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Dhaka ঢাকা (Bangladesh) |

Für Nostalgiker: Pferdekutschen nahe Gulistan

Der Ahsan Manzil (Pink Palace)

In der Nawabpur Road ist die Hölle los
Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesh, ist alles andere als ein Touristenparadies: Riesig, verschmutzt und unübersichtlich, dazu extrem überbevölkert und voller brutaler Armut. Dazu kam, daß während meines Aufenthaltes das ganze Land von einer beispiellosen Kältewelle heimgesucht wurde; die Temperaturen fielen auf knapp über Null, tagsüber verschwand die Sonne unter einer bleigrauen Wolkendecke, und nachts wurde es mir sogar im Zimmer zu frostig. Trotzdem schlafen die Ärmsten hier auf der Straße, und obdachlose Bangladeshi können ja kaum mehr Kälte gewohnt sein als ich — brrr!
Ich bin hauptsächlich wegen meines Visums hierhergekommen, weil es einer Verlängerung bedarf. Nach einem Vormittag Schlangestehen in Passport Office erhielt ich einen Zettel, auf dem geschrieben stand, daß ich meine Verlängerung um vier Wochen in drei Wochen bekomme — reichlich bescheuert, wenn Du mich fragst, aber die Bürokratie treibt überall in Südasien perverse Blüten.
Mein Quartier liegt in der Nawabpur Road, ganz im Herzen der Altstadt von Dhaka. Alles hier ist ein hyperwuseliger Bazar, und die Straße ist ganztägig mit Fahrrad-
Waren aller Art werden umgeschlagen …
… und dann durch die Straßen getragen
Verladeszene am Sadarghat
Der Fluß Buriganga bildet die Südgrenze der Altstadt. Dort liegt Sadarghat [sprich: Shodorghat], ein großer Flußhafen, von dem aus Passagier- und Frachtschiffe viele Orte im Delta ansteuern. Auf der schmalen Gasse, die parallel zur Buriganga verläuft und die einzelnen Anlegestellen miteinander verbindet, herrscht ein permanentes Chaos: Ladungen werden hektisch gelöscht und in die Lagerhallen transportiert. Der Transport ist Handarbeit und wird von Trägern erledigt, die in der britischen Epoche Quli oder Kuli hießen. Mit Geduld und Unbeirrbarkeit kämpfen sie sich einen Weg durch die verstopfte Straße, wobei alles zur Seite geschoben wird, das den freien Warenverkehr behindert.
Solche Kulis sieht man nicht nur am Sadarghat, sondern überall in “Old Dhaka” zwischen Gulistan und der Buriganga. Die Geschäftigkeit und Wuseligkeit ist unglaublich und schlägt mit Leichtigkeit alles, was ich bisher an hyperhektischen Plätzen am indischen Subkontinent gesehen habe. Man hat den Eindruck, das Land sei ein einziger brummender Bazar in Zeiten der Hoch- bis Höchstkonjunktur — wo all das Geld landet, das hier offenbar verdient wird, darfst Du mich freilich nicht fragen.
Statue hinter der Armenischen Kirche
Altar in der Armenischen Kirche
In der Altstadt kann man auch einige konventionelle Sehenswürdigkeiten besichtigen: Der Pink Palace oder Ahsan Manzil, ehemals Residenz des Nawab von Dhaka, liegt direkt an der Buriganga; wenn man dann weiter nach Norden wandert, kommt man zu einigen Moscheen und auch Kirchen. Die mit Abstand interessanteste Kirche liegt im Stadtteil Armani Tola und ist, wie man bereits dem Namen entnehmen kann, armenisch. Von der armenischen Gemeinschaft in Dhaka, die auf das frühe 18. Jahrhundert zurückgeht, sind nur noch neun Familien übrig, erklärte mir der Kustos (ein Hindu); ein paar Mal im Jahr gebe es hier eine Messe, und dazu würde gleich der armenische Bischof aus Sydney eingeflogen, denn die Armenier seien zwar wenige, aber als Großunternehmer im Textil-Gewerbe sehr, sehr reich.
Honigwaben aus dem Delta
Der Bombai Marich
Gackern bis zum Ende
Natürlich gibt es auch Lebensmittel-Märkte, und auch diese sind „gut besucht“ (Euphemismus des Monats). Man bekommt dort Gemüse, frischen Fisch (zuckt noch lebendig) und anderes Getier — besonders eigenartig fand ich die Hühnermärkte, wo Gruppen von Hühnern unter riesigen Körben oder Netzen geduldig ihrem Schicksal entgegengackern. So etwas habe ich in Indien nur selten gesehen, aber die bengalischen Carnivoren mit ihrem vergleichsweise gewaltigen Proteinbedarf brauchen eben ausgiebige Shopping-
Auf den Märkten habe ich auch Scharfes Material™ gefunden: Die Gruppe der bereits oft genug beschriebenen superscharfen Chilies aus Nordostindien (Capsicum chinense) hat nämlich auch hier einen Vertreter, den Bombai Marich [sprich: Bombai Morich]. Einen äußerlichen Unterschied zu den entsprechenden Chilies in Assam, Nagaland und Manipur kann ich nicht erkennen (außer vielleicht einen Hang zu etwas länglicheren Fruchtformen), und geschmacklich hebt er sich auch nicht von den anderen ab — zum Glück! Täglich knabbere ich ein oder zwei Schoten zu meinen Mahlzeiten und werde dafür von den Umstehenden angestarrt, als ob ich einen antennentragender Außerirdischer wäre.
Beim Essen geht es im wesentlichen weiter wie gehabt: Die bengalische Küche, soweit ich sie bisher verkostet habe, zeichnet sich durch eine gewisse Homogenität aus. Das liegt sicherlich auch daran, daß ich nicht allzu experimentierfreudig bin und täglich die gleichen Läden besuche: Es erweist sich nämlich meist als richtig schwierig, Tee zum Essen zu bekommen; und wenn ich das in einem Laden einmal geschafft habe, dann führt die Trägheit leicht dazu, daß ich aus Bequemlichkeit keine weiteren Abenteuer eingehen will. Und mal ehrlich: Wenn ich irgendwo gut esse und trinke, warum soll ich dann am nächsten Tag anderswo einen halben Bürgerkrieg für den Tee anzetteln?
Die Naan-Fladen im Lehmofen (Tandoor). Der Ofen wird übrigens mit Gas befeuert.
Naan in Schichtbauweise
In Dhaka bekommt man vielerorts das Dir aus Restaurants sicher bekannte Brot Naan, das ich in Indien nur selten, und vorwiegend im Nordwesten, gegessen habe. Naan ist ein gesäuertes Fladenbrot, das im Lehmofen (Tandur) gebacken wird; wegen der Fermentation ist es fluffiger und viel besser als das häufigere Tandoori Roti, das aus unfermentiertem Teig geformt wird. In Bangladesh macht man Naan aber etwas anders, als ich es aus Indien kenne: Der Teig wird nämlich gefaltet, und daher sieht das Brot eher aus wie ein Paratha; aber Paratha besteht aus unfermentiertem Teig, der auf einer heißen Platte gebacken wird, und ist zumindest in Nordindien meist mit irgendetwas gefüllt. Das bengalische geschichtete Naan punktet mit dem besten aus allen drei Welten: Fermentation und Tandur geben optimalen Geschmack, und durch die Schichtung hat es ein weiches, angenehmes Mundgefühl. Ein echtes Nonplusultra-
Biriyani
Beef Bhuna mit einem Bombai Marich
Zu den kulinarischen Stars der letzten Tage gehört eindeutig der Biriyani. Das berühmte nordindische Reisgericht Biryani stammt aus der Moghul-Küche, und man bekommt man eigentlich nur dort, wo es Moslems gibt. Nordwestindien hat mich diesbezüglich bisher am meisten verwöhnt; die südindischen Versionen schreiben sich etwas anders (Biriyani), werden mit Extra-
In Dhaka wird auch viel Rind gegessen. Als meine Lieblingszubereitung hat sich Bhuna erwiesen, das ist ganz lange geschmorte Kuh mit zarter Konsistenz, dunkelbrauner Farbe und sehr abgerundetem Geschmack. Alternativ kann man sich das Rindvieh auch als Kebab gönnen, was mir besser schmeckt als flachsiges Schaf oder elastische Ziege. Abends werden übrigens überall auf der Straße Grillspieße verkauft, der Fleischkonsum ist wirklich ungeheuerlich.
Sim Bharta
Alu Bharta
Bei den Gemüsespeisen habe ich auch einen Neuzugang im Photoalbum: Sim Bharta [sprich: Shim Bhotta] ist ein Gemüsepüree aus frischen Bohnschoten, das gut gewürzt ist und mit goldbraun gerösteten Zwiebelringen dekoriert wird. Die bereits beschriebenen Pasten aus Kartoffeln (Alu Bharta) oder Kochbananen (Kola Bharta) bekommt man auch überall, aber dabei vermisse ich meist das prickelnde Senföl; stattdessen toben sich die Köche mit entweder frischen grünen oder getrockneten roten Chilies aus, und das verdient auch Anerkennung.
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