Landkarte
Kathmandu 3 Siehe auch Lumbini, Bodhgaya und Sarnath Pampore

Gorakhpur गोरखपुर (Uttar Pradesh)

Reclining Buddha in Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Die Buddha-Statue im Gebäude vor dem Stupa

Mahaparinirvanastupa in Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Der Mahaparinirvana Stupa in Kushinagar

Liebe Birgit,

nun bin ich also wieder in Indien. Der Grenz­übertritt (um sieben Uhr morgens) gestaltete sich er­wartungs­gemäß problem­los, einen Bus ins drei Stunden entfernte Gorakh­pur fand ich auch sofort, aber dann war vorerst Schluß mit lustig.

Indien kann man bekannt­lich nur in vollen Zügen ge­nießen — ge­zwungener­maßen, denn leere Züge wird man nicht finden. Da ich so schnell wie möglich nach Kashmir will, bleibt mir nichts anderes übrig, als einen der täglichen Züge von hier nach Jammu zu er­reichen. Hat man aber die Fahr­karte nicht schon min­destens einen Monat im Voraus gebucht, dann steckt man in der Tinte.

Das offi­zielle Reser­vierungs­büro weiß nicht weiter: "Nothing free, sir". Wohl­wissend, daß es in Indien immer Hinter­­türchen gibt, versuche ich es bei einem der zahl­reichen travel agents in Bahnhofs­nähe. Nach längerem Grübeln will er mir ein Ticket mit Um­steigen in Delhi um den vier­fachen Preis der regulären Direkt­verbindung andrehen — ich hoffe, der Anblick meines lehr­buch­haft perfekt durchge­streckten Mittel­fingers bleibt ihm noch lange in Er­inne­rung. Seine Kollegen nebenan sind auch nicht besser.

Kurz, be­vor ich mich trotz aller Nach­teile für einen Bus ent­scheide, lasse ich mich von irgend­einem herum­lungern­den Mann dann noch noch zu einem weiteren Agenten schlep­pen. Der ver­spricht mir hoch und heilig eine Karte für in zwei Tagen — nahezu perfekt, so kann ich mir noch das zwei Stunden entfernte Kushinagar ansehen. Die Summe aller of­fiziel­len und in­offizi­ellen Aufpreise ver­doppelt den Ticket­preis, aber das muß ich wohl hin­nehmen, als Obulus für meinen chaotischen, äh, hoch­gradig flexiblen Reise­stil. Mit etwas Bauch­weh fragte ich am nächsten Tag nach, ob die Reservierung geklappt hat, und siehe da: Erfolg!

China Buddhist Temple Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Der chinesische Tempel

Korea Buddhist Temple Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Eingang zum koreanischen Tempel

Korea Buddha Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Statue aus dem koreanischen Tempel

Ramabhar-Stupa, Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Der Ramabhar-Stupa im Licht der Abendsonne

Burmese Buddha Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Burmesischer Buddha

Thailand Buddhist Tempel (Wat Thai Kusinara Charlamraj) Kushinagar near Gorakhpur, Uttar Pradesh (India)

Teil der Gartenanlage im thailändischen Tempel (Wat Thai Kusinara Chelimrach)

Also bleibt mir ein be­quemer Tag, per Bus nach Kushinagar zu fahren, der am wenig­sten besuch­ten der vier Stationen im Leben des Buddha: Hier ging der große Meister schließ­lich ins Nirvana ein, hier wurde seiner Leiche ver­brannt, und hier ent­standen die ersten Stupas. Ähn­lich wie in Lumbini, das übrigens gar nicht so weit weg ist, kann man Klöster und Tempel aus ver­schie­de­nen bud­dhisti­schen Ländern an­sehen, aber alles um zwei Kon­fektions­größen kleiner.

Der sehens­werteste Teil der Anlage ist zweifel­los der Maha­pari­nirvana Stupa, errichtet angeblich genau am Sterbeort des Buddha. Vom ur­sprüng­lichen Bau­werk ist nichts er­halten, das aktuelle schnee­weiße Gebäude wurde im 19. Jahrhundert aus archäo­logi­schem Schutt restau­riert, aber selbst diese Brösel waren min­destens 1000 Jahr jünger als der Buddha. Unmittelbar davor steht ein längliches Gebäude, das stilistisch recht einfühlsam errichtet wurde, um eine dort gefundene Buddha­statue zu be­herbergen — ein wunder­schöner und perfekt erhaltener liegender Buddha mit fried­vollem Gesicht­sausdruck. Einige Touristen, vor allem aus Japan, China und Korea, verbrennen hier ihre Räucher­stäbchen, meditieren ein bißchen und schießen Erinnerungs­photos mit grinsenden Familien­mitgliedern im Vordergrund.

Rund um den Maha­pari­nirvana Stupa wurden allerhand Ziegel­gebäude freigelegt, von denen einige fast in die Zeit des Buddha zurück­reichen. In der weiteren Um­gebung findet man dann die modernen bud­dhisti­schen Tempel aus China, Viet­nam, Korea und Thai­land; am auf­fällig­sten ist aber, wie auch in Lumbini, der prächtige goldene Stupa in bur­mesi­schem Stil. Das älteste Gebäude ist der aus Ziegeln er­rich­te­te Ramabhar-Stupa, der eher wie ein un­regel­mäßig ge­formter Erd­hügel aus­sieht und noch nicht die perfekt sym­metri­sche Gestalt der späteren Stupas hat; er steht angeblich genau an dem Ort, an dem die Leiche des Buddha verbrannt wurde.

Indian Food: Round Chapati (litti) baked with cow dung

Die Litti werden mit Dungfladen als Heizmaterial gebacken

Indian Food: Alu Litti (Bread balls with potato)

Alu Litti (Brotteigkugeln mit Kartoffeln)

Beim häufi­gen Herum­spazieren zwischen Bahn­hof und Bus­station von Gorakh­pur stieß ich auf eine äußerst bizarre Speziali­tät, die ich Dir nicht vor­enthalten will: Litti sind kleine Kugeln von Chapati-Teig, die über Kohlen­feuer gegart werden; auf Englisch sagen die Ver­käufer auch manch­mal “round chapati dazu. Das einzig­artige Aroma gewinnen diese Kugeln durch den Rauch von getrock­netem Kuhmist, der neben dem Feuer vor sich hinqualmt (diese Zutat dürfte auch in den besten Indien-Läden Europas nicht zu bekommen sein!). Die Kugeln werden mit einer nur leicht gewürzten groben Paste aus gekochten Kartoffeln und anderen Gemüsen serviert, plus etwas Pickle. Kühe können’s!

Auch sonst ist das Essen in Gorakh­pur die reine Freu­de. Immer­hin befinde ich mich ja in der „Nord­provinz“ Uttar Pra­desh mit ihrer grandi­osen moguli­schen Ver­gangen­heit, und so wundert es nicht, daß selbst in den bil­ligen Resta­urants in Bahnhofs­nähe nord­indische Küche at its best zelebriert wird: Über allem liegt ein Duft von Zimt und Nelken, der Reis sieht echtem Basmati zumindest einiger­maßen ähnlich, und selbst ein simples Dal ist so raffiniert, daß man es mit Freude genießen kann.

Indian Food: Paneer Butter Masala

Paneer Butter Masala

Indian Food: Shahi Panir

Shahi Paneer

Indian Food: Soybean vegetable curry

Curry mit Soybean Vegetable (unten rechts)

Indian Food: Palak Paneer

Palak Paneer

Es ergibt sich be­stimmt später noch eine Ge­legen­heit, über die moguli­sche Küche all­gemein zu schrei­ben; daher will ich Dir heute nur eine Zutat vor­stellen, die in Nord­indien überall gerne verwendet wird: Panir (auch manch­mal englisch beein­flußt Paneer ge­schrie­ben).

Das ist ei­ne Art schnitt­fester Frisch­käse, den man auch selbst machen kann: Man bringt ein paar Liter Milch zum Kochen, schüttet irgend­eine Säure (Essig, Zitronen­saft, sogar Joghurt reicht schon) hinzu und wartet, bis sich das Milch­eiweiß in Form großer, schnee­weißer Klumpen absetzt. Dann filtriert man durch ein Küchen­tuch ab und erhält eine krümelige Masse namens Chena. Um daraus Panir zu machen, muß man es nur noch in Form bringen, aber das ist der Moment, wo mein Heim­equip­ment regel­mäßig versagte; es braucht nämlich ordent­lichen Druck, um die Krümel zu einer festen Masse zu ver­pressen. Früher habe ich Panir öfters selbst gemacht, aber seitdem ich ihn problem­los zu kaufen bekomme, tue ich mir diese Arbeit nicht mehr an.

Als Faust­regel gilt, daß man Panir wie Fleisch zu­berei­tet: Er wird kurz frit­tiert oder an­gebra­ten (wenn man ihm mit Mehl be­stäubt, klebt er nicht am Pfannen­boden fest!), bis er eine gold­gelbe Ober­fläche hat, und danach in irgend­einer dicken Sauce ge­schmort — die üblichsten Zube­rei­tungen sind Palak Panir (in einer mit viel Kreuz­kümmel gewürzten Spinat­sauce) und Panir Masala (in einer scharfen Zwiebel–Tomaten-Sauce), letz­teres auch in der Variante mit einem großen Stück Butter, das vor dem Servieren untergerührt wird (in schönstem Hindi–Englisch-Misch­masch Panir Butter Masala genannt).

Das elegan­teste Panir-Rezept ist jedoch Shahi panir — abge­leitet von shah „Kaiser“, also ist das die dem moguli­schen Kaiser­hof ange­messene Zube­reitung. Dazu schmort man den frittierten Panir in einer mit Zimt, Nelken, Cardamom und all den anderen Gewürzen der Garam–Masala-Mischung (manch­mal auch Safran) aromatisierten Rahm­sauce, oder auch in billigerem Joghurt, das dann aber nicht zu sauer sein darf. Chili wird gar nicht oder zurückhaltend verwendet, eher mittelscharfer Paprika. Ein paar Mandeln oder Cashew­nüsse kom­plettieren das sehr milch­lastige und darum teure Gericht. Diese Kalorien­bombe kann man sich aber sowieso nicht jeden Tag leisten.

Panir sieht ein bißchen wie Tofu aus, und in man­chen Indien-Re­stau­rants (richti­ger: indisch–deutschen Fusion-Läden) wird er sogar, horribile dictu, durch diesen er­setzt. Das ist natürlich bar­barisch, denn Panir hat einen an­geneh­men Milch­geschmack und auch eine festere Kon­sistenz als Tofu, der übrigens auf eine recht ähnliche Art gewonnen wird, nur daß man mit Soja-Milch beginnt. In der indischen Küche wird Tofu nicht verwendet, allerdings habe ich in Gorakhpur erstmals ein tofu-verwandtes Produkt gefunden, das als soybean vegetable bezeichnet wird und, wenn ich die Leute richtig verstanden habe, einfach der bei der Gewinnung von Sojaöl übrig­bleibende Preß­kuchen ist. Er hat eine strukturierte und deutlich angenehmere Konsistenz als Tofu, schmeckt aber ebenso weitgehend nach nichts — das ist aber kein wesentlicher Mangel, die Curry-Sauce kompensiert das hinreichend.


Kathmandu 3 Pampore

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