Landkarte
Almora 1 Siehe auch Modhera, Konark Dadeldhura

Almora अल्मोड़ा und Kasar Devi कसार देवी 2 (Uttarakhand)

Mist-covered valley in monsoon time, seen in bright moonlight, Kasar Devi (near Almora), Uttarakhand, Northern India

Monsunwetter im Mondlicht: Nächtlicher Blick von Kasar Devi über das nebel­verhangene Tal

Market area in Almora, Uttarakhand (North India)

Holzhäuser im Marktviertel von Almora

Vegetable Market in Almora, Uttarakhand (North India)

Obst- und Gemüsestand

Himalayan sunset at Kasar Devi, near Almora, Uttarakhand (North India)

Sonnenuntergang in Kasar Devi

Liebe Birgit,

nun bin ich schon viel zu lange in Kasar Devi ge­blie­ben, dem char­manten Berg­dorf mit Hippie-Ambiente. Da be­kannt­lich das Leben Saum­selig­keit bestraft, ist mittler­weile der Monsun herein­gebro­chen, und aus ganz Indien häufen sich die Kata­strophen­berichte von weg­geschwemm­ten Straßen, Erd­rutschen und ver­schüt­teten Häusern. Den Nord­teil von Uttara­khand, besonders die Region um den Kedarnath-Tempel, hat es extrem schlimm er­wischt, und wenn das auch 100 km weiter nördlich liegt, so ist doch an einen Auf­bruch kaum zu denken. Ich kann ja schon froh sein, daß die spora­dischen Sammel­taxis ins 8 km ent­fernte Almora noch verkehren.

Ich mußte einige Male in die Stadt fahren, und zwar aus wenig er­freu­lichem Grund: Eine Span­nungs­spitze hatte mir das Netz­gerät für den Lap­top zer­schos­sen. Das erste Ersatz­gerät (indi­sche Fa­brika­tion) hielt auch nur einen Tag; nun habe ich ein chi­nesi­sches Modell, das sich nur mit ein biß­chen Bastelei an meine etwas exoti­sche Laptop-Buchse an­schließen ließ und bis jetzt zu­verläs­sig arbeitet. Alle diese Opera­tionen mach­ten mich zum un­freiwil­li­gen Stamm­kunden eines Elektro­nik-Ladens gleich an der lauten Haupt­straße in Almora, und sie führten auch nicht wirk­lich dazu, daß mir die Stadt ans Herz ge­wachsen wäre. Nur das ver­kehrs­freie Markt­viertel kann gefallen, und einige Beute­stücke vom Gemüse­markt werden am Ende dieses Briefes ihren Auftritt haben.

Small shrines at Surya Mandir (Hindu Sun Temple) in Katarmal near Almora (Uttarakhand, North India)

Eine Reihe kleiner Nebenschreine des Sonnentempels

Small shrines at Surya Mandir (Hindu Sun Temple) in Katarmal near Almora (Uttarakhand, North India)

In der richtigen Perspektive wirken selbst Zwerge wie Riesen

Main Temple Surya Mandir (Hindu Sun Temple Complex) in Katarmal near Almora (Uttarakhand, North India)

Der Sonnentempel Surya Mandir in Katarmal

Empfeh­lens­werter ist ein Aus­flug zum Sonnen­tempel Surya Mandir nahe dem Dorf Katarmal; trotz der gerin­gen Ent­fer­nung (man kann ihn von Kasar Devi in west­licher Rich­tung sogar sehen) er­reicht man ihn nur um­ständ­lich über Almora mit dem Sammel­jeep Rich­tung Rani­khet. Vom kleinen Dorf Kosi muß man dann noch eine halbe Stunde duch einen Wald von Chir-Pinien den Berg hinauf­wandern, bis man das Wun­der aus dem 9. Jahr­hundert er­reicht. Der Tempel liegt an einem Ost­hang und wird daher nur früh­morgens per­fekt be­leuchtet (diese kleine In­forma­tion gehört zu den Dingen, die in keinem Reise­führer stehen).

Verglichen mit den be­reits aus­führ­lich be­schrie­be­nen Sonnen­tempeln in Konark und Modhera ist dieser wesent­lich simpler: Er besteht aus einem großen Haupt­tempel mit einer schö­nen Skulp­tur des Sonnen­gottes Surya auf seinem von sieben Pfer­den ge­zoge­nen Wagen. Das wuch­tige Haupt­gebäude ist schon etwas ver­fallen, aber davor stehen ca. 40 kleine Neben­tempel, die der ASI neu auf­gemauert hat. Jeder ein­zel­ne da­von be­steht aus einem von einem sym­boli­schen Lotus ge­krönten Turm mit einem fast immer west­seitigen „Zu­gang“. Ich schreibe das unter An­führungs­zeichen, weil diese Tempel­chen zum Groß­teil winzig klein sind und die „Ein­gänge“ oft gerade mal bis zur Knie­höhe reichen; daher hat man fast den Ein­druck, durch eine Modellbau­landschaft zu spa­zieren. Ur­sprüng­lich waren viele Tempel mit Skulp­turen oder Relief­arbeiten verziert, aber was davon nicht ge­stohlen und ab­trans­portiert ist, findet sich heute im National­museum in Delhi. Kult­statuen sucht man aus dem­selben Grund vergebens.

Jageshwar Mahadev Mandir Hindu Temple Complex, near Almora (Uttarakhand, North India)

Der Haupttempel Jageshwar Mahadev Mandir

Entry to Jageshwar Mandir Hindu Temple, near Almora (Uttarakhand, North India)

Der Eingang zum Haupttempel wird von Schutzgöttern bewacht

Cedrus deodara: Himalayan ceder, Deodar tree

Himalaya-Zedern nahe Kasar Devi

Dandeshwar Mandir Nindu temple, near Jageshwar, near Almora (Uttarakhand, North India)

Der Dandeshwar Mandir

Noch spek­taku­lärer ist die Tempel­gruppe des Jag­eshwar Mandir. Man erreicht ihn, in­dem man etwa 30 km in Richtung Pithora­garh nach Norden fährt und dann noch­mals drei oder vier Kilo­meter durch einen duften­den Wald von Deo­dar-Bäumen (Hima­laya-Zedern, Cedrus deodara) wandert; dieser schöne Baum mit seinen ele­gant hori­zon­talen Ästen ist in Indien heilig und dient in Paki­stan als „florales Wappen“, also so etwas wie ein of­fiziel­les natio­nales Ge­wächs. Auf diesem Weg kann man auch den Dand­eshwar Mandir be­wun­dern, einen mas­sigen Shiva-Tempel mit 14 Neben­schreinen aus dem 10. Jahr­hundert.

In Jag­eshwar selbst findet man eine kleine und sym­pathi­sche Szene aus ein paar Guest Houses, Restau­rants und dem riesi­gen Tempel­komplex, der bis ins 7. Jahr­hundert zurück­reicht. Jag­eshwar be­haup­tet, einer von jenen zwölf Plätzen in Indien zu sein, an denen Shiva in Form des Jyotir­linagm verehrt wird, d. h. als Feuer-Lingam mit be­son­ders starker Energie. Es gibt zwar auch andere Be­werber für diese Ehre (darunter einen nahe Dwarka), aber das tut der ge­fühl­ten Heilig­keit des Ortes keinen Abbruch.

Das Pracht­stück des Kom­plexes ist der Haupt­tempel, in dem ne­ben Kult­bildern von Shiva und Parvati auch der be­rühm­te Shiva­lingam steht (er ist übri­gens ganz winzig), flackernd be­leuch­tet von einer Flam­me, die sich von reinem Ghee nährt und die seit Er­bauung des Tempels nie er­loschen ist, wie mir der Brahmane ver­sicher­te. Nei­disch bis ver­ärgert ver­gleiche ich diese Akhanda Jyoti („un­gebroche­ne Flam­me“) mit der un­zuver­läs­sigen Strom­ver­sor­gung in Kasar Devi. In enger Nach­bar­schaft zum Haupt­gebäude ste­hen ca. 120 Neben­tempel unter­schied­licher Größe, die meisten wie beim Surya Mandir leer und ohne Kultbild.

Temple tower (Shikhara) at Jageshwar Mandir Hindu Temple, near Almora (Uttarakhand, North India)

Verzierter Tempelturm (Shikhar) im Jageshvar-Komplex

Stonecarving at Jageshwar Mandir Hindu Temple, near Almora (Uttarakhand, North India)

Relief an einem Nebentempel

Die Tem­pel bei Jage­shwar glänzen, wie übri­gens auch der Nanda Devi Mandir in Almora, mit einigen stilisti­schen Be­sonder­heiten, die ich hier zum ersten Mal se­he: Sie sind mit schö­nen Flach­reliefs ge­schmückt, die mir ganz un­bekann­te Motive zeigen, und der Shikhara trägt statt der üb­lichen Lotus­knospe einen vier­eckige Holz­aufbau. Letz­teres erkläre ich mir als lokale Tra­di­tion im baum­reichen Kumaon, aber bei den Reliefs (die mich im Stil etwas an die des Bayon in Kam­bodscha er­in­nern) könnte auch das un­gewöhn­liche Alter der Tempel eine Rolle spielen: Mit über tausend Jahren sind diese Bauten näm­lich älter als fast alles, was man sonst in Nord­indien zu sehen bekommt. Die ge­schütz­te Lage im un­zugäng­lichen Ge­birge hat es ihnen er­spart, in den un­zähli­gen Krie­gen der letzten Jahr­hunderte nieder­gebrannt oder als Stein­bruch miß­braucht zu werden.

Zu den vie­len Merk­würdig­keiten von Kasar Devi ge­hört, daß hier so­wohl Aus­länder als auch Inder ur­lauben — und das sogar in den­sel­ben Eta­blisse­ments. Das ist un­gewöhn­licher, als es auf den ersten Blick schei­nen mag: Inder ge­nießen ihre kur­zen Ur­laube ex­zes­siv und wol­len luxuriös ver­wöhnt werden, wäh­rend der typi­sche Indien-Travel­ler west­licher Bau­art lang­sam reist und jede Rupie vor dem Aus­geben zwei­mal um­dreht. Daraus er­gibt sich meisten­orts eine strikte Tren­nung zwi­schen do­mes­tic und for­eign tourism. Nicht so hier, und das hat natür­lich auch seinen Reiz.

North Indian Food: Dal Tarka, yellow split peas prepared with butterfat (ghee) and spices

Dal Tarka mit Koriander, Knoblauch und Chili

North Indian Food: Aloo Methi, potatoes with dried fenugreek leaves

Aloo Methi

North Indian Food: Bal Mithai, dark brown milk-based fudge with sugar coating

Bal Mithai

Folglich be­kommt man in den Cafés und Restau­rants von Kasar Devi ne­ben der letztes Mal be­schrie­benen Touri-Küche auch ordent­liches indi­sches Essen; in Almora natür­lich auch (und das noch viel bil­liger), aber nur zum Essen in die Stadt zu fahren, tut sich keiner an. Almora lohnt sich jedoch für Freunde des Süßen: Bal Mithai ist eine lokale Spe­ziali­tät aus hef­tig ge­zucker­ter Milch, die stark ein­gekocht wird und dabei zu kleb­riger Kon­sistenz und brauner Farbe kara­meli­siert; vor dem Ver­kauf wälzt man die würfel­förmig ge­schnit­ten Stücke noch in Zucker­perlen, denn sonst sind sie ja nicht süß genug.

Nach so lan­ger Zeit in Nord­indien wird es rich­tig schwer, et­was kuli­na­risch Neues zu be­schrei­ben. In ein­er freund­lich–relax­ten Touri-Knepe mit Rundum­blick bekam ich aus­gezeich­netes Dal Tarka, also ge­kochte Hülsen­früchte (in diesem Fall gelbe Spalt­erbsen, Tuvar Dal oder auch Arhar Dal ge­nannt) mit Gewürz­öl. Dieses „Gewürz­öl“ be­stand hier aus reinem Butter­fett (Ghi), in dem rote Chilies, Koriander­früchte und Knob­lauch an­gebra­ten werden. Die Ver­wen­dung von Koriander empfand ich als un­gewöhn­lich (anders­wo hätte man wohl eher Kreuz­kümmel ge­nom­men), der Knob­lauch brachte eine erfreu­liche Note, und Butter­schmalz ist so­wie­so viel bes­ser als jedes Pflanzen­öl. Daumen hoch!

North Indian (Kumaoni) Food: Fresh fern fiddleheads (nyuri, lingure), a Kumaoni wild vegetable

Junge Farn-Bätter (Nyuri oder Lingure)

Amanita hemibapha: Himalayan relative of Caesar's Mushroom (Amanita caesarea) found near Kasar Devi, Uttarakhand (North India)

Indische Kaiserlinge (Amanita hemibapha)

North Indian Food: Boiled gourd (loki)

Gekochter Flaschenkürbis (Ghiya oder Loki)

Auch das Alu Methi, also Kar­tof­feln mit Bocks­horn­klee­blättern, ver­dient lo­ben­de Er­wäh­nung. Anders als in einer frü­he­ren Sta­tion ver­wende­te der Koch ge­trock­nete Blät­ter, und das schmeckt um Längen aroma­tischer und besser; dazu kamen noch ordent­lich Kreuz­kümmel und (auf An­frage) grüner Chili. Einmal über­redete ich den Koch zu einer Variante mit einem anderen Kraut, näm­lich den ge­trock­ne­ten Blät­tern einer wilden Zwiebel­art. Dieses Gewürz habe ich in Nepal als Jimbu mehr­mals ge­sehen aber nie ge­ges­sen; hier heißt es Jambu. Es wird in Ghi an­gebra­ten und schmeckt sehr an­genehm und un­aufdring­lich lauchig.

Um den etwas stan­dar­di­sier­ten Speise­karten zu ent­kom­men, kann man auch am Markt in Almora Gemüse ein­kau­fen und in der Knei­pe zu­berei­ten las­sen. So kam ich nach langer Zeit wieder einmal zur ge­koch­tem Flaschen­kürbis (Ghiya, hier auch Loki ge­nannt), ganz leicht und fett­arm und damit ein er­freu­licher Kon­trast zum meist all­zu schwe­ren nord­indischen Essen. Wesent­lich exoti­scher waren Nyuri, junge, noch ein­geroll­te Farn­wedel, die in den Wäldern ge­sam­melt und als Wild­gemüse trocken in der Pfan­ne ge­schmort werden.

Noch viel spek­taku­lärer war eine Mahl­zeit, die mir im Rain­bow Café kre­denzt wurde: Etwas falsch als “magic mush­rooms” an­gekün­digt, han­delte es sich um „Indi­sche Kaiser­linge“, die ein An­gestell­ter im Wald ge­funden hatte. Der Kaiser­ling ist ein fast legen­därer Speise­pilz Süd­europas (Amanita caesarea) und hat hier im Hima­laya einen engen Ver­wandten (A. hemi­bapha) mit eben­so per­fekter Kon­sistenz und einem herr­lichen Pilz­aroma voller Ober­töne von Wald und Wildnis.


Almora 1 Dadeldhura

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