Landkarte
Patan Siehe auch Varanasi, Narayangarh Swayambhu und Bauddha

Pashupatinath पशुपतिनाथ (Nepal)

Pashupatinath Shiva temple, Kathmandu Valley, Nepal

Leider darf ich nur mit dem Tele-Objektiv rein

Pashupatinath Shiva temple, Kathmandu Valley, Nepal

Der Shiva-Tempel von Pashupatinath

Liebe Birgit,

natürlich bin ich immer noch im Kath­mandu-Tal. Wenn es darum geht, Aus­reden zu er­sinnen, warum ich mich von hier nicht fort­bewegen will, dann bin ich recht kreativ geworden. Aber einer­seits gibt es noch viel in der Um­gebung zu sehen, und anderer­seits wollte ich die Gelegen­heit nicht ver­passen, das größte Fest des Kath­mandu-Tales mitzuerleben.

In der nä­heren Um­ge­bung von Kath­mandu finden sich einige inter­essante Tempel, darunter auch der bedeu­tendste Shiva-Tempel Nepals: Pashupati-Nath. Pashupati heißt eigentlich „der Herr der Tiere“ und ist ein allgemein übliches Epithet für Shiva. Der Tempel liegt am Ufer des Bagmati-Flusses, des heiligsten Flusses in Nepal, und läßt sich per Bus von Kathmandu bequem in einer halben Stunde erreichen.

Eine Be­schrei­bung des eigent­lichen Tempels kann ich Dir leider nicht geben: Ob­wohl man für den Kom­plex Ein­tritt be­zahlen muß, ist nämlich am Tempel­tor Schluß mit der Be­sich­tigung, da nur Hindus als Be­sucher zuge­lassen sind. Mit seinem zwei­stufigen gol­denen Dach ist er aber auch von außen recht sehenswert.

Stake at the Burning Ghats at Bagmati bank, Pashupatinath, Kathmandu Valley, Nepal

Ein abgebrannter Scheiterhaufen

Burning Ghats at Pashupatinath, Kathmandu Valley, Nepal

Die Reihe der Verbrennungsghats am Bagmati-Ufer

Einen blei­bende­ren Ein­druck hinter­läßt aber der Weg zum Tem­pel entlang der Ghats. Unter einem Ghat versteht man grund­sätz­lich Stufen, die zum Was­ser führen. In diesem Fall sind es Ver­bren­nungs-Ghats, wo Hindus die Leichen ihrer Ange­hörigen in aller Öffent­lich­keit ver­brennen und danach die Asche in die Bāgmati streuen. Der süß­liche Geruch ver­bren­nenden Fleisches und der dicke Qualm der Scheiter­häufen erzeugen zu­nächst einmal Übel­keit; aber es ist ein­fach nur er­staun­lich, in wel­cher fried­lichen und fast gelas­senen Atmo­sphäre diese finale Zere­monie im Leben eines Men­schen ab­läuft. Noch mehr als die be­rühm­teren und viel präch­tigeren Ghats von Vara­nasi in Indien be­ein­druckt dieser Ort wegen seiner un­auf­dring­lichen Selbst­verständlich­keit. Klar, daß die Kamera hier nur mit größter Zurück­haltung clickt.

Gorakhnath Mandir Shiva temple at Pashupatinath, Kathmandu Valley, Nepal

Der Gorakhnath Mandir

Shiva temples at Pashupatinath, Kathmandu Valley, Nepal

Viele kleine Shiva-Tempel

Am gegen­über­lie­gen­den Ufer der Bag­mati er­hebt sich ein Hü­gel, vom dem aus man einen schö­nen Blick auf den Tem­pel und Ghats hat; wan­dert man wei­ter hinauf, so kommt man zu einer dich­ten An­samm­lung kleiner Shiva-Tempel­chen, jeder mit einem kleinen Nandi vor dem Ein­gang. Der Bulle Nandi ist ja das Reit­tier Shivas und zu­sam­men mit dem Drei­zack (Trishul) ein siche­res Zei­chen für den hier ver­ehrten Gott, wäh­rend das über­all in kleinen Töpfen gezogene Ba­sili­kum auch in einem Vishnu-Tem­pel stehen könnte. In Nepal folgt aber die Mehr­heit der Gläu­bigen der Shaiva-Tradi­tion, die Shiva als den höchsten Gott sieht, und die Vaishnavas sind eine Minderheit.

Auf der Spitze des Hügels steht der Gorakh­nath-Tem­pel, der den Lehren des großen Guru Gorakh­nath gewidmet ist. Dieser süd­indische Shaiva ist ja so etwas wie der „Vater des Shaivis­mus“ und folg­lich in Nepal sehr popu­lär, und angeb­lich leitet sich sogar das Ethnonym Gurkha von seinem Namen her. Wenn ich in den nächsten Wochen nach Gorkha komme, werde ich darüber vielleicht noch mehr schreiben.

Zurück in Kath­mandu: Seit Tagen ist es unüber­sehbar, daß etwas Großes kommt. An allen mög­lichen Plätzen wird ge­putzt und deko­riert, und vor dem großen Akash-​Bhairab­nath-Tempel am Indra Chowk wird ein riesiges Standbild des Gottes Bhairab (einer Form Shivas) aus bunten Blumen gebastelt. Heute Abend war es endlich soweit, daß das größte Fest im Newar-Jahrescyclus begann: Indra Jatra.

Bhairab figure made of flowers for Indra Jatra festival in Kathmandu, Nepal

Blumenfigur am Akash Bhairabnath Mandir

Idol in then Annapurna Temple in  Asan Tole, Kathmandu, Nepal

Kultbild im Annapurna Mandir (Asan Tole)

Eigentlich geht es darum, am Ende der Regen­zeit dem Donner­gott Indra für den flüs­sigen Segen zu danken; an­gesichts des reich­lich chaoti­schen Wetters, das sich nicht mehr an die über­kommene Tradition halten will, will der Sinn allerdings nicht ganz ein­leuchten. Immer­hin hatte ich mitten in der nomi­nalen Monsun­zeit in Janakpur eine heiße und trockene Witterung zu erdulden, und jetzt gibt es dafür täglichen Regen­fall außerhalb der Zeit. Aber davon lassen sich die Nepalesen die Festtags­laune definitv nicht verderben.

Gegen Abend sam­meln sich die Mas­sen auf den Straßen, und die Tore vieler sonst ver­schlos­sener Tempel öffnen sich und er­lauben einen Blick auf das liebe­voll ge­schmück­te und ef­fek­tiv beleuch­tete Götter­bild im Inneren. Viele Pas­santen holen sich beim Brahmanen ihren Segen, ehe sie weiter zum Zentrum der Festivi­tät eilen: Dem Darbar Square.

People at Kakeshwar Temple, at Indra Jatra Festival, Durbar Square, Kathmandu, Nepal

… im Schatten der Tempel (hier der Kakeshwar Mandir)

Seto Bhairam (White Bhairab) statue, at Indra Jatra Festival, Durbar Square, Kathmandu, Nepal

Kultbild des Seto Bhairab (Weißer Bhairab)

Indra Jatra festival, at night at Durbar square, Kathmandu, Nepal

Abends am Durbar Square sammeln sich die Massen …

Dort sind alle Tempel fest­lich be­leuch­tet, und die Kumari Devi ver­läßt ihren Pa­last, um sich auf einer Sänfte durch die Stadt tragen zu las­sen — Du er­in­nerst Dich, die Be­rüh­rung des Bodens ist ihr ja bei Strafe des Ver­lusts ihrer Gött­lich­keit ver­boten. Leider hatte ich nicht die not­wendige Geduld, mich stunden­lang wartend an den Straßen­rand zu stellen, um einen Blick auf die Lebende Göttin zu erhaschen, und so habe ich sie verpaßt. Egal, die Musik und die Tänze vor dem Palast­eingang können durchaus ent­schädigen.

An einer Front des Palastes befindet sich ein eng ver­gitter­tes Fenster, hinter dem ich bei meinem letzten Be­such nur müh­sam das große Gesicht des Seto Bhairab aus­machen konnte. Heute, und nur heute, steht es offen; und alles, was in Kath­mandu eine Kamera hat, drängt sich davor und schießt Er­innerungs­bilder. Natür­lich reihe ich mich in die Massen ein und versuche auch mein Glück, wäh­rend zahl­reiche Newar-Männer vor dem Gesicht stehen und ver­suchen, den Wein, der in un­regelm­äßigen Ab­ständen aus einem Rohr im Mund des Gottes sprudelt, auf­zu­fangen und zu trinken.

Zuletzt setze ich mich auf die Stufen zum Jagan­nath-Tempel und lasse den Abend stim­mungs­voll aus­klingen, wäh­rend sich eine junge Newar-Frau mit mir unter­hält und einige tor­keln­de Be­trunkene von ihren Ange­hörigen dezent fort­geführt werden.

Newari/Nepali food: Aloo (spicy potato salad)

Alu (Kartoffel)

Newari/Nepali food: Chana (spicy chickpea salad)

Chana (Kichererbsen)

Angesichts von soviel blühender Newar-Kultur will ich die Gelegen­heit nutzen, Dir die Newar-Knei­pen Kath­mandus weiter zu be­schrei­ben, denen ich bereits die letzten beiden Briefe ge­widmet habe. Nach wie vor bade ich fast täg­lich in den bereits be­schrie­be­nen Speziali­täten wie Choila, Chatamari und Kochila. Ich glaube, bevor ich nach Kath­mandu kam, hatte ich noch nie Wasser­büffel ge­ges­sen, aber hier ist er wirk­lich ein bil­liges und all­gemein ver­fügbares Grund­nahrungsmittel.`

Wer von all diesen Fleisch­orgien (naja, zumindest nach süd­asiati­schen Maß­stäben) genug hat, dem bleiben auch diverse pikante Gemüse-Salate. Diese enthalten oft frischen Chili in Form kleiner Ringe und gemahlene Ge­würze (Curcuma, Kreuz­kümmel, Koriander). Sehr häufig bekommt man ge­kochte und in einer Gewürz­paste gewälzte Kicher­erbsen oder andere Hülsen­früchte, die geschmack­lich an ähnliche indische Snacks an­schließen. Auch die ge­kochten Kar­tof­feln wirken wie kalter trockener Kar­toffel­curry, erhalten aber durch dunkel­braun geröstete Bockshornklee­samen und frischen Chili ein ein­deutiges Newar-Gepräge.

Newari/Nepali food: Musya Paloo (fresh green soybean salad with ginger and garlic)

Musja Palu (grüne Sojabohnen)

Newari/Nepali food: Achaar (spicy raw vegetable salad)

Achar (Gemüsesalat)

Während der Name Achar in Indien für Pickles, also stark gewürzte, haltbare, in Öl einge­legte Gemüse steht, so bedeutet er in Kath­mandu so etwas wie einen Gemüse­salat aus gestif­telten Karotten, Gurken und grünen Bohnen, der mit Curcuma, viel Chili und wie immer extrem dunkel geröstetem Bockshorn­klee gewürzt wird. Mit „grüne Bohnen“ meine ich hier übrigens nicht Bohn­schoten, sondern unreif geerntete Samen, die für Südasien eher untypisch, nicht getrocknet sondern frisch verwendet werden.

Grüne Boh­nen tauchen auch noch in einem weite­ren Newar-Snack auf, der recht un­indisch, ja fast chine­sisch schmeckt: Musya Palu sind frische Soja­bohnen, die nach dem Kochen in einer Paste aus Koriander- und Chili­pulver und dunklem chinesi­schen Sesam­öl ge­wälzt werden. Man ser­viert sie mit ge­stiftel­tem rohem Ingwer und Knob­lauch. Sesam­öl als Würz­mittel ist ja sonst in Indien nicht ge­bräuch­lich, aber in der Kath­mandu-Küche habe ich es oft ge­schmeckt (manch­mal wird aber auch ein sehr dunkles Senf­öl genommen).

Da ich Kathmandu jetzt wirk­lich bald ver­las­sen werde, macht sich lang­sam Weh­mut über die Newar-Küche breit. So etwas Span­nendes hatte ich bisher auf meiner ganzen Reise nicht ge­funden, und ich hoffe, daß ich auch an den nächsten Sta­tionen noch Kost­proben dieser einzig­artigen Koch­tradi­tion bekom­men kann — das Newar-Sied­lungs­gebiet zieht sich ja noch ein schönes Stück nach Westen, auch wenn das Kath­mandu-Tal als das Herz­land der Newar-Kultur gilt. Nächstes Mal erzähle ich Dir noch von ein paar buddhistischen Kult­stätten der Gegend, und dann heißt es weiterziehen.


Patan Swayambhu und Bauddha

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