Landkarte
Kathmandu 4 Siehe auch Kathmandu 1, Kathmandu 3 Changu Narayan Mandir

Kathmandu 5 काठमाण्डौ (Nepal)

Night-time Streetview of Thamel, Kathmandu, Nepal

… und wird in der Nacht protzig beleuchtet, allen Energiespar­maßnahmen zum Trotz …

Buddhist Stupa in Thamel, Kathmandu, Nepal

… aber selbst hier gibt es echt Nepalisches zu sehen.

Streetview of Thamel, Kathmandu, Nepal

Thamel ist schamlos touristisch …

Liebe Birgit,  

Kath­mandu ver­leitet immer ein biß­chen zum Herum­trödeln: Das Leben ist (beson­ders nach Haupt­stadt-Verhält­nissen) recht billig, die Küche schmeckt ausge­zeichnet, und die nahe Alt­stadt deckt für lange Zeit das Aktivitäts­bedürfnis ab. Dazu kommen die jegliche Ini­tiative lähmenden Strom­ratio­nierungen — niemals zuvor bedurfte es einer solchen voraus­schauender Planung, täglich an etwas Laptop-Arbeit, an eine warme Dusche und an aufgeladene Kamera-Akkus zu kommen.

In seinem Zentrum ist Thamel grell, bunt und laut — dort stehen die tra­ditions­reichsten Hotels und Restau­rants, die in man­chen Kreisen als must-haves gelten und daher ein unter­irdisches Preis–Leistungs-Verhältnis anbieten können. Westliche Musik dröhnt überlaut aus den Türen und Fenstern der italieni­schen, méxicani­schen, japani­schen und inter­nationalen Restau­rants, und trotz der Strom­rationierungen glüht allabendlich die Beleuch­tung ungefähr so, wie ich es mir in meiner Jugend von Las Vegas vorgestellt habe. Mein Hotel liegt außerhalb dieser Kernzone, und daher geht es am späteren Abend doch deutlich ruhiger zu, auch wenn die Straße niemals vollständig schlafen will.

Läuft man die Straße vom Thamel Chowk nach Süden, so kommt man zuerst zu meiner Unter­kunft, danach zum Cheng­du Hotel (davon später mehr), und ein oder zwei Quer­straßen weiter geht das Touri-Ghetto un­merklich in die echte Alt­stadt über: Am Straßen­rand stehen tibetische Stupas und kleine Reliefs mit Szenen der Hindu-Mythologie, letztere immer geschmückt mit rotem Farbpulver, ein paar Blüten und vielleicht einem winzigen Speiseopfer. Frühmorgens kann man einheimische Frauen dabei beobachten, wie sie auf dem Weg zur Arbeit oder dem täglichen Einkauf am Markt bei einem Schrein ihrer Haus­'gottheit Halt machen und einen kleinen Beitrag zu seinem Schmuck liefern.

Newari-Style Buddhist monastery Dharma Kirti Bihar, Naghal, Kathmandu

Das im Newari-Stil erbaute buddhistische Kloster Dharma Kirti Bihar

Newar-style Nateshwar Mandir Shiva Temple, Thaihiti Tole, Kathmandu

Der Nateshwar Mandir

Anciant Buddha statue in Bangemudha, Kathmandu

Der angeblich 1500 Jahre alte Buddha

Der erste größere Platz, auf den man dann stößt, heißt Thahiti Tole. In seinem Zentrum prangt ein schnee­weißer Stupa, und an der Nord­seite steht ein Tempel mit zwei­stufigem Dach: Er ist Shiva in seinem Aspekt als Nateshwara (Herr der Tänzer) gewidmet — links über dem Eingang sieht man auch ein tanzendes Skelett. Shiva ist ja fúr seine Tanz­künste berühmt, und sein Tanz setzt solche Energien frei, daß er damit das ganze Universum periodisch verbrennt und erneuert. Man nennt ihn auch oft Natraja, den „König der Tänzer“, und stellt ihn tanzend inmitten eines Feuerkreises dar.

Weiter nach Süden führt eine Straße namens Naghal, die mit einer breiten Palette an Attrak­tionen lockt: Ein buddisti­sches Zentrum mit Stupa und Klöstern in einer Seiten­gasse, einige Schreine von beträcht­lichem künstleri­schem Wert am Straßen­rand, unzählige Juwelier­läden, mein bevor­zugtes Newari-Restaurant (davon ein andermal mehr), und all das auf etwa 100 m Länge! Danach kommt man wieder zu einem offenen Platz, der Bangemudha heißt. Von ihm, seinem hübschen Vishnu-Tempel, den dort ansässigen Zahnärzten und dem skurrilen Zahnweh-Schrein gleichen Namens habe ich Dir bereits geschrieben.

In Bange­mudha kann man aber noch etwas sehen: Eine unge­wöhn­liche Buddha-Statue in Garten­zwerg­größe, die ziem­lich unge­schützt neben den Stufen zu einer Zahnarzt­praxis steht. Der Buddha ist als solcher kaum zu er­kennen, denn die Statue ist älter als die kanonische buddhisti­sche Ikono­graphie — an­geb­lich steht sie seit fünfzehn­hundert Jahren an dieser Stelle. Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, wo ein so altes und unschätz­bares Kunst­werk so achtlos, beinahe ver­nach­lässigt allen Un­wägbar­keiten der Existenz preis­gegeben am Straßen­rand dahin­gammelt und stets in der Gefahr schwebt, seinem Karma in Form eines betrunkenen Motorrad­fahrers oder eines profit­süchtigen Kunst­diebes zu begegnen.

Buddhist Stupa in courtyard Itum Bahal, Kathmandu, Nepal

Buddhistische Kunst im Itum Bahal

Small courtyard containing Narasimha Mandir temple, Kilagal, Kathmandu, Nepal

Dieser Innenhof beherbergt den Narasingha Mandir

Silver-ornated Bhairava (Shiva) head in Akash Bhairabnath Mandir Temple, Indra Chowk,  Kathmandu

Shivakopf im Akash Bhairab­nath Mandir

Eine Straße weiter südlich stößt man dan auf einen großen Platz namens Indra Chowk, der vom großen Tem­pel des Akash Bhairab­nath dominiert wird. Er wird von bronze­nen Löwen be­wacht, und hat einen großen Innen­raum, in dem man mit schweren Silber­arbeiten verzierten Shiva-Köpfe be­wundern kann. Eine enge Straße voller kleiner Läden führt von dort nach Westen, und wer genau auf­paßt, der kann rechts einen winzigen Durch­gang finden, der sich zum Itum Bahal öffnet, einem fußballfeld­großen Hinter­hof, der mit einigen Stupas geschmückt ist und auch ein kleines Kloster beher­bergt, leicht zu erkennen an den zwei Löwen­figuren vor dem Eingang. Schwatzende Frauen und Männer ver­treiben sich hier die Zeit — und das in­mitten einer Ansamm­lung von Kunst­werken, die jedes Museum in der westlichen Welt vor Neid erblassen ließe.

Etwas weiter kommt man dann zu einem schönen Kali-Tem­pel namens Nara­devi Mandir, und mit etwas Mühe findet man in der Nähe auch einen kleinen Innen­hof, der außer schö­nen Holz­fassa­den, spielen­den Kindern und bunter Wäsche an kreuz und quer gespann­ten Leinen auch noch den reich­geschmück­ten Nara­singha-Tempel bietet. Zu diesem Zeit­punkt hat mich mein Spazier­gang durch die Alt­stadt kaum mehr als 10 Minuten vom Hotel weggeführt.

Ich könnte noch länger so weiter­schreiben, aber nun will ich lieber zum Eßbaren kommen; und wie zuletzt ange­kündigt, bleibe ich bei der chinesi­schen Küche. Das Chengdu Hotel bietet auch eine Anzahl von vege­tarischen Speisen, die man kulinarisch in mehrere Gruppen teilen kann. Aus westlicher Sicht kann ich drei verschiedene Typen erkennen: Haupt­speisen, Salate und Beilagen.

Chinese Food: Ma-po doufu (hot and numbing tofu)

麻婆豆腐, prickelnd–scharfer Doufu

Chinese Food: Jia-Chang Doufu, Tofu family-style

家常豆腐, Doufu im Familienofen

Die Gruppe der vegetari­schen Haupt­speisen umfaßt pikant gewürzte Gerichte, die mit Reis eine voll­ständig befriedi­gende Mahl­zeit ergeben. Die meisten davon enthalten den Bohnen­käse Doufu 豆腐 und liefern daher auch hin­reichende Mengen an Protein. Die be­kann­teste dieser Speisen ist Ma-po dou-fu 麻婆豆腐, ein typisches gewoktes Sichuan-Gericht mit einem starken Aroma von ge­bra­tenem Knob­lauch und der scharfen Chili–Bohnen-Paste Douban­jiang 豆瓣酱, die das reichlich verwendete Öl ziegelrot färbt. Etwas leichter schmeckte Jia-chang dou-fu 家常豆腐, das in der Speisekarte als „nach Familienart“ übersetzt wurde. Dabei handelte es sich um große Stücke Doufu in einer sojalastigen, bräunlichen Sauce.

Chinese Food: Suan ni Huang-gua, cucumber with garlic and sesame oil dressing

蒜泥黄瓜, Knoblauch mit Gurke

Chinese Food: Jiang-zhi bo-cai, cold spinach with ginger dressing

姜汁菠, Spinat mit Ingwer

Chinese Food: Suan La Za-cai, sweet and spicy cabbage salad

酸辣杂菜, pikanter Kohlsalat

Chinese Food: Shan-jiao jue-cai, fern tip salad

山椒蕨菜, Farnspitzen-Salat

Kalte, oft rohe Gemüse­speisen sind nach west­licher Termino­logie am besten als Salate zu bezeich­nen, wer­den aber nicht als Vor­speise, son­dern eher als Bei­lage ge­gessen. Dazu ge­hören knackige Gurken­salate, wie etwa Suan ni Huang-gua 蒜泥黄瓜. Das be­deutet zwar ein­fach nur „Gurke mit Knob­lauch“, sollte aber eher „Knob­lauch mit Gurke“ lauten: Die Gurken­stücke werden mit ge­hacktem rohen Knob­lauch, Essig und Sesam­öl zu einem äußerst er­frischen­den Salat ver­arbeitet. Weniger knackig, aber eben­so ge­schmack­voll ist Jiang-zhi bo-cai 姜汁菠, ge­kochter Spinat mit einem Dres­sing aus ge­raspel­tem frischem Ingwer. Zu meiner Über­raschung fand ich in einem sonst nicht so beein­drucken­den Restaurant auch jenen süß–sauer–pikanten Kohl­salat, der in Öster­reich zur Standard­ausrüstung jedes China-Restaurantoids gehört: Er nannte sich Suan La Za-cai 酸辣杂菜.

Auch exoti­sche Ge­müse kön­nen zu Salaten ver­arbeitet werden: Shan-jiao jue-cai 山椒蕨菜 erwies sich als ein wenig amalga­miertes Ge­misch von einigen rohen Zutaten mit gekochten Farn­trieben, de ein bißchen wie Spargel aus­sehen. Diese Farne haben übrigens gesundheits­technisch einen schlechten Ruf, weil sie an­geb­lich Magen­krebs ver­ursachen, aber sie sind in China trotz­dem sehr beliebt. Ich fand ihre zart–spargel­artige und zugleich etwas glitschige Konsistenz irgendwie, naja, merkwürdig.

Chinese Food: Bai-you dong-dua, Spring melon in white oil (sauce)

白油冬瓜, gekochter Wachskürbis

Chinese Food: Su-chao Luo Bu-Si, silky radish threads

素炒萝卜丝, gedünsteter Rettich

Chinese Food: Chao da-bai-cai, cabbage cooked in the wok

炒大白菜, gedünsteter Kohl

Chinese Food: Gan-bian Ku-gua, dry fried bitter melon

干煸苦瓜, trockene Bittermelone

Die war­men Ge­müse­speisen schmecken da­gegen oft sehr wenig ge­würzt und gerade­zu fade; sie sind ja auch haupt­sächlich als Bei­lagen gedacht und sollen durch Optik und Kon­sistenz einen Kon­trast zu den schwer ge­würz­ten, von Brat­aromen und Chili durch­zogegen Fleisch­speisen bieten. Ein typisches Bei­spiel für diese institu­tionali­sierte Lange­weile ist „Wachs­kürbis in weißem Öl“ Bai-you dong-dua 白油冬瓜, wo­runter man sich trans­luzente, butter­zarte Kürbis­stücke in einer voll­ständig farb­losen, milden wäßrigen Sauce vorstellen muß. Ähnlich fade schmeckt auch der gedünstete Rettich Su-chao Luo Bu-Si 素炒萝卜丝 (ich inter­pretiere das als „Seidig ge­brate­ner Ret­tich in Form von weißen Fäden“), aber zu­sam­men mit hochgewürztem, fettigen Fleisch entfalten diese ganz simplen Zubereitungen dann doch ihre kulinarischen Meriten.

Auch der ge­wokte China­kohl Chao da-bai-cai 炒大白菜 schmeckt in seiner Standard­ausfüh­rung recht fade; es gelang mir aber, den Koch davon zu über­zeugen, daß er doch bitte etwas Chili und Sichuan­pfeffer hinzu­fügen sollte; und dann kann man es sich schon schmecken lassen. Da­gegen wird die ge­schmacks­intensive Bitter­melone per De­fault mit kräftigen Mengen Chili zubereitet, weil man ihre Bitter­keit sonst kaum er­tragen könnte: Gan-bian Ku-gua 干煸苦瓜 heißt einfach „trocken ge­bratene Bitter­melone“, und diese Speise macht sich in einer üp­pi­gen Menü­folge gar nicht so schlecht, weil man sofort Appetit bekommt, die Bitter­keit mit etwas anderem zu verdrängen.

Chinese Food: Yu-xiang qie-zi, aubergine with fish fragrance

鱼香茄子, Fischduft-Aubergine

Chinese Food: Ma-la tang, fiery (hot and numbing) broth with vegetable and noodle

麻辣汤, feurige Suppe

Ein sehr ge­schmack­voller Gemüse­klassiker ist Yu-xiang qie-zi 鱼香茄子, die „Auber­gine mit Fisch­duft“. Die als „Fisch­duft“ oder „Fisch­geschmack“ bezeich­nete Würz­mischung kom­biniert süß, sauer, scharf und knob­lauchig zu einem sehr attrak­tiven Gesamt­ergeb­nis, dessen süße Lieb­lich­keit und mollige Kon­sistenz Haupt­speisen wie den letztes Mal be­schrie­benen ge­bra­tenen Speck Huiguo Larou 回锅腊肉 per­fekt be­glei­tet. Die Yuxiang-Mischung heißt an­geb­lich des­halb so, weil sie be­son­ders gut zu Fisch paßt; aller­dings kenne ich sie nur in Zu­sammen­hang mit Auber­gine oder Schweinefilet.

Eine letz­te vege­tari­sche Speise, die ich nicht auf der Karte, son­dern am Nachbar­tisch fand, war Ma-la tang 麻辣汤, die „prickelnd–scharfe Suppe“. Es handelte sich einfach um eine fleisch­lose Variante meines so sehr ge­schätzten Shuizhu Rou 水煮肉, bei der anstelle des Schweine­fleisches transparente Band­nudeln und ver­schie­dene Gemüse die super­scharfe Brühe bevölkern.

Von den nahen Sehens­würdig­keiten werde ich wenigstens eine noch besuchen und Dir davon einen aus­führlichen Bericht schicken: Das ist der Changu Narayan Mandir, der größte und schönste Vishnu-Tempel des Kathmandu-Tales.


Kathmandu 4 Changu Narayan Mandir

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