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Kolkata কলকাতা (Westbengalen) |

Der Riksha-Wallah rastet.

Straßenbahn

Koloniale Architektur nahe Esplanade.
die Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen heißt Kalkata [sprich: Kolkata]; früher wurde das oft englisch als Calcutta geschrieben, aber seit einem guten Jahrzehnt ist die der Aussprache nachempfundene Schreibung Kolkata offiziell. Die Stadt hat unter Touristen einen schlechten Ruf: Groß, unbequem, und trotz unglaublicher Armut auch noch ziemlich teuer. Leider treffen alle diese Punkte wirklich zu; trotzdem hat Kalkata etwas Faszinierendes.
Um mit dem schlimmsten Kritikpunkt zu beginnen: Kalkata ist groß. Offiziell leben hier mehr als halbes Crore Inder, aber das werden fast dreimal soviele, wenn man das Umfeld miteinrechnet. Mit
Andererseits gibt es auch Pluspunkte. Kalkata war etwa seit 1772 der Sitz der britischen Ostindien-
Shiva und verschiedene Göttinen in einem Pandal
Kali, die beliebteste Göttin der Bengalen
Zuletzt sind die Bengalen selbst ein erstaunlicher Menschenschlag: Höflich und eine ganze Menge zurückhaltender als andere Inder, aber zugleich sehr gebildet, interessiert und deutlich zielorientier. Auf die vielen erfolgreichen und weltberühmten Bengalen ist man sehr stolz, wobei der Physiker Satyendra Nath Bose (sprich: Shottendronath Boshu, Physik, Stichwort „Bose–
Eigentlich bin ich ja nur hierhergekommen, um mein Visum für Bangladesh zu beantragen (das ist bereits der zweite Anlauf, einmal ist es mir ja bereits mißlungen), und war von der Aussicht auf ein paar Tage gräßlicher Großstadt gar nicht entzückt. Ich bezog also mein Quartier in der Sudder Street und erkundete gleich einmal den Weg zur Botschaft — die ist gar nicht so weit weg und bequem mit der Straßenbahn oder einer Sammel-
Zu Diwali sieht man nur wenige Öllampen
Kokosnuß mit glückverheißendem Symbol
Wie es der Zufall will, geriet ich hier wieder einmal in ein Fest (deshalb dauerte das Visum auch länger als üblich). Den herbstlichen Doppelschlag aus Dussehra und Diwali habe ich ja schon zweimal erlebt: Erst in Nepal (hier und hier) und später nochmals in Karnataka (hier und hier). Nach dem schrillen Fest in Rajgir vor ein paar Wochen ging es also nocheinmal zur Sache, wobei (wir sind ja in Bengalen) das Schwergewicht des „Lichterfestes“ auf der Göttin Kali liegt.
Divali ist zwar ein offizieller Feiertag, aber trotzdem bleiben die Geschäfte (anders als Botschaften) ganztägig geöffnet; es gehört zum Brauch, daß man auch in Geschäftsräumen eine kleine Puja zelebriert. Gegen Abend verwandelt sich die Stadt dann in ein Lichtermeer, allerdings nicht mit altertümlichen Öllampen wie in Kathmandu, sondern mit modernen Halbleiterprodukten in allen Farben, die die Bandstruktur so hergibt. Außerdem werden überall in der Stadt stoffbespannte Gerüste (Pendal) aufgestellt, unter denen knallig gefärbte Statuen von Kali und anderen Damen sich der öffentlichen Verehrung stellen.
Eine fleischfressene Rakshasi
Zwei Rakshasis vor einem Kali-Schrein
Vor vielen kleinen Schreinen, die alle mit bunten Lichtern und Blumengirlanden geschmückt waren, konnte man auch groteske Figuren von Frauen sehen, die große Stücke rohes Menschenfleisch verzehren. Dabei handelt es sich natürlich um Dämoninnen, die, wie ich vermute, von Kali in Schach gehalten werden sollen. Manche dieser Rakshasis wirken mit ihren grell beleuchteten Augen wie aus einer morbiden Geisterbahn geklaut.
In der Nacht beginnt dann eine Orgie an Pyrotechnik, allerdings haben mir einige Touristen gesagt, daß sie es aus Delhi impressiver kennen; hier toben sich einfach nur die Kinder auf der Straße aus, und es kommt zu keinem organisierten Geballer.
Tikiya
Touristen-„Restaurant“ am Gehsteig
Was man in Kolkata essen kann, muß ich bis zu einem gewissen Grad offen lassen; ich habe meistens in der Umgebung der Sudder Street gespeist, wo man ganz gute „chinesische“ Speisen wie gebratenen Reis mit Hühnerstücken oder mugulische Fleischgerichte bekommt; besonders die Fleischbällchen Tikiya mit muslimtypisch zarter Würzung hinterließen einen guten Eindruck. Tee war allerdings schwierig zu bekommen, und da sprang dann eine winzige Touri-Kneipe mit verleihbaren Metalltopf ein.
Eigentlich trifft es „Touri-Kneipe“ nicht so richtig; wie soll man ein Lokal benennen, das exakt keine Baulichkeit aufweist? Das Tirupati Multi Asia Restaurant besteht nämlich nur aus einem Platz am Gehsteig; frühmorgens werden Ofen und Kochgeschirr angeschleppt und an der Hauswand aufgebaut, und die Klientel nimmt auf Steinbänken am Straßenrand Platz. Dabei ist das Essen nicht schlecht, und der gebratene Reis mit koreanischem Kimchi schmeckte sogar richtig gut. Diese Art von „Mikro-
Chutney mit Panch-Phoron-Gewürzen
Alu Posto
Puri mit Nigella-Samen
Trotzdem bin ich einige Male zu echt bengalischer Kost gekommen; besonders bemerkenswert fand ich einen winzigen Laden nahe der Botschaft, wo man zwar nur ganz simples Essen (das frittierte Brot Puri oder eine mit dickem Linsenbrei gefüllte Teigtasche namens Kachauri, dazu einen Kartoffelcurry) bekommt; aber zur geschmacklichen Aufwertung gibt es ein selbstgemachtes Chutney, das zuckersüß und hustenbonbonartig aber angenehm nach Fenchel und indischem Lorbeerblatt schmeckte. Das Puri bot auch eine aromatische Besonderheit, nämlich Nigellasamen, die in den Teig eingearbeitet waren. Nigella, bei uns auch oft als „Schwarzkümmel“ bekannt, ist zwar in jedem indischen Kochbuch zu finden, die indische Realität hat es mir bisher aber nur in der östlichen Hälfte Nordindiens und Nepals serviert.
Dasselbe gilt übrigens auch für den Mohn, und so ergriff ich die Gelegenheit, einen sehr milden bengalischen Kartoffelcurry namens Alu Posto zu verspeisen; der aromatische Fokus lag dabei ganz auf einer dicken Sauce aus weißen Mohnsamen. Das alles macht durchaus Appetit auf Bangladesh, und ich hoffe, daß ich Dir nächste Woche noch mehr bengalische Duftnoten servieren kann — dann aber aus dem Land, in das pro Tag nur fünf Touristen reisen.
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