Landkarte
Jomsom Road 3 Muktinath

Kagbeni कागबेनी (Nepal)

Panoramic view of Kagbeni village, in Mustang, Nepal

Kagbeni, gesehen von einen nahen Hügel. Links die Reste der Burg, rechts der buddhistische Tempel (rot)

View onto Kagbeni, a medieval Gurung village near Jomsom (Mustang, Nepal)

Blick auf Kagbeni, im Hintergrund der Dhaulagiri

Remants of Fort in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Die Burgruine in Kagbeni

Liebe Birgit,

eine kurze aber sau­teure Bus­reise nörd­lich von Marpha liegt Jom­som, die Haupt­stadt des Mustang-Distriktes und der tra­ditio­nelle End­punkt des Jom­som-Treks. Da­von habe ich aber nicht viel ge­sehen, denn ich machte mich gleich zum Jeep-Stand auf, von wo Sammel­taxis nach Kag­beni fahren. Die Preise sind die reinste Turbo­frech­heit, aber die sieben Kilo­meter mit Gepäck auf der Stein­piste zu Fuß zu gehen, wäre selbst dann keine Option, wenn man nicht an einigen Stel­len durch die eis­kalte Kali Gandaki waten müßte, denn die „Straße“ verläuft teilweise direkt im Flußtal.

Der Är­ger lohnt sich aber. Kag­beni liegt auf 2800 m See­höhe und ist von Gurung be­wohnt, die den Ti­betern recht nahe­stehen; daher sieht es wie ein echt tibeti­sches Dorf aus. Wäh­rend an der Peri­pherie einige pott­häß­liche moderne Bauten ent­stan­den sind, meist apfel­kuchen­verkau­fen­de Travel­ler-Ab­steigen, hat Kag­beni im Orts­kern ein un­ver­fälscht mittel­alter­liches Am­biente. Trotz einer ober­fläch­lichen Ähn­lich­keit zu Marpha fühlt sich die Stadt ganz anders an: Viel archa­ischer, viel dreckiger, viel winkeli­ger und vor allem viel finsterer.

Entrance to a house from a walkway in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Aufgang zur einer Wohnung

Tunnel-like walkways in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Überdachter Durchgang

Innerhalb der zentra­len Be­festi­gungs­anlage, von der nur noch Teile der Außen­mauern und ein im­posan­tes Tor er­halten sind, drän­gen sich die Häuser sehr eng. Sie sind oft ziem­lich kom­plex ge­baut, typischer­weise mehr­stöckig und mit Innen­hof. Die Wege als „ver­winkelt“ zu be­zeich­nen, wäre eine Be­leidi­gung, selbst „la­by­rinth­artig“ greift noch eine Spur zu kurz; als ob das noch nicht genug wäre, sind die schmalen Wege oft mit Holz­konstruk­tionen über­dacht, so daß sie an finstere Tunnel mit un­heim­lichen Ab­zwei­gun­gen er­in­nern. In diesen über­bauten Be­reichen er­reicht man die Wohnun­gen oft nur von unten durch Holz­luken, zu denen wuchtige Stein­treppen oder primi­tive Holz­leitern führen. Winzige, kaum er­hell­te Durch­gänge zweigen an un­übersicht­lichen Stellen ab und führen in kleine Innen­höfe, die mit ver­trock­ne­ten Ex­kremen­ten be­deckt sind — gruselnd fragt man sich, von welcher Spezies wohl.

Sehens­wür­dig­keiten im enge­ren Sinn hat Kag­beni natür­lich keine. Allen­falls könnte man das bud­dhisti­sche Kloster er­wähnen, das angeb­lich über ein halbes Jahr­tausend alt ist und dieses Alter aus jeder Mauer­fuge ema­niert. Morgens um sechs findet im großen Medi­tations­saal im ersten Stock eine Puja statt, und auch wenn man den Touris dafür einen Ein­tritts­preis ab­knöpft, so war es doch eine authen­ti­sche Ver­anstal­tung, und noch dazu etwas, was ich noch nie ge­sehen hatte: Eine reine Kinder­puja! Alle Re­zita­tionen wurden von Novizen ge­halten, die kaum mehr als zwölf Jahre alt sein konnten; an­ders­wo hatte ich die Kinder nur an Trom­meln erlebt, aber dieses Kloster nimmt seinen Aus­bildungs­auftrag wohl beson­ders ernst.

Protective Deity of the Village (Gurung tradition), in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Der Schutzgott des Dorfes

Buddhist Stupa in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Stupa mit hölzernem „Sonnendach“

Auch in der Stadt trifft man alle paar Meter auf ir­gend­ein bud­dhisti­sches Ac­ces­soire: Wände voller Gebets­mühlen, roh ge­mauerte Stupas, und natür­lich bunte Gebets­fahnen. Ziemlich genau im Zentrum, an einer über­dachten und daher recht finsteren Kreuzung, steht eine über­manns­große, rätsel­hafte Figur mit einem weißen, runden Kopf, einem plumpen, rot bemalten Körper und einer steifen Über­raschung unter­halb der Körper­mitte. Dabei handelt es sich um den lokalen Schutz­gott, von dem jedes Gurung-Dorf einen hat. Diese Schutz­götter sind Über­bleib­sel aus der vor­buddhisti­schen Bön-Religion Tibets, und sie wurden von Padma­sambhava ein­fach als min­dere Gott­heiten in das Maha­yana-Pan­theon eingegliedert.

Gallery of prayer mills in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Eine Batterie von Gebetsmühlen auf einem Felsvorsprung hinter der Gompa

Prayer mills on main Buddhist Temple (Gompa) in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

An den Außenseiten des Tempels findet man überall Gebetsmühlen

Unter Trek­kern ist Kag­beni als Alter­nati­ve zu dem sehr deut­lich weniger atmo­sphäri­schen Jom­som recht beliebt, und des­halb gibt es hier un­zählige Über­nach­tungs- und Essens­möglich­keiten, von denen gar nicht wenige mit un­säg­lich lang­samem Inter­net per WLAN protzen wollen (ca. 30 Web­seiten pro Stunde kann man damit öff­nen). Die Es­presso­dichte er­reicht wohl die der Piazza Navona in Rom (die Preise auch), und daß ein Re­stau­rant sich selbst Yac Don­alds nennt, setzt der kul­turel­len Selbst­verleug­nung die Krone auf; an­derer­seits muß ich zu­geben, daß die Touri-Kneipen im all­gemei­nen recht ge­müt­lich sind und einen hohen Stan­dard an Sauber­keit und Kom­fort bieten. Trotz­dem stoßen mir die Ex­zesse aus dem Touris­mus-Betrieb ei­niger­maßen sauer auf, und das reicht von den Kindern, die ständig “Sweets, sweets!” schreien, bis zu den Bauern, die für ein Photo von ihren Nutz­tieren gleich einen Hunderter ein­streichen wollen. Sowas habe ich in Nepal noch nie gesehen, aber ich war ja auch noch nie auf einem Trek­king-Trampelpfad.

Field plowing with mountain oxen, in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Pflügen vor dem Hintergrund des Thorong-Tales

Gurung women in Kagbeni, near Jomsom (Mustang, Nepal)

Gurung-Frauen beim Nachmittagsschwatz

Unmittel­bar nörd­lich von Kag­beni be­ginnt Up­per Mustang, und wer keine Sonder­genehmi­gung hat, darf es nicht be­tre­ten — ge­nauer ge­sagt nur so weit, daß man bis zum Abend wie­der zu­rück ist. Folgt man der Kali Gandaki eine Viertel­stunde weit nach Norden, so blickt man in ein weites, voll­ständig vege­tations­loses Tal, ein Reich von Sand, Steinen und Felsen, geformt von den Ge­walten der Kon­tinental­drift, der Wucht des Flusses und dem ständig na­genden Wind.

Das Dorf Tiri, nur einen Kilo­meter von Kag­beni auf der anderen Fluß­seite, ist das erste Dorf im Oberen Mustang, und die Re­strik­tionen werden so lax ge­hand­habt, daß es dort sogar einen Home­stay gibt. Tiri besteht nur aus ein paar ärm­lichen Häusern ohne jedes Am­biente, und aus einem klei­nen, ur­alten Kloster auf dem steilen Hang über dem Dorf. Von dort reicht der Blick weit in den Nor­den, aber man sieht keine ein­zige mensch­liche An­sied­lung auf den kahlen Höhen mit ihren durch Wind­erosion ent­stande­nen bi­zar­ren For­men. Nur 40 km ent­fernt und doch so gut wie un­erreich­bar liegt Lo Manthang, die Haupt­stadt von Ober­mustang und bis 2008 Sitz eines lokalen Königs, der in einem Su­zeränitäts­verhält­nis zu Nepal stand.

View of Upper Mustang, seen from Tiri near Kagbeni near Jomsom, Nepal

Die trockene, unwirtliche Landschaft von Upper Mustang

Nepali Food: Dhal Bhat, eaten in Kagbeni, Mustang

Das Dal Bhat war zwar nur mittelmäßig, wurde aber in sehr hübschem Messinggeschirr serviert

Woman grinding dried cypress twigs for incence, Kagbeni (Mustang, Nepal)

Diese Frau zermahlt getrocknete Zypressenzweige, um Räucherwerk herzustellen

So sehr mir Kag­beni auch ge­fällt: Beim Es­sen stinkt es einiger­maßen ab. Es gibt ein paar Futter­stellen am Jeep-Halte­platz, aber viel haben die nicht zu bieten; die Guest Houses of­ferie­ren teure Fusion Cui­sine, die den Wünschen von kalorien­bedürf­tigen und viel­leicht auch kuli­narisch heim­weh­kranken Trek­kern ent­sprechen, aber kein er­kenn­bares Lokal­kolorit auf­weisen. Man darf nicht ver­gessen, daß viele Trekker über den Thorong-La aus Manang kom­men und sich hier an Pizza, Steak oder Rata­touille de­lek­tieren wollen, zur Be­lohnung für den gerade über­wunde­nen hohen Paß; an authenti­scher Gurung-Küche haben sie nach einer Woche am Trek eher kein Interesse.

Dal Bhat schmeckt hier kaum anders als sonst ir­gend­wo in Nepal. Als Plus­punkte lassen sich even­tuell die Ver­wen­dung von Jimbu im Dal, das Gewürz­pulver Timur Piro oder das scharfe und mit viel Timur ge­würz­te Tomaten-Chutney auf­führen; all diese Würzen habe ich in den letzten Tagen ja schon be­schrie­ben. Das Chutney schmeckt hier be­sond­ers gut, denn zu meiner Über­raschung ist hier jener extra­scharfe nepali­sche Chili ver­brei­tet, den ich bisher noch nie weiter im Westen als Kath­mandu ge­ges­sen hatte. An frü­he­ren Sta­tio­nen wurde er mir als Aka­bare Khorsani vor­gestellt, aber hier nennt man ihn Dalle Khorsani („runder Chili“). Diese beiden Zu­berei­tungen sind auch die einzigen Bei­spie­le für einen echten Mala-Effekt, die mir in Süd­asien bisher unter­gekommen sind.

Nepali Food: Yak Sukuti (dried meat), fried and sprinkled with chili

Yak-Sukuti

Nepali Food: Yak meat momos (steamed meat-stuffed pasta)

Yak-Momos

Bei den Fleisch­gerich­ten domi­niert hier der Yak; er hat ziem­lich festes, dunk­les Fleisch vol­ler Flach­sen und Seh­nen, mit ei­nem Ge­schmack zwi­schen Rind und Wild. Häufig be­kommt man Yak luft­getrock­net als Sukuti, und das schmeckt sehr gut, be­son­ders wenn es mit einer größeren Menge Chili, Zwiebeln und Knob­lauch an­gebra­ten und mit Timur Piro be­streut wird. Duch­aus lobens­wert sind auch die Momos mit Yak-Fülle (vege­tari­sche Momos, wie sie in Indien recht be­liebt sind, gibt es hier nicht); meist werden sie hier rund­lich geformt, nicht die Halb­monde, die ich schon anderswo be­schrie­ben habe. Stan­dard­mäßig reicht man zu den Momos das in den letzten Tagen immer wieder ge­ges­sene Tomaten-Chutney. Yak­fleisch ist sehr teuer, und auf meine Rück­fragen wurde mir erklärt, daß ein Yak im Schlacht­alter grob ge­sprochen hundert­tausend Rupien kostet (“One Yak, one Lakh), mit großer Streu­ung je nach Alter und Masse.

Strong wind erosion on a mountain in Upper Mustang, Nepali Himalaya

Blick von Tiri über das fast trockene Flußbett der Kali Gandaki — Upper Mustang ist wirklich nicht besonders lebensfreundlich


Jomsom Road 3 Muktinath

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