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Changu Narayan Mandir चाँगु नारायण मन्दिर (Nepal) |

Auch im dichtbesiedelten Kathmandu-Tal gibt es noch sehr ländliche Stellen

Der Changu Narayan Mandir (Ostseite)

Die „Hauptstraße“ von Changu

Eine Bäurin in ihren Kohl- und Senfäckern
zum Abschluß meines faulen Aufenthaltes im Kathmandu-
Von Kathmandus hektischer und wenig übersichtlicher Busstation (Ratna Park) fahren halbstündlich Direktbusse in das
Changu ist ein kleines Newari-Dorf mit mehrstöckigen holzverzierten Häusern und gepflasterten Fußwegen ohne Motorverkehr. Der dreistöckige Tempel steht in einem Innenhof und ist den ganzen Tag geschlossen — nur in der Früh und zu besonderen Feiertagen lassen sich die Brahmanen sehen, aber dann ist er für Touristen ohnehin gesperrt. Aber auch was man von außen erblickt, lohnt die lange Anfahrt.
Changu Narayan Mandir, Westtor
Changu Narayan Mandir, Südtor
Narayana
Jede der vier Tempeltüren ist mit Holz- und Metallarbeiten geschmückt und wird von je zwei Tierwächtern beschützt: auf der Südseite Elefanten, auf der Ostseite Adler und auf der Nordseite geflügelte Löwen. Der Haupteingang zeigt gen Westen und bietet neben zwei Löwen und einem prachtvollen Bronzetor zwei von Schildkröten getragene Pfeiler, auf denen die wichtigsten Attribute Vishnus präsentiert werden: Der Diskus (Chakra) und das Muschelhorn (Shankha). Außerdem findet man dort eine Stele mit einer Inschrift in einer mir nicht bekannten Schrift (möglicherweise Brahmi) und eine durch einen Holzkäfig beschützte Darstellung des Königs Bhupatindra Malla (17/
Denn der heutige Tempel wurde zwar erst 17. Jahrhundert erbaut, aber er enthält auch Material von früheren Tempeln, die an derselben Stelle standen und bis in die Licchavi-Epoche in der Mitte des ersten Jahrtausends zurückreichen. Viele der Steinreliefs im Hof sind daher mehr als tausend Jahre alt, darunter auch eine berühmte Darstellung des auf dem Garuda reitenden Vishnu, die man mehrere Male täglich sieht, da sie auf der Zehn-
Der Zwerg Vamana durchschreitet das Universum
Besucherin aus Bhaktapur
Vishnu und Garuda
Obwohl der Tempel geschlossen blieb, herrschte trotzdem religiöses Leben: Eine Hochzeitsgesellschaft holte sich vor der Südseite beim Brahmanen in Form einer längeren Zeremonie den Segen ab. Außerdem wurde der Tempel von vielen Nepalesen besucht, die sich einer klaren Kategorisierung in „Pilger“ und „Touristen“ entzogen; “This is good place” meinten sie einfach, und deshalb würden sie ihn eben schnell einmal besuchten, mit dem Handy ein Erinnerungsphoto schießen und dann wieder heimkehren.
Unter diesen Besuchern waren auch zwei junge Damen aus Bhaktapur, mit denen ich mich länger unterhielt. Sie waren mit dem Motorrad hierhergekommen, und als ich meinte, das sei aber bei Straßenzustand und Verkehrssitten sehr gefährlich, hielten sie mir einen längeren Vortrag über das Karma, dem man nicht entkommen könne; außerdem würde man ja ohnehin wiedergeboren, also wozu die Sorge? Plötzlich erschloß sich mir eine weitere Ursache für die Diskrepanz zwischen der hohen Unfallhäufigkeit und der lächerlichen Verkehrsdichte in Nepal. Dann erbaten sich die zwei noch ein gestelltes Photo am Tempel (für die Facebook-Seite) und machten sich wieder auf den Heimweg, und ich tat es ihnen nach — denn der letzte Direktbus fährt um fünf Uhr nach Kathmandu.
Newar-Essen: Von links oben Chana (Kichererbsen), Choila (Büffelfleisch), Alu (Kartoffeln), Lasun Motar Kosa (grüner Knoblauch) und Kochila (gebratenes Büffelhack), dazu Reisflocken
Dieser schöne Newari-
Dazu noch ein kleiner Einschub: Wasser gilt im Hinduismus als heilig und Symbol der Reinheit; für einen Hindu ist die Behauptung, es gebe „schmutziges Wasser“ fast so paradox, wie unsereinem ein „weißer Rappe“ denkunmöglich erscheint. Ganz im Gegenteil: Wasser überträgt seine inhärente Reinheit auf jeden Gegenstand, mit dem es auch nur flüchtig in Kontakt kommt. Aus dieser Annahme kommt man sehr leicht zum Schluß, daß von dunkelbraunem Leitungswasser triefendes Besteck beim Abtrocknen an Sauberkeit verlieren würde. Kurzum, Wasser ist eigentlich so eine Art Desinfektionsmittel oder ein den Schmutz vernichtender Katalysator, und wer das nicht nachvollziehen will, den mag ja sein Mangel an Glauben krank machen, bestimmt aber nicht das Wasser.
Jaṃlā (Büffelschwarte)
So (Büffellunge)
Shugur (Schwein)
Bori (Schwarzaugenbohnen)
Aber Erinnerungen an gutes Essen sind unsterblich, während Magenverstimmungen irgendwann einmal abklingen; also fahren die Newari-
Lasun Motar Kosa (Knoblauchgrün)
Achar (Gemüsesalalat)
Auf der Gemüseseite konnte ich zwei neue Bekanntschaften machen: Einerseits gab es gekochte, zu einem pikanten Salat verarbeitete Schwarzaugenbohnen (Bori), die mit ihrem Kreuzkümmelakzent sehr an die entsprechend zubereiteten Kichererbsen (Chana) erinnerten, allerdings mit einer mehligeren Konsistenz. Innovativer fand ich einen Salat aus Erbsen und rohem grünen Knoblauch (Lasun Motar Kosa), der mit Korianderpulver und Sesamöl zubereitet ist und deshalb, wie viele Newari-
Der Gemüsesalat Achar schmeckte, wahrscheinlich bedingt durch die winterliche Jahreszeit, wesentlich „fermentierter“ als bei meinem letzten Besuch; offenbar wird er im Sommer frisch gemacht, während man im Winter von den Vorräten lebt. In einigen Fällen „moussierte“ er sogar auf der Zunge, offenbar eine Folge von Kohlendioxid produzierenden Hefen. Damit näherte er sich geschmacklich an die indischen Pickles (die ja ebenfalls Achar heißen) an, die allerdings viel öliger und intensiver schmecken und nur in Teelöffelmengen zum Essen genossen werden. Wie bereits beim letzten Mal fiel mir der extrem dunkel geröstete Bockshornklee auf.
Damit ist das friedliche Nepal wieder einmal am Ende, und bereits heute abend mache ich mich wieder nach Indien auf. Nächste Woche melde ich mich dann aus Varanasi am Ufer der Ganga, der vielleicht heiligsten Stadt Indiens.
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