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Ilam इलाम (Nepal) |

Gemüsemarkt in Ilam

Grenzübergang in Kakarbhitta
ich bin vor einer Woche nach Nepal gekommen. Nach der gut vierzigstündigen Zugfahrt von Südindien erreichte ich den Korridor von Siliguri, der nur
Die nepalische Realität holte mich dann rasch ein. Wegen eines Streiks fuhr kein Bus von Birtamod nach Ilam, einem dreieinhalb Stunden entfernten Höhenkur- und Teeanbauort. Also schlief ich eine weitere Nacht irgendwo zwischen Kakerlaken (macht mit den im Zug verbrachten bereits drei Nächte ohne erkennbare Annehmlichkeiten) und fuhr am Tag darauf die landschaftlich wunderschöne Straße nach Ilam hinauf. Sie beginnt nahe der Grenze im flachen und heißen Tarai (Nepals Anteil an der nordindischen Tiefebene) und zieht sich dann in die sogenannte hills region, also die Himalaja-Fußhügel. Die Seehöhe beträgt etwa

Stadtbild von Ilam

Teegarten
Ilam liegt inmitten freundlich grüner Hügel, die teils noch echt bewaldet, teils aber auch zum Reis- oder Teeanbau genutzt werden. Zu sehen gibt es außer der Landschaft nichts, und auch diese verbirgt sich jetzt, zur Monsunzeit, hinter einem gar nicht zarten Nebelschleier. Das kommt allerdings nicht unerwartet, denn das nicht weit entfernte Darjeeling in Indien ist ja auch als Nebelloch bekannt. Also spaziere ich durch die von Nebelfetzen mystisch geadelten Teegärten (Chiyabari), plaudere mit netten Nepalesen und lasse mir von ihnen interessante Gewürzpflanzen zeigen: Hier, am Südrand des Himalaya, sind immerhin drei Gewürze heimisch, die man anderswo nicht oder zumindest nicht in dieser Form finden kann.

Nepal-Pfeffer
Der nepalische Sichuanpfeffer, eigentlich sollte man wohl „Nepalpfeffer“ sagen, heißt auf Nepali Timur und ist mit dem tibetischen ENg verwandt (den habe ich Dir bereits vor ein paar Monaten aus Dharamsala beschrieben). Jetzt habe ich endlich auch einmal eine Pflanze gesehen, die reiche Büschel von unreifen Früchten trug. In so eine Frucht hineinzubeißen ist ein schräges Vergnügen, ungefähr so, wie eine 9V-Blockbatterie zu verspeisen, denn es stellt sich das bekannte, halb elektrisch anmutende und halb an eingeschlafene Füße erinnernde Kribbeln auf der Zunge ein, und zwar um ein Vielfaches stärker als beim getrockneten Gewürz. Chinesisch heißt dieser Geschmack má 麻 und drückt der Sichuan-
Die Früchte des schwarzen Cardamoms entwickeln sich in dichten Aggregaten an der Stengelbasis
Laubwerk von schwarzem Cardamom
Gruppe unreifer Cardamomkapseln
Überall entlang der Straße nach Ilam sieht man Cardamom-
Indischer Lorbeerblätter
Das dritte Gewürz war am schwersten zu finden, ob­wohl ich es es sogar am Markt angeboten sah: Die sogenannten „Indischen Lorbeerblätter“ stammen in Wahrheit von einer Zimtart mit minderwertiger Rinde, aber süß nach Zimt duftenden Blättern. Nach langer Suche schickte man mich schließlich in einen kleinen Hausgarten, in dem tatsächlich zwei schlanke Bäume standen. Aber beide erwiesen sich als wenig photogen, da sie in einem unglaublichen Ausmaß von Raupen befallen waren, die das aromatische Laub im Zeitraffertempo annihilierten. Selbst ein Grünen-
Dal Bhat Tarkari
Du fragst Dich jetzt bestimmt, wie die nepalische Küche schmeckt. Bislang ist das Fazit eher ernüchternd. Die Restaurants bieten neben chinesischem Chow Mein, in Berlin als „Nudelpfanne“ überall zu haben, eigentlich nur Dal Bhat Tarkari an, das heißt soviel wie „Linsen, Reis und Gemüsecurry“ und gilt als nepalisches Nationalgericht. Die Linsen sind oft ungeschält und werden in
Gemüsebrühe gekocht, wobei sie ihre Bißfestigkeit behalten; in Indien sind dagegen meistens geschälte Linsen im Einsatz, die in kürzester Zeit zu einem Brei verkochen. Gewürzt wird das Dal nur mit Salz und (wenn man Glück hat) etwas Chili.
Auch die Gemüsecurries sind sehr mild; besonders beliebt ist zur Zeit Kürbis, und zwar ißt man die jungen Blätter und Stengel, die zuvor mühsam von den Ranken befreit werden. Die Zubereitung ist einfach: Das Blattgemüse wird gekocht oder gedämpft und daraufhin mit etwas Fett, Kreuzkümmel und Bockshornklee in der Pfanne geschwenkt. Kartoffelcurries sind auch überall zu haben und auch trockene, frittierte Kartoffelraspel.
Der superscharfe Akabare Khursani
Das alles schmeckt recht lasch, allerdings bekommt man auf Anfrage auch gerne Chilies zum Knabbern dazugereicht. Außer den üblichen langen Schoten gibt es hier auch rundliche, in denen ich zu meinem Erstaunen die aggressive Schärfe und den blumigen Geruch der Art Capsicum chinense erkannte. Der lokale Name dieser in meiner umfangreichen Chili-Literatur nicht erwähnten Sorte lautet Akabare Khorsani.
Sonst gibt es noch überall die bekannten Momos, meist in einer vegetarischen Variante, und die üblichen nordindischen Snacks wie Samosa und gekochte Kichererbsen. Auch einen süßen Zahn scheinen die Leute zu haben, jedenfalls steht an jeder Straßenecke ein Süßigkeitenhändler, der Barfi, Pera, Gulab Jamun und ähnliches feilbietet, oft auch noch einfache pikante Mahlzeiten dazu (wie das ja auch viele Cafés in Deutschland tun).
Naja, daß man im Gebirge suboptimal ißt, kommt ja nicht wirklich unerwartet; hier eben sind Rustikalität und Einfachheit Trumpf. Trotzdem bleibe ich noch länger in der Gegend: Morgen fahre ich nach Fikkal und gehe dort was trinken.
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