Landkarte
Karnali-Highway 3 Dhulikhel 2

Dhulikhel धुलिखेल (Nepal)

Newari People chatting in front of wooden shop door, in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Menschen vor einem hölzernen Tor zu einem Laden

Shiva Temple in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Shiva-Tempel

Newari residence house in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Newari-Städte sind von Holz und Ziegel dominiert

Liebe Birgit,

nach einer Serie langer Bus­fahrten bin ich nun in Dhulikhel an­gekom­men, einer kleinen Stadt knapp außer­halb des Hoch­tales von Kath­mandu. Dhulikhel liegt 20 km oder zwei Bus­stunden von der Haupt­stadt ent­fernt auf knapp 1600 m Höhe in den Hügeln am Ostrand des Tales. Man er­reicht es auf dem Araniko-High­way, der weiter nach Osten führt, ins Ge­birge ein­biegt und in Kodari an der Grenze zu Tibet endet.

Das ist aber nicht mein ge­plan­ter Weg; mich locken die At­trak­tionen von Dhuli­khel, die man ein­fach zu­sam­men­fas­sen kann als: Aus­blick auf die Berge des Hohen Hima­laya und Newari-Kultur vom Feinsten. Erste­res ist schnell ab­zu­haken: Von einigen Punkten in der Stadt hat man einen ganz guten Blick auf die bergige Um­gebung, vor allem vom Kali-Tempel auf einem Hügel vor der Stadt. Aller­dings muß man dazu recht früh auf­stehen: Das Wet­ter ist an manchen Tagen sehr un­be­ständig, und ab Mit­tag können graue Wolken am Him­mel auf­ziehen, die sich dann nach­mittags bis abends tropfen­reich ent­laden. Der Monsun im Kath­mandu-Tal ist zu recht berüch­tigt, auch wenn er offi­ziell noch gar nicht begonnen hat. An anderen Tagen ist es dagegen wolkenlos und sehr heiß, aber die Fernsicht leidet unter dem Staub.

Dhulikhel hat einige sehens­werte Tempel: Der kleine Shiva-Tempel liegt süd­östlich der Stadt in einer kleinen Senke; von dort kann man auf einer Straße oder auf einem Stufen­weg einen Hügel er­klim­men, an einer großen gold­glänzen­den Statue des Buddha Shakya­muni (Shanti Ban) vorbei zum Kali-Tempel, einem kleinen und wenig bemerkens­werten Schrein mit gutem Ausblick. Von dort kann man in zwei Stunden nach Namo­buddha wandern, einem buddhisti­schem Kultzentrum.

Hindu goddess Saraswati, stone carving, in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Die Göttin Sarasvati wird immer mit Gitarre (Sitar) abgebildet

Garuda mount of Hindu god Vishnu, Bronze Figure, in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Ein ziemlich avischer Garuda

Interes­santer finde ich die Alt­stadt. Wie für Newari-Städte üblich, besteht sie zur Gänze aus mehr­stöckigen Ziegel­häusern mit teil­weise höchst kunst­voll ge­schnitz­ten Holz­fenstern. Ent­lang der schmalen, nur von Fuß­gängern benutzten Wege stehen Schreine, Götter­statuen und ur­alte Stein­reliefs, alle blitz­sauber gehalten und mit Farb­pulver, Reis­körnern und ein paar Blumen geschmückt. Die Newari sind ja die einzige städti­sche Kultur des ganzen Himalaja, und da finde ich es passend, daß man auf Schritt und Tritt auf Dar­stel­lungen der anderswo eher ver­nach­lässigten Göttin Saraswati stößt: Diese patroniert ganz all­gemein die Künste, und man könnte sie kom­pakt als die „Göttin der Kultur“ bezeichnen. Kein Wunder, daß die kunst­fertigen Newari ihr einen beson­deren Stellen­wert ein­räumen. Mir ist sie auch sym­pathi­scher als die zickige und un­berechen­bare Parvati und die putz­süchtige und ma­terialisti­sche Lakshmi.

Im Zentrum der Stadt steht ein hübscher Narayan- bzw. Vishnu-Tempel mit zwei Garuda-Figuren davor; eine trägt wie in Nepāl üblich ein mensch­liches Gesicht, die andere da­gegen einen Vogel­schnabel. Ein paar Geh­minuten weiter stößt man auf den Bhagawati Mandir, eine schöne drei­stöckige Pagode, die von hübschen Stein­arbeiten umgeben ist, darunter sogar ein bud­dhisti­scher Chaitya. Bei den Newar fließen ja Hinduis­mus und Buddhis­mus gerne etwas ineinander.

Chandeshwori Jatra in Banepa near Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Der Wagen der Chandeshwari Jatra

Chandeshwari Jatra in Banepa near Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Ein Brahmane schmeißt Vitamine ins Volk

Ein paar Kilo­meter west­lich von hier liegt die etwas grö­ßere Stadt Banepa; bei der An­reise aus Kath­mandu sieht man nur die un­attrak­tive Haupt­straße, aber ein paar Schrit­te weiter kommt man in ein aus­gedehn­tes, sehr tradi­tionel­les Alt­stadt­viertel voller Nwar-Häuser, Tempel und kleiner Kunst­werke am Straßen­rand. Zu­fäl­liger­weise fiel mein Be­such dort mit dem jähr­lichen Fest Chand­eshwari Jatra zu­sam­men, und so wurde ich Zeuge, wie ein bunt­geschmück­ter Wagen mit Muskel­kraft durch eine lange Straße ge­tragen wurde. Alle paar Schrit­te legten die Träger eine Pause ein, und die Brahmanen warfen Früchte in die Menge; glück­licher­weise hat mich keines der saft­trie­fenden Wasser­melonen­fragmente getroffen.

Chandeshwari Mandir Hindu Temple (Goddess Durga) in Banepa near Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Der Chandeswari Mandir

Newar Restaurant (Newari Khaja Ghar) in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

In einem Newari Khaja Ghar

Erotic scene at Krishna Mandir Hindu Temple in Banepa, near Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Spaß am Krishna-Tempel in Banepa

Der schönste Tempel Banepas ist der Chand­es­wari Mandir, ein pracht­voller drei­stöckiger Bau, der etwa einen Kilo­meter vor der Stadt liegt. Chandi oder Chand­eshwari ist ja ein Bei­name der Göttin Durga (ihrer­seits ein Aspekt von Parvati), deren Hobby im Er­schla­gen von Dämonen besteht. Im großen Innen­hof herrscht eine ebenso inten­sive wie ent­spannte Stim­mung: Pilger bringen Opfer dar, Touristen (damit meine ich knipsende Nepali, Aus­länder sind selten) be­stau­nen die vielen Skulp­turen, und ein paar Leute sind wohl eher zum Relaxen gekommen. Alles wird untermalt von einer viel­köpfigen Musiker­truppe, in der alle Instru­mente im Spektrum zwischen Harmonikum und Saxo­phon ver­treten scheinen.

Wenn ich in die­sem Brief die Newar-Kultur besinge, dann darf die Newar-Küche natür­lich auch nicht feh­len. Wie schon mehr als ein­mal er­wähnt, ist diese ein heraus­ragen­des High­light des ganzen Sub­konti­nents, und sie schmeckt mir besser als fast alles, was man in Nord­inden so bekom­men kann. Die Newar haben eine recht un­indi­sche Kneipen­kultur, und daher gibt es in allen Newar-Städten kleine Läden, die Khaja Ghar („Speisen­haus“) oder Newari Khaja Ghar heißen. Dort schenkt man diverse Alko­holika (vom Gersten­bier Chang bis zu harten Destil­laten) aus, und reicht dazu jene pikanten Snacks, für die die Gegend mehr Berühmt­heit verdienen würde.

Newar-Speisen werden in diesen Kneipen in sehr kleinen Por­tionen ser­viert; dafür be­stellt man aber gleich einen ganzen Haufen davon, was ein biß­chen an eine spanische Tapas-Bar erinnert. Als Bei­lage erhält man Chirua, das sind flach­gepreßte, trockene Reis­körner, die man bei uns wohl am ehesten in den Um­kreis von Müsli und Co. ein­ordnen würde. Die Speisen­auswahl ist hier deut­lich kleiner als in Kath­mandu, dafür bekommt man aber auch problem­los Tee, was mir in der Haupt­stadt so gut wie nie gelungen ist.

Nepali/Newari Food: Choila=Choyela (marinated fried buffalo)

Choila

Nepali/Newari Food: Vegetarian Choila from soybean cake (Masyura, Masaura)

Soja-Choila

Der Star im Newari-Speisen­angebot ist meiner Mei­nung nach Choila, das manch­mal auch Choyla ge­schrie­ben wird: ge­brate­nes Büffel­steak, das in kleine Stücke ge­schnip­pelt und mit einer super­schar­fen Mari­nade aus Chili, rohem Knob­lauch und Ingwer sowie sehr dunkel frit­tierten Bocks­hornklee­samen ver­mengt wird; dazu kom­men noch ein paar ge­hack­te Knob­lauch­blätter. Schon öfter habe ich mich ge­wundert, warum das Ge­richt gleich­zeitig nach rohem und ge­brate­nem Knob­lauch schmeckt, und hier wurde das Geheim­nis ge­lüf­tet: In einem kleinen Khaja Ghar be­obach­tete ich die Köchin, wie sie das Knob­lauch­püree auf das Fleisch pappte und danach siedend heißes Öl mit Bockshornklee­samen darüber­goß; dadurch wird ein Teil des Knob­lauchs pras­selnd angegart, und das hinter­läßt seine Note.

Nepali/Newari Food: Jamla (Buffalo skin, marinated)

Jala

Nepali/Newari Food: Kochila (fried ground buffalo)

Kochila

Wasser­büf­fel er­scheint aber auch in anderer Form am Teller: Gummi­elasti­scher Magen (Bhutan), er­staun­lich gute rohe Schwarte (Jala, prak­tisch gleich wie Choila mari­niert) und mageres Fa­schier­tes (Kochila). Letz­teres wird hier mit diver­sen Gewür­zen ver­mengt und sieht aus wie ein gut zu­berei­tetes Beef­steak Tatar, aber man ißt es immer frisch gebraten; in Kath­mandu habe ich es auch roh ohne weitere Zu­taten nur mit rohen Knob­lauch­zehen bekom­men. Als vege­tarische Optio­nen stehen Kicher­erbsen (Chana), Kar­tof­fel (Alu), Schwarz­augen­bohnen (Bori) und ein er­frischen­der Gemüse­salat (Achar) zur Aus­wahl, dazu sogar noch eine vege­tari­sche Version von Choila mit Soja­preß­kuchen (Masaura oder Masyura) statt Büffel.

Nepali/Newari Food: Bora (black-eyed beans)

Bori

Nepali/Newari Food: Achar (spicy vegetable salad)

Achar

Diese Khaja Ghar dienen ei­gent­lich nicht zur Sät­tigung, sondern als soziale Treff­punkte; und ich habe am eigenen Leib ge­merkt, daß eine Er­näh­rung nur aus Newari Khaja nicht so recht be­kommt. Des­halb esse ich mor­gens oder abends ein volles Dal­bhat, das hier leider nicht so lecker wie in West­nepal schmecken will, obwohl der lockere Lang­korn­reis eine posi­tive Er­wäh­nung verdient. Beson­ders das Dāl ist eine lau­warme Er­fah­rung: Es besteht nur aus einer dünnen Suppe roter Linsen (Masuro) und schmeckt nach nichts außer Erde und Curcuma; aller­dings kann man durch einige Timur-Früchte (das ist die lokale Art Sichuan­pfeffer) Abhilfe schaffen.

Nepali/Newari Food: Fluffy long grain rice

Lockerer Langkornreis

Nepali/Newari Food: Cooked broad beans (Bakula)

Bakula

Auf dem Markt fand ich einmal eine Hülsen­frucht, die mir in Süd­asien noch nie be­geg­net war: Die Sau­bohne (manch­mal auch Breite Bohne), die ich ei­gent­lich mit west­liche­ren Gegen­den wie Ägypten (Ful) as­sozi­iere; hier heißt sie Bakula. Auf meine Bitte hin bereitete mir die Köchin in meiner bevor­zugten Dalbhat-Kneipe einmal welche zum Früh­stück zu, und zwar in Form eines Misch­gemüses mit Kartof­feln. Das war sehr eigen­willig, aber auch sehr gut.

Es gibt hier noch viel mehr zu sehen, daher melde ich mich bald mit einem zweiten Brief aus Dhulikhel.


Karnali-Highway 3 Dhulikhel 2

Acār, Achar, Alu, Ālu, Bakula, Bakulā, Banepa, Banepā, Banepas, Banepās, Bhagavatī Mandir, Bhagawati Mandir, Bhutan, Bhuṭan, Bori, Borī, Brahmane, Brāhmaṇe, Brahmanen, Brāhmaṇen, Caitya, Cānā, Caṇḍeśvarī, Caṇḍeśvarī Jātrā, Caṇḍeśvarī Mandir, Caṇḍī, Caṅg, Chaitya, Chana, Chandeshwari, Chandeshwari Jatra, Chandeswari Mandir, Chandi, Chang, Chirua, Choila, Choilā, Choyla, Choylā, Ciurā, Dāl, Dalbhat, Dālbhāt, Dhulikhel, Durga, Durgā, Ful, Fūl, Garuda, Garuḍa, Himalaja, Himalaya, Himālaya, indischer Subkontinent, Jala, Jalā, Kali, Kālī, Kāṭhmāṇḍau, Kathmandu, Khaja Ghar, Khājā Ghar, Kochila, Kocilā, Kodari, Kodārī, Krishna, Kr̥ṣṇa, kulinarische Reiseberichte, Lakshmi, Lakṣmī, Masaura, Masaurā, Masyura, Masyurā, Narayan, Nārāyaṇ, Nepal, Nepali, Nepāli, Nevār, Nevārī, Nevārī Khājā, Nevārī Khājā Ghar, Newar, Newari, Newari Khaja, Newari Khaja Ghar, Nwar, Parvati, Pārvatī, Reisebriefe, Śakyamuni, Śānti Ban, Sarasvati, Sarasvatī, Saraswati, Saubohnen, Shakyamuni, Shanti Ban, Shiva, Śiva, Timur, Ṭimur, Vishnu, Viṣṇu, Westnepal, Westnepāl