Landkarte
Namobuddha Siehe auch Karnali Rajmarg, Jomsom Road Tarke Ghyang 2

Tarke Ghyang तार्के घ्याङ / ཏར་ཀེ་གྱང་ (Nepal)

Maize fields in Indravati valley, Northern Kathmandu valley, Nepal

Maisfelder im Indravati-Tal

Digitalis purpurea (Foxglove) growing in Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Fingerhut in einem Vorgarten in Tarke Ghyang

Liebe Birgit,

nun sitze ich also auf 2500 m See­höhe in Tarke Ghyang, einem von Sherpa be­wohn­ten Dorf in der grünen Berg­welt des Helambu-National­parks. Die An­reise war gar nicht ein­fach, und beim Gedan­ken an die Ab­reise stei­gen mir die sprich­wört­lichen Graus­birnen auf.

Und so kommt man hier­her: Von Kath­mandu fahren viele Bus­se mit dem hoch­traben­den Namen “He­lam­bu Su­per Ex­press” über Bhakta­pur, Banepa und Dhuli­khel, bie­gen dann ir­gend­wo nord­westlich vom Araniko-High­way ab und folgen dem breiten, grünen Indra­vati-Tal mit seinen Mais­feldern und Ba­nanen­stauden. Dann er­reicht man Melemchi, eine kleine Bazar-Stadt mit be­schränk­tem Newar-Am­biente und recht heißem Klima. Dort ist für die meisten Busse Schluß; zwei oder drei pro Tag fahren aber das Melemchi-Tal hinauf, bis nach Timbu. Und wenn den Bus­fahrer richtig der Hafer sticht, wenn das Wet­ter paßt, wenn genug Diesel im Tank ist und wenn auch das Horo­skop nichts da­gegen hat, dann fährt einer davon in weiteren zwei­einhalb Stunden acht Kilo­meter Luft­linie, tausend Höhen­meter und an­geb­lich fast 20 Straßen­kilometer nach Tarkeghyang. In sehr seltenen Fällen sollen die Busse noch weiter bis Melamchi Gaon kommen, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe.

In Melem­chi an­ge­kom­men, erfuhr ich, daß ich Tarke Ghyang nicht mehr am sel­ben Tag er­rei­chen könnte, daß mein Bus aber immer­hin nach Timbu weiter­fahren würde. Ich war froh, von der Ebene weg­zukommen, und nahm das An­gebot auf Weiter­fahrt gerne an. Zwei Stun­den später war ich in Timbu und checkte dort gleich im River­side Guest House ein, das von einer freund­lichen Sherpa-Dame geleitet wird. Am nächsten Tag, so versprach man mir, könnte ich dann weiterreisen.

Buddhist Stupa and Mani Wall in front of Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Mani-Mauer und Stupa vor den Häusern in Tarke Ghyang

Woman drying maize grains, Timbu village, Helambu, Nepal

Frau beim Trocknen von Mais in Timbu

Timbu ist ein klei­nes und nicht beson­ders inter­essan­tes Dorf auf 1500 m See­höhe; es liegt am Rande des Helambu-National­parks. Die Helambu-Region ist ein trotz der Nähe zur Haupt­stadt nur schlecht er­schlos­senes Gebiet, das fast aus­schließ­lich von den be­rühm­ten Sherpa be­wohnt wird. Die Sherpa sind eine tibeti­sche Ethnie, die vor etwa 500 Jahren aus dem Hoch­land von Tibet nach Nepal ein­ge­wandert ist; der Name bedeutet eigentlich „Ost­volk“. Die meisten Sherpas leben in der Khumbu-Region (Solu­khumbu-Distrikt) rund um den Sagar­matha, den wir als Mt. Everest kennen; die Helambu Sherpa sprechen einen leicht anderen Dia­lekt und nennen sich selbst Yholmo. Sie sind eine kleine Gruppe von weniger als 10000 Menschen und folgen wie fast alle tibeti­schen Völker dem Vajra­yana-Buddhis­mus, und zwar in einer Rotmützen-Variante.

Buddhist Temple in Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Der Haupttempel von Tarke Ghyang

Gauri (yak cow hyrid) baby in Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Ein Gauri-Baby

Avalokiteshvara and Padmasambhava in Chiri Gumba Buddhist monastery in Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Avalokiteshvara und Padmasambhava im Kloster Chiri Gumba

Buddhist Stupa and Prayer flags in Tarke Ghyang (Sherpa village in Helambu, Nepal)

Stupa; das Dorf Melamchi Gaon ist rechts hinten sichtbar

Der Bus am näch­sten Tag fiel kom­mentar­los aus; ich über­legte mir be­reits, denn gan­zen Helambu-Plan auf­zu­geben, aber am über­näch­sten Tag kam ich dann doch noch weiter. Eigent­lich wollte der Fahrer sogar bis Melamchi Gaon, aber der leichte Regen­fall stimmte ihn be­denk­lich; des­halb wurde ich in Tarkeghyang ab­ge­setzt, und das ist auch nicht schlecht. Das Dorf be­steht aus grauen Stein­häusern, die sich dicht am Hang drängen; am unteren Ende steht ein großer Tempel mit vielen bunten Gebets­fahnen. Über­haupt kann man auf Schritt und Tritt irgend­etwas Bud­dhisti­sches sehen, wie Stupas, Gebets­fahnen und Gebets­steine und Mani-Mauern; die letz­teren sind sinn­freie Stein­mauern, in die Gebets­steine ein­gelas­sen sind, und meist gehört noch ein Stupa (auf Tibetisch Chörten) zum En­semble. Das Gelände fällt nach Nord­westen hin steil zum Fluß Melamchi Khola ab, und am gegen­über­liegen­den Hang sieht man Melamchi Gaon in der Morgen­sonne glänzen; das Wet­ter ist aber sehr instabil, und ab Mittag wechseln Sonne, Wolken und schlimmsten­falls leichte Regen­schauer im Viertelstundentakt.

Eigentlich kann man hier nicht all­zu­viel unter­neh­men, denn das Dorf bietet keine touristi­schen Ver­gnügun­gen; solchen de­kaden­ten Firle­fanz wie Restau­rants, Inter­net-Cafés oder auch nur Tee­stuben sucht man ganz ver­gebens. Aller­dings gibt es zwei bud­dhisti­sche Tempel: Der Haupt­tempel ist so etwas wie das spiri­tuelle Herz des Dorfes und steht gleich am unteren Rand des­sselben, an einer Wiese, die auch als Kuh­weide und als Wende­schleife für die Busse aus Melamchi dient. Die Medi­tations­halle ist stim­mungs­voll wenn­gleich nicht allzu reich­lich geschmückt; eine genauere Be­schrei­bung spare ich mir, denn die kommt im nächsten Brief. Der zweite Tempel heißt Chiri Gumba und liegt etwas außer­halb, am Weg nach Melamchi Gaon. Es ist frisch renoviert und trägt ein weit­hin leuch­ten­des gelbes Dach.

Diese Chiri Gumba scheint ein echtes Kloster zu sein; zwar habe ich keine Mönche ge­sehen, aber wenig­stens einige Kinder, die zwar nicht in das typische bud­dhis­tische Rot ge­kleidet sind, aber hier of­fen­bar zur Schule gehen. Der Innen­raum der Medi­tations­halle besticht durch zwei Statuen von Ava­lokit­eshvara und Padma­sambhava (Guru Rim­poche), durch mit Yak­fell be­spannte Trommeln, bunte Wimpel und farbige Freschi an den Wänden. Vor der Halle war ein zot­teliges aber recht liebens­wertes Kalb an­gebun­den; es handelt sich dabei aber nicht um einen Yak (für die ist es jetzt in dieser nied­ri­gen Lage zu heiß), sondern um eine Kreu­zung aus Yak und Rind, die Gauri (oder tibetisch Dzo) heißt. Das optisch recht un­ansehn­liche Yakfell fühlt sich übrigens seiden­weich und sehr ange­nehm an, und des­halb hätte das Tier in jeden Streichel­zoo gepaßt, zumal es mit riesgen Kuller­augen auch noch das Baby-Schema perfekt bediente.

Anemone flower (Ranunculaceae), Helambu (Himalaya, Nepal)

Anemone

Orchid flower (Orchidaceae), Helambu (Himalaya, Nepal)

Orchidee

Arisaema flower (Araceae), Helambu (Himalaya, Nepal)

Kobralilie

Wild Himalayan strawberry (Frangaria spp, Rosaceae), Helambu (Himalaya, Nepal)

Wilde Erdbeere

Clubmoss (Lycopodium clavatum, Nagbeli) with Lady's Bug, Helambu (Himalaya, Nepal)

Bärlapp mit Marienkäfer

Trifolium repens: Four-leaf clover (Fabaceae), Helambu (Himalaya, Nepal)

Glücksbringer

Wer gerne wandert (Regen­festig­keit vor­aus­gesetzt), der hat die Aus­wahl zwischen einigen Fuß­pfaden, die Tarke Ghyang mit den be­nach­barten Dör­fern ver­bin­den. Nach weni­gen Schrit­ten ist man mit­ten in einem Wald, der zwar nur aus Laub­bäumen be­steht, sonst aber durch­aus an alpine Forste in Höhen­stufen von 1200 bis 1500 m er­in­nert: Der Boden ist mit Kräu­tern und Zwerg­sträu­chern bewach­sen, manch­mal bil­den größere Ge­bü­sche ein echtes Unter­holz, und von den Zweigen der Bäume hängen Flechten (dazu kommen dann noch grüne Epi­phyten, die man bei uns ver­gebens suchen würde). Manche Arten oder Gat­tungen er­kennt man sofort: Bär­lapp, Finger­hut, Anemonen, Erd­beeren und Finger­kräuter sehen gleich oder nicht viel anders als in den Alpen aus, und beson­ders er­freut war ich über drei oder vier Aron­stab-Gewäch­se (ich ver­mute, aus der Gat­tung der Kobra­lilien), die gerade in Blüte stehen. Eine Or­chideen­art, die schat­tige Felsen bewächst, trägt ebenfalls gerade blaß­violette, exotisch geforme Blüten, anderer­seits bin ich für die Rhodo­dendron-Bäume wohl einen Monat zu spät dran.

Die Verpfle­gung er­zeugt nur be­schränk­te Wollust. Wie be­reits er­wähnt, gibt es keine Restau­rants, aber an der Bus-und-Kuh­wiese steht ein klei­ner Laden, der (wenn er einmal nicht zu­ge­sperrt ist) zu­mindest Instant-Nudel­suppen nepali­scher Bau­art (Marken­name Wai Wai) um ver­nünf­tiges Geld an­bietet; mit viel Glück und Vor­bestel­lung bekommt man auch ein Dal­bhat oder eine Gundruk-Suppe. Wirk­lich auf­regend ist das alles nicht, aber dafür habe ich auf der An­fahrt beim Zwangs­aufent­halt in Timbu erstaun­lich gut gegessen.

Nepali/Sherpa food: Dedo Masu, fried maize dumplings with dry-fried buffalo meat

Dedo Masu, Mais mit Fleisch

Nepali/Sherpa Food: Maize dumplings with wild mushroom ragout

Maisknödel mit Pilzsauce

Denn dort gab es wieder ein­mal Mais. Die Be­sitze­rin des River­side Guest House of­fe­rierte mir als Trost­pflaster für die lan­ge War­terei Dedo Masu, das sind in der Pfan­ne knusp­rig an­gebra­tene Polenta-Knödel mit pikantem trockenen Büffel­fleisch. Durch das An­braten gewin­nen die Dedo eine dünne, sehr glatte und beim Zer­beißen split­ternde Ober­fläche, die in einem ange­nehmen Gegen­satz zu dem weichen, fast pap­pigen Innen­leben steht; das­selbe gilt auch für das Fleisch, das offen­bar lang­sam und lange ge­braten wurde, bis es aus­trocknet und eine gewisse Zähig­keit ent­wickelt. Am nächsten Tag bekam ich in einer anderen Bude ein Früh­stück, das aus weichen Mais­knödeln mit einer milden Sauce aus Gemüse und Wald­pilzen bestand und ebenfalls sehr gut mundete.


Namobuddha Tarke Ghyang 2

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