Landkarte
Mandi Siehe auch: Tansen, Patan, Modhera Mysore 2

Mysore ಮೈಸೂರು (Karnataka)

Die Kathedrale St. Philomenia

Statue of Mahisha at Chamundi Hills, near Mysore, Karnataka (India)

Mahisha

India/Karnataka: Maharaja of Mysore

Standbild des Maharajas von Mysore (im Hintergrund der viktorianische Uhrturm)

India/Karnataka: Chamundi Devasthana near Mysore

Der Durga-Tempel Chamundeshwari Devasthana am Chamundi Hill: Rechts der Eingangsturm (Gopuram), links der kleinere Turm über dem Heiligtum (Viman).

Liebe Birgit,

nach einer tage­langen Bus- und Zug­fahrt mit einigen Stunden Aufenthalt in Delhi bin ich wieder in Süd­indien. Im letzten Jahr hat die Zeit ja nur für drei der vier dravidi­schen Bundes­staaten gereicht, und nun kann ich mit Karnataka auch den letzten nach­holen.

Meinen ersten Auf­enthalt habe ich in Maisuru gewählt, das eher unter der alten Schrei­bung Mysore bekannt ist. Mit 8 Lakh Ein­wohnern ist Maisuru die zweit­größte Stadt des Bundes­staates, aber verglichen mit der drei­einhalb Bus­stunden ent­fernten und siebenmal größeren “Megacity” Bangalore wirkt es fast dörflich. Das Stadt­bild ist indisch–wuselig, aber zugleich auch sehr herr­schaftlich, denn die Maharajas von Maisuru aus der Wodeyar-Dynastie haben die Stadt mit einer unglaub­lichen Anzahl von Palast- und Repräsentations­bauten geschmückt, zumeist in einem eklektischen Stil, der indische, islamische und europäische Elemente mischt („Neo–Indo–Sarazenischer Stil“). Davon gibt es dann im nächsten Brief viel mehr zu berichten.

Abgesehen vom Palast findet man hier noch eine riesige „gothische“ Kathedrale, die ein bißchen aussieht wie eine moderne Version des Kölner Doms, zahlreiche Märkte und einige inter­essante Ziele in der näheren Umgebung. Am nächsten ist der Chamundi Hill, eine kleine Erhebung südöstlich der Stadt und (glaubt man einem daran angebrachte Schild) einer der acht heiligsten Hügel Südindiens. Dort wird eines auch Dir altbekannten Dämons gedacht, nämlich des Mahisha (oder auch Mahishasura), von dem ich Dir bereits einige Male, zuletzt aus Modhera, berichten konnte. Der Kampf zwischen ihm und der Göttin Durga soll sich genau hier abgespielt haben, und daher rührt die Heiligkeit des Chanmudeshwari-Tempels auf der Hügelkuppe. Zu den Betrienszeiten des Tempels kann man sich in einer laaangen Schlage anstellen, um das Kultbild im Inneren des Tempels zu sehen — da kommen Erinnerungen an Tirupati hoch, aber diesmal war ich nicht in der richtigen Stimmung, ein paar Stunden Warten zusammen mit drängelnden Indern zu ertragen.

Hier in Maisuru sieht man in Mahisha übrigens nicht einen simplen Schurken, sondern einen großen König (der eben ein bißchen zu arrogant war und folglich bestraft werde mußte); angeblich ist sogar der Name der Stadt von diesem Asura abgeleitet, und irgendwo in der Gegend soll es sogar Tempel geben, die ihn als mindere Gottheit verehren. Da verwundert es auch gar nicht, daß eine riesige, poppig bunte Statue Mahishas das erste ist, was man auf dem Hügel zu Gesicht bekommt. Sein etwas überzeichnetes, aber freund­liches Gesicht lacht auch von einigen Reklametafeln für Kultur­veranstaltungen, offenbar ist er so etwas wie ein Stadt­maskottchen.

Making of Incense Sticks in Mysore, Karnataka (India)

Räucherstäbchenfabrikation

Jasmine Flowers at Devaraja Market, Mysore, Karnataka (India)

Abends duften die Jasminblüten am Devaraja-Markt …

Rose flowers at Devaraja Market, Mysore, Karnataka (India)

… und Rosenblüten gibt es auch.

Nandi (mount of Shiva) Statue at Chamundi Hill, near Mysore, Karnataka (India)

Nandi-Statue am Abgang vom Chamundi Hill

Zum Cha­mundi Hill kann man mit dem Stadt­bus fahren, einem gerade­zu un­indi­schen, weil piek­feinen Nah­verkehrs­mittel mit ge­polster­ten Plastik­sitzen, Halte­schlaufen für Steh­passagiere, Klima­anlage und geräusch­armen hydrauli­schen Türen; das einzige Indische daran ist die Über­füllung. Religiös wertvoller ist es natürlich, sich den Hügel zu Fuß hinauf­zuquälen, und wer das tut, der kommt an einer giganti­schen Nandi-Staue vorbei, die vor ca. 500 Jahren aus dem Felsen ge­schnit­ten wurde und wahr­schein­lich eine der größten ganz Indiens ist (Hinweis für Fuß­faule: Man kann natürlich auch den Bus hinauf nehmen und den Bullen erst beim Abstieg besuchen, das bringt zwar weniger gutes Karma, aber auch weniger Muskelkater).

In ganz Indien ist Mysore als Herkunfts­gebiet von Räucher­stäbchen (Hindi Agar­batti, Kannada Agara­batti) bekannt, da zumin­dest früher in der Um­gebung überall Sandelholz­bäume wuchsen; heute sind sie durch heftige Über­erntung recht selten geworden, und sie wurden zu ihrem Schutz „ver­staatlicht“: Alle Sandelholz­bäume sind automatisch Regierungs­eigentum, etwa so wie bei uns Boden­schätze. In der Altstadt, besonders im muslimischen Viertel rund um die Moschee Masjid-E-Azam, sieht man überall in den Haus­eingängen Frauen sitzen, die Räucher­stäbchen herstellen: Dazu werden dünne Holz­stäbchen in Leim und einem Pulver (entweder Holz­kohle oder Sandel­holz) gewälzt. Das Aroma bekommen die Stäbchen erst in einem zweiten Schritt, indem sie in Lösungen von ent­sprechenden Duftölen getaucht werden.

In allen Tei­len Indiens sind die Menschen ganz ver­sessen auf gute Düfte — kein Wunder, wenn man weiß, wie es hier ohne Par­fümierung riecht. Ins­besondere kultische Handlungen müssen jedoch „rein“ sein, und das ist der Grund, wes­halb das Ab­fackeln von Räucher­stäbchen oder -pasten Bestand­teil der meisten hinduisti­schen Pujas ist: Man kann doch einem Gott nicht zumuten, an einer Stelle zu erschei­nen, wo es stinkt. Hier in Süd­indien können aber auch Blüten diese Rolle ausfüllen, vor allem verschiedene Varianten von Jasmin. Ent­sprechend findet man überall in der Stadt Blumen­girlanden zum Verkauf angeboten, und im großen Devaraja-Markt kann man durch ganze Straßen voller Blumen-Verkaufs­stände spazieren. Das lohnt sich vor allem abends, wenn die Blüten aufgehen und die Luft mit ihrem intensiven Bouquet erfüllen.

Indian Food: Karnataka Meals component: Rasam aka Tili-Saru

Die Gewürzbrühe Rasam (auch Saru)

Indian food: Karnataka cold green beans

Wie in Tamil Nadu werden auch in Karnataka kalte trockene Gemüsespeisen zum meals gereicht.

Indian Food: Karnataka Meals

Meals

Nach der langen Zeit im Nor­den ist das süd­indi­sche Es­sen wieder fast eine Er­lösung — be­kannt­lich sehnt sich der Mensch ja immer nach dem, was er gerade nicht hat. Die Karnataka-Küche ist mir bisher nicht mit beson­ders vielen eigen­ständigen Ge­richten aufge­fallen, sondern scheint mir der tamili­schen sehr ähn­lich zu sein: Zu einem typi­schen meals werden trockene Curries mit Kokos­raspeln, sauciger Curries mit Kokos­milch, suppiger Sambar und die ganz dünne Brühe Saru (auch Tili­saru, aber bekann­ter unter dem tamili­schen Namen Rasam) gereicht. In alle­dem schwim­men Curry­blätter, und beim Saru besteht eine besondere Neigung dazu, ein paar Tomaten­scheiben als Einlage hinein­zuwerfen. Wie in Tamil Nadu findet man überall einzelne Dal-Körner, meistens gelbe Spalterbsen, die allerdings nicht so dunkel geröstet werden wie im süd­östlichen Nachbar­land; auch Senf­körner und Bockshornklee werden gerne verwendet und dabei kräftig angeröstet.

Auch die Snacks, die hier als Früh­stück oder Zwischen­mahlzeit (tiffin) ge­gessen werden, er­innern sehr an das, was ich schon anders­wo in Süd­indien serviert bekam. Mein Lieblings­frühstück besteht aus einem mit scharfer Begleitung serviertem Idli, das hier übrigens Idli geschrieben wird. Diese in ganz Süd­indien (und teilweise auch im Norden) verbreiteten fluffigen gedämpften Laibchen stammen angeblich aus Karnataka. Das Standardmodell besteht aus Reis und Bohnen (Urad Dal), die eingeweicht und zu einem dünn­flüssigen aber körnigen Teig verarbeitet werden, der dann ein paar Stunden fermentieren darf; danach wird der Teig in Form gepreßt und gedämpft. Zwei lokale Abwandlungen sind Mallige Idli (aus Reis ohne Bohnen) und Rava Idli (aus Weizen­grieß, mit nur sehr kurzer Fermentation). Zum Animpfen des Teiges wird meist Joghurt verwendet. Die Reis-Idlis schmecken mir zwar wegen der feineren Konsistenz besser, aber die Weizengrieß-Idlis haben auch einen gewissen Reiz und einen Geschmack, der mich sehr an die Grieß­knödel meiner Großmutter erinnert. Alle drei Typen werden mit Sambar und Kokosnuß-Chutney serviert. Die Weizen-Idlis sind Erfindung eines Restaurants in Bangalore, das damit auf die Reisknappheit während des 2. Welt­krieges reagierte.

Indian (Karnataka) Food: Mallige Idli (Idli made from Rice and urad dal beans)

Mallige Idli, weizenfrei

Indian (Karnataka) food: Paper Masala Dosa

Paper Masala Dosa

Auch das bekannte Masala Dosa gibt es hier überall — dünne Crèpes aus leicht fermen­tiertem Reis–Bohnen-Teig, gefüllt mit einer würzigen Kartoffel–Zwiebel-Masse, und ebenfals mit Sambar und Kokosnuß serviert. Als lokale Abwandlung werden die Dosa hier innen mit einer ChiliKnoblauch-Paste eingestrichen. Das macht Eindruck! Besonders Hungrige können sich an Paper Masala Dosa halten, das ist ein extra großes, 50 cm langes Crèpe mit extra dazuservierter Kartoffel­fülle.

Auswärts zu essen ist hier übrigens eine ziemlich Qual. Inder sind keine Wirtshaus­hocker: Sie kommen (meist in größeren Aggre­gaten), setzen sich hin, stopfen sich mit Rekord­geschwindigkeit alles in den Mund und stehen auf, ehe der letzte Bissen im Magen ange­kommen ist. Da fast nur Wasser getrunken wird und das kosten­los ist, müssen Wirte auf hohen Durch­satz kalkulieren. Und deshalb geht es in indischen Restaurants eigentlich immer zu wie in einem Vogel­haus; aber hier in Mysore ist das ganz besonders extrem. Die populären Restaurants sind von 10 bis 17 Uhr so voll, daß ich sie nicht besuchen mag (und ein Auspacken des Laptops an den über­füllten sechs-bis-acht-Mann-Tischen gar nicht in Frage kommt). Die weniger populären Restaurants haben dagegen im allgemeinen irgendwelche Gründe für ihre geringere Besucher­frequenz. In meinem Lieblings­restaurant erklärte mir der Wirt, daß sie täglich knapp 3000 Gäste verköstigen.

Nächste Woche erzähle ich Dir mehr vom Palast von Mysore, der demnächst Schauplatz eines riesigen Festes sein wird.


Mandi Mysore 2

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