Landkarte
Sarnath Negombo

Tiruchirapalli திருச்சிராப்பள்ளி (Tamil Nadu)

Vinayakar Kovil Ganesh temple at Rock Fort, in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Ein Adler kreist um den Vinayakar-Tempel

Ascent to the Rock Fort in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Aufstieg zum Rock Fort

Roquefort (er, Rock Fort) with Thayumanar and Vinayakar temples in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Das Rock Fort: Die riesige Halle des Thayumanar-Swami-Tempels und dahinter der Vinayakar-Tempel

View from Rock Fort in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Ausblick vom Eingang des Vinayakar-Tempels

Liebe Birgit,

ich bin gerade in Tiru­chira­ppalli im Süd­osten Indiens; wegen des selbst für tamili­sche Verhält­nisse zungen­brechen­den Namens wird die Stadt meist zu Tiruchi ab­gekürzt, und auf Englisch findet man fast immer die Schrei­bung Trichy. Bereits vor zwei Jahren habe ich hier eine kurze Station ein­gelegt, von der ich Dir aller­dings nichts ge­schrieben hatte; heute kann ich das (und noch mehr) nachholen.

Die Silbe Tiru- be­deutet ‘heilig’ (vgl. Tirupati), und das läßt auf einen bedeu­tenden Tempel schließen; tat­sächlich sind es sogar zwei. Auf einem Granit­hügel in der Stadtmitte liegt das sogenannte “Rock Fort” (Manava­kottai) mit der riesigen Halle des Sri Thayumanavar-Swami Kovil; ganz auf der Spitze des Felsens steht noch der kleine Vinayakar Kovil mit einer gold­glänzenden Kuppel. Vor den Toren der Stadt findet man dann noch den gewal­tigen, weithin bekannten Tempel­komplex Sri Ranga­natha Kovil.

Der Auf­stieg zum Manava­kottai beginnt im wuseligen Stadt­zentrum. Obwohl der Weg zum guten Teil durch schat­tiges Gewölbe führt, treibt er doch den Schweiß aus allen Poren und muß zu allem Un­glück auch noch über hunderte Stufen bar­fuß er­folgen; dabei pas­siert man einen inter­essanten kleinen Höhlen­tempel und durch­wandert mehrere große Hallen voller bunter Säulen. Den Sri Thayumanavar-Swami Kovil darf man als Nicht-Hindu zwar nicht betreten, aber bereits ein Blick durch das Tor zeigt, daß er eine aus­giebige Unter­suchung wohl wert wäre; im Gegen­satz dazu sieht der winzige Vinayakar Kovil von außen de­finitiv besser aus als von innen. Der wirkliche Lohn des Auf­stiegs liegt aber in den spek­taku­lären (wenn auch wetter­bedingt trüben) Aus­blicken auf die Stadt; man kann sogar den großen Gopuram des Sri Ranga­natha Kovil am anderen Ufer des Cauvery im Dunst erahnen.

James the Apostle (Santiago Matamoros) in a small church in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Der Apostel Jakob als Maurenschlächter

Interior of Katholic Lourdes Church in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Die Lourdes-Kirche

Im Stadt­bild fallen trotz der über­wälti­genden Hindu-Mehr­heit am meisten die Kir­chen auf, die sich mit ihrer ver­spielten Farben­pracht sehr dem lokalen Ge­schmack ange­paßt haben. Die vor­herr­schende Rich­tung scheint der Katholi­zismus zu sein, und die Diözese hat offen­bar genug Geld, um die talmi­gotische, innen schwein­chen­rosa gefärbte Lourdes Church im Stadt­zentrum zu unter­halten. Auch viele kleinere Kirchen amü­sieren den Besucher mit an das pralle süd­indische Leben adaptierter quasi-katholi­scher Ikono­graphie. Be­sond­ers ein­präg­sam war das Bild­nis eines Reiters, der mit flie­gender Fahne und glän­zendem Schwert die Bastille zu stürmen scheint; auf meine Frage, wen denn diese Figur dar­stelle, erhielt ich die ver­blüf­fende Antwort “Saint James the Apostle”. Ähnliche Bilder des Apostels findet man übrigens auch in Spanien, wo er als Santiago Matamoros (Jakob der Maurentöter) verehrt wird.

Bazar atmosphere in outer rings of Ranganatha Swami Kovil temple in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

In den äußeren Bezirken wirkt der Tempel marktartig

Krishna idol in Ranganatha Swami Kovil temple in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Das verbotene Krishna-Photo

Outermost Gopuram of Ranganatha Swami Kovil temple in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Der Eingangs-Gopuram zum Ranganatha-Tempel

Brahmins in Ranganatha Swami Kovil temple in Tiruchirappalli (Trichy), Tamil Nadu, South India

Freundliche Brahmanen

Der Be­such des Sri Ranga­natha Kovil fällt durch die effi­zienten Stadt­busse recht leicht. Dieser Tempel gehört zu den größten und reichsten Indiens und ist von meh­reren kon­zentri­schen Mauern um­geben, inner­halb derer sich das religi­öse Leben in zahl­losen Facetten abspielt. Der Ein­gang durch die Außen­mauer führt durch ein mas­sives, brei­tes Gopuram, und da­nach wähnt man sich in einem knall­bunten Jahr­markt, wo von ge­trock­neter Curcuma (Sonnen­symbol, bringt Glück) bis zu elek­trisch be­leuch­te­ten und ani­mier­ten Götter­bildern (was täten wir nur ohne Halb­leiter­technik!) alles ver­kauft wird, was dem Hindu zu einer bes­seren Wieder­geburt ver­helfen kann.

Die kom­mer­zielle Atmo­sphäre ver­schwin­det, so­bald man die letzte Ring­mauer durch­quert; nun herrscht reli­giöse Ernst­haftig­keit. Man durch­wandert Halle um Halle, kann Brahmanen gleicher­maßen beim ent­spannten Small­talk wie bei kom­plexen Hindu-Zere­monien beob­achten und das bunte Treiben in den vielen an­geschlos­senen Seiten­tempeln ge­nießen. Einige Brahmanen verwickelten mich in ein längeres Gespräch, in dessen Verlauf ich zu meinem Er­staunen weder mit jener be­rüch­tig­ten großen Insel im Süd­pazifik noch mit einer For­de­rung nach Bakhshish kon­fron­tiert wurde; so etwas ist wohl nur in Süd­indien mit seinem hohen Lebens- und Bildungs­standard mög­lich. Der Tempel ist übrigens so pein­lich sauber gehalten, daß selbst mir Barfuß­phobiker das Schuh­ausziehen nicht schwer fiel.

Aus rei­nem Ver­sehen (ich hatte das Verbots­schild nicht bemerkt) gelang mir sogar ein Photo einer be­sonders heiligen Krishna-Statue in vollem Ornat, rings um die sich gerade eine Puja ab­spielte. Ich lief etwas rot an, murmelte “Sorry!” und löschte natür­lich eines der zuvor geschos­senen, leicht zu ersetzen­den Bilder. Damit schienen alle zu­frieden zu sein, und ich schob das uner­wartete Erfolgs­erlebnis auf mein be­son­ders günsti­ges Karma; die meisten Inder hätten es wohl ge­nau­so ge­macht, und Sri Vasudeva hat bekannt­lich einen sehr liberalen Sinn für Humor; bei Shiva könnten solche Stunts eher un­angenehm enden.

Indian Food: Elumicham Sadam, Tamil Lemon Rice

Limetten-Reis (Leman Sadam) mit Mangopickle

Indian Food: Dayir Sadam, Tamil Curd (Yoghurt) Rice

Joghurt-Reis (Dayir Sadam) mit Buttermilchchilies

Indian Food: Hyderabadi-style Biriyani (Chicken Rice)

Chikkan Biriyani

Heritage steam engine in front of Tiruchirapalli Junction Railway Station Tamil Nadu, South India

Altes Dampfroß vor dem Bahnhof in Trichy

Bereits zum dritten Mal bin ich jetzt vom Norden in den Süden gekom­men, und jedes Mal beginnt der Magen sofort zu schnur­ren: Das süd­indische Essen rockt, und das nicht nur in der Stadt des Rock Fort. Die Gegend zwischen Bus­bahnhof und Bahn­hof, wo auch die typi­schen Billig­unter­künfte liegen, ist eine einzige Restaurant­meile, und bei beiden Besuchen waren gerade Mangos das Obst der Saison, so daß man sich durch zahllose Sorten kosten konnte. Von den typisch tamili­schen meals habe ich ja bereits oft genug berichtet, deshalb sollen heute Reis­gerichte im Mittel­punkt stehen.

Ein ikonisches Ge­richt der tamili­schen Küche ist der Limetten­reis, der auf der Speise­karte halb eng­lisch als Leman Sadam bezeich­net wurde (in reinem Tamil hieße er Elumichai Sadam). Er besteht aus einfach mit etwas Curcuma gekoch­tem Reis, der in einem zweiten Arbeits­gang mit Limetten­saft, Asant und Curry­blättern gewürzt wird; ein paar geröstete Erd­nüsse schaffen einen erfreu­lichen Knusper­faktor. Dazu bekommt man Mangopickles, die hier aus reifen Mangos gemacht werden und deshalb bei aller Fermentation erheblich fruchtiger schmecken als in anderen Teilen des Landes.

Eine in­ter­essante Alter­native dazu ist der Joghurt­reis Dayir Sadam, bei dem sehr kernig gekoch­ter Reis mit rohem Joghurt ver­mischt wird, so daß er im lau­warmen Joghurt voll­ständig gar­ziehen und dabei eine etwas pap­pige Kon­sistenz anneh­men kann; die Würzung kon­zentriert sich auf ge­röste­ten Kreuz­kümmel. Dazu be­kommt man knusprige Buttermilch­chilies (Mor Milagai Vattal), wie sie eben­falls für die tamilische Küche typisch sind: Getrock­nete Chilies werden in Butter­milch ein­geweicht, erneut getrocknet und vor dem Servieren dunkel­braun frittiert. Sie haben einen salzigen, aber nicht be­sond­ers scharfen Ge­schmack und werden einfach zum Reis dazugeknabbert.

In Indien sind vege­tari­sche und nicht­vege­tari­sche Restau­rants oft ge­trennt, weil stren­ge Vege­tarier das Essen ver­wei­gern, wenn der Koch auch mit Fleisch hantiert. Eine kleine Schmuddel­bude am Nord­ende des Bus­bahnhofs servierte nur ein einziges Gericht, nämlich einen respek­tablen Chikkan Biriyani: Nach Art von Hydera­bad war dieser Hühner­reis ziemlich scharf, aber durch Gewürz­nelken und indischen Lorbeer­blättern auch hoch­aromatisch gewürzt und wurde mit Schmor­flüssig­keit serviert. Der Laden lag im Erd­geschoß eines Abbruch­hauses, und man hatte freiem Blick in einen mit Gerümpel über­säten Innen­hof, während am Sims des von der Zeit zernagten Fensters die Ratten fröh­lich Tanz­abend feierten. Geschmeckt hat es trotzdem.

Indian Food: Bombay Badam Milk with almonds and saffron

Mandel–Safran-Milch

Tea vendor with Samowar in Tiruchirappalli, Tamil Nadu, South India

Teestand mit Samowar

Bei den Ge­trän­ken ist von einer lo­kalen Be­sonder­heit zu berich­ten: Tee wird in Trichy nach der Samovar-Methode her­gestellt, wie ich es in Indien noch nie sah: Die Tee­händler haben große Kupfer­kessel voll heißem Wasser und halten stets kleine Mengen von hoch­konzen­triertem, fast schwarzem Tee­absud vorrätig, der für jeden Kunden nach Bedarf mit Milch, heißem Wasser und Zucker abgemischt wird; bei dieser Methode ist mein Lebens­elixier, ungezuckerter Schwarz­tee, natür­lich be­son­ders schnell und ein­fach zuzubereiten.

Besonders beliebt hier ist eine Art flüs­siges Dessert, das all­abendlich in großen, flachen Pfannen am Straßen­rand gekocht wird: Heiße Milch mit Mandeln und Safran. Eigen­artiger­weise heißt es Bambe Badam Pal oder englisch Bombay Badam Milk (das eigent­lich per­sische Badam ‘Mandel’ wird im indischen Englisch durch­gehend ver­wendet; almond versteht hier keiner). Das Safran­aroma spielt dabei den viel zu groß­zügig einge­setzten Zucker mühelos an die Wand.


Sarnath Negombo

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