Landkarte
Aizawl 2 Siehe auch Dambulla
Nicht zu verwechseln mit Nalanda (Bihar)
Kandy 6

Matale මාතලේ/மாத்தளை und Nalanda Gedige නාලන්ද ගෙඩිගේ/நாலந்த கெடிகே (Sri Lanka)

Temple tower of Arulmigu Muttumariyamman Koyil Hindu Temple in Matale, Sri Lanka

Turmlandschaft des Sri Mutumariamman Koyil in Matale

Saraswati Hindu Goddess sitting on the top of the tower of Arulmigu Muttumariamman Temple in Matale, Sri Lanka

Die Hindu-Göttin Sarasvati thront auf der Spitze des Turms des Sri Mutumariamman Koyil in Matale

Liebe Birgit,

ich bin wie­der ein­mal in Sri Lanka und re­sidi­ere in mei­ner dor­ti­gen Lieb­lings­stadt Kandy. Heute be­rich­te ich von Sehens­würdig­keiten aus der Um­ge­bung von Matale, einer Stadt, die am halben Weg nach Dambulla un­ge­fähr 30 km nörd­lich von Kandy auf immer­hin noch 320 m See­höhe liegt und von der ich schon einmal kurz ge­schrie­ben habe. Nach ihrer Lage sollte sie daher dem sri­lankani­schem Ge­birgs­land zu­schla­gen, aber an­derer­seits ist die Atmo­sphäre der Stadt sehr staubig und wenig montan, und knapp nörd­lich davon be­gin­nen bereits die ersten Sehens­würdig­keiten, wie sie auch ins Kul­turel­le Drei­eck passen würden. Daher halte ich es für tref­fen­der, Matale als den leicht ge­bir­gi­gen Süd­zipfel des Kul­turel­len Drei­ecks aufzufassen.

In der Stadt Matale kann man sich eigent­lich nicht viel an­sehen. Die Aus­nahme dazu ist ein quietsch­bunt an­gemal­ter Hindu-Tempel namens Sri Mutu­mari­amman Koyil, auf dessen über­hohem und über­buntem Tempel­turm als un­gewöhn­liche Wahl Sarasvati mit ihrer Laute thront. Zwei hölzerne Kult­wagen (Ratha) stehen vor dem Tempel, und an­geb­lich findet hier im März ein Wagen­fest statt. Die Farb­inten­si­tät des ganzen Tempels ist so un­geheuer­lich, daß hin­ter­her selbst die tropi­sche sri­lankan­ische Natur besten­falls pastell­grün wirkt.

Cave Temples in Aluvihare Buddhist Monastery near Matale, Sri Lanka

Vorbau zu einem Höhlentempel im Aluviharaya nahe Matale

Cave Temple (#1) with reclining Buddha in Aluvihare Buddhist Monastery near Matale, Sri Lanka

Liegender Buddha im ersten Höhlentempel des Aluviharaya

Inter­es­san­ter ist das bud­disti­sche Höhlen­kloster Alu­vihare, das 2 km nörd­lich von Matale gleich an der Haupt­straße liegt. Man muß nur ein paar Stufen hoch­steigen, um zwischen die Granit­blöcke zu kommen, an die die Tempel­gebäude an­geklebt sind; die eigent­lichen „Höhlen­tempel“ sind nur flache Nischen an der Rück­seite dieser Vor­bauten. In den ins­gesamt vier kleine Höhlen­tempeln kann man wunder­schön aus dem Felsen ge­schnit­tene sitzende Buddhas be­wun­dern, und über die phan­tasti­sche Bemalung der Felsen staunen, die jede natür­liche Un­eben­heit wie eine Falte in einem Gewand wirken läßt. Zu­sätz­liche sitzende und liegende Buddha-Statuen schaffen eine ruhige und würdige Atmosphäre; alles ist zwar zwei Num­mern kleiner als in den be­rühm­ten Höh­len von Dambulla, aber schön anzusehen.

Torment of the Damned by hungry and oversized arthropods, at Aluvihare Buddhist Monastery Cave Temple, Matale (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Gegen dieses Ungeziefer hilft kein DDT (aber vielleicht Beten)

Cruel punishment with improvised brain surgery in Aluvihare Buddhist Monastery Cave Temple, Matale (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Hier geht es voll zur Sache

Torment of the Damned in Hell involving a spiny tree, mural at Aluvihare Buddhist Monastery Cave Temple, Matale (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Die Hölle bietet auch dem botanisch Inter­essier­ten faszinie­ren­de Studienobjekte

Ganz an­ders da­ge­gen sieht es in der zwei­ten Höhle auf, in der die Qualen der Ver­damm­ten im näch­sten Leben in Form gru­seli­ger Freschi an den Wän­den fest­gehal­ten sind. Wer sich den Bud­dhis­mus immer als eine Kuschel-und-Well­ness-Reli­gion vor­ge­stellt hat, der wird sich wun­dern: Denn in diesen Ge­mäl­den bleibt keine Spiel­art des Sadis­mus un­berück­sich­tigt. Stache­lige Bäume, grau­same Dämonen mit blut­trie­fen­den Mes­sern und aller­hand ge­fräßi­ges Vogel- und In­sekten­zeug machen den Ein­druck, als ob sie ihre künst­leri­sche Genese einem in Sri Lanka wieder­gebore­nen und heftig LSD-horror­trip­pen­den Hierony­mus Bosch verdanken. Der schmerzens­reiche Baum erinnerte mich spontan an As-Sakkum, das bös­artige Gewächs, mit dem man laut Koran in der Hölle (Al-Jehenna) gequält wird.

Wessen ästheti­sche Vor­lie­ben sich eher an Filmen wie “Bad Taste” oder “Brain­dead” orien­tieren, der findet im dritten Tempel seine volle Be­friedi­gung: Denn dort wer­den keine theo­logi­schen, son­dern echte Be­strafun­gen ge­zeigt, wie sie Sri Wikrama Raja­sinha, der letzte König von Kandy, an seinen Unter­tanen prak­tizier­te (zu­min­dest ist das so, wenn ich den Menschen am Ein­gang richtig ver­stan­den habe). Dabei handelt es sich nicht um Ge­mälde, son­dern um lebens­große und in­ten­siv kolorierte Plastiken. An Blut­rünstig­keit läßt das nichts zu wünschen übrig, und man fragt sich schon, was der arme Sünder, dem das Gehirn aus dem auf­geschnit­tenen Schädel quillt, so an­ge­stellt haben mag? Fa­milien­silber geklaut oder gar in den könig­lichen Garten gepinkelt? Auf jeden Fall zeigt der Bud­dhis­mus in diesem Kloster nicht un­bedingt seine fried­lichste Seite.

Statue of Hindu God Kubera below the Southern Tympanon in Nalanda Gedige Hindu/Buddhist Temple, between Matale and Dambulla (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Kubera sitzt bequem unter dem Giebel an der Süd­seite des Nalanda Gedige

Mandapa in Nalanda Gedige Hindu/Buddhist Temple, between Matale and Dambulla (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Die steinernen Säulen des Mandapam vor dem Nalanda Gedige sind nur wenig verziert

Erotic stonecarving at Nalanda Gedige Hindu/Buddhist Temple, between Matale and Dambulla (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Verwitterte Erotik

South-Western side of Nalanda Gedige Hindu/Buddhist Temple, between Matale and Dambulla (Cultural Triangle, Sri Lanka)

Der rätselhafte Tempel Nalanda Gedige (Südwestseite)

Fährt man mit dem Bus von Matale eine knap­pe Stun­de weiter Rich­tung Süden, so kommt man an un­zähli­gen gar nicht empfeh­lens­werten „Ge­würz­gärten“ vor­bei. Nach einer guten hal­ben Stun­de, knapp vor Dambulla, trifft man dann auf einen der rätsel­haftes­ten Tempel Sri Lankas, der all­gemein als Gedige be­kannt ist. Er trägt un­ver­kenn­bar die archi­tektoni­schen Merk­male der süd­indi­schen Pallava-Dynastie (von der ich die schönsten Tempel in Kanchi­puram und Mamalla­puram gesehen habe) und ist gänz­lich aus grauem Granit erbaut. Das kleine, in die Höhe strebende Haupt­gebäude er­reicht man über ein ost­seitig an­schließen­des Mandapam mit vielen Stein­säulen, die wohl einmal mit irgend­etwas über­dacht ge­wesen sein mögen; sie sind nur rudi­mentär mit Schnitzereien verziert.

Auf der Süd­seite des Giebels findet man eine Götter­darstel­lung (an­geb­lich Kubera, der Hindu-Gott des Reich­tums), und ganz unten sieht man auch noch eine stark ver­wittere­te Ménage à trois. Der Tempel steht auf einer Platt­form, an deren Außen­seite noch einige ge­schnä­bel­te Wasser­speier er­hal­ten sind, die wohl einmal Opfer­flüssig­keiten ab­gelei­tet haben. All das deutet auf einen Hindu-Tempel (vor allem auf Shiva), aber auf der anderen Seite fehlen jeg­liche Reliefs, Skulp­turen und Kult­bilder (heute steht na­tür­lich eine Buddha-Statue im Tempel­raum). Dieses Bau­werk hat seine Ge­heim­nisse also bis heute nicht preis­gege­ben, und es hilft dabei auch nicht viel, daß der Tempel heute nicht mehr am Original­platz steht; sein vor­heri­ger Stand­ort wurde nämlich vom Bowatenna-Stausee über­flutet, der 1981 zur Ge­win­nung von Elektri­zität und zur Be­wäs­se­rung der Felder an­gelegt worden war. Mit­unter wird der Nalanda-Tempel daher auch als das „Abu Simbel von Sri Lanka“ bezeichnet.

Man ver­mutet all­gemein, daß der Tempel mehr als 1000 Jah­re alt ist, aber die aktuelle Re­staura­tion stammt aus dem 19. Jahr­hundert, als sich briti­sche Archäo­logen des in Trüm­mern lie­gen­den Tem­pels er­barmten. So ziem­lich alles an diesem Ge­bäu­de, vom Er­bauungs­datum, seinem Zweck bis zu seiner Voll­ständig­keit, ist also voller Frage­zeichen. Das größte Rätsel ist freilich, warum nie­mand Ein­tritts­geld ver­langt — in diesem Land kostet doch auch sonst jede Hunde­hütte drei- bis vier­stellig, und die Kubera-Statue hätte sich sogar für eine theo­logi­sche Ver­­brä­mung der Geld­gier an­geboten.

Ich woh­ne natür­lich nicht in Matale, son­dern viel an­geneh­mer in Kandy, im dem von mir so ge­schätz­ten Pink House, jener ent­zückend ana­chronis­ti­schen Familien­herberge, von der ich Dir ja bereits mehr­mals vor­geschwärmt habe. Man trifft hier immer nette Rei­sende aus allen Konti­nenten, und die Option auf ein opulentes und spek­takulär wohl­schmeckendes Abend­essen sollte man sich auch nicht ent­gehen lassen.

Evening feast at Pink House (Family-run Guest House), Kandy, Hill Country (Sri Lanka)

… und lassen sich kulinarisch verwöhnen.

Evening feast at Pink House (Family-run Guest House), Kandy, Hill Country (Sri Lanka)

Allabendlich finden sich im Pink House die Gäste ein …

Eva, die Matri­archin, die das Guest House seit nun­mehr 35 Jahren leitet, ist nicht nur eine un­glaub­lich nette Frau, son­dern auch eine be­gnade­te Köchin. Da ich nun zum ersten Mal im Win­ter das Land be­suche, kann ich ein leicht ver­änder­tes Gemüse­angebot nutzen — leider ist die Aus­wahl im Winter ten­den­ziell eher kleiner. Da das Guest House jetzt in der Hoch­saison ziem­lich voll ist, kommt jeden Abend eine hung­rige Truppe zu­sam­men, die Evas kuli­nari­sche Am­bitionen in höchste Sphären treibt.

Sri Lankan Food: Chickpeas eaten in Pink House, Kandy

Kichererbsen

Sri Lankan Food: Young dry potatoes eaten in Pink House, Kandy

Junge Kartoffeln

Sri Lankan Food: Red beet leaves curry eaten in Pink House, Kandy

Blätter der Roten Bete

Sri Lankan Food: Soya bean cake curry eaten in Pink House, Kandy

Soja-Preßkuchen

Sri Lankan Food: Golden-coloured pumpkin eaten in Pink House, Kandy

Kürbiscurry

Sri Lankan Food: Mango Curry eaten in Pink House, Kandy

Mango-Curry

Mehr als einmal habe ich schon die reich­lich tumbe Be­mer­kung gehört, daß die sri­lankani­sche Küche nicht allzu toll wäre, weil es da ja „nur Curries“ gäbe. Bull­fug! In Wahr­heit können die ge­schick­ten Köchin­nen des Landes die un­glaub­lich­sten und ab­wechs­lungs­reichsten Leckereien aus den sim­pel­sten Ge­müsen zaubern, und daß alles hin­ter­her “Curry” heißt, ist na­tür­lich nur ein sprach­liches und kein kuli­nari­sches Phänomen.

Wenn ein Sri­lanka­ner von einem „Curry“ spricht, meint er meist etwas, was in Kokos­milch gekocht ist. Kokos­nuß in ver­schie­de­nen Formen, vor allem aber als Milch (ei­gent­lich eine Art ge­preß­ter Ex­trakt), bildet einen Grund­stein der Küche dieser Insel, aber durch­aus nicht alle Speisen ent­halten Kokos­milch. Die auf dieser Seite ab­gebil­deten Kar­tof­feln und Kicher­erbsen waren gänz­lich trocken, denn ähn­lich wie die Chinesen legen auch die Sri­lanka­ner Wert auf ab­wechs­lungs­reiches Mund­gefühl. Be­son­ders toll schmeckte übri­gens der Soja-Preß­kuchen, der in Süd­asien ein sehr billiges Gemüse dar­stellt (in Europa hält man ihn da­ge­gen gerade gut genug für die Schweine­mast). Eva kochte die Soja-Brocken in einer wäß­rigen Sauce mit einer Un­menge hoch­geröste­ter Ge­würze (Kreuz­kümmel, Koriander, Bockshorn­klee, Senf­samen etc.), die so intensive Röst­aromen ver­ström­ten, daß sich As­sozia­tio­nen zu Kaffee ein­stellten. Auch Fleisch­curries werden oft mit dunkel gerösteten Gewürzen ab­geschmeckt, aber bei Curries aus frischem, aromati­schem Gemüse (wie die aus Roter Bete, süß­lichem Kürbis oder Süß­kartoffeln) geht man viel zurück­halten­der vor und wählt die Würzung so, daß das frische Gemüse­aroma be­tont wird.

Noch ge­stei­gert gilt das für die Frucht­curries, die man nur in Sri Lanka findet: Von Curries aus Ananas und der lokalen Frucht Ambe­rella habe ich ja schon erzählt, und die dritte Vitamin­bombe im Bunde ist Mango. Curries aus reifen, süßen Mangos schmecken un­glaub­lich fruch­tig und be­stechen durch butter­weiche Kon­sistenz; sie werden mit satt Chili und dazu gerösteten Senf­samen und den un­vermeid­lichen Curry­blättern gewürzt.


Aizawl 2 Kandy 6

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