Landkarte
Surkhet Siehe auch Karnali Highway 3, Jomsom Road 2 Karnali Highway 2

Karnali Highway कर्णाली राजमार्ग (Nepal)

Dramatic section of the Karnali Highway before Kalikot, Nepal

Der Karnali-Highway ist nichts für ängstliche Gemüter

House in wheat terrace fields, seen on Karnali Highway (Surkhet to Jumla), Western Nepal

Fast ein Postkartenmotiv: Einsames Haus in den Weizenterrassen

Uninhabited gorge crossed during dawn, seen on Karnali Highway (Surkhet to Jumla), Western Nepal

Nach der Nachtruhe: Weiterfahrt in der Morgen­dämmerung durch ein unbewohntes, enges Flußtal (wahrscheinlich die Tila)

Jungle-covered mountain near Surkhet (Birendranagar), seen on Karnali Highway (Surkhet to Jumla), Western Nepal

Die Fahrt auf dem Karnali Highway bringt viele wunderschöne Bilder

Village with rice terraces opposite Kalikot, seen on Karnali Highway (Surkhet to Jumla), Western Nepal

Im Himalaya sind selbst kleine Dörfer oft von riesig ausgedehnten Terrassenfeldern umgeben

Liebe Birgit,

obwohl es mir in Bir­endra­nagar (das be­kannt­lich über­all sonst Surkhet heißt) sehr gut ge­fal­len hat, war diese Stadt doch nur als Durch­gangs­posten ge­plant; ei­gent­lich zieht es mich näm­lich hier, im unter­entwickelten Westen Nepals, nach einer viel an­spruchs­vol­leren Destina­tion, dem extrem ab­gele­genen Jumla. Diese Stadt ist erst seit drei Jahren für den Motor­verkehr er­schlos­sen, und daher er­warte ich mir ein sehr exoti­sches Reise­erlebnis. Die Straße nach Jumla heißt Karnali Rajmarg oder Karnali Highway, benannt nach einem Fluß, dem sie über einen weiten Teil folgt.

Zuvor je­doch noch ein Nach­trag zu Surkhet: Ich habe die Stadt zu früh gelobt, denn der letzte Abend ver­lief un­erfreu­lich. Der Wirt meiner Her­berge wollte zwei Tage mehr Miete kas­sieren als ich dort ge­blie­ben war, weil er (viel­leicht) bei den stück­weisen An­zah­lungen die Über­sicht ver­loren oder (wahr­schein­licher) den von mir kräftig herunter­gehan­delten Zimmer­preis elegant zu kom­pen­sieren plante. Ich zeterte Tod und Teufel, rief Pas­santen und schließ­lich die Polizei zur Hilfe, und mußte schluß­end­lich doch einen Tag zu viel be­zahlen. Also, liebe Surkhet-Aspi­ranten unter den Nepal-Touris­ten: Fahrt ruhig hin, aber macht einen Bogen um die Chiring Khampa Lodge!

Zwischen Sur­khet und Jumla liegen knapp drei­hundert Straßen­kilometer; je nach­dem, wen ich fragte, schwank­ten die An­gaben um bis zu 50%, aber 263 km wurden recht häufig ge­nannt. Auch be­züg­lich der Reise­zeit hatten die Ge­fragten (inclu­sive der Leute am Bus­bahnhof und der Bus­fahrer) sehr unter­schied­liche Vor­stel­lungen, die sich im sehr groben Rahmen zwischen 24 Stun­den Dauer­fahrt und drei Tages­fahrten mit zwei Über­nachtun­gen in Her­ber­gen auf der Strecke beweg­ten. Meine Reise­führer stam­men noch aus der Zeit vor dem Straßen­bau und wissen daher kaum etwas über den Ort; ent­sprechend hatte ich wenig Ah­nung über die nähere Zu­kunft, als ich mich um fünf Uhr morgens am Bus­bahnhof einstellte, um einige Tas­sen Tee zu kon­su­mieren und mein Vehikel zu besteigen.

Landscape near Birendranagar, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

House in wheat fields, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Breakfast: Soupy chana (chickpeas) eaten while travelling Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Road and terraced fields, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Montane landscape, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Hilltop covered wheat terrace fields view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Extended wheat terrace fields view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

View from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Isolated house view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village in wheat terraces, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Giant terraced fields, opposite Kalikot, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Villagers harvesting wheat, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Stone houses in Ramghat, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Banks of Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Water buffalo and Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Truck crossing a village, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village on the banks of Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Villagers in traditional boat shipping the Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Hindu cremation at Karnali river, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village woman, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village in a stone-covered gorge, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village with pending bridge, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

House, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

View on the past part of the road, view from Karnali Highway near Kalikot (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Village woman collecting hay, view from Karnali Highway near Kalikot (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Kalikot, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Himalayan stars, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

A dark and empty gorge (Tila valley), view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Bus encounter, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Wheat tarrace field, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Nagma village, view from Karnali Highway (Surkhet to Jumla, Western Nepal)

Der Bus startete pünkt­lich um sechs Uhr (warum man immer eine Stunde früher kom­men muß, läßt sich nur mit dem ver­schwen­deri­schen Zeit­gefühl der Nepa­lesen er­klä­ren) und legte auf einer gut asphal­tierten Straße ein be­acht­liches Tempo hin. Der Weg führt nach Norden und durch­quert eine ab­wechslungs­reiche Hügel­land­schaft, die dicht mit Laub­wald be­wach­sen ist und in der Morgen­sonne ma­gisch glänzte. Ich begann mich zu fragen, ob wir nicht schon am selben Abend an­kommen würden.

Eine kurze Rast ließ sich zu einem Früh­stück nutzen; ich genoß er­freulich würzige Kicher­erbsen (Chana), die anders als die üb­liche trockene Zu­berei­tungs­form in viel Flüs­sig­keit schwam­men und ziem­lich chili­lastig gewürzt waren; über­haupt fällt mir auf, daß man hier im Westen deut­lich schärfer ißt als anders­wo, aus­genom­men natürlich Kath­mandu. Grund­sätz­lich bleibe ich bei Bus­fahrten lieber etwas hung­rig und durstig, weil die Toilet­ten an den Halte­punkten das euro­päische Hygiene­empfin­den regel­mäßig mit Füßen treten, aber bei so langen Strecken muß man dann doch einen Kompro­miß mit dem eigenen Energie­bedarf schließen.

Inzwi­schen hat­ten mich an­dere Fahr­gäste mit mehr Karnali-Erfah­rung auf­geklärt, daß wir die Nacht in einem Ort namens Kali­kot ver­bringen und am Abend des zweiten Tages in Jumla an­kommen würden. Gut, dachte ich mir, und genoß ent­spannt das vorbei­ziehen­de Gebirgs­panorama.

Bald wurde die Land­schaft alpiner und inter­es­santer, aber im selben Maß nahmen Straßen­qualität und Reise­geschwin­dig­keit ab. Ich hatte mir für die bes­sere Aussicht einen Fenster­platz aus­bedungen, merkte aber bald, daß ich damit nicht viel Freude haben würde: Eine heftig kotzende Nepa­lesin nahm ihn mir kurzer­hand weg, damit sie im Fall des Fal­les ihren Kopf aus dem Fenster strecken konnte (kam dann auch oft genug vor), und außer­dem lag die gute Aus­sicht immer zur linken Seite, während ich rechts, gleich hinter dem Fahrer, nur in den Genuß einer steilen Bö­schung kam. Also wech­selte ich zum Platz am Gang und schoß meine Photos zur Tür hi­naus — die bleibt näm­lich die ganze Fahrt über offen, damit der Bus­junge jeder­zeit hinaus­schauen und den Fah­rer über et­waige Hinder­nisse infor­mieren kann; bei Nah­begeg­nungen mit anderen Fahr­zeugen springt er gleich ganz hinaus und weist den Fahrer milli­meter­genau ein.

So eine Bus­fahrt durch den Hima­laya ist ein traum­haf­tes Er­lebnis, voraus­gesetzt, man bringt genug Polste­rung am Sitz­fleisch mit (die Bus-Hard­ware sieht keinen solchen Luxus vor). Die Land­schaft kann sich mit jeder Kurve ändern: Grüne alpine Wie­sen wechseln mit inten­siv be­bau­ten, ter­ras­sier­ten Hängen voller pit­tores­ker Dör­fer, und dann kom­men wieder wüste Schutt­halden und mit Steinen übersäte enge Täler, in denen kein Mensch wohnt. Die Bauart von Häu­sern und Brücken vari­iert mit den dort le­ben­den Eth­nien. Und auch die Straße selbst ver­läuft oft kilo­meter­lang gerade am Hang oder in der Tal­sohle, um sich dann plötzlich in hals­breche­rischen und haar­nadel­scharfen Serpen­tinen einen Hang hinauf- oder hinunter­zumäandrieren.

Bereits nach kurzer Zeit er­reich­ten wir die Karnali, einen breiten, trägen Fluß, der im Lauf der Reise im­mer dün­ner und beweg­ter wurde. An seinem Rand spielte sich typi­sches Dorf­leben mit waschen­den Frauen, badenden Män­nern, bren­nenden Scheiter­häufen und sich suh­lenden Wasser­büffeln ab, und atem­beraubend steile und aus­ge­dehnte Ter­ras­sen bedeck­ten kilo­meter­weit die Hänge. Auf diesen wuchs übrigens kein Reis sondern Weizen, der gerade in gol­dener Reife leuch­tete. Die Kamera stöhnte unter der Last von hun­derten Bil­dern. Eine Aus­wahl davon siehst Du hier: Sie sind chrono­logisch ge­ordnet, mit Lese­richtung von oben nach unten und inner­halb der Zeile von rechts nach links.

Nach einigen Stun­den bekamen wir auch erst­mals das Etap­pen­ziel Kali­kot zu sehen, das sich noch in weiter Ferne an einem Berg­rücken er­streck­te, mit einem schnee­bedeck­ten Berg im Hinter­grund. Der Weg war aber noch weit: Wir hatten die Sohle des Karnali-Tales ver­lassen und klet­terten hoch über dem Fluß dahin, ver­ließen schließ­lich das Haupt­bett und muß­ten in einem Seiten­tal wieder ab­steigen, das Wasser über­queren und auf der anderen Seite ge­schätz­te tau­send Höhen­meter hinauf­serpen­tinie­ren. Die Aus­blicke auf die riesigen Weizen­terras­sen waren phan­tastisch.

Endlich oben an­ge­kom­men lan­deten wir — im Stau. In Kalikot gebe es, so sagte man mir, zwei ver­schie­dene Fahrer­gewerk­schaften, die mit­einan­der und mit dem Rest der Welt im Streit lägen und daher häufig mal die Straße blockierten. Nach drei Stun­den War­ten ging es zwar weiter, aber der Fahrer war of­fen­bar sauer ge­wor­den und ließ die Nacht­ruhe aus­fal­len. Statt­dessen fuhr er bis Mitter­nacht (nicht nur mein Magen knurrte), bis er irgend­wo an einer An­samm­lung von drei oder viel Freß­buden anhielt und sich bis zum Mor­gen schlafen legte. Zu essen gab es nur Dhalbhat, aller­dings ziem­lich gutes, und op­tio­nal vier Stück zähes Ziegen­fleisch, auf das ich retro­spektiv gerne ver­zichtet hätte. Desto impres­siver fun­kelten jedoch die Sterne am Nacht­himmel, mitten im Hima­laya ganz ohne Licht­verschmutzung.

Im Morgen­grauen ging es dann weiter, durch ein steiles und düsteres Tal voller un­geschlach­ter Fels­blöcke und ohne mensch­liche Be­sied­lung; ich ver­mute, daß es bereits die Tila war, die uns aus Jumla ent­gegen­floß. Plötz­lich weitete sich die Schlucht zu einer schönen Tal­land­schaft, von der Morgen­sonne in Gold gebadet, voller Felder und Dörfer mit ur­tüm­licher Stein­archi­tektur. Und genau in diesem Moment kam der Hammer.

In einem kleinen Dorf namens Nagma standen ver­däch­tig viele Busse und LKWs. Wir mußten alle aus­stei­gen: In Jumla würde ge­streikt, die Straße sei für drei oder fünf Tage blockiert, und die Fahrt könne nicht fort­gesetzt werden. Die meisten Fahr­gäste ent­schie­den sich für die Op­tion, drei Stun­den zu Fuß zu gehen und dann auf eine mög­liche Weiter­fahrt zu hof­fen; schlimmsten­falls könnten sie Jumla in einem steifen Zwölf­stunden­marsch er­rei­chen. Ob ich mit­kommen wollte? Ein Träger für mein Gepäck würde sich schon auf­treiben lassen, ein freund­licher Mit­fahrer bot sich sogar gratis an.

Ich schlug aus und bezog ein Zim­mer in einer der zahl­losen Buden am Straßen­rand. Dort kam der zweite Schock: Das Netz­gerät zum Laptop hatte die Schlag­löcher nicht ver­kraftet und pro­du­zierte bei Kon­takt mit einer Steck­dose nur Kurz­schlüsse.

Wie geht es weiter? Wird der un­erschrockene Rei­sende je­mals nach Jumla kom­men oder in den näch­sten Tagen den kläg­lichen Rück­zug an­treten müs­sen? Wird er zu einem Leben ohne IT ver­dammt, oder tut sich Hilfe in Form eines Löt­kolben­akroba­ten auf? Oder wird gar der Karnali Highway von der Jumla-Bus­gewerk­schaft end­gültig ge­sprengt, so daß er ohne Eva­kui­erung aus Nagma ein jämmer­liches Ende finden muß, der Nach­welt zur War­nung? Ant­worten (viel­leicht) das nächste Mal.


Surkhet Karnali Highway 2

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