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Agartala আগরতলা (Tripura) |

Eingang zum Ujjayanta Mahal

Abends spiegelt sich der Ujjayanta Mahal im Lakshmi-Narayan Sagar

Das Tor zum Palastkomplex trägt eindeutig britische Züge
wer reist bitte nach Agartala, der ehemaligen Hauptstadt des Fürstentums Tripura? Diese kaum bekannte Region am Ende Indiens — fast vollständig von Bangladesch umschlossen und nur über große Umwege erreichbar — sieht wohl weniger Ausländer als jeder andere frei zugängliche Unionsstaat. Der massive Zuzug von hinduistischen Bengalen unmittelbar nach der Teilung Indiens und die gewaltsame Einverleibung des Fürstenstaates durch die indische Armee sorgen auch für sozialen und politischen Sprengstoff, und bis in die Neunziger war das Gebiet, wie der ganze Nordosten, von der Außenwelt praktisch isoliert.
Die ursprünglichen Bewohner Tripuras sind die Borok, die von den Indern meist Tripuri genannt werden. Sie sprechen die sino–
Im Griff der Würgfeige
Gruppe von verfallenden Tempelchen
Die Fischhalle im Battala-Markt riecht genauso, wie man es sich erwartet
An die Glanzzeiten des Borok-
Warum besuche ich diese Stadt, die von Shillong in einer nerven- und hinternaufreibenden 23-stündigen Bustour erreicht wird? Agartala liegt nur ein paar Kilometer von der Grenze zu Bangladesh entfernt, und da es hier ein Konsulat mit Visa-
Drei Stunden später hatte ich ein emergency ticket der indischen Eisenbahn, das mich über Nacht nach Lumding in Assam bringt; von dort sollten es (nach reiner Fahrzeit) nicht viel mehr als 15 Stunden bis an die nepalische Grenze sein. Es sieht ganz so aus, als ob ich die nächsten zwei Monate im Himalay verbringen werde, winterbedingt bei glänzender Fernsicht und klirrender Kälte.
Nach diesem angebrochenen Tag, den ich mit der Besichtigung Agartalas verbrachte, blieb mir nur noch ein weiterer, ehe ich aufbrechen muß. Es gibt zwei berühmte Sehenswürdigkeiten in der Umgebung: Die Tempelstadt Udaipur und die Palastanlage Neermahal. Ich habe mich für zweiteres entschieden, und es nicht bereut.
Der Neermahal in Melagarh wirkt wie nicht von dieser Welt
Der Rudra Sagar wächst langsam zu
Die Anfahrt per Boot hat etwas Magisches
Sagte ich „Magisch“?
Garten innerhalb des Neermahal
Türmchen über Türmchen
Eine eineinhalbstündige Reise im überfüllten Sammeljeep führt vom Busbahnhof in Agartala in eine Kleinstadt namens Melagarh; von dort marschiert man keine zehn Minuten, bis man an einen trüben, zur Hälfte von Wasserhyazinthen und schwimmenden Gärten bedeckten See kommt. In der Mitte dieses Rudra Sagar schimmert ein rot–
Garten innerhalb des Nirmahal
Der langgezogene Gebäudekomplex wurde erst in den Dreißigern gebaut, ist aber heute völlig leer und verlassen; nur die Gartenanlagen werden noch gepflegt. So kann man zusammen mit einem Haufen Inlandstouristen, meist Bengalen aus dem oberen Mittelstand, über die blendend weiße Dachlandschaft spazieren und Photos von romantischen Ensembles aus Türmchen und Chattris vor dem Hintergrund des Sees oder des tiefblauen Himmels aufnehmen.
Türmchen über Türmchen
An diesem Bahnhof verkehren ca. 4 Züge pro Tag
Bereits am nächsten Tag mußte ich die Stadt und in weiterer Folge Indien verlassen. Der riesige, schneeweiße Bahnhof ist erst zwei Jahre alt und wurde für ein Vielfaches des tatsächlichen Personenaufkommens geplant — aber bisher verkehrt hier nur eine Handvoll Züge pro Tag. Nerventötend langsam ruppeln sie auf der Ein-Meter-
Zwei Tage in Agartala sind eigentlich für alles zu wenig; insbesondere konnte ich praktisch nichts über die Kultur, Lebensart und Küche der Borok herausfinden. Das ist wirklich schade, ließ sich aber angesichts des bengalischen Übergewichtes in der Stadt nicht vermeiden. Ob das, was ich hier gegessen habe, für die bengalische Küche typisch war, muß ich auch offenlassen; da ich ja in absehbarer Zeit nicht nach Bangladesh kommen werde, werde ich wohl noch ziemlich lang auf garantiert echte bengalische Geschmackserlebnisse warten müssen. Mein letztes Essen, ein Biryani-
… und so serviert man sie.
So fängt man Fische …
Der Ausflug zum Neermahal brachte mir die Gelegenheit, bengalischen Fisch zu pro­bieren. Bengalen essen viel Fisch, der in den zahlreichen Flüssen und Teichen offenbar prächtig gedeiht (oder das zumindest bis zum Beginn des Industriezeitalters tat). Ganz knapp an der Abfahrtsstelle der Boote zum Palast konnte ich einen lokalen Fischer beobachten, wie er in einem trüben Weiher mit dem Käscher auf Fang ging, und solcherart von der Frische des Materials überzeugt, versuchte ich dann zwei Ecken weiter in einem Restaurant den fried fish. Er erwies sich als eßbar, wenngleich etwas phantasielos zubereitet: Gewürzt, eingemehlt, gebraten und mit ein paar Röstzwiebeln belegt.
Damit ist Indien zu Ende, und den nächsten Brief erhältst Du wieder einmal aus dem Himalaya; mit Verspätungen muß angesichts der steinzeitlichen Infrastruktur und den winterlichen Bedingungen in den ostnepalischen Gebirgsdörfern gerechnet werden.
P.S.: Zwei Jahre später kam ich dann doch noch nach Kolkata, erhielt ein Bangladesh-Visum und machte mich in das unbekannte Land auf.
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