Landkarte
Jomsom Road 1 Siehe auch Karnali Rajmarg 2, Tukuche & Kobang Jomsom Road 3

Jomsom Road 2: Lete लेते (Nepal)

Moonlight Panorama of the Himalayan mountains near Lete (Mustang, Nepal): Dhaulagiri and Tukuche Peak

Der Dhaulagiri (links, 8167 m) und der Tukuche Peak (rechts, 6920 m) im Mond- und Sternenlicht

Jomsom Highway connecting Beni to Jomsom (Nepal)

Der Jomsom Highway ist nicht für Nervenschwache oder Vibrationsempfindliche

View to Tukuche Peak in Lete (Mustang, Nepal)

Lete ist eine eher diffuse Ansiedlung

Liebe Birgit,

der Banda ist vor­bei, und am Tag nach der Wahl wech­selte das Land lang­sam von un­gebrems­tem Chaos wie­der in den Normal­zustand, also in ge­mäßig­tes Chaos. Ich hatte es in­zwischen von Baglung bis in die eher un­attrak­tive Distrikt­hauptstadt Beni ge­schafft, und kämpfte mich lang­sam weiter in den Nor­den. Es ließ sich ein Bus nach Ghasa auf­treiben; von dort konnte ich um einen Schweine­preis (Touristen zahlen gut das Dop­pel­te) nach Lete durch­schlagen, einem aus­gedehn­ten Dorf, das auf stolzen 2400 m über der Kali Gandaki auf einem kleinen Hoch­plateau liegt; nach Süd­westen geht diese Ebene ansatz­los in die ab­weisende Ost­flanke des Dhaula­giri über.

Die Straße von Beni hier­her ist ziem­lich übel und er­innert an ihren schlimm­sten Stel­len durch­aus an den be­rüchtig­ten Karnali-High­way; aller­dings ist die Natur grüner und die Ge­gend dich­ter be­siedelt, und daher fällt der Ein­samkeits­faktor weg, der den Karnali-High­way so un­gemein im­pres­siv macht. Statt­dessen kommt man ständig durch kleine Dörfer, die von Magar be­siedelt sind. In diesem Magar-Gebiet steigt die Höhe nur langsam auf max. 1500 m an, und das Klima bleibt sub­tropisch. Man sieht Ba­nanen­stauden, Orangen­bäume und lichte Laubwälder.

Kali Gandaki gorge between Dana and Ghasa, Nepal

Die Schlucht der Kali Gandaki zwischen Dana und Ghasa

Kali Gandaki Valley in Myagdi District between Beni and Jomsom (Nepal)

Die Kali Gandaki hat sich tief in die Berge eingefräst

Bei Tato­pani trifft der Trek­king-Trampel­pfad (kom­mend von Nayang­pul) auf die Straße; gleich­zeitig be­ginnt sich das Tal zu ver­engen. Das spek­taku­lär­ste Stück liegt dann etwas weiter nörd­lich, zwi­schen Dana und Ghansa: Hier ist das Tal eine himmel­hohe, enge Klamm, an de­ren Bo­den die Kali Gandaki weiß­schäu­mend dahin­rauscht; die Straße ver­läuft hun­der­te Meter hö­her am wirk­lich stei­len Hang. Die wild­romanti­sche Quali­tät dieser Land­schaft läßt sich photo­graphisch kaum fest­halten, zu­mindest wenn man ver­zwei­felt aus einem wild dahin­hop­peln­den Bus heraus­knipst. Kurz vor Ghansa über­quert man dann auf ca. 2000 m Höhe die Grenze zwischen den Distrik­ten Myagdi und Mustang, und von hier bis Jomsom wird es flacher und viel weniger eng weiter­gehen.

Buddhist Monastery (Gompa) in Lete (Mustang, Nepal)

Das buddhistische Kloster in Lete vor dem Hintergrund des Tukuce Peak

Thakali House in Lete (Mustang, Nepal)

Thakali-Haus aus gekalkten Steinwänden

Von Ghansa bis Jom­som be­steht die Be­völke­rung fast aus­schließ­lich aus Thakali. Die Tha­kali sind eine ent­fernt mit den Tibetern ver­wandte Ethnie und spre­chen eine lang­sam aus­sterben­de sino–tibeti­sche Sprache, die mit den Idiomen der Tamang und Gurung in eine Grup­pe fällt; wie diese folgen sie zum Groß­teil dem Vajra­yana-Buddhis­mus. Anders als ihre agrari­schen Ver­wandten sind sie jedoch tra­ditio­nell dem Handel zu­getan und hat­ten jahr­hunderte­lang fast das Monopol im tibe­tisch–nepali­schen Waren­austausch inne. Der alte Karawanen­weg führte genau hier durch, und dann über Jomsom weiter in das Obere Mustang, das bis 2008 noch von einem eigenen König regiert wurde. Ober­mustang gehört kulturell bereits nach Tibet und ist für Touristen bis heute nur sehr ein­geschränkt und unter exxtremen Kosten zu erreichen.

Der Ge­schäfts­sinn der Tha­kali ist zu Recht ge­fürch­tet. Von der ein­zig­arti­gen Ab­zocke bei den Bus­sen habe ich ja schon be­rich­tet, und in den Unter­künf­ten geht es kaum besser zu; glück­licher­weise kann man zum Essen auf lokale Kneipen (Bhancha Ghar oder Bhansa Ghar) aus­weichen, wo man authenti­schere Spei­sen zu (viel­leicht) bes­seren Prei­sen be­kommt. Anderer­seits stehen die Leute schwer unter Druck: Seit dem Bau der Straße bricht hier das Ge­schäft weg, da früher die Trek­ker am Hin- und Rück­weg in jedem Dorf ein­mal über­nachten mußten; aber seit es die Busse gibt, tut sich das kaum noch einer an. Statt­dessen scheint es ziem­lich der Standard zu sein, nur eine Strecke zu wandern und die andere zu fahren. Ent­sprechend stehen die viel zu vielen Lodges selbst in der Saison fast leer, und die Ver­pflegung wird zur Quer­finanzie­rung herangezogen.

Heath around Lete, with Dhaulagiri southeast extension in the backdrop

Heidelandschaft um Lete vor der Ost­flanke des Dhaulagiri

Nilgiri peak seen through a window in the clouds in Lete (Mustang, Nepal)

Der Nilgiri-Südgipfel (6839 m) blinzelt abends kurz durch die Wolken

Maize drying in a shelter, Annapurna in the backdrop, Lete (Mustang, Nepal)

Mais trocknet vor dem Hintergrund der Annapurna

Lete ist in ei­ne Land­schaft ein­gebet­tet, die einen Über­gang zwi­schen dem saftigen Grün der Hima­laya-Süd­seite und der steini­gen Öde des Trans­himalaya in Tibet dar­stellt. Die Hänge sind einiger­maßen dicht be­wachsen, und zwar haupt­säch­lich von fünf­nadeli­gen Kiefern; die Weiden für die Kühe und wenigen Wasser­büffel sind den heimi­schen Almen nicht ganz un­ähn­lich, da Rasen mit Zwerg­strauch­heide wechselt. Sie sehen aber wesent­lich trockener aus, und jetzt im Winter über­wiegen die Braun­töne. Außerdem sind die Zwerg­sträucher keine sanften Alpen­rosen oder Heidel­beeren, son­dern ab­schreckend be­dornte Über­lebens­künstler, und zu­letzt liegen noch überall Stein­brocken aller denk­baren Größen herum, vom Kiesel­stein bis zum über­manns­hohen Block. Der Ort Lete zieht sich einen guten Kilo­meter ent­lang der Straße dahin; seine Nord­hälfte heißt auch Kalopani und protzt mit den teureren Guest Houses.

Lete ist für seine pracht­vollen Aus­blicke auf die bei­den Acht­tausen­der Anna­purna und Dhaula­giri be­rühmt; dazu kom­men noch die mit ca. 7000 m niedri­geren aber aber nur fünf hori­zonta­le Kilo­meter ent­fern­ten Gipfel des Nil­giri („blaues Gebir­ge“, nicht zu ver­wech­seln mit den gleich­namigen Bergen in Süd­indien) und der ähn­lich hohe Tukuche Peak. An meinem An­kunfts­tag war alles in Wolken ge­hüllt — der erste be­deckte Tag seit Wochen, wie mir die Leute ver­sicher­ten, und das glaube ich, denn ich hatte die Berge in den letzten Tagen ja immer klar vor Augen gehabt. Aber auch der nächste Tag trübte sich rasch ein und und bot nur mor­gens kurze Zeit­fenster zum Schießen der Photos. Erst am dritten Tag war alles klar, und so kam ich auch noch zu Bildern der beiden Berge im Osten, nämlich der Anna­purna und der etwas näheren aber viel niedrigeren Nilgiri-Gruppe.

Himalayan mountain panorama in Lete (Mustang, Nepal): Nilgiri and Annapurna

Endlich doch noch: Links die Nilgiri-Gruppe und rechts das Anna­purna-Massiv. Die höchsten Gipfel liegen jeweils ganz links: Nilgiri Nord (7061 m) bzw. Anna­purna I (8091 m). Wer dieses Motiv aus fast genau derselben Richtung, nur von einem Punkt gut 4000 m höher aufgenommen, sehen will, der findet es hier.

Nepali/Thakali Food: Beans (Simi) flavoured with dried Himalaya Onion leaves (Jimbu)

Mit Jimbu gewürzte Bohnen

Nepali/Thakali Food: Dal (Beans) flavoured with tiny dried fish

Dal mit Trockenfisch

Nepali/Thakali Food: Radish pickle with Nepalese Pepper and Sesame seeds (Muli Achar)

Rettich-Pickle

Die Tha­kali-Küche hat den Ruf großer Schmack­haftig­keit und Eigen­ständig­keit; ich hatte bisher aber keine Er­fah­rung damit. Be­reits in Beni konn­te ich sie das erste Mal ver­suchen, da mein Guest House natür­lich von einem Thakali ge­führt wurde (Stich­wort: Ge­schäfts­tüchtig­keit). Ich bekam also ein Thakali Dal­bhat, das unter an­de­rem ein selbst­gemach­tes Ret­tich-Pickle (Mula Achar) mit Sesam­samen und ein rohes Tomaten-Chutney mit Un­mengen Timur als pikante Bei­lagen ent­hielt. Timur, die nepali­sche Variante von chi­nesi­schem Sichuan-Pfeffer, wird ja meist in ge­rin­ger Dosie­rung ein­gesetzt, so daß man sein Aroma aber nicht seine prickelnde Schärfe wahr­nehmen kann; hier wurde jedoch aus dem Vol­len geschöpft, fast wie bei einer chi­nesi­schen Mala-Speise.

Fast noch inter­essan­ter fand ich das Dal, das aus meh­reren Sorten Hülsen­früchten gekocht und mit dem exoti­schen Gewürz Jimbu ge­würzt war. Jimbu ist eine wild­wachsen­de Lauch­art („Hima­laya­zwiebel“), die in der Ge­gend um Jomsom jen­seits von 4000 m Höhe vor­kommen soll; die faden­förmi­gen, ge­trock­ne­ten Blät­ter werden in Fett an­gebra­ten und unter die Hülsen­früchte ge­mischt. Diese Würz­methode (Tadka) ist ja in ganz Indien ver­breitet, wird aller­dings meist mit Gewürzen wie Kreuz­kümmel und Chili prak­ti­ziert, manch­mal auch mit Knob­lauch oder Ingwer; die Ver­wen­dung von Jimbu ist ein lokales Spezi­fi­kum, das man nur in Nepal und ein­geschränkt im indi­schen Kumaon fin­det. Ge­schmack­lich er­innert mich Jimbu sehr an Asant in niedriger Dosierung. In Lete gab es übrigens auch Dal, das mit win­zigen ge­trock­neten Fischen aromati­siert wurde; so etwas kenne ich sonst eigent­lich nur aus Manipur.

Nepali/Thakali Food: Red maize, white maize and popcorn

Sowohl roter als auch weißer Mais eignet sich für Popcorn

Nepali/Thakali Food: Diro (wheat/maize porridge) und fried Kindi (mutton blood sausage)

Kräftiges Frühstück mit Diro und Kindi; oben ein Klecks Amilo Achar

Nepali/Thakali Food: Dried mutton blood sausage (Kindi)

Gebratene Blutwurst (Kindi)

Nepali/Thakali Food: Dried mutton blood sausage (Kindi)

Rohe Blutwurst (Kindi)

Ein beson­deres High­light war Kindi, eine ge­trock­nete Schafs­wurst aus Blut und In­nerei­en (Nepal­ese Salami”, wie mir je­mand er­klär­te). Sie war nur gut finger­dick und mit etwas Chili und Timur ge­würzt, er­inner­te aber trotz­dem ein biß­chen an heimi­sche Blut­wurst. Vor dem Ver­zehr brät man sie trocken an, wobei Fett schäumend aus­tritt und pikante Brat­aromen entstehen; ser­viert wird sie wieder mit dem Timur-lasti­gen Tomaten-Chutney, das ein frisch–fruchti­ges Aroma bei­steuert, oder einem anderen Pickle.

Außerdem gab es wie­der ein­mal Mais (Makai), der hier meist nicht orange son­dern ent­weder blaß­gelb („weiß“) oder rot ge­färbt ist und gerne in Form von frisch­gemach­tem Pop­corn (Bhuteko Makai) ge­snackt wird. In mei­nem be­vorzug­ten aber namen­losen Bhanchha Ghar (wer es sucht: die Fa­mi­lie be­treibt im gleichen Haus einen Laden namens Thakali Trades) be­reite­te mir die Köchin eine Speise namens Diro, das ist eine Art Sterz aus Mais- und Weizen­mehl; offen­bar kuli­na­risch und sprach­lich ein enger Ver­wand­ter des Dedo, den ich letztes Jahr bei den Sherpa ge­ges­sen hatte. Der feste, knödel­artige Sterz wurde mit einem Kar­toffel–Kohl-Gemüse und dem un­vermeid­lichen Dal ser­viert, und dazu kam noch ein chili­scharfes Pickle aus frischem ge­raspel­tem Ret­tich und das spek­taku­läre Amilo Achar, ein ein­gekoch­tes Mus aus Sumach­früchten, daß aus­sieht wie Powidl und auch so schmeckt, aber mit einem sub­tilen Hauch Chili. Außer­halb der Pickles und Chutneys halten sich die Tha­kali mit Chili aber auf­fällig zurück.


Jomsom Road 1 Jomsom Road 3

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