
◀ Tura | Siehe auch Shillong | Aizawl ▶ |
Williamnagar (Meghalaya) |

Adventisten-Kirche

Diese Bambus-Tragekörbe heißen Koksi

Bambushaus in der Peripherie von Williamnagar
da ich letzte Woche in Tura die Garo-Kultur sehr verdünnt erlebt habe, entschied ich mich, eine noch abgelegenere Stadt in der Nähe aufzusuchen, nämlich Williamnagar, die Hauptstadt des Distriktes East Garo Hills. Ich weiß nicht, wieviele Ausländer sich jährlich nach Tura verirren, aber in Williamnagar sind es bestimmt um zwei Größenordnungen weniger. In meinem Hotel war ich sogar der erste, denn der Besitzer wußte nicht, was ein Reisepaß ist und hatte so etwas offenbar noch nie gesehen.
Abgelegene Orte haben manchmal einen wunderbaren Charme, aber hier ist das ehrlich gesagt nicht der Fall. Die „Stadt“ hat einen von bengalischen Händlern dominierten Kern mit einem großen Markt, und darum herum gruppieren sich Bambushütten zu kleinen Clustern in der nur ganz leicht gewellten und weitgehend bewaldeten Landschaft. Der Busbahnhof liegt einen Kilometer vom Markt entfernt, und höchstens ein Viertel dieses Weges verläuft innerhalb des „Stadtgebietes“, der Rest führt durch Wiesen, Brachen und Felder.
Sich auf Englisch mit jemandem vernünftig unterhalten zu können, ist es rares Vergnügen; aber einmal gelang es mir doch, und zwar im Garten vor einem Bambushaus, das einer etwas gehobeneren Familie gehört. Wir redeten ein bißchen über Garo-
Eine voll entwickelte bodennahe Falle
Eine junge, noch nicht geöffnete Falle
Hochhängende Fallen der fleischfressenden Pflanze Nepenthes khasiana („Kannenpflanze“)
Gruppe von Fallen; die Ranken an den Blättern sind in der linken Bildhälfte gut zu sehen
Der Standort der Kannenpflanzen liegt nahe Baghmara, siebzig Kilometer von Williamnagar entfernt; ein Ausflug mit Rückkehr am selben Tag wollte also wohl geplant sein, wenn er nicht mit einer Nacht am Straßenrand enden sollte. Ich tauchte um zehn am Busbahnhof auf und erfuhr, daß nur zwei Jeeps pro Tag nach Baghmara fahren, nämlich um fünf und halb sechs in der Früh. Dafür könne ich aber auch mit demselben Jeep wieder zurückfahren, aber wie lang dann der Aufenthalt vor Ort maximal ausfallen würde, wollte mir keiner ausrechnen. Also fuhr ich am nächsten Tag im Morgengrauen ins Blaue.
Wie die meisten Garos kannte auch der Fahrer des Jeeps die Memang Koksi genau, und wußte auch die Stelle, an der man die Pflanze von der Straße aus sehen kann; es ist nur ein kurzer Abschnitt, etwa
Nepenthes khasiana, wie das hungrige Pflänzlein botanisch heißt, ist ein Epiphyt, also eine Pflanze, die auf einer anderen wächst; das ist in unseren Breiten eher selten, aber in tropischen Wäldern, wo Konkurrenz um Licht herrscht, nutzen viele Pflanzen diese Strategie, um größere Höhe mit geringem Aufwand zu erreichen. Andererseits ist der tropische Regenwald ein sehr nährstoffarmes Ökosystem, und Epiphyten ohne Kontakt zum Boden haben es doppelt schwer, an Stickstoff und Mineralien zu kommen. Nepenthes hat deshalb den Trick entwickelt, ihre Nährstoffbilanz mit der wöchentlichen Fliege aufzufetten. Obwohl es sechs unabhängig entstandene Gruppen fleischfressender Pflanzen gibt, ist Nepenthes die einzige Gattung, die ausschließlich in tropischen Wäldern wächst; die meisten Carnivoren besiedeln nämlich Moore, die sogar noch nährstoffärmer sind. In Deutschland findest Du mit Sonnentau und den Wasserschlauchgewächsen (Wasserschlauch und Fettkraut) mehr carnivore Gattungen als am ganzen indischen Subkontinent.
Vor Ort angekommen, machte ich mich auf die Suche nach Pflanzen in photogünstiger Position. Die meisten trieben es wie die Trauben und hingen zu hoch, und die Böschung zum Wald war viel zu steil, um sie zu erklimmen. Nur ein paar Einzelstücke standen so, daß man mit der Kamera nahe herankam. Die Fallen sind eigentlich Teil der Blätter: Die langen, ledrigen, lanzettlichen Blätter treiben an der Spitze eine Ranke, mit der sie sich wie Erbsen an allem möglichen (auch anderen Ranken) festzuhalten versuchen. Nur in besonders günstigen Fällen entwickelt sich an der Spitze der Ranke die Falle, ein aufrecht stehender Schlauch mit einem Deckel, der sich öffnet, sobald die Falle voll ausgebildet ist. Diese Gleitfalle ist zu ca. einem Viertel mit klarer, leicht beweglicher Flüssigkeit gefüllt, in der die gefangenen Insekten ertrinken und von dem sie dann ausgelaugt werden. Die Flüssigkeit ist kein aufgefangener Regen, sondern sie wird von der Pflanze aktiv sekretiert; deshalb findet man sie auch in jungen, noch durch das Deckblatt verschlossenen Fallen.
Wenn ich nun zur Garo-
… sonst wirst du appetitlich eingetütet …
… und landest am Bananenblatt!
Hund, gib acht …
Den ersten Hund bekam ich in Rongbang, einer kleinen Anhäufung von Kneipen auf halbem Weg zwischen Tura und Williamnagar; da an meinem Anreisetag Sonntag war und daher alle Arbeit ruhte (der Fluch des christlichen Nordostens!), mußte ich später einmal extra hinausfahren. Dort gibt es ein “Restaurant”, das sich auf witzlose Standard-
Schwupps war ich draußen, bei der Frau auf der anderen Straßenseite. Auf die Frage nach Achak deutete sie auf eine Gruppe kleiner Päckchen aus Bananenblättern, von denen ich sofort eines erstand
Nun, da ich wußte, wie Hundefleisch verpackt und angeboten wird, konnte es es auch in Williamnagar auftreiben. Dort war es fast bis zum Brei zerkocht und noch eine Spur schärfer gewürzt. Die spezielle Verpackung, die kleine Portionsgröße und das ganze Drumherum nähren in mir den Verdacht, daß Hundefleisch früher eine rituelle Bedeutung für die Garo hatte, die aber seit der Konversion zum Christentum nur noch als Rudiment überlebt hat. Vielleicht lehnen auch deshalb manche diese „heidnische Spezialität“ vollständig ab.
Frittierter Trockenfisch (Nakham)
Salat aus Gemüsen und Senföl
In ganz Williamnagar fand ich nur zwei Garo-
◀ Tura
Aizawl ▶