Landkarte
Konark Gopalpur

Bhubaneshvar ଭୁବନେଶ୍ବର (Orissa)

Bhimeshwar (Uttareshwar) Mandir temple in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Gruppe von kleinen Tempeln am Gelände des Bhimeshwar Mandir

Lingaraja Mandir temple in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Der Lingaraja Mandir

Bindu sagar tank in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Der Bindu Sagar in der Stadtmitte von Bhubaneshwar

Liebe Birgit,         

nach erhol­samen Tagen in der Provinz bin ich nun in der Haupt­stadt von Orissa, der soge­nannten „City of Temples“ Bhuban­eshwar (in Oriya schreibt man zwar ein B, spricht aber wie englisches W: Bhuban­eschwar). Obwohl dieses Epithet auf viele indische Städte passen würde, so trägt Bhuban­eshvar es mit besonders viel Recht, denn der Stadt­kern rund um den künstlichen See Bindu Sagar erinnert fast an ein Freilicht­museum: Zwischen den Kokos­palmen und anderer tropischer Vegetation streben zahllose Tempel­türme (Shikaras) himmel­wärts.

Der bekann­teste dieser Tempel ist der Linga­raja-Tempel, ein riesiger Tempel­komplex mit tausenden von Brahmanen, der fast eine Stadt in der Stadt bildet. Anders als beim Jagan­nath-Tempel in Puri gibt es aber eine an der Tempel­mauer er­rich­te­te Aussichts­plattform, von der aus man das rege Treiben gratis be­obach­ten kann. Ge­fälschte "donation books" kommen aber bei den anderen Tempeln zum Einsatz, wo ebenso höf­liche wie ge­rie­bene Brahmanen die wenigen Touristen gerne herum­führen und dann gleich hundert Rupye ein­kassie­ren wollen.

Mukteshwar Mandir temple in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Eingang zum Mukteshwar Mandir

Pooja (Puja) honey for Hindu pilgrims in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Honig in Kleinstmengen für Puja

Ganesha idol at Tini Mundia Mandir temple in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Orangerot bemaltes Ganesha-Bild auf der Außenseite des Tini Mundia Mandir

Die Tempel von Bhuban­eshvar sind größten­teils alt, oft mit einem über tausend­jährigen Kern, an den später oft ausgiebig zugebaut wurde. Ihre Archi­tektur ist nicht so groß­artig wie die des Sonnen­tempels von Konark, und die Ver­zierung der Außen­mauern kann sich mit der in Khajuraho höchstens punktu­ell messen, aber dafür haben sie ein gewisses leben­diges Ambiente: Die Räucher­stäbchen glimmen an jeder Ecke (keine schlechte Idee ange­sichts der Geruchs­belästigung durch den Bindu Sagar), Gläubige bringen Blüten, und bunt gekleidete Gestalten bevölkern die Ghats, das sind die Bade­plätze am Bindu Sagar und anderen nicht weniger verdreckten Seen. Ich weiß nicht, wie schmutzig man sein muß, um sich nach einem Bad in diesen fauligen, grünlich überdüngten Wassern sauberer zu fühlen.

Leider hat mir Bhuban­eshvar einige Negativ-Erleb­nisse be­schert, das davon erste am Uttar­eshwar-Tempel, der am nörd­lichen Rand des Bindu Sagar liegt. In Ab­wesen­heit das Brahmanen hatten mich einige Kinder völlig nutz­los „herum­geführt“ (ich kann ein Kult­bild des Ele­fanten­gottes nämlich durchaus selbst erkennen, ohne daß jemand „Ganesha“ dazu­sagt) und mir dabei eis­kalt das vor­schrifts­gemäß am Tempel­eingang abgelegte Schweizer­messer geklaut. Es folgten eine Stunde Diskussion mit dem über diese Tat ehr­lich empörten Tempel­brahmanen, der sofort ein paar der Youngsters als ver­dächtig klassi­fizierte und mit ihnen private Ge­spräche führte, gefolgt von einer weiteren Stunde Polizei mit den drei Ver­dächtigen — danach tauchte der Polizei­chef bei mir auf und übergab mir mein Messer mit der lakoni­schen Aussage “I made him confess his guilt”. Beim Verhör war ich nicht dabei, aber ich hege die Hoffnung, daß es sehr, hmm, körper­lich abgelaufen ist. Möge der Dieb als Ratte oder Mehl­wurm wieder­geboren werden!

Water Melon vendor in in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Melonenverkäufer

Hatte das noch einige eher komö­dian­tische Elemente, so kam es zwei Tage später knüppel­dick: Beim Auf­wachen stellte ich fest, daß ich in der Nacht Besuch gehabt hatte, der mir einen (glücklicher­weise relativ kleinen) Teil der Bargeld­reserven zusammen mit einer Packung Streich­hölzer gestohlen und den Laptop ins Bade­zimmer getragen und dort offenbar min­destens zwei­mal erfolg­los gebootet hatte — wahrscheinlich hatte das Linux den Dieb überfordert, jeden­falls ließ er den Laptop am Badezimmer­fenster zurück. Zuerst vermutete ich, daß auch die Kredit­karte unter dem Diebs­gut wäre, und ließ sie gleich sperren; zwei Tage später fand ich sie dann an uner­warteter Stelle, aber nun ist es zu spät. Lakshmi mag wissen, wie ich je an eine neue Karte kommen soll, denn VISA Öster­reich ist bürokratischer als das k. u. k.-Salzamt.

Die Polizei war übrigens von minimalem Nutzen, die verdächtigten nämlich nur die Hotel­angestellten und verhörten sie eine Nacht lang; angesichts der von innen ver­riegelten Tür tippe ich auf irgendwelche Kids der Nachbar­schaft, die über ein ca. 50 cm großen unvergittertes Fenster ins Bade­zimmer einge­stiegen sein könnten. Sei das wie es sei — das Angebot des Hotel­besitzers, als Zeichen des guten Willens meine Hotel­rechnung zu annul­lieren, habe ich jedenfalls angenommen.

Bhubaneshvar ist eine weitläufige, laute und nervige Großstadt, allerdings relativ sauber und für indische Verhältnisse auch recht grün. Sehenswürdigkeiten jenseits der Tempel rund um den Bindu Sagar sind rar, aber die kulinarische Szene übertrifft meine letzten Aufenthaltsorte um Längen.

Indian Chinese Food: Garlic Chicken

Garlic Chicken

Indian Chinese Food: Chow Mein (fried noodles) with tandoori-flavoured meat

Gebratene Nudeln Chow Mein (in Deutschland bekannt als Nudelpfanne)

Bhubaneshvar hat eine Anzahl “fast food stalls” mit soge­nannter chinesi­scher Küche. Chine­sisch ist unter urbanen Indern richtig „in“, auch wenn das in Indien erhält­liche „chinesi­sche“ Essen mit China genauso­viel zu tun hat wie die Produkte des typischen deutschen China­restaurants, also wenig bis nichts. Indische „chinesische“ Küche besteht zunächst mal aus Nudelgerichten, die immer als Chow Mien bezeichnet werden, auch wenn das chinesische chao mian 炒面; eigentlich nur „gebratene Nudeln“ bezeichnet. Die Köche sind so gut wie immer Inder und halten oft nicht viel von Sojasauce, die dann einfach weggelassen oder durch Chilisauce oder Tomatenketchup ersetzt wird. Nudeln werden immer mit feingehacktem Gemüse kombiniert, und oft kommen auch noch Ei oder Fleisch dazu — bizarrerweise nicht selten in tandoori-Gewürzen mariniertes Lammfleisch, das im Wok frittiert und dann unter die Chow Mien gemischt wird.

Aber auch die aus Deutsch­land sattsam bekannten Kleister-, äh, Verzeihung, Stärke­saucen kommen in der „indi­schen China-Küche“ zu ihrem Auftritt, allerdings eher in säuer­licher, fruchti­ger Form. Chili chicken, ginger chicken und garlic chicken sind weithin erhält­lich und bestehen aus (schlimmsten­falls tandoori-gewürzten) Hühner­stückchen in fruch­tigen Stärke­sauce, die aus der jeweiligen namens­gebenden Zutat, Tomaten­ketchup und einer säuerlichen Sauce aus grünen Chilies zusammen­gerührt wird. Ein Gericht mit echt chinesischen Gemüsen (Bambussprossen, Sojasprossen, Senfgemüse, Pilze), mit einem erkennbaren Soja-Aroma oder mit anderen typische chinesischen Geschmacksmitteln (Sesamöl, schwarzer Essig oder auch nur Zucker) oder habe ich dagegen noch nie serviert bekommen, dafür fehlen aber auch die „hawaii–chinesischen“ Ananasgerichte der deutsch–chinesischen Küche.

Indian Food: Biryani (Biriyani), layered rice-meat dish

Biryani vom Straßenstand

Lassi and Fruit Juice Center in Bhubaneshwar, Orissa (India)

Saftladen

In der Nähe des Kalpana Square, wo ich wohne, gibt es aber durchaus auch weitere kuli­narische Attrak­tionen. Frucht­saft ist sehr populär, und daher findet man zahl­reiche Stoff­bauten, die ein bißchen wie schnell hinge­pfuschte Ver­anstaltungs­zelte wirken und so klingende Namen wie Lassi and Fruit Juice Center” tragen. Zu überlauter Oriya-Popmusik kann man dort frisch gemixte Fruchtsäfte (Ananas, Orangen und Trauben sind gerade im Angebot) oder geradezu barockes Lassi trinken, das hier nicht nur auf aufgeschäumtem Joghurt und Zucker, sondern auch Kokosraspeln, Cashewnüssen, Mandeln und Rosinen hergestellt wird.

Auch Biryani erfreut sich großer Beliebt­heit in Restau­rants und auf Straßen­ständen, wo er sowohl vege­tarisch als auch mit Huhn oder Lamm ange­boten wird. Ent­sprechend der nord­indischen Tradition verwendet man dazu hoch­wertigen Langkorn­reis, der zusammen mit Fleisch und Gewürzen in einem mit Teig versiegelten Topf ganz langsam zu höchster Lockerheit gedämpft wird; anders als im Norden spart man aber nicht am Chili. Die Reiskörner schwanken im Farbton zwischen orangegelb und reinweiß, und manchmal hat man den Eindruck, jedes einzelne wäre in Handarbeit auf einen anderen Farbton eingestellt worden; aber leider steckt da nur ordinäre Lebensmittelfarbe dahinter, und daher duften die Biryanis zwar schön nach Zimt, Nelken und Cardamom, aber die distinkte Safrannote des nordindischen Vorbildes fehlt.


Konark Gopalpur

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