Landkarte
Mannar XXX

Mihintale මිහින්තලේ/மஹிந்தலை (Sri Lanka)

View from Mihintale (Cultural Triangle) to the West, showing Kanthaka Chaitya and Dagobas of Anuradhapura, Sri Lanka

Ausblick vom oberen Ende der Großen Treppe in Mihintale. Der Ziegelbau rechts im Vordergrund ist der Kanthaka Chaityaya, knapp am Horizont sieht man vier Dagobas von Anuradhapura (zwei weiß, zwei braun und kaum zu sehen).

Ruins of quincunx monastery in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Ruinen eines Klosters am Beginn des Weges, mit einem Mondstein (Sandakada Pahana) an der Basis der Stufen

Kanthaka Chaitya Dagobah in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Der Kanthaka Chaityaya ist eine der ältesten erhaltenen Dagobas von Sri Lanka

Liebe Birgit,

Mihin­tale (manch­mal auch Mihin­ta­laya ge­nannt) ge­hört zu den pracht­vollsten, zu­gleich aber am wenig­sten be­such­ten Sehens­würdig­keiten des „Kul­turel­len Drei­ecks“. Dabei ist diese An­la­ge land­schaft­lich wunder­schön ge­legen, ganz eng mit der Früh­geschichte des Bud­dhi­smus in Sri Lanka ver­woben und daher von großer histori­scher Be­deu­tung; als Drauf­gabe bietet Mihin­tale noch eine Legende, in der ein Mango­baum die tra­gen­de Rolle spielt.

Im dritten Jahr­hundert v. Chr.: Nord­indien wird vom bud­dhisti­schen König Ashoka regiert, der seine Mis­sio­nare in alle Welt sendet. Sein Sohn Mahinda, ein an­gesehe­ner und ge­lehr­ter Mönch (Arhat), kommt in dieser Funk­tion nach Sri Lanka. Hier, in Mihin­tale, trifft er unter einem Mango­baum sitzend auf Deva­nampiya Tissa, den König von Anu­radha­pura, der sich gerade auf einem Jagd­ausflug amüsiert. Für Mahinda ist das natürlich eine goldene Ge­legen­heit zur Mission, aber es bleibt ein Pro­blem: Denn so ein König ist ja ein Polit­iker, und bei denen weiß man ja nie, ob sie nicht viel­leicht rechte Dumm­köpfe sind; aber mit einem sol­chen würde es sich schlecht argu­men­tieren las­sen, egal, wie ge­lehrt man ist. Bevor Mahinda dem König eine Predigt hielt, stellte er ihm also ein Rätsel.

Great Stairway in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Die Große Treppe (Piyageta Pela) hat 1840 Stufen…

Path to Eth Vehera in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

… und wem das nicht reicht, der findet weitere Heraus­forderun­gen am viel längeren Weg zum Aeth Vehera

King Devanampiya Tissa and Mahinda, diorama in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Das Treffen zwischen König und Arhat unter dem Mangobaum

M: “Was ist das für ein Baum, unter dem wir hier stehen?“ — K: „Es ist ein Mango­baum.“ — M: „Gibt es noch wei­tere Mango­bäume hier?“ — K: „Ja, einige.“ — M: „Stehen hier auch Bäume, die keine Mango­bäume sind?“ — K: „Ja, viele.“ — M: „Und gibt es hier, außer den weiteren Mango­bäumen und den Bäumen, die keine Mangos sind, auch noch andere Bäume?“

König Deva­nampiya Tissa war kein Dumm­kopf. Er ging nicht in die Falle, mit „Nein“ zu ant­wor­ten, son­dern gab die kor­rekte Ant­wort — und das, ob­wohl er nicht den Vor­teil hatte, die Frage not­falls dreimal lesen zu können. Mahinda er­ach­te­te ihn als würdig, hielt ihm eine lange Pre­digt und be­kehr­te den König schließ­lich zum Bud­dhis­mus. Somit wurde Anu­radha­pura das erste bud­dhisti­sche König­reich der Insel und die Keim­zelle des zu­künfti­gen bud­dhisti­schen Sri Lanka. Zu­min­dest, wenn man die Ge­schich­te glauben will.

Mihintale liegt ein paar Kilo­meter öst­lich der großen Stadt Anuradhapura, schon ziem­lich knapp an der Nord­grenze des Singha­lesen­gebietes. Die Nörd­liche Tief­ebene ist hier noch flacher als weiter südlich, denn die Granit­felsen, die dort immer wieder aus der Ebene ragen und ihre Ein­tönig­keit unter­brechen, sind hier nur selten zu finden. Mihin­tale hat eine Gruppe solcher Felsen, und in süd­licher Rich­tung stehen noch ein paar weit ent­fernte, aber sonst sieht man nur eine flache Land­schaft aus Dschungel, Seen und Feldern. Auf genau dieser Felsen­gruppe soll das Treffen von Mahinda mit Deva­nampiya Tissa statt­gefun­den haben, und seit­her gilt der Platz als heilig. In den darauf­folgen­den Jahr­hunder­ten wurden hier immer wieder neue Tempel und Klöster er­rich­tet, die später wieder ver­lassen wurden. Einige haben im­pre­ssi­ve Ruinen hinter­lassen, andere sind heute voll­restauriert.

Northern Vahalkada at Kanthaka Chaitya Dagoba in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Der nördliche Vahalkada des Kanthaka Chaityaya ist mit Elefanten geschmückt

Northern Vahalkada at Kanthaka Chaitya Dagoba in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Opfertisch am Kanthaka Chaityaya

Von der Ort­schaft, die nur aus ein paar Häusern an einer Straßen­kreuzung besteht, er­reicht man das Tempel­gelände durch einen Park, in dem auch die Ruinen eines antiken Kranken­hauses stehen. Außer­dem kommt man am Archäo­logi­schen Museum vorbei, das ein paar Fund­stücke von den Aus­grabun­gen prä­sen­tiert. Dann wan­dert man eine breite Stein­treppe auf­wärts; man kann aber auch auf einem schmalen Pfad zum zum Kanthaka Chaityaya auf­steigen, einem der ältesten Stupas des ganzen Landes und mehr als zwei Jahr­tausen­de alt. Die An­lage ist sehr gut erhalten bzw. re­stau­riert: Der Ziegel­bau steht auf einer steinernen Platt­form, und schöne Reliefs und Stein­statuen verzieren die vier Opfer­plätze (Vahal­kada) an den Kardinal­punkten. Ein Stupa ist bekannt­lich ein ge­wöhn­lich rundes Bauwerk, das durch seine perfekte Form das erleuch­tete Bewußt­sein des Buddha sym­boli­sie­ren soll; hier in Sri Lanka werden diese Kon­struk­tio­nen meist Dagoba genannt, und im Rest dieses Briefes werde ich daher diesen Namen verwenden.

Monks' refectoctory with stone trough for food offerings, in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Der Speisesaal (Refektorium) mit dem Trog für die Speisegaben

Naga Pokuna (Snake Basin) in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Naga Pokuna, gesehen vom Eth Vehera

Singha Pokuna (Lion Basin) in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Dieser stehende Löwe gab dem Sinha Pokuna den Namen

Wieder zu­rück zur Treppe erreicht man einen Park­platz, wo man das Ticket kau­fen muß und auch einige Ruinen sehen kann: Beson­ders be­ein­druckend ist das Kloster und des­sen Ver­samm­lungs­raum mit zwei langen In­schrif­ten, die das Ver­halten der Mönche regeln (10. Jahr­hundert). Man sieht auch die Reste des Speise­saales mit einem langen steinernen Trog, an dem ge­spen­de­te Nahrungs­mittel in einer Art Buffet zur Ver­fügung ge­stellt wurde. Außerdem kann man noch die Becken einer Bade­anlage sehen, die nach einer dort ge­fun­de­nen, ehe­mals wasser­speien­den Löwen­statue als Sinha Pokuna „Löwen­bad“ be­zeich­net wird. Zu­letzt stehen überall kleine Ziegel­stupas herum, viele davon mit ver­schie­denem Grün­zeug überwachsen.

Von dort geht es dann steil bergauf, weil man ja auf die Spitze des Felsens klettern muß; dieser Auf­gang ist als pracht­volle Re­präsen­tations­treppe (Piyageta Pela) angelegt und wird von zwei Reihen aus Frangi­pani-Bäumen flan­kiert, die leider gerade nicht in Blüte standen. Knapp vor dem Ende kommt man zu einem Ab­zweige­punkt, der zu einem Wasser­becken namens Naga Pokuna führt; seinen Namen verdankt das „Schlangen­becken“ einer stark ver­witterten fünf­köpfi­gen Kobra, die dort in den Felsen ge­meißelt ist. Von dort könnte man auf einem Schleich­weg zur Maha­seya Dagoba hinauf­steigen (wichtig für die, die sich um den Ein­tritts­preis drücken wollen), aber das habe ich leider zu spät bemerkt.

Ambastala dagoba in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Ambasthala Dagoba, im Hintergrund die Mahaseya Dagoba

King Devanampiya Tissa statue next to Ambastala Dagoba in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Die Statue des Königs Devanampiya Tissa, im Hintergrund ein Bodhi-Baum

Kurz bevor man auf dem of­fiziel­len Weg den Gipfel er­reicht, muß man seine Schuhe ab­geben, und dann mit Socken oder bar­fuß durch die monsun­bedingt schlam­mige Land­schaft hüpfen. Hat man aber auch diese Hürde ge­nom­men, dann steht man staunend auf einem flachen Plateau mit atem­berau­ben­den An­blicken in jeder Richtung.

Im Zent­rum mar­kiert die etwas birnen­förmige Amba­sthala Dagoba den Platz, an dem das be­rühm­te Tref­fen zwischen dem Arhat und dem König statt­gefun­den hat; sie ist um­ge­ben von einem Ring von Säulen, die viel­leicht einmal ein Dach ge­tragen haben, und an der Ost­seite sieht man eine Statue von Deva­nampiya Tissa Raja, der an­dächtig den Be­lehrun­gen lauscht.

View from the summit of Aradhana Gala towards Maha Seya Dagoba, in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Am Gipfel des Aradhana Gala

Buddha statue on top of Mihintale mountain, Cultural Triangle, Sri Lanka

Die Buddha-Statue steht auf einem Felsen knapp über dem Plateau

Path leading to Aradhana Gala, in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Der Aufstieg auf den Aradhana Gala

Auf einem Fel­sen nörd­lich da­von leuch­tet ein schnee­weißer Buddha, und west­lich thront auf dem höch­sten Punkt der Fel­sen­grup­pe die rie­si­ge, blen­dend weiße Maha­seya Dagoba. Zu­letzt gibt es noch einen stei­len Fel­sen auf der West­sei­te des Pla­teaus, den Ara­dhana Gala, wo sich die Mönche zur Medi­ta­tion zu­rück­zogen; der Auf­stieg über ver­wit­ter­te, in den Stein ge­schla­gene Stufen ist, be­son­ders in Socken, hals­breche­risch, wird aber durch ein Eisen­gelän­der be­trächt­lich ent­schärft, und die Aus­blicke auf die grün über­wucher­te Ebene sind über­wälti­gend. Einige Bodhi-Bäume kom­plet­tie­ren das Ensemble.

Die Amba­stala Da­go­ba ist an­geb­lich die erste Da­go­ba, die in Sri Lanka je­mals ge­baut wur­de, aber die heu­te sicht­bare Kon­struk­tion ist wohl viel jünger. Das tut der Wir­kung aber keinen Ab­bruch; eine Masse von singha­lesischen Pilgern um­rundet an­dächtig das Bau­werk, in dem sich (leider für den Budd­his­mus hier gar nicht un­gewöhn­lich) religiöse und natio­nalis­tische Am­bitio­nen treffen. Der Auf­stieg zur Maha­seya Dagoba be­lohnt mit weiteren umwerfenden Aus­blicken, und außer­dem kommt man dabei an einer Nische im Felsen vorbei, in dem ein Diorama den König, den Mönch und den Mango­baum zeigt.

Butterfly on the way to Eth Vehera in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Schmetterling am Weg zum Et Vehera

Ratufa macroura: Giant Squirrel Dandulena in Mihintale (Cultural Triangle), Sri Lanka

Ein halbzahmes Riesenhörnchen (Dandu Lena, Ratufa macroura)

Den mit Ab­stand besten Aus­blick hat man aber vom Et Vehera, das man auf einem langen, an­stren­gen­den Weg vom Park­platz er­reicht. Von dem ei­gent­lichen Kloster­gebäude ist zwar außer einem Stupa nichts mehr zu sehen, aber dafür kann man dort in voll­ständi­ger Ein­sam­keit auf die von tropi­schem Grün über­wucher­te Ebene blicken und sieht den Maha­seya Dagoba in über­irdi­schem Weiß leuchten. Auf dem Weg wurde ich von zahl­losen bunten Schmet­ter­lingen um­flat­tert, von denen sich aber nur einer (und nicht nicht der bunteste) zu einer Photo­session hergab. Halb­zahmes wild­life gibt es auch auf der Haupt­treppe, und zwar außer ver­spiel­ten Affen auch putzige Riesen­hörnchen, die sich von den Be­suchern sogar streicheln lassen.

View of the Mihintale Sanctuary with the Mihindu Sewa Dagoba in the center, Sri Lanka

Der Blick auf das Heiligtum von Mihintale, gesehen vom Et Vehera (in der Mitte die Mahaseya Dagoba, rechts der Aradhana Gala)

Sri Lankan Food: Dal (parippu curry) from red lentils

Curry aus roten Linsen mit Senfsamen, Pandanusblättern und frischen und getrockneten Chilies

Sri Lankan Food: Dal (parippu curry) from yellow split peas

Curry aus gelben Spalterbsen mit Curryblättern

Vom Es­sen in Mihin­tale kann ich nichts be­rich­ten, da ich nach der An­kunft am Morgen nur ein schnel­les Früh­stück aus Appa und Linsen­curry ge­ges­sen habe und nach der Be­sichti­gung sofort wieder weiter­gefah­ren bin (es gibt hier keine Unter­künfte). Linsen­curry wird in Indien all­gemein Dal genannt, und dieses Wort ver­stehen auch die Singha­lesen, aber eigent­lich heißt es hier Parippu. Darunter ver­steht man die roten Linsen selbst (manch­mal auch die gelben Spalt­erbsen), und die daraus her­gestell­ten halb­flüs­si­gen Curries.

Parippu mundet mir viel besser als indi­sches Dal, weil es mit Kokos­milch ge­kocht ist und daher einer­seits viel nahr­hafter ist (manchmal ist es so fett, daß sich das Kokosöl beim Kochen von der Linsenmasse trennt) und an­derer­seits wunder­bar crèmig schmeckt. Als Wür­zung kommen grüne Chilies, ge­röste­te Senf­samen und natür­lich Curry- und Pandanus­blätter in Be­tracht; manch­mal werden sie auch mit rotem Chiliöl über­gossen, ähnlich wie indi­sches Dal Tarka.


Mannar XXX

Aeth Vehera, Æt Vĕhĕra, Ambastala Dāgæba, Ambastala Dagoba, Ambasthala Dagoba, Anuradhapura, Anurādhapura, Appa, Āppa, Aradhana Gala, Ārādhanā Gala, Ashoka, Aśoka, Daⁿḍu Lenā, Dāgæba, Dāgæbas, Dagoba, Dagobas, Dal, Dāl, Dal Tarka, Dāl Taṛkā, Dandu Lena, Devanampiya Tissa, Devānampiya Tissa, Devanampiya Tissa Raja, Devānampiya Tissa Raja, Eth Vehera, Et Vehera, indischer Subkontinent, Kaṇṭhaka Caityaya, Kanthaka Chaityaya, kulinarische Reiseberichte, Mahāsǣya Dāgæba, Mahaseya Dagoba, Mihintale, Naga Pokuna, Nāga Pokuṇa, Piyagæṭa Pĕḷa, Piyageta Pela, Reisebriefe, Saⁿdakaḍa Pahaṇa, Sandakada Pahana, Singhalesen, Singhalesengebietes, singhalesischen, Siṅhalesen, Siṅhalesengebietes, siṅhalesischen, Sinha Pokuna, Siṅha Pokuṇa, Siṅha Pokuṇā, Sri Lanka, Śrī Laṅkā, Steintreppen, Stupa, Stūpa, Stupas, Stūpas, Vahalkada, Vāhalkaḍa, Ziegelstupas, Ziegelstūpas