौ (Nepal)

Hanuman Dhoka, part of Durbar Square, Kathmandu, Nepal

Der Durbar Square von Kathmandu ist einfach nur wunderschön

Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Der Darbar Square mit dem Palast im Hintergrund

Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Der Darbar Square

Liebe Birgit,

ich bin natür­lich immer noch in Kath­mandu, und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Die Stadt macht einfach immer mehr Spaß.

Wenn man vom Touristen­bezirk Thamel ca. 20 Minu­ten quer durch die maleri­sche Alt­stadt nach Süden geht, dann kommt man zum Königs­palast (Darbar), der auf drei Seiten von dicht mit Tempeln be­pflanzten Plätzen um­geben ist. Diesen ganzen Komplex aus welt­lichen und sakralen Bauten nennt man allgemein “Darbar Square” (meist englisch beeinflußt Durbar geschrieben), inter­essanter­weise auch auf Nepali. Darbar leitet sich von einem persi­schen Wort für „Königshof“ ab und bezeichnet anderswo in Indien öffentliche Audienzen oder Musterungen.

Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Holzaufbauten am Darbar Square

Asok Binayak (Ganesha shrine) near Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Ein Ganesha-Schrein (Asok Binayak) nahe dem Darbar Square

Trotz seiner ge­rin­gen Größe – das ganze Areal läßt sich in fünf Mi­nu­ten durch­que­ren – ist man mit einer Be­sich­ti­gung stun­den­lang be­schäf­tigt. Man kann so ca. 20 bis 25 ver­schie­dene Bau­werke oder Sta­tuen be­trach­ten, sich in den an­schließen­den Markt­gassen ver­lie­ren oder ein­fach die Atmo­sphäre ein­saugen: Der Darbar Square ist das Zentrum Kath­mandus, hier treffen einander auch die Nepali, um im Schatten der Tempel mit­einander zu plaudern, ein Räucher­stäbchen anzu­zünden oder einfach nur zu ruhen und andere zu beobachten.

Jagannath Mandir temple at Durbar Sqare in Kathmandu (Nepal)

Der Jagannath Mandir ist der größte Vishnu-Tempel des Darbar Square

Erotic woodcarving at Jagannath Mandir temple at Durbar Sqare in Kathmandu (Nepal)

Erotische Holzschnitzerei an den Dachstreben des Jaganath Mandir

Die Tem­pel sehen mit ihren mehr­fachen Dächern ge­nau­so aus wie auch sonst über­all in der Stadt, aber manche stehen auf einer mehr­stufi­gen steiner­nen Platt­form und wirken daher beson­ders er­haben. Sie sind aber nur von außen zu­gänglich, der die reich­verzier­ten Türen zum Innen­raum bleiben bis auf ganz wenige Tage im Jahr immer verschlossen.

Im Tal von Kath­mandu gibt es eini­ge „le­ben­de Göt­tin­nen“, das sind ganz junge Mäd­chen, die als In­karna­tion von Durga gel­ten und die (ab­gese­hen von ganz wenigen öf­fent­lichen Auf­trit­ten im Jahr) streng ab­geschirmt von der Öf­fent­lich­keit heran­wachsen. Die bekann­teste dieser Göt­tinnen ist die Kumari Devi in Kathmandu.

Trailokya Narayan Vishnu temple at Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Der Trailokya Narayan Mandir

Kumari Ghar (residence of Kumari Devi) near Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Innenhof des Kumari Ghar

Ihre Gött­lichkeit endet, wenn sie schwer er­krankt, mit ihren Füßen den Boden berührt oder grö­ßere Men­gen Blut ver­liert — letz­tere Regel be­schränkt die Zeit einer Kumari Devi auf maxi­mal etwa zehn Jahre, und danach wird wieder ein ein- bis zwei­jähriges Kind aus­gewählt. Die alte wird zu ihrer Familie zurück­geschickt und erhält eine Pension von immer­hin 60 € pro Monat, aber ich habe mir sagen lassen, daß niemand eine Ex-Kumari heiraten will, weil das angeblich Unglück bringt (oder die Dame hat sich einfach gewisse Ansprüche angewöhnt).

Die Kumari Devi resi­diert im ersten Stock des Kumari Ghar, eines riesi­gen tra­ditio­nellen Hauses mit quadrati­schem Innen­hof, das am Rand des Darbar Square steht. Im schat­tigen Hof stehen immer Leute, haupt­sächlich Touristen, die darauf warten, daß die Göttin einmal kurz hinter den wunder­schön ge­schnitzten Holz­fenstern sichtbar wird. Auch ich habe sie kurz dort gesehen — ein drei­jähriges Kind mit inten­siv ge­schmink­tem Gesicht und starrem Blick an der Hand ihres brahmani­schen Betreuers. Ich muß sagen, daß mir eine Gänse­haut über den Rücken kroch.

View form Durbar Square to Taleju Temple in Kathmandu (Nepal)

Das Tor im Hintergrund führt zum Taleju-Tempel, der nur einmal im Jahr geöffnet ist.

Kal Bhairab (Black Bhairab) stone figure at Durbar Square in Kathmandu (Nepal)

Kal Bhairab

Ethisch ein­deutig un­bedenk­licher sind die Tempel und der Königs­palast, der auch in diesen re­publikani­schen Zeiten noch so genannt wird und der für Aus­länder größten­teils ge­sperrt ist. Die Tempel sind außen reich ver­ziert, und lohnen einen genauen Blick: Stein­reliefs den Wänden, ero­tische Holz­schnitze­reien unter dem Dach und kleine Statuen rund­herum fesseln die Auf­merksam­keit, und den ganzen Darbar Square in einem Stück aus­führlich zu be­sichtigen, braucht ein schönes Stück Selbst­disziplin.

Ein Detail muß ich aber auf jeden Fall er­wähnen, und das ist das große Relief von Kal Bhairab, einer vor allem in Nepal und im indi­schen Hima­laya ve­rehrten Er­schei­nungs­form Shivas. Das schrecken­erregen­de Bild steht offen auf dem Platz, und es heißt, daß jeder sofort stirbt, der vor dem Gott eine Un­wahr­heit sagt. An­geb­lich werden auch heute noch einer Straf­tat Ver­dächtige vor dieses Bild gezerrt, um dort ihre Un­schuld zu beschwören. Die nächste Polizei­station ist ja gleich ums Eck.

Newari Pub (Wo Chhen Khaja Ghar) in Naghal/Bangemudha area, Kathmandu (Nepal)

Newar-Kneipe (Wo Chhen Khaja Ghar) in Naghal

Wenn die Newar-Archi­tektur schon großartig ist, was soll ich dann erst zur Newar-Küche sagen? Es gibt hier eine ganz inter­essante Kneipen­kultur, ganz anders als in Indien, wo man die Lokale nur zum Es­sen auf­sucht und da­nach so­fort ver­schwindet. Über­all in der Alt­stadt findet man (wenn man sie denn findet) klei­ne Etablisse­ments, in denen teils vor­berei­te­te und teils frisch­zuberei­te­te kleine Spei­sen ange­bo­ten werden, immer mit hoch­prozen­ti­ger flüs­siger Be­glei­tung, wenn das ge­wünscht wird. Grup­pen von Män­nern jeden Alters sitzen dort stunden­lang und delek­tieren sich an den ver­schie­de­nen Snacks. Das ganze hat etwas von einer Tapas-Bar oder chinesi­schen Tee­haus, auch wenn meine Bitte um Tee üblicher­weise mit ver­störter Miene zur Kennt­nis ge­nom­men wurde.

Newari/Nepali food: Choila (choyela), cold fried buffalo

Choila

Newari/Nepali food: Choila (choyla), cold fried buffalo preparation

Zutaten von Choila

Was kriegt man nun in einem sol­chen Re­stau­rant zu es­sen? Momos natür­lich, die hier aus Büffel­fleisch her­gestellt wer­den, aber sonst gleich schmecken wie über­all sonst, und Chow Mein, also ge­bra­tene Nudeln, die viel­leicht eine Spur pikan­ter als an mei­nen bis­heri­gen Sta­tio­nen zu­berei­tet werden. Die richtig span­nenden Sachen sind aber die auto­chtho­nen Zu­berei­tun­gen, von denen ich Choyla oder Choila als die heraus­ragend­ste Speise empfun­den habe. Das ist ein bei Raum­tempera­tur ser­vier­ter „Salat“ aus ge­gril­ltem oder frit­tier­tem Büffel­fleisch, das in kleine Würfel ge­schnit­ten und mit einer un­sag­bar pi­kan­ten Paste ver­mengt wird, die aus ge­­trock­ne­ten und frit­tier­ten Chilies (in Mengen!), rohem oder kurz an­geb­ra­tenem Knob­lauch und Ingwer, viel Salz, etwas Curcuma­pulver und eini­gen in wenig Öl ganz dunkel­braun ge­röste­ten Bocks­horn­klee­samen besteht; darüber träufelt man noch Senf- oder Sesam­öl. Das ist die reinste Geschmacks­bombe!

Newari/Nepali food: Sekuwa, Fried buffalo kabab

Sekuva am Teller

Newari/Nepali food: Sekuva, Fried buffalo kabab

Sekuva am Spieß

Ebenfalls aus Büffel­fleisch be­steht Sekuva: Klei­ne Wür­fel von rohem Rind­fleisch, die mit einer vor­nehm­lich aus Chili und Kreuz­kümmel be­stehen­den Paste mari­niert sind und die fast an ein mittel­öst­liches Kebab erin­nern; aber sie werden hier frit­tiert, nicht ge­grillt, und heiß ser­viert. Recht inter­essant schmeckt auch der all­gegen­wärtige Buff Chili, kleine flache Stück­chen Büffel­fleisch, die mit Gemüse und einer typisch nord­indi­schen Würz­mischung (Chili, Kreuz­kümmel, Koriander, Curcuma) an­gebra­ten und danach mit Soja­sauce und Tomaten­ketchup abge­löscht werden. Das hat etwas Dekadentes an sich, was an Fusion Cooking erinnert, aber es schmeckt trotzdem angenehm.

Newari/Nepali food: Kochila, raw ground buffalo mince

Rohe Kochila

Newari/Nepali food: Kochila, fried ground buffalo meat

Gebratene Kochila

Ebenfalls ziem­lich typisch für das Kath­mandu-Tal ist Kochila, ganz feines ma­ge­res Büffel­hack­fleisch, das ent­weder roh mit ganzen Knob­lauch­zehen oder kurz in einer trockenen Pfanne an­gebra­ten ser­viert wird. Im letz­teren Fall kommen auch Gewürze dazu, aber aus­nahms­weise kein Chili, sondern eher Kreuz­kümmel und Bocks­horn­klee­samen, die zu einer anthrazit­farbenen Schwärze frit­tiert werden. Ich glaube, die Newar sind die einzigen Hindus, die außer­halb des Kults rohes Fleisch verzehren.

Newari/Nepali food: Sukuti, dried buffalo meat salad

Sukuti

Newari/Nepali food: Boff fry (fried buffalo with vegs)

Buff chili

Eine weitere eigen­willige Speise mit Büffel­fleisch ist Sukuti, das ist kräftig mit Ge­wür­zen mari­nier­tes und da­nach in der Son­ne ge­trock­ne­tes Büffel­fleisch. Die win­zi­gen, zu­gleich knuspri­gen und zähen Fetzen von Sukuti werden zu­sam­men mit Zwiebel­ringen, Tomaten und frischen grünen Chilies zu einem sehr appetit­lichen Salat vermengt.

Diese Newar-Restau­rants (Newari Khaja Ghar) sind er­staun­lich billig und des­halb auch im­mer voll. Büffel­fleisch ist im Kath­mandu-Tal offenbar keine Mangel­ware, aber von den anderen büffel­basierten Speisen schreibe ich lieber das nächste Mal. Meine Be­geiste­rung für Kath­mandu hat diesen Brief ohn­ehin schon zu über­trie­be­ner Länge genährt.


Kathmandu Patan

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