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Narayangadh (Bharatpur) नारायणगढ (भरतपुर) (Nepal) |

Kleiner Tempel im Stadtgebiet von Narayangadh

Fischer im Narayani-Fluß
da die Zeit in Indien viel zu rasch abgelaufen ist, melde ich mich heute wieder einmal aus Nepal. Ich bin, wie schon zweimal zuvor, über den Grenzübergang in Kakarbhitta eingereist und von dort Richtung Westen gezogen; zur Zeit stöhne ich immer noch über die frühsommerliche Hitze im nepalischen Flachland, dem Terai.
Zu den Orten Nepals, um die Touristen einen großen Bogen machen, gehört auch Narayangadh, das Du manchmal auch als Narayanghat (oder auf Englisch als Narayangarh) geschrieben findest. Wie die meisten Terai-Orte glänzt auch Narayangarh mit einer staubigen Atmosphäre und einem perfekten Mangel an irgendetwas Historischem — das ist auch kein Wunder, die großangelegte Besiedlung des Terai liegt ja auch weniger als ein Jahrhundert zurück, zuvor war das ganze Gebiet eine von Elefanten und Nashörnern durchstreifte Wald- und Savannenlandschaft voller Malaria-
Ein Pilger opfert der frischvereinigten Narayani seine Haare
Der Wald rund um Devghat
Der Samudra von Devghat: Rechts hinten die Gandaki, im Vordergrund die Trishuli und links die Nayarani
Trotzdem gibt es hier etwas zu sehen, und zwar etwas Hinduistisches: Die Stadt liegt am Ufer des Nayarani-
In Narayangarh selbst ist höchstens das Ufer der Nayarani eine Besichtigung wert. Dort stehen ein paar kleine Schreine, und wenn man Glück hat, dann findet man zwischen all den fußballspielenden Youngsters (ja, wirklich! kein Cricket! Kultureller Ausverkauf?) ein paar ältere Herren bei einem hinduistischen Ritual. Außerdem kann an ein paar Fischer beobachten, wie sie vom Ufer ihre Netze auswerfen oder mit kleinen Holzkähnen umherschippern — aber der niedrige Wasserstand nimmt der Szene viel von ihrem Glanz. Natürlich wird am Ufer auch Kleidung gewaschen, und die Bewohner der umliegenden Holzbaracken müssen sogar ihre Bäder in der Öffentlichkeit nehmen, was von allen Umstehenden mit vorbildlicher Diskretion gehandhabt wird.
Fährt man mit dem in ein- bis zweistündigem Abstand verkehrenden Bus die zwanzig Minuten bis nach Devghat, dann durchquert man einen Wald, der einen Eindruck davon vermittelt, wie das Tarai früher aussah. Wald heißt in allen nordindischen Sprachen jangal, aber die romantische Vorstellung von einem Dschungel als „grüner Hölle“ ist gar nicht angebracht: Erstens bezeichnet man im Indischen jeden Wald so, selbst einen Park; und zweitens waren diese Wälder gar nicht so voller Dickicht und und Wildheit, wie man glauben möchte. Die meisten Wälder des tropischen Flachlands sind relativ dünn und wirken geradezu aufgeräumt; die dichten Baumkronen schirmen das Licht ab, so daß am Boden wenig Lebensraum übrigbleibt, und die enorme Artenvielfalt sieht man erst, wenn man sich in die „Chefetage“ hochbewegt.
Die Leichen sind in bunte Stoffe gehüllt
Ein heiliger Asket am staubigen Ufer der Narayani
Scheiterhäufen am Ufer der Narayani
Das Ufer der frischgebildeten Narayani ist zur Zeit gut zugänglich; Sand und Geröll bilden sozusagen ein natürliches Ghat, an dem ständig Leichenverbrennungen stattfinden; für die Massen an Feuerholz muß der Wald herhalten, und da sind Kapazitätsprobleme vorprogrammiert. Der Ort Devghat ist winzig und besteht nur aus ein paar Tempeln und der dazu unbedingt notwendigen Infrastruktur (darunter auch Teestände) sowie einem großen Parkplatz, an dem gecharterte Busse auf die Rückkehr der Trauergäste warten. Alles wirkt sehr ruhig, fast verlassen; ein paar ältere Priester dösen in der brütenden Hitze, und die Affen turnen auf einer riesigen Hanuman-
Viele dieser Tempel bieten einen Platz zum Meditieren und Lernen für diejenigen Hindus, die der alten Sitte folgend als dritten Lebensabschnitt der Welt entsagen und sich spirituell vervollkommnen möchten. Nach hinduistischem Brauch soll ein Brahmane in seiner Jugend die heiligen Texte studieren (Brahmacharin), danach eine Familie gründen und einen Sohn zeugen (Grihastha) und dann erst als Einsiedler in Abgeschiedenheit weiterlernen (Vanaprashtha) und zuletzt sogar allen Besitz aufgebend als wandernder Bettler umherpilgern (Samnyasin, heute eher als Sadhu bekannt). Die alte Sitte ist in der modernen Zeit schlecht durchzuhalten, insbesondere ist der Platz für waldbewohnende Eremiten knapp geworden; deshalb ist es üblich, in kleinen Gruppen am Tempel einzusiedeln.
Brutzelnder Lammspieß (Sekwa)
Gundruk-Salat
Patmas
Einfacher gewässerter Gundruk
Was das Eßbare betrifft, so ist Narayangarh die erwartete Totalpleite: Das Tarai ist eindeutig kein Feinschmeckerland, und außer Dal Bhat Tarkari, Linsen mit Reis und Gemüse, ist kaum etwas aufzutreiben; im besten Fall gibt es noch Snacks aus Kichererbsen, Kartoffeln und anderem Gemüse mit gepreßten Reiskörnern (Chiura), die leider nur außerlich an die pikanten Newari-Snacks aus Kathmandu erinnern. Das Beste war Patmas, eine Art Salat aus gerösteten Sojabohnen mit Tomatenstückchen und grünem Chili; das war wirklich ganz gut, aber seit dem ich es gegessen habe, glaube ich zu verstehen, warum so viele Nepali Zahnlücken haben.
Deshalb greife ich ein paar Tage zurück: In Kakarbhitta habe ich nämlich, zu meiner eigenen Überraschung, durchaus brauchbar gegessen (sonst gibt es dort allerdings exakt nichts zu sehen oder zu tun, außer eine Verkühlung auszukurieren — warum kriegt man die eigentlich immer dann, wenn es warm wird?). Zu den Highlight gehörten vor allem die über Holzkohle gegrillte Lammspieße Sekuwa, die man (sechs oder sieben Fleischstücke zum Preis eines Dhalbhat) abends an einigen Orten nahe dem Busbahnhof bekommen kann.
Außerdem kam ich in den Genuß von Gundruk, jenem fermentierten und getrockneten Kohl, den ich schon einmal in Hile probieren konnte. In Kakarbhitta bekam ich Gundruk sogar zweimal, und zwar roh: Eine Freßbude des Markviertels servierte zum Dalbhat einfach rohen, in Wasser eingeweichten Gundruk als pikante, salzig–fermentiert schmeckende Beilage, und in einem teureren Hotel bekam ich ihn als Salat mit rohen Zwiebeln, Chilies und Tomatenscheiben. Beides kann ich nur empfehlen!
Himadatshe
Himadatshe in Großaufnahme
Zutaten für Himadatshe (Käse und Chili)
Der Knaller war aber eine Zufallsbekanntschaft mit einem Bhutanesen, der Freunde in Nepal besucht hatte und sie mit dem Nationalgericht seiner Heimat beglückte: Himadatse (auf nepalisch schreibt man wohl Himadatshe), die berühmt–
Auch die Suppe selbst ließ weder bei Geschmack noch bei Exotik zu wünschen übrig: Offenbar briet er einfach Zwiebeln mit ein paar Gewürzen und den grob zerkleinerten Chilies kurz an, goß mit Wasser auf und ließ den Käse darin schmelzen. Das ganze bindet nicht wirklich wie bei Fondue zu einer echten Käsesauce ab, da der Emulgator fehlt; stattdessen bildet der Käse weiche, fädige Klumpen, die beim Essen ein angenehmes Mundgefühl hervorrufen. Der Geschmack war einfach und ganz vom Chili dominiert — so feurig–scharf, wie ich das oft gelesen hatte, war sie nicht, aber doch sehr zufriedenstellend. Allein dafür hatte sich der Schnupfen in Kakarvitta mehr als gelohnt!
P.S.: Vom Oberlauf der Gandaki wird später noch viel mehr zu erzählen sein.
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