Landkarte
Jaipur Chittaurgarh

Bundi बून्दी (Rajasthan)

Diwan-e-Aam (public audience hall) in City palace of Bundi, Rajasthan (India)

Der Diwan-e-Am (Halle für öffentliche Audienzen) im Stadtpalast

Chitrashala (women's domain) Garden in City Palace of Bundi, Rajasthan (India)

Garten innerhalb der Chitrasala

Chitrashala (women's domain) Room with frescos in City Palace of Bundi, Rajasthan (India)

Mit Frescen bemalte Wand im Damenbereich

City palace of Bundi, Rajasthan (India)

Der Stadtpalast von Bundi

City palace of Bundi, Rajasthan (India)

Der Palastkomplex aus der Nähe

Liebe Birgit,

ich bin mittler­weile in Bundi, gewisser­maßen der Antithese zu Jaypur. Bedingt durch Unfälle, Staus und und die idioti­sche indische Art, bei jedem Stau sofort kreativ auf Gegen­fahrbahn, Straßen­rand oder Kuh­wiese auszu­weichen, um sich irgendwo vorbeizu­schlängeln, dauerte die Fahrt von Jaypur nach Bundi satte sieben Stunden; danach bezog ich meine Wohnung in einem alten Haveli, einem traditio­nellen Haus der Region, und fühlte sofort neuen Frieden in mir: Bundi ist shanti pur.

Bundi ist mit etwa 1 Lakh Einwohner relativ klein und von fußgänger­kompatibler Aus­dehnung. Die Stadt liegt am Fuß eines Hügels, der auf seinem Rücken eine Be­festigungs­anlage (Tara­garh) und auf halber Höhe den Stadt­palast trägt. Letzterer erinnert wegen der massiven Bauweise und der schrägen Hang­lage ein bißchen an den Potala in Lhasa, ist aber im typisch rajputischen Stil gehalten und durchwegs recht prächtig, wenngleich nicht viel anders als andere Paläste, und in ziemlich schlechtem Zustand.

Sehr sehens­wert ist da­gegen die Chitra­sala, das ist der Lebens­bereich der Lieblings­frau des Maha­rajas: Neben einer kleinen aber hübschen Garten­anlage stehen die Wohnr­äume, die innen mit Fresken überreich dekoriert sind. Den Tür­steher machte ein Archäologe, der mir gegen ein kleines Trink­geld auch die nicht so offen­sichtlichen Dinge erklärte wie z.B. die Glaskachel im Dach des königlichen Schlaf­raumes, durch die sie ihr offenbar chronisch unterbeschäftigter Ehe­mann bei Bedarf beobachten konnte. Auch ein Fresco vor dem Schlafgemach zeigt den offenbar zu seinem Voyeurismus stehenden Maharaja, wie er aus dem ersten Stock einer Dame beim Anziehen zusieht.

City palace reflected in Naval Sagar Lake, Bundi, Rajasthan (India)

Abends spiegelt sich der Palast im Nawal Sagar.

Livingroom in R.N. Havelis Guest House, Bundi, Rajasthan (India)

Im R. N. Haveli

View onto Old City with brahmin-blue houses, Bundi, Rajasthan (India)

In vielen rajasthanischen Städten sind Häuser von Brahmanen-Familien blau gefärbt.

Painting of outside wall of Haveli, Bundi, Rajasthan (India)

Viele Havelis sind bunt bemalt.

Die Altstadt liegt inner­halb einer noch teil­weise er­halte­nen Stadt­mauer und ver­sprüht den typisch raja­sthani­schen Charme: Havelis mit orienta­lisch an­muten­den Flach­dächern drängen sich dicht an dicht. Von der Bundes­straße 12 aus hat man einen wunder­baren Blick auf dieses eigen­artige Häuser­meer, wobei viele Ge­bäude in einem sanften Himmel­blau kolo­riert sind. Dieser Blau­ton, der auf Hindi unver­ständlicher­weise als „Weiß“ be­zeichnet wird, sollte eigent­lich den brahmani­schen Familien vorbe­halten sein, aber heute ist er eher eine Mode­erscheinung geworden. Abends werden Palast, Burg und einige Sehens­würdigkeiten sogar mit Flutlicht angestrahlt, und das macht einen phantastischen Eindruck (Strom­ausfall habe ich keinen erlebt).

Du weißt ja, daß ich bei der Unter­kunft nicht wähle­risch bin: Ein Bett und eine Steck­dose sind mir im Prinzip genug. In Bundi habe ich jedoch ganz gegen meine Gewohn­heiten einfach nur wunder­schön gewohnt: Im R. N. Haveli, das ist einer der vielen erfolg­reichen privaten Über­nachtungs­angebote in der Altstadt. Er wird von einer älteren Dame geleitet, die als Witwe mit vier Töchtern eigentlich zur Armut prä­destiniert schien. Statt aufzugeben, versuchte sie es mit Aus­bauen des Familien-Haveli zu einer einfachen aber stilvollen Unterkunft, den sie zuerst zusammen mit den noch unver­heirateten Töchtern, mittler­weile aber mit einer Enkel­tochter be­wirtschaftet. Trotz einer rühmlichen Er­wähnung im Reise­führer und einem folglich sehr befriedi­genden Buchungs­stand ist die Atmo­sphäre im Haus immer noch freundlich und wenig geld­orientiert, irgendwie weiblich und sehr heimelig — ent­sprechend ist der Betrieb besonders bei allein­reisenden Frauen beliebt, die mal eine Auszeit vom ständigen Angestarrt­werden nehmen wollen. Es ist wirklich kein Wunder, daß alle die Guest­house-Besitzerin nur “Mama” nennen.

Im R. N. Ha­veli kann man aber nicht nur mit inter­essanten anderen Reisenden spannende Gespräche im schattigen Garten führen, sondern man kann auch essen. Früher hat Mama noch selbst gekocht, mittler­weile ist ein Koch angestellt, der allerdings nicht Restaurant-Stil, sondern wirkliche Hausmanns­kost produziert. Die Sachen sind recht mild gewürzt und vergleichs­weise fettarm gekocht — der hohe Fett­verbrauch in den Restaurants kommt ja auch daher, daß man die Speisen jederzeit schnell fertig­stellen will; zu Hause dagegen wird gegessen, wenn fertig­gekocht ist. Nachdem meine Marotte mit einem Liter unge­zucktertem Schwarz­tee pro Mahlzeit einmal zur Kenntnis genommen wurde, entwickelte sich das tägliche Abend­essen im Touristinnen­kreis bei mir gleich zum ganztägig herbei­gesehnten Ritual.

Der R. N. Ha­veli kann aber auch als ganz gewöhn­liches Restau­rant besucht werden; die „Lauf­kundschaft“ speist dann mehr oder minder gleich­zeitig mit den Über­nachtungs­gästen im gemütlichen Wohn­zimmer. Davon machte unter anderem eine bengalische Touristen­familie Gebrauch, die den kurzen Urlaub ihrer in den USA lebenden Tochter dazu nutzte, per Privat­chauffeur durch Rajasthan zu ziehen und die das ständige Restaurant­essen satt hatte, obwohl sie zum Über­nachten geräumige Upper-Class-Hotels vorzog. Mutter und Tochter bestritten den größten Teil der Unter­haltung, trugen sich anschließend mit warmen Worten in Gäste­buch ein und verteilten ihre Visiten­karten an alle Ausländer, mit der Bitte, sich doch zu melden, sollten sie mal nach Kolkata kommen.

Indian Food: Bharta. Phase Two: Peeling the charred Aubergine

Bharta, Phase II: Aubergine schälen.

Indian Food: Bharta. Phase Four: Quench with tomatoes, pureé and add aubergine (not shown)

Bharta, Phase IV: Mit Tomaten ablöschen, pürieren und (in Phase V) die gehackte Aubergine daruntermischen.

Indian Food: Bharta. Phase One: Charring the Aubergine

Bharta, Phase I: Aubergine kokeln.

Indian Food: Bharta. Phase Three: Preparing a masala from onions and spices.

Bharta, Phase III: Gewürze anbraten.

Um aber das Glück voll zu machen, bietet “Mama” auch noch einen soge­nannten „Koch­kurs“ an, was in der Praxis aber eher eine Demonstra­tion als ein Kurs ist. Dazu geht die würdige ältere Dame in die Küche und bereitet mit jahre­lang einge­übter Ge­schicklich­keit nach Wunsch einige typische Gerichte aus der raja­sthanischen Haus­manns­kost zu. Ich hatte mit Bharta oder Bhurta gewünscht, das ist ge­kokelte und dann ge­schmorte Aubergine. Dazu wird die Aubergine je nach Verfügbar­keit einige Minuten auf der Gas­flamme oder im Tandur ober­flächlich verkohlt; das muß so langsam geschehen, daß das Auberginen­frucht­fleisch in dieser Zeit zumindest teilweise gegart wird. Danach schält man die verkohlte Haut ab, hackt das schon recht mürbe Frucht­fleisch klein und schmort es mit den üblichen nord­indischen Gewürzen kurz an. Die kokelige Vorbehandlung ergibt einen sehr pikanten, rauchigen Geschmack.

Etwas weniger traditionell verfuhr “Mama” mit dem Alu Gobhi, jenem in ganz Nord­indien verbreiteten Schmor­gericht aus Kartoffeln und Karfiol. Die Kartoffeln wurden geschält und geschnitten, der Karfiol zerteilt und alles wurde kurz mit Gewürzen angeschmort, ehe es mit einer ganzen Menge Wasser im Dampf­druck­kochtopf landete. “Saves Energy”, meinte sie grinsend. Beim Chili zeigte sie große Zurück­haltung und ver­wendete nur den höchstens mittel­scharfen Deshi Mirch, nicht aber das übliche Chili­pulver; da ich sehnsüchtig auf die Chilidose blickte und sanft anmerkte, es könnte doch durch­aus einmal ein bißchen schärfer sein, reichte sie mir eine Hand­voll große grüne Chilies, die zwar roh ge­knab­bert nicht beson­ders scharf waren, aber als Masala-Zutat eine zufrieden­stellende Wirkung entfalteten.

Der Tee wurde tagtäglich anders hergestellt; manchmal ganz plain, also nur mit Schwarztee und Wasser, manchmal mit schwarzem oder langem Pfeffer, Cardamom oder Ingwer gewürzt und einmal sogar unter Zusatz von trockener Pfefferminze. Mein in Jaypur gewonnener Eindruck, daß Rajasthan das Zentrum der Masala-Chay-Produktion sei, verfestigt sich zusehends: Auch die Teestände am Straßen­rand bieten immer ein Geschmacks­erlebnis, denn zumindest eine gequetschte oder geraspelte Ingwer­wurzel ist eigentlich immer drin. Für die indische Klientel wird natürlich immer mit Milch und Unmengen von Zucker gekocht, aber es erweist sich meist als möglich, diese Zutaten auch abzu­bestellen; zumindest wenn man gleich einen halben Liter oder mehr bestellt, dann tun sich die Chay-Wallahs die Extra­arbeit gerne an.


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