Landkarte
Pampore Siehe auch: Śrīnagar 1 NH 1A

Srinagar 2 شرینگر (Jammu & Kashmir)

Srinagar: Mausoleum von Basha, der Mutter von Zail Ulabdin

Das im zentralasiatischen Stil errichtete Mausoleum von Basha, der Mutter von Zain ul-Abdin, in der Altstadt von Srinagar

Srinagar: Hausboote am Jhelam

Die Hausboot-Kolonie am Jhelum-Fluß

Liebe Birgit,

nach dem saisons­bedingten Safran-Special in der letzten Woche gibt es nun wieder thematisch breiter­gestreute Berichte aus einem Ort, wo ich vor knapp zehn Monaten schon einmal war: Srinagar, die schöne Somme­rhauptstadt des Bundes­staates J & K (Jammu and Kashmir), ist eine meiner Lieblings­städte in Indien, daran können nicht einmal die nervigen Souvenir­händler etwas ändern, die dem Touristen überall auflauern, mit höchster Selbst­verständlich­keit sofort ein Gespräch beginnen und ernsthaft erwarten, daß man sofort die Stadt­besichtigung aufgibt, um sich in ihrem Souvenir­laden bei viel Tee übers Ohr hauen zu lassen.

Srinagar: Das sogenannte Christus-Grab (Roza-Bal)

Der Rozabal-Schrein (Christusgrab)

Eigentlich hatte ich mich ja schon gegen Ein­quartierung in einem Hausboot und für ein Hotel ent­schie­den, aber am Bus­bahnhof packte mich sofort ein geschäfts­tüchtiger Kashmiri, der mich in eine Motor­riksha ver­frach­tete und zu seinem Haus­boot schleppte — da ich diesen Bus­bahn­hof nicht kannte und daher nicht wußte, wo ich mich über­haupt befand, mußte ich es mir wohl oder übel ge­fallen lassen, um in eine be­kann­tere Gegend zu kom­men. Die Lage des schwim­menden Hotels im Jhelam-Fluß war dann doch so günstig, daß ich nachgab — ganz zu meinem Glück, denn diese Leute waren wirklich grund­ehrlich und ent­hielten sich all der bei Kashmiri so beliebten Tricks, ihre Gäste zu schröpfen: Keine Souvenir­händler, keine unauf­geforderten Extra­leistungen, keine Auf­dringlichkeiten, dafür echte Hilfe­stellung bei prakti­schen Fragen von Transport oder Sehens­würdigkeiten. Mit einer fast deutschen Prinzipien­treue und einer Liebe fürs Formale hielten sie mir sogar einen Vertrag vor, in dem alles ein­getra­gen war, was im Preis in­cludiert sein sollte, damit es am Ende keinen Ärger gebe. Und es gab dann auch wirk­lich keinen. Yepp, die Shelter Group of House­boats kann ich nur empfehlen (für alle potentiellen Srinagar-Touristen: Am Lal Chowk die Fuß­brücke über den Jhelum über­queren und dann erstes Boot links, fast genau vor dem Museum).

Srinagar: Pir Dastgir Sahib Sufi-Schrein (Hinweisschild)

… darf zwar nur bekleidet betreten werden …

Srinagar: Pir Dastgir Sahib Sufi-Schrein (Innenansicht)

… ist diese Einschänkung aber definitiv wert.

Pir Dastgir Sahib Sufi shrine/Khanqah, in Srinagar, Kashmir, India

Der Schrein des Pir Dastgir Sahib …

Obwohl es wesent­lich wärmer als im Jänner ist, kühlt das Haus­boot über Nacht stark ab, und das Feuer­holz (im Vertrag fest­gehalten: Einmal pro Tag eine Ofen­ladung voll) für den eisernen Kanonen­ofen war den Auf­preis wirklich wert. Tagsüber ist es recht warm, aber sehr dunstig, mit minimaler Fern­sicht, aber trotzdem genoß ich die Spazier­gänge durch die Alt­stadt, die mir tat­sächlich sogar ein paar neue Sehens­würdig­keiten offen­barte.

Die Auf­regendste davon ist bestimmt der soge­nannte Rozabal-Schrein, auch bekannt als „das Grab von Jesus Christus“. Die lokale Le­gende sagt, daß Jesus in Wirklich­keit ein kashmiri­scher Jude gewesen sei, der dank Yoga-Tech­niken die Kreuzi­gung über­lebt habe und danach einfach nach Kashmir heim­gekommen und hier an Alters­schwäche ver­storben sei. Da der Islam Christus als Pro­pheten an­erkennt, wird das Grab ent­sprechend in Ehren gehalten und auch von Moslems zum Beten besucht: Wohl­gemerkt, man betet hier zu Gott, nicht zu Christus, der als Prophet (wie Moses oder Mohammed) Verehrung, aber nicht Anbetung verdient. Im Jänner war der Schrein immer versperrt, aber diesmal hatte ich Glück, und er stand unbewacht offen. Daher konnte ich ihn nicht nur besichtigen, sondern sogar ent­gegen dem Photo­verbot einen Schnapp­schuß wagen. Die Archi­tektur ist sehr un­spekta­kulär und erinnert in der Auf­machung an ein typisches Sufi-Grab.

Ein wesent­lich groß­artige­rer Sufi-Schrein steht nur eine Geh­minute weiter: Der Komplex des Pir Dast­gir Sahib. Das grün–weiß ge­streif­te Ge­bäude be­herbert das Grab des Meisters und einige große Gebets­räume, die mit ihrer üppigen Papp­maché-Dekora­tion (ein berühmtes lokales Kunst­hand­werk) und den kitschigen Kristallustern sehr orienta­lisch wirken. Am Ein­gang steht ein Schild mit der bizarren Aufschrift “Visitors are re­quested not to enter the shrine if naked”, aber an eine lokale Nudisten­szene mit Sufi-Ambitionen kann ich trotzdem nicht glauben.

Srinagar: Mogul-Garten Shalimar Bagh

Der Moghul-Garten Shalimar Bagh

Srinagar: Familie im Shalimar Bagh

Familienphotos im geliehenen Kostüm

Srinagar: Sonnenuntergang im Nishat-Garten

Sonnenuntergang im Nishat Bagh

Die Be­liebt­heit des Kashmir-Tales bei Touristen ist keine neue Er­findung: Bereits zu den Zeiten der Mogulen ver­brachte hier jeder, der es sich leisten konnte, die heißen Sommer­monate. Jahan Gir, ein Kaiser des frühen 17. Jahr­hunderts, hatte mit der Rechnung bestimmt keine Pro­bleme, und von ihm stammt angeblich der Aus­spruch, den sich heute die JKTDC (die J & K Tourism Develop­ment Cor­poration) auf die Fahnen geschrieben hat: “Paradise on Earth”. Er ließ sich auch einen heute noch existierenden Garten bauen, den Shalimar Bagh, der typisch für orientalische Gartenbau­kunst Harmonie durch Symmetrie schafft. Allerdings gefiel ihm der Nishat Bagh besser, der unglücklicher­weise von einem seiner Minister erbaut worden war und ihm ein ständiger Dorn im Aug war. Auch ich finde des Nishat-Garten schöner, weil er an einem Hang liegt und bessere Ausblicke auf die Berge und auf den Dal-See bietet.

Beide Gär­ten sind sym­metrisch rund um eine zentrale Achse aus Wasser­becken und Spring­brunnen an­gelegt, und werden von Inlands­touristen wie Ein­heimi­schen gleicher­maßen besucht. Eine typisch indi­sche Eigen­heit sind die Kostüm­verleiher, die farb­intensive, mogulisch an­gehauch­te Samt­gewandung zum Aus­leihen an­bieten. Sinn der Übung ist es, daß den obliga­tori­schen Familien­photos ein beson­derers farben­froher İ-Punkt verliehen wird.

Kashmirischer Fleischknödel Goshtaba

Kashmirische Spezialität: Gushtaba

Srinagar: Pakora-Verkäufer

Ein Snack-Verkäufer mit Pakora & Co..

Die Kash­mir-Küche ist inner­halb Indiens eine heraus­ragen­de Kurio­sität, was vor allem den vielen Fleisch­gerichten geschuldet ist. In ganz Indien sind (zu­mindest bei Nicht­vege­tariern) die kashmiri­schen Hoch­zeiten legendär, bei denen nur Fleisch auf den Tisch kommt, das dabei in einer rituali­sierten Weise serviert wird.

Die Gerichte sind meist sehr aromatisch in Joghurt geschmort und mit einer Viel­zahl von Gewürzen aromati­siert. Der moguli­sche Ein­fluß hat sich sehr positiv bei der Ver­wen­dung von Zimt, Nelken und Cardamom nieder­geschlagen, und der tief­rote, hoch­aromatische und pikante aber dabei nicht brennend–scharfe Chili, wie er nur hier in der Region wächst, tut sein übriges. Von manchen Speziali­täten wie Yakni und Rogan Josh habe ich Dir ja schon das letze Male geschrieben, hier ein Nach­trag zu ersterem: Zwar haben mir einige Leute erklärt, daß diese Fleisch­bällchen aus gestampftem Fleisch und Hammel­fett mit Eiklar gebunden werden, aber der Koch meines Haus­bootes verzog darauf nur angeekelt das Gesicht und meinte, die müssen auch ohne Ei zusammen­halten, so etwas sei einfach nur schlechte Küche. Eine zweite Variante von Fleisch­bällchen ist übrigens Gushtaba, die werden nicht in eine chili­schwangeren scharfen Sauce, sondern in einer mild­gewürzten Joghurt-Schmor­flüssig­keit gar­gezogen; sie stehen also zu Rista einem ähn­lichen Ver­hält­nis wie Yakni zu Rogan Josh.

Kashmir hat ein lokales Gewürz, den schwarzen oder kashmiri­schen Kreuz­kümmel, auch bekannt als kaiser­licher Kreuz­kümmel. Diese Wild­pflanze wächst nur im Himalaya und Pamir, und ihre dünnen, dunkleren Früchte werden gerne als Altern­ative zum gewöhn­lichen Kreuzkümmel verwendet. Man findet sie auch in der eigen­artigen Gewürz­zuberei­tung wari, einer etwas öligen Paste aus dem ebenfalls nur lokal als Färbe­mittel ver­wendeten Hahnen­kamm, Chili und anderen Gewürzen; man kann sie sogar manchmal in Deutsch­land als “Kashmiri Masala” fertig kaufen. Sie wird oft wie thai­ländische Curry­paste als Gewürz für Curry­saucen verwendet, oder auch (roh oder kurz angebraten) als Tisch­würze gereicht.

Srinagar: Paratha-Wallah

Paratha-Bäcker in der Altstadt

Srinagar: Paratha (frittiertes Brot)

Ein frischfrittiertes Paratha

Zuletzt muß ich noch auf Paratha zu sprechen kommen. Darunter versteht man überall in Indien eine Art gefülltes Chapati: In den Teig aus Weizen­mehl und Wasser wird ein Gemüse­curry (meist Kartof­feln) ein­gearbeitet, das ganze platt­gewalzt und in der Pfanne gebraten; außerdem gibt es in Südindien noch Purota, ein un­gefülltes gefal­tetes Brot, das auf einer heißen Platte gegart wird. In Kashmir ist Paratha allerdings ein riesengroßer frittierter Lappen aus Hefeteig, der auf der Straße frisch zubereitet und am besten sofort genossen wird. Er schmeckt phantastisch knusprig und erinnert ein bißchen an ungarisches Langos, aber natürlich ohne den Knoblauch. In der Altstadt gibt es überall kleine Stände, die außer Paratha auch andere frittierte Snacks wie Pakora und Samosa anbieten.


Pampore NH 1A

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