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Karnali Highway 3 कर्णाली राजमार्ग (Nepal) |

Gekochte rote Bohnen (Simi)

Tempel am Straßenrand

Goodbye, Jumla!
ein offensichtlicher Nachteil von Jumla ist es, daß man es nur auf einem Weg erreichen kann; zur Abfahrt muß man also nochmals dieselbe Straße nehmen, wenn man nicht fliegen will. Nach meinen anstrengenden Erfahrungen mit dem Karnali Rajmarg, dem „Königsweg der Karnali-
Also kaufte ich mir ein Ticket für den nächsten Tag, tauchte dann pflichtschuldigst um 8:30 morgens am Buspark auf — dort wurde mir gesagt, daß der Morgenbus heute ausfalle; ich solle lieber um 12:00 wiederkommen, dann könne ich mit dem Mittagsbus mitfahren. Ich frühstückte erstaunlich würzige rote Bohnen (Simi, das sind dieselben, die in Indien Rajma heißen) und stapfte mißmutig in der Umgebung des Busparks herum, bis ich mir einen Plan zurechtgelegt hatte, was ich mit dem angebrochenen Vormittag anfangen wollte. Dann spazierte ich auf dem Weg Richtung Ortszentrum. Plötzlich kam mir ein wild hupender Bus entgegen. So etwas nimmt man in Südasien eigentlich gar nicht zur Kenntnis, weil dort immer alle motivfrei vor sich hintuten, in diesem Fall wollte mir der Fahrer aber zu verstehen geben, daß ich einsteigen soll, denn er hatte sich offenbar entschieden, doch noch abzufahren.
… den Karnali-Highway bestehen …
… oder ist die Zukunft düster?
Wird dieser Bus …
Der Bus war ein kleines und ziemlich klappriges Modell. Das ist selbst in Nepal ganz und gar nicht zu erwarten: Auch wenn auf den ersten Blick alle Busse technisch mangelhaft wirken, so offenbaren sich bei genauerem Hinsehen große Unterschiede. Die jämmerlichsten Modelle tun ihren Dienst auf Kurzstrecken, aber längere Routen werden meist mit größeren Bussen in besserem Wartungszustand bedient. An diesem in giftgrüner Warnfarbe kolorierten Bus schien aber alles „Vorsicht, bitte nur mit viel Gottvertrauen einsteigen“ zu schreien: Die vielen Beulen und Schrammen hätten Romane von gescheiterten fahrtechnischen Kunststücken erzählen können, die Reifen wirkten wie aus einem historischen Museum des 19. Jahrhunderts geklaut, und die Fenster entziehen sich mangels Existenz jeder Beschreibung. Auch daß der Gang zwischen den Sitzen dicht mit schmutzigen Reservereifen belegt war, konnte die Stimmung nicht heben.
Bald war der Bus einigermaßen voll, und wir fuhren ab. Nach einer Viertelstunde blieb er auf freier Strecke stehen, und die vierköpfige Buscrew begann damit, einen Reifen zu wechseln. Damit schienen sie Übung zu haben, denn nach 20 Minuten war der Job erledigt. Mir gab das die Gelegenheit, ein paar Photos von einer interessanten Pflanze zu schießen, die hier massenweise am Wegesrand wächst, die ich aber noch nie zuvor gesehen hatte: Ephedra, eine Gattung von Pflanzen, die in Europa durch das Meerträubel (E. distachya) vertreten ist.
Paratha wird hier auf einer heißen Platte gegart
Fest in Nangma
Blühende Ephedra
Ephedra gehört zu den nacktsamigen Pflanzen, ist also mit Fichte und Co. enger verwandt als mit den echten Blütenpflanzen. Das hier Kagcharo genannte Gewächs bildet Büsche aus kahlen Stengeln, die gerade unauffällige, gelbliche Blüten tragen, und sieht aus der Ferne wie ein Ginster aus. Alle Arten enthalten leicht stimulierende Alkaloide wie Ephedrin und werden daher gelegentlich als Gutenmorgengetränk oder Arbeitsflüssigkeit konsumiert (bekannt unter anderem als „Mormonentee“, weil Ephedra das einzige für Mormonen erlaubte Genußmittel darstellt). Die in den Veden erwähnte mythische Droge Soma wird manchmal als Ephedra-
Und der Bus fuhr weiter. In Nagma, meinem Exil vor eineinhalb Wochen, folgte dann der erste längere Aufenthalt. Ohne erkennbaren Grund saßen wir fest, bis es dem Fahrer nach drei Stunden zu blöd wurde: Er wendete, fuhr einen halben Kilometer zurück, drehte wieder um, fuhr an der langen Kolonne von wartenden Bussen vorbei, und dann waren wir auch schon durch. Was der Sinn dieser Aktion war, konnte mir niemand erklären, aber wenigstens war ich zu einem Frühstück aus mit gedünstetem Senfkohl gefülltem Brot (Paratha) gekommen, und konnte einen hinduistischen Festumzug aus der Nähe beobachten; die Leute hatten sich Stirn, Wangen und sogar die Kopfbedeckungen knallrot eingefärbt und trugen Zypressenzweige als Schmuck auf der Brust. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Hochzeit, aber niemand im Bus sprach genug Englisch, um mir diese Vermutung zu bestätigen.
Reifenwechsel in der Nacht (# 3)
Ein guter Tag beginnt mit einem Reifenwechsel (# 4)
Steine werden zerkleinert
Um das klarzustellen: Dieser Reifen wurde aufgeschraubt
Dann ging es ganz gut voran, mit nur gelegentlichen Unterbrechungen durch große Steinbrocken, die auf die Straße gefallen waren und den von den Dörflern der Umgebung händisch zerklopft und weggeräumt wurden. Ein Mitfahrer bedeutete mir, der Bus werde 24 Stunden durchfahren, und am nächsten Morgen seien wir in Surkhet. Ich war skeptisch, denn in Indien (und da rechne ich Nepal jetzt grob dazu) werden zwar viele Unwahrscheinlichkeiten wahr, aber deshalb funktioniert nicht alles, nur weil es unwahrscheinlich ist.
Ein weiterer Reifenwechsel hielt uns auf. Bei Einbruch der Dunkelheit quälten wir uns immer noch durch das Tila-
Bei Sonnenaufgang stellte ich fest, daß wir mitten im Karnali-
Ziegenkampf
Und noch ein letztes Mal (# 6)
Reifengroßreparatur (# 5)
Bei den Havarien Zwei bis Vier hatte ich noch das Gefühl, in einem Irrenhaus gelandet zu sein (besonders, wenn ich in die stoisch ruhigen Gesichter meiner Mitreisenden blickte, die dieses ganze Theater für ziemlich normal zu halten schienen). Aber mittlerweile war es Routine, und Plattfuß Nummer Fünf erwischte uns ungefähr um neun Uhr. Da inzwischen alle Ersatzreifen aufgebraucht waren, rettete sich der Bus in die nächste Ortschaft Paltada, wo es so etwas Ähnliches wie einen Mechaniker gab. Dort wurden die Schläuche aller Ersatzreifen mit Ahle und Leim geflickt und einer davon montiert, was insgesamt vier Stunden verschlang. Immerhin hatten wir dann zwei Stunden erfolgreiche Fahrt, bis das nächste Pffff uns in Talli Dungeshwar erneut zu einer Reparatur zwang, aber das ging schnell, da wir jetzt wieder genug einsatzbereite Ersatzreifen dabeihatten.
Der Fahrer hatte das Problem in der Zwischenzeit wohl analysiert und war zum Schluß gekommen, daß alles mit dem schlechten Karma des Karnali-
Eine Nacht muß ich hier bleiben, und dann reicht es mir: Ich verlasse Westnepal und wende mich zivilisierteren Gegenden zu.
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