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Shillong (Meghalaya) |

Merry Christmas!

Volkssport Weihnachtsshopping

Christbaum-Verkauf
auf den Straßen kann man Weihnachtsbäume kaufen, alle Leute sind mit Christmas Shopping beschäftigt, aus den mit Santa-
Nur noch ein paar Monolithen erinnern an die vorchristlichen Epoche der Khasi
Das ist Shillong: Hill station, Verwaltungszentrum des kolonialen Assam und heute Hauptstadt des 1970 neu geschaffenen Bundesstaates Meghalaya. Trotz massiven Zuzugs von Indern aus allen Teilen des Landes stellen auch heute noch die Khasi die Bevölkerungsmehrheit. Dieser Bergstamm hat hat starke eigenständige Traditionen, vor allem ein matrilineares Clansystem, lebt aber zugleich fest im 21. Jahrhundert: Die Alphabetisierung liegt angeblich bei über 90%, viele sprechen Englisch, und nicht zuletzt scheint auch das Wissen um die subtilen Unterschiede zwischen Österreich und Australien weit verbreitet. Die Khasi-
… ist auch innen geschmackvoll.
Die presbyterianische Kirche …
Die Khasi gaben im 19. Jahrhundert zum überwiegenden Teil ihre animistische Religion auf und konvertierten zum Christentum, wobei Presbyterianer und Katholiken die mit Abstand größten Konfessionen sind. Deshalb ist Shillong der beste Ort, um in Indien Weihnachtsatmosphäre zu schnuppern (alle anderen Gegenden mit christlicher Mehrheit fallen ja unter das gefürchtete restricted area permit). Die Atmosphäre erinnert in Berlin im Advent: Alles ist auf den Straßen und mit Shopping beschäftigt, oder snackt an irgendeinem Straßenstand oder in einer Kneipe. Das Familienvermögen wird von den Frauen verwaltet, und daher sind es auch vornehmlich Damen jedes Alters, die mit dicken Einkaufstaschen die Straßen verstopfen und hektisch von einem Laden zum nächsten eilen. Selbst die Kinder tragen hier den Familiennamen der Mutter, und der Ehemann ist nicht viel mehr als ein gern gesehener Gast im Haus seiner Frau bzw. deren Familie. Viele Inder schütteln über diese Zustände den Kopf und meinen mitleidig, den Khasi-
… zeigt innen und außen dieselbe Stilsicherheit.
Auch das katholische Monstrum …
Die Lebensart ihrer Bewohner ist die bedeutendste Sehenswürdigkeit in Shillong. Man kann sich natürlich die Kirchen ansehen, wobei die protestantischen auch hervorragend ins britische Hinterland passen würden. Ganz im Gegensatz dazu ist die katholische Kathedrale (ja, es gibt wirklich einen Bischof hier!) eine zu einem blauen Klotz gegossene Aufforderung zum Fremdschämen, zumindest, wenn man gleichzeitig Katholik und nicht ganz und gar stilverdorben ist. Die in giftigem Schwefelgelb gehaltete Inneneinrichtung ist dann ein weiterer Schlag in die Magengrube, ebenso wie die in typisch katholischer Humorfreiheit aufgestellten Tafeln, wonach das Herumlungern auf dem Kirchengelände verboten sei. Sonst gibt es noch Museen, Gärten und ein paar architektonische Hinterlassenschaften der Engländer.
Leider ist vieles der kolonialen Bausubstanz dem heftigen und ziemlich ungebremsten Wachstum der Stadt zum Opfer gefallen. Als ich Shillong zum ersten Mal sah, war es gemütlich und verschlafen; heute ist es so quirlig wie Delhi und Hyderabad, und teurer als beide zusammen: Ich zahle
Heiligabend in der presbyterianischen Kirche
Shillong im Farben- und Lichterrausch
Besonders bitter war die Kälte am Heiligen Abend. Um 20 Uhr spazierte ich durch die Stadt, deren Beleuchtung selbst mit einer Doppeldosis Magic mushroom nicht farbenfroher hätte ausfallen können. Männer und Frauen in Läden, in denen ich den letzten Tagen zu tun hatte, riefen mir ein “Merry Christmas” entgegen, während ich mich durch die Massen zur presbyterianischen Kirche kämpfte, wo ich Zeuge einer sehr musikalischen Feier mit einer flammenden Predigt wurde, die die Menschen zu mehr Lebensfreude (ob das in Indien wirklich nötig ist?) und christlichem Frohsinn aufrief. Anschließend plauderte eine Dame aus dem Ältestenrat etwas mit mir und verriet mir, daß sie Österreich liebe, seit sie den Film The Sound of Music gesehen habe. Sie wirkte etwas enttäuscht, als ich ihr erklärte, daß dieser in Österreich fast unbekannt sei.
Die extrem pikanten Chana Masala
In einer Khasi-Kneipe
Beef Bhuna
Entweder war ich 1995 ein blindes Huhn, oder die Verpflegung ist viel besser geworden. Damit meine ich weniger die vielen Restaurants, die mit farbenfrohen Werbetafeln das Straßenbild verunzieren und sich vor allem an die Oberschicht Shillongs und die reichlich vorhandenen Inlandstouristen wenden (besonders beliebt sind „China“-
Naturroter Reis mit einer frittierten Auberginenscheibe, mariniertem Rettich, Tung-Tap, einem Fleischbällchen und Achar; in der Mitte ein Stück gekochter Schweinebauch.
Achar Soh Phie
Früchtebrot und andere süße Sachen
Jadoh mit Stücken Schweinebauch und Tung-Tap (links oben)
In der ganzen Stadt findet man kleine, recht unauffällige Läden, in denen kochkundige Frauen lokale Küche anbieten; sie werden fast nur von Khasi besucht (ausländische Touristen habe ich ohnehin kaum gesehen). Dort bekommt man Jadoh, das Khasi-
Dazu gibt es verschiedene scharfe Saucen und Chutneys. Am besten hat mir Tung-Tap geschmeckt, eine rote Paste aus Trockenfisch, Zwiebel und Chili. Dazu verwendet man oft eine Chilisorte, die Sohmynken Bep oder Soh Mynken Rakut („Monsterchili“) heißt und die man auch am Markt zu kaufen bekommt — ich war nur milde überrascht, daß sie offenbar mit dem assamesischen Naga Jolokia identisch ist, und das schmeckt man auch am Tungtap. Eine hochinteressante Alternative dazu ist Achar Soh Phie. Soh Phie ist eine Frucht, die eng mit den sogenannten „chinesischen Erdbeeren“ (Yangmei
Überhaupt sind die Khasi Schweinereien gegenüber sehr aufgeschlossen: Gekochter oder gebratener Schweinebauch ist unter dem Namen Dohs-niang fast überall zu haben, entweder mit weißem Reis, oder mit Reis oder Nudeln angebraten, oder sogar als weniger attraktive Suppe. Etwas magerer sind die frittierten Bällchen aus einer Mischung von Schweinebauch und Muskelfleisch. Am eigenwilligsten ist Dohkhleh, gekochter, ziemlich kleingehackter Schweinebauch, der mit Zwiebel- und Ingwerscheiben gemischt und ohne weiteres Dressing als eine Art Salat gegessen wird.
Durch irgendeinen Zufall landete ich beim Umherstreifen in einem großen Buchladen, wo ich die Gelegenheit benutzte, in Wörterbüchen nach Gewürznamen in den lokalen Sprachen zu fahnden. Der Besitzer fragte mich nach dem Woher und Wohin aus und lud mich schließlich auf einen Tee ein. Dazu gab es eine Auswahl von Süßigkeiten, darunter auch etwas, was in Deutschland problemlos als weihnachtliches Früchtebrot durchgegangen wäre: Der nach Zimt und Muskat duftende Brotteig war mit kleinen, knallbunt gefärbten Stücken kandierter Früchte aufgepeppt. Was für eine überraschende Remineszenz an Daheim!
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