◀ Gopalpur | Hyderabad ▶ |
Vishakhapatnam విశాఖపట్ణం (Andhra Pradesh) |
Südindischer Tempel im Disney-Stil
Der Hafen- und Strandbezirk
Andhra!
Nein, ich zitiere hier nicht fehlerhaft den Beginn der Odyssee, sondern ich bin nach drei Monaten endlich im Süden angekommen. Andhra Pradesh, der südliche Nachbar von Orissa, gehört zu den vier dravidischen Staaten, in denen völlig andere Sprachen als im Norden gesprochen werden — das merkt man dann auch an den unaussprechlichen Ortsnamen, zum Beispiel Vishakhapatnam, so heißt die zweitgrößte Stadt des Bundesstaates, in der ich gerade residiere. Kein Wunder, daß der Name gerne zu Vizag [sprich: vaisag] verkürzt wird.
In Vizag gibt es, halte Dich fest, keine berühmten oder sonstwie bemerkenswerten Tempel. Kleinere Exemplare stehen natürlich überall herum, und mich faszinieren sie durch ihre Farbenpracht. Die grell bemalten Götterfiguren am Eingang sind typisch für den südindischen Stil, und auch wenn ich jetzt noch regelmäßig meine Kamera zücke, sooft ich an so einem Disneyland-Ableger vorbeikomme, so werde ich sie in paar Tagen wegen ihrer Allgegenwärtigkeit wohl gar nicht mehr bemerken.
Auch sonst hat die Stadt touristisch so gut wie nichts zu bieten, außer einem Strand und einem Fischerhafen, beides mit Blick auf Schiffswerften und Industriegebiete. Das beeindruckt noch weniger als die riesigen und zahlreichen Kakerlaken, mit denen ich mir mein Hotelzimmer teile. Glücklicherweise kann man hier überall Kakerlakenkreide (Handelsname Laxmanrekhaa) kaufen, mit der man Striche auf den Boden malt, die dann für die Kakerlaken direkt ins Jenseits führen. Dazu steht lakonisch auf der Packung “The effect will be clearly visible within 3–4 hours”, und in der Tat muß man die Viecher dann nur noch aus dem Zimmer kehren, oder den Hotelboy dazu bringen, daß er es tut.
Bananenverkäuferinnen an einer Eisenbahnstation im Gebirge
Noch mehr Bananen
Bergbewohnerinnen
Museum für Volkskunde in Araku
Man kann allerdings mit der Eisenbahn in satten vier Stunden ins Gebirge fahren, vom palmenbewachsenen Tiefland bis auf fast
Mangel an Sehenswürdigkeiten hin oder her, ich bereue die paar Tage in Vishakhapatnam nicht: Die Küche hier ist nämlich einfach unglaublich. Die Erwartungen waren hoch, da Inder aus dem Norden sich meist beklagen, Andhra-
Chili-Verkäuferin in Araku
Andhra Pradesh ist in Indien der Hauptproduzent von Chili, und die einheimischen Köche lieben die kleinen roten Freunde ganz offenbar. Neben scharf ist sauer, vor allem durch Tamarinde und einen Hibiscus-
Andhra ist nicht unbedingt vegetarisches Kerngebiet, daher bekommt man eine schöne Auswahl an Fleisch, beispielsweise als kebabartigen Hühnerspieß auf der Straße, und Meerestieren. Das größere Angebot gibt es aber bei Gemüse, das natürlich im tropischen Klima besonders gut verfügbar ist. Kürbisse aller Formen, Okras, Drumsticks (die bohnenartige Früchte des Meerrettichbaums), aber auch so bekannte Arten wie Rote Rübe und Karotten tauchen hier neben den kanonischen Hülsenfrüchten in Form sauer–scharf–fruchtiger Gemüsecurries auf dem Teller auf.
Selbst im Bergdorf Araku bekommt man köstliche meals.
Nichtvegetarisches Andhra meals in Luxusausführung
Von „Teller“ zu sprechen, ist allerdings nicht ganz korrekt: Traditionell wird hier in Südindien vom Bananenblatt gegessen. Die Blätter liegen in den Restaurants stapelweise herum, und jeder Gast erhält ein neues, ungebrauchtes Blatt, das nach dem Essen entsorgt wird und letztlich wohl im Magen einer Heiligen Kuh landet. In den ganz billigen Restaurants beträufeln die Gäste ihr Blatt mit Wasser, ehe die Speisen daraufgeschichtet werden; das soll wohl der Reinigung dienen, aber ich halte es bei der zweifelhaften Qualität des Leitungswassers für ziemlich kontraproduktiv. Ein weiterer Unterschied zum Norden ist sprachlicher Natur: Hier spricht man nicht von Thali, sondern englisch von meals — und zwar immer im Plural (“One meals, please!”).
Interessant weil im Norden nicht vorhanden sind die suppigen Zubereitungen. Eine klare Gemüsebrühe namens Charu (bekannter unter dem tamilischen Namen Rasam) wird fast mit jedem Mahl gereicht; sie ist gut gepfeffert, und statt einer Einlage schwimmen geröstete getrocknete Chilies darin. Die anglo-indische Mulligatawny-Suppe, die man weltweit in indischen Restaurants probieren kann, ist übrigens nichts anderes als Rasam mit Fleischeinlage. Sambar, die tamilische dicke Suppe mit Gemüseeinlage, ist auch überall zu haben, schmeckt hier aber recht sauer. Diese „Suppen“ werden über den Reis geschüttet und mit ihm zu einem Brei geknetet, den man sich dann in den Mund steckt, denn mit Löffel oder Gabel essen hier höchstens Touristen.
Zum Nachwürzen: Im Uhrzeigersinn Salz, Ingwer-
Am Tisch stehen meist einige „Scharfmacher“, mit denen man sein Essen noch weiter aufpeppen kann. Am besten schmeckt mir das sauer-scharfe Ingwer-
Und dann gibt es hier noch etwas, wovon ich seit der Ankunft in Indien fast vergessen habe, wie es schmeckt: Kaffee. Hier im Süden wird Kaffee angebaut und auch gerne getrunken, wobei er ähnlich wie der Tee mit einer kochenden Milch–Zucker–Wasser-Mischung übergossen und in kleinen Plastikbechern serviert wird. Gewürz-Kaffee, den es angeblich auch geben soll, habe ich jedoch noch nicht gefunden.
◀ Gopalpur Hyderabad ▶