Die Umgebung von Bandarban bietet buddhistische Sehenswürdigkeiten im grünen Hügelland
Der Goldene Tempel (Svarna Mandir bzw. Buddha Dhatu Zadi)
Die Marma-Damen begrüßt man in ihrer eigenen Sprache mit Rikhubaya
Auf dem Sangu-Fluß werden Bambusflöße verschifft
Marma-Haus mit Wänden aus geflochtenem Bambus
Die Marma-Damen begrüßt man in ihrer eigenen Sprache mit Rikhubaya
Marma-Haus mit Wänden aus geflochtenem Bambus
Liebe Birgit,
mit Bandarban habe ich nun nach dem wunderbaren Rangamati den zweiten der bekannten Bergorte im Südosten von Bangladesh erreicht. Die Umgebung ist hier wesentlich montaner und auch attraktiver als im tiefgelegenen Rangamati, zugleich auch weniger urban und deutlich unterentwickelt. Andererseits blüht auch hier der Tourismus — für die Bangladeshi ist das Hügelland und besonders Bandarban einfach das Optimum von Naturschönheit, und deshalb werden überall häßliche Hotelklötze hingebaut. Ausländer sind aber eine selten gesehene Spezies. Gar nicht gesehen habe ich jedoch Affen, obwohl der Ort angeblich seinen Namen der Bezeichnung Bandar für diese Tierchen verdankt (Kipling-Leser wissen das).
Auf dem Sangu-Fluß werden Bambusflöße verschifft
Marma-Haus mit Wänden aus geflochtenem Bambus
Hochglanz-Buddha
Die Umgebung von Bandarban wird von verschiedenen Stämmen bewohnt, unter denen die Marma dominieren; sie sprechen einen burmesischen Dialekt. Aber daneben gibt es noch die Dir bereits bekannten Chakma und weitere Gruppen wie die Tripura (die sich selbst Borok nennen), die Chak, die Bown [sprich: Bon] und und die Lusai [sprich: Lushai], die in Indien Mizo heißen. Trotzdem wirkt Bandarban noch stärker bengalisch als Rangamati, denn die Tribals haben es hier noch weniger als dort geschafft, im urbanen Umfeld Fuß zu fassen. Insbesondere ist die Bildungssituation unter den Stammesangehörigen katastrophal, woran sicher auch die Zersplitterung in viele Gruppen Schuld trägt.
Hochglanz-Buddha
Der Goldene Tempel (Svarna Mandir bzw. Buddha Dhatu Zadi)
Der Buddha trägt keine Maske, sondern der orange Baldachin spiegelt sich in seinem Gesicht
Trotzdem gibt es auch hier lebendige buddhistische Kultur. Mitten in der Stadt steht ein buddhistisches Waisenhaus mit mehreren Tempeln und einem goldglänzenden Stupa im Stil von Burma; diese kegelförmigen Gebilde werden als Jadi [sprich: Zadi] bezeichnet, in Thailand heißen sie ja Cedīy⁰ und in Tibet Chörten. Der Stupa auf einem kleinen Hügel ist von vielen Punkten der Stadt aus zu sehen und bietet eine willkommene Orientierungshilfe; auf demselben Hügel steht noch ein äußerlich unansehnlicher Schuppen, der sich als ein mit prachtvollen Buddha-Statuen gefüllter Tempel erweist. Wie ich es schon mehrmals in burmesischen Tempeln gesehen habe, fallen die Buddhas durch ihre goldenen, hochglanzpolierten Gesichter auf; mich erinnert das immer ein bißchen an Arnold Schwarzenegger als Flüssigmetall-Terminator, aber das sage ich den Mönchen natürlich nicht. Beim Photographieren spiegelt sich leider die Umgebung in den glatten, konturlosen Gesichtern, und ich frage mich, ob das das buddhistische Prinzip der Leerheit (Shunyata) allen Seins symbolisieren soll.
Der Goldene Tempel (Svarna Mandir bzw. Buddha Dhatu Zadi)
Eingang zum Goldenen Tempel
Buddha-Statuen rund um den Goldenen Tempel
Der Goldene Tempel (Svarna Mandir bzw. Bauddha Dhatu Zadi)
Ein wunderschönes Stupa-Exemplar, wahrscheinlich das schönste im ganzen Land, ist der „Goldene Tempel“ eine Fußstunde westlich der Stadt; auf Bengalisch heißt er Svarna Mandir [sprich Shorno Mandir] und auf Burmesisch Bauddha Dhatu Zadi.
Auf dem Weg überquert man erst den Sangu-Fluß, auf dem oft lange Holz- oder Bambusflöße flußab verschifft werden, durchquert dann den Markt der Kleinstadt Bala Ghata und nähert sich schließlich staunend dem goldenen Wunder, das auf dem Rücken eines kleinen Hügels thront. Wenn man den Aufgang durch prächtiges Goldportal, bewacht von zwei sitzenden Buddhas mit Segensgesten, bewältigt hat, steht man auf einer Plattform und kann den Stupa andächtig umrunden; dabei kommt man an kleinen sitzenden Marmor-Buddhas unter silbernen Sonnenschirmen vorbei, die (erkenntlich an den davorkauernden Tieren) die Planeten symbolisieren.
Buddha-Statuen rund um den Goldenen Tempel
Während buddhistische Stupas anderswo meist keinen Innenraum haben, ist der Svarna Mandir ein echter Tempel mit kleinen Kulträumen, die von außen zugänglich aber gewöhnlich verschlossen sind. Sie beinhalten opulente Buddha-Statuen, aber den Touristen ist ein Betreten oder Photographieren nicht gestattet. Ich kann das verstehen, denn die bengalischen Touristen, die diese Kultstätte geradezu überschwemmen, verhalten sich tendenziell respektlos, grabschen alles an und schießen die Erinnerungsphotos in den merkwürdgsten Posen. Der Tempel ist auch nur stundenweise für Touristen geöffnet, da man offenbar keine Kulthandlungen in ihrer Gegenwart durchführen möchte.
Drache im Goldenen Tempel
Es gibt noch weitere buddhistische Monumente in und um Bandarban; die meisten davon sind gerade im Bau, und es scheint, daß jüngst eine Phase der Liberalisierung eingetreten ist, die es den Buddhisten erlaubt, mehr öffentliche Präsenz zu zeigen. Einen dieser halbfertigen Stupas kann man am Weg zum oder von „Goldenen Tempel“ besuchen, indem man in Bala Ghata von der Hauptstraße abzweigt und sich ins zwei Kilometer entfernte Dorf Charoye Para durchschlägt; das halbfertige Bauwerk lohnt den Weg weniger als das traditionelle Dorf voller Hütten aus geflochtenem Bambus, die von freundlichen Marma-Familien bewohnt werden.
Der Rohbau des Ram Jadi
Tamarinden am Markt und Tamarindenwasser als Tischwürze
Drache im Goldenen Tempel
Deutlich interessanter ist dagegen der Ram Jadi, ein halbfertiger Stupa drei Kilometer westlich der Stadt. Mit einer Fertigstellung wird 2014 gerechnet, aber der schöne Spaziergang durch sanfte Hügel mit Teak-Wäldern, Reisfeldern, Bananen- und Palmpflanzungen und natürlich vielen winzigen Ansiedlungen lohnt den Ausflug schon jetzt. Der Ram Jadi hat einen sechseckigen Grundplan und wird nach Bauabschluß in Gelb–Weiß von der Spitze eines Hügels leuchten. Fast fertiggestellt ist ein kleinerer Stupa am Nachbarhügel, in dessen Nischen sich bereits die Hochglanz-Buddhas äußerst photogen eingefunden haben.
Tamarinden am Markt und Tamarindenwasser als Tischwürze
Hühnersuppe mit Reisnudeln
Hühnersalat aus gekochtem Hühnerfleisch und Nudelsuppe mit „Bananenstamm“ und Eiern
Tamarinden am Markt und Tamarindenwasser als Tischwürze
Das Essen in Bandarban ist ein schwieriges Kapitel; anders als in Rangamati konnte ich zuerst gar keine Kneipen mit tribal food finden. Nach längerem Suchen hatte ich dann doch Erfolg: In der Nähe des Marktviertels kam ich endlich zu echten Marma-Speisen. Zunächst war ich mir nicht darüber im klaren, ob es sich um ein sehr unscheinbares Restaurant oder um ein von einer NGO betriebenes Kulturzentrum handelt, aber schließlich erfuhr ich, daß ich in einen Privathaushalt geplatzt war, der täglich ab 16:30 das Spiel „Mama kocht für alle“ betreibt. Die Gäste sind überwiegend junge Marma-Frauen, die hier ein bißchen plauschen und sich in der familienartigen Atmosphäre sichtbar wohlfühlen. Und so findet man es: Vom Chowdhuri Market östlich in Richtung zum buddhistischen Waisenhaus gehen (der Stupa ist kurz zu sehen), vor der großen Wiese nach links abbiegen, der Straße bis knapp vor dem Knick nach links folgen und dann rechts das Haus mit den bunten Lichtergirlanden betreten.
Hühnersuppe mit Reisnudeln
Hühnersalat aus gekochtem Hühnerfleisch und Nudelsuppe mit „Bananenstamm“ und Eiern
Hühnersalat aus gegrilltem Huhn
Das Speisenangebot ist beschränkt aber sehr bemerkenswert: Es gibt eine Reisnudelsuppe aus Hühnerbrühe mit Röstzwiebeln und frischem Koriander, die aus den Komponenten frisch zusammengestellt wird. Dazu kommt noch ein Schuß eines äußerst aromatischen Pflanzöles, das die Köchin als soybean oil bezeichnete; ich habe allerdings noch nie ein so starkschmeckendes Sojabohnenöl gesehen. Am Tisch wird dann Salz, Chilipulver und Tamarindenwasser nachgewürzt. Das Tamarindenwasser besteht einfach aus geschälten Tamarinden (die kann man hier überall am Markt kaufen), die mit heißem Wasser überbrüht werden und im Lauf der nächsten paar Stunden ihre Säure teilweise abgeben; da ich den sauer–fruchtigen Geschmack von Tamarinden liebe, wurde das meine Lieblingsspeise im namenlosen Familienvorzimmer.
Hühnersalat aus gekochtem Hühnerfleisch und Nudelsuppe mit „Bananenstamm“ und Eiern
Sonst kann man noch Hühnerspieße, einen Hähnchen–Nudel-Auflauf und einen sehr pikanten Hühnersalat essen; letzterer erinnert vage an thailändischen Lab Gai, da er säuerlich–scharf schmeckt und mit viel Koriandergrün dekoriert serviert wird, erreicht aber bei weitem nicht dessen feurige Schärfe. Allerdings muß ich zugeben, daß das Püree aus kleinen frutescens-Chilies schon einen spürbaren Eindruck hinterläßt. Einmal bekam ich auch eine Nudelsuppe aus Fischbrühe mit einer Einlage von hartgekochten Eiern und „Bananenstamm“ (Bananen haben ja keine Stengel, daher die Anführungszeichen).
Hühnersalat aus gegrilltem Huhn
Sympathische Schweinerei
Schweinespieß
Reisnudeln auf Marma-Art
Gekochter Waran
Gemüsesalat mit Paste aus Chili und fermentierten Garnelen
Hühnersalat aus gegrilltem Huhn
Sympathische Schweinerei
Schweinespieß
Schweinespieß
Reisnudeln auf Marma-Art
Gekochter Waran
Gemüsesalat mit Paste aus Chili und fermentierten Garnelen
Erst am letzten Tag (kommt Dir das bekannt vor?) fand ich den Marma Bazar, der einfach hundert Meter nördlich vom Chowdhuri Market unübersehbar an der Haupt-Marktstraße liegt. Dort gibt es dann doch einen Haufen Marma-Futterstellen, und so wurde der letzte Tag kurzerhand zum Akkord-Freßtag umgewidmet. Zu den Dingen, die mich am meisten beeindruckten, gehören eine Art Schweinecurry aus knackigen Schwartenstücken, ein Hühnersalat aus gegrilltem Hühnerfleisch mit viel Limettensaft, Koriandergrün, Zwiebelringen und Chilipaste sowie eine Arte Gemüsesalat aus gekochten Kohlblättern und Bohnschoten, serviert mit Dillkraut und einer scharfen Chilipaste mit Tamarindensäure und dem Aroma von Garnelenpaste.
Schweinespieß
Reisnudeln auf Marma-Art
Gekochter Waran
Abends werden dann auch Nudelspeisen ausgeschenkt; entweder wird die Suppe wie im „Hotel Mama“ drübergegossen, oder aber man serviert Brühe und Nudeln getrennt. Im letzteren Fall werden die gekochten aber kalten Nudeln nur mit Salz, etwas Öl, Zwiebelringen und Koriandergrün vermengt und erinnern mich sehr an chinesische Rezepte. Dazu kann man Spieße mit gegrilltem Schweinebauch naschen, aber als besonderes Extra fand ich ein Restaurant, das sich darauf spezialisiert hat, heimisches Wildlife verzehrfertig anzubieten. Ich probierte deer, also wohl irgendeine Art Hirsch, der erwartungsgemäß sehr dunkel und wildartig schmeckte. Spannender war aber der Waran: Er schmeckte „ein bißchen wie Hühnchen“, hatte aber eine feste Konsistenz mit dicken Fasern und einer groben, blättrigen Überstruktur, wie man es sonst nur von Fisch kennt.
Gemüsesalat mit Paste aus Chili und fermentierten Garnelen
An diesen Marma-Speisen fällt vor allem eines auf: Die weitgehende Abwesenheit von Fischwürzen. Das einzige Mal, daß ich fermentierten Fisch oder Garnelen geschmeckt habe, war in einer Chilipaste, die als Würze extra gereicht wurde. Auch auf den Märkten sieht und riecht man viel weniger Fisch als in Rangamati, und wenn eine Erkundigung überhaupt Erfolg hatte, dann erwiesen sich die Verkäufer und Verkäuferinnen als Angehörige der Rakhine- (=arakanesischen) oder Chakma-Minderheiten. Per mutiger Einpunktextrapolation komme ich also zum Schluß, daß die Marma der einzige Stamm der Gegend sind, die fermentierten Fisch nicht so sehr mögen. Eine zweite Abwesenheit sollte ebenfalls notiert werden: Genauso wie in Rangamati fehlt der Bombai Morich, und das kommt sehr überraschend, da ich ihn in Indien bisher noch in jedem Bergort des Nordostens gefunden habe.
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