Landkarte
Narayangarh Siehe auch Baglung Karnali Highway

Birendranagar (Surkhet) वीरेन्द्रनगर (सुर्खेत) (Nepal)

Magar Tribeswoman in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Nepalesen sind immer freundlich

Chaudhari house in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Haus einer Chaudhari-Familie

Liebe Birgit,   

die Stadt Bir­endra­nagar wird von allen außer ihren Be­woh­nern Surkhet genannt, dabei steht letz­teres eigent­lich für der Bezirk, dessen Ver­waltungs­zentrum sie ist. Wie auch immer: Bir­endra­nagar ist eine über­schau­bare und freund­liche Stadt, gelegen auf 650 m in der reiz­vollen Hügel­land­schaft des „Inneren Terai“. Daß es hier keine histori­schen Sehens­würdig­keiten gibt, kann man nie­man­dem an­lasten, denn die Stadt ist erst ein paar Jahr­zehnte alt und wurde nach dem König benannt, der sie planen und aus dem Boden stampfen ließ. Touristen kommen folglich kaum hierher, so wie der ganze Westen Nepals ja touris­tisch ein Stief­kind geblieben ist.

Tribeswoman harvesting wheat in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Weizenernte

Wheat winnowing in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Weizenverarbeitung

Woman driving cattle from ripe wheat field in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Raus aus meinem Kornfeld!

Die Gebir­ge West­nepals werden von einer An­zahl von Berg­völkern be­wohnt, die rein äußer­lich sehr an die Ethnien in ost­nepali­schen Gebirgs­dörfern wie Hile er­in­nern: Sie sind bunt ge­kleidet und spre­chen sino–tibeti­sche Spra­chen, die Frauen tragen in den wetter­gegerb­ten Ge­sichtern schweren Gold­schmuck, und ihre Religion datiert noch aus vor­hinduisti­schen Zeiten. Die größten derartige Gruppe bilden die Magar, von denen später noch mehr zu berichten ist. In den Städten wohnen natür­lich auch indisch­sprachige Nepali wie die Chhetri, die oft die nicht–traditio­nelle Berufe ausüben und daher im Schnitt einen höheren Lebens­standard als die vor­wiegend mit Land­wirtschaft beschäf­tigte auto­chthone Be­völke­rung erreichen. Dazu kommen noch die agrari­schen Chaudhari, eine im Terai auto­chthone Tharu-Gruppe.

Wenn man hier mit aller Gewalt von Sehens­würdig­kei­ten berichten wollte, dann könnte man höchstens den Bulbule Tal er­wäh­nen, einen klei­nen See am Süd­rand der Stadt, nahe dem Bus­bahnhof; an den Weiher schließt ein kleiner aber sehr hüb­scher Park an, dessen roman­tische Atmo­sphäre von frisch Ver­liebten geschätzt wird. Span­nender ist es jedoch, einfach umher­zu­wandern und auf einer der vielen Aus­fall­straßen spa­zieren­zugehen. Sehr rasch verläßt man dabei das fast urbane Zentrum und findet sich in einer sehr dörf­lichen Um­gebung wieder: Man sieht dann gold­gelbe Weizen­felder, die ganz tra­ditio­nell per Hand be­erntet werden; die typi­schen Magar-Häuser mit Flach­dach, rotem Lehm­verputz und ge­pfleg­tem Blumen­garten (dazu später mehr); Wasser­büffel und Rinder, die sich nur mit Mühe von den korn­reichen Feldern fern­halten lassen; und natür­lich viele bunt­geklei­dete Menschen, die umher­flanieren oder im Schatten sitzend warten, bis die Hitze etwas nachläßt.

Rhododendron arboreum (Gurans) forest in Guranse, near Surkhet (Western Nepal)

Zweig mit Rhododendron-Blüten

Rhododendron arboreum (Guras) forest in Gurase, near Surkhet (Western Nepal)

Rhododendron-Blüten

Rhododendron arboreum (Gurams) forest in Guramse, near Surkhet (Western Nepal)

Rhododendron-Baum

Ein sehr schöner Aus­flug führt in das zwei Bus­stunden ent­fernte Gurase, zu­min­dest wenn man es schafft, einen der weni­gen täg­lichen Bus­se zu er­wischen. Die Straße führt Rich­tung Norden, in die Nachbar­provinz Dailekh, und erklimmt zügig die steilen Hügel, wobei sie erst Laub- und dann Nadel­wälder durch­quert. Später besteht die Um­gebung nur noch aus alpinen Wiesen, die teil­weise zu terras­sier­ten Feldern um­gearbeitet sind; aller­dings ist die Be­völke­rungs­dichte viel niedriger als in den Berg­provinzen des Ostens, und daher fährt man kilo­meter­lang durch ziem­lich un­berührte Natur. Zu­letzt stel­len sich wieder sehr lockere Wälder ein, aber aus einer ganz besonderen Baum­art, deren knor­rige Exemplare dicht mit Moosen und anderen Epiphyten (darunter auch Orchideen) bewachsen sind: Es handelt sich um eine Rhodo­dendron-Art (Rh. arboreum), die auf Nepali Guras heißt und die meinem Ausflugziel den Namen gegeben hat.

Beson­ders auf dem letzten Strecken­abschnitt zwischen Rata­nangla und Gurase führt die Straße durch fast reine Rhodo­dendron-Bestän­de. Der „Rosen­baum“, übrigens auch die National­pflanze Nepals, wird um die zehn Meter hoch, mitunter auch mehr, und trägt immer­grüne, breite, ledrige Blätter; im Früh­sommer, also jetzt, erscheinen leuch­tend rote Blüten in Quir­len am Zweig­ende. Manche Bäume tragen zwanzig und mehr Blüten, und das sieht dann fast so spek­takulär aus wie die bei uns üblichen Zucht-Rhodo­dendren, aber hier scheint jeder Baum seinen eigenen Blüh­rhythmus zu haben, so daß manche Bäume die Blüten­pracht be­reits ab­ge­wor­fen haben, während andere noch mit Knospen bestückt sind. Der ein­zige Rhodo­dendron-Wald, den ich bisher gesehen habe, steht in McLeod Ganj, und dort konnte man selbst im Winter ganz vereinzelt Blüten sehen.

Gurase ist ein Dorf, das sich etwa 100 m ent­lang der Straße er­streckt; es bietet zahl­lose klei­ne Restau­rants und sogar eine Her­berge. Ei­gent­lich ist es ver­wunder­lich, daß Touristen diese zauber­hafte Ge­gend so auf­fäl­lig meiden. Für mich brachte der Aus­flug außer hunderten von Rhodo­dendron-Bildern noch einen wei­te­ren Bonus: An der Straße fand ich nämlich noch einige dornige Sträu­cher, die sich als Timur ent­pupp­ten, die nepale­sische Version von Sichuan­pfeffer. Auch diese standen gerade in Blüte, aller­dings sind deren Blüten so unauf­fällig, wie das einer Blüten­pflanze nur möglich ist.

Piper nigrum: Black pepper growing in the Himalaya in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Unglaublich aber wahr: Schwarzer Pfeffer

Sun-hungry reptile in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Auch Echsen lieben Sonnentage

Murraya koenigii: Flowering curry shrub in Birendranagar (Surkhet), Western Nepal

Blühender Currybaum

Auch Bir­endra­nagar bot mir einige bota­nische Über­ra­schun­gen: An erster Stel­le ist hier der Curry­strauch zu er­wäh­nen. Dieses in Indien so essen­tielle Gewürz habe ich in Nepal noch nie bemerkt, und ich dachte, es wachse hier ein­fach nicht; des­halb war ich umso mehr über­rascht, daß über­all in der Stadt wilde Curry­sträucher die Straßen­ränder be­siedeln (auch sie stehen gerade in Blüte, und die Kamera schnauft); die Ein­heimi­schen wissen aber auch hier nichts mit dem aro­mati­schen Laub an­zu­fangen. Um die Freude zu kom­plet­tieren, fand ich in einigen Haus­gärten sogar indische Lorbeer­bäume, deren Blüten ich noch nie zuvor gesehen hatte (die Bäume habe ich Dir ja bereits aus Ilam be­schrieben).

Die größte Über­ra­schung stand mir aber noch bevor: Während ich auf der Straße ein kleines Exemplar von Heili­gem Basili­kum ab­lichtete, winkte mich eine Frau zu ihrem Garten­tor. Zwar sprach sie kein Wort Eng­lisch, aber es war klar, was sie meinte: Bei mir gibt es schönere Blu­men, wa­rum willst du dich mit die­sem lausi­gen Un­kraut ab­plagen? Nicht ganz über­zeugt folgte ich ihr. Die umfang­reiche Rosen­sammlung ließ mich kalt, weniger so die Zitronen­blüte, aber schließ­lich zeigte sie mir ihren größten Schatz: Eine Pfeffer­ranke! Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte: Es handelte sich wirklich um Schwar­zen Pfeffer, der sich einen Mango­baum hinauf­wand und dabei reich­lich grüne Früchte trug. Von Pfeffer im Himalaya wußte die Gewürz­literatur bis dahin nichts, und es war mir eine große Freude, der Blumen­hexe zum Abschied einen ver­gammelten Umorok zu schenken, der in einem Seiten­fach der Photo­tasche spontan mumi­fiziert war.

Nepali/Magar Food: Charcoal-grilled marinated pork cubes (Pork Sekuwa)

Schweinerei Phase 1: Hier wird unter vollem Feuereinsatz gegrillt

Nepali/Magar Food: Charcoal-grilled marinated pork cubes (Pork Sekuwa)

Schweinerei Phase 2: Einfach nur sauguuut!

Nepali/Magar Food: Gundruk soup

Gundruk-Suppe

Beim Es­sen macht Bir­endra­nagar eine deut­lich bes­sere Figur als das zu­letzt be­such­te Narayan­garh: Das ist vor allem den Magar zu danken, die dem Einer­lei aus Dal Bhat und Chow Mein etwas in­nova­tive Seiten ab­gewin­nen können, bei­spiels­weise durch Fleisch- und Fisch­curries und besonders durch Gundruk, den ich aller­dings nur auf be­son­dere An­frage bekam. In einer win­zigen Magar-Kneipe wurde mir eine ein­fache aber schmack­hafte Gundruk-Suppe be­reitet, die nur aus in Öl dunkel­schwarz an­gebra­tenen Chilies, etwas Curcuma, Koriander­blättern, Salz, Wasser und Gundruk bestand. Ich wurde Stammgast.

Die Magar he­gen zum Schwein ein ähnl­ich inten­sives Ver­hält­nis wie ihre öst­lichen Kol­legen, die Rai und Limbu. An vie­len Orten in der Stadt be­kommt man eine Variante des Grill­spießes Sekuwa, aber nicht mit Büffel oder Lamm, sondern mit ab­wechs­lend fet­tem und ma­ge­rem Schweine­fleisch, das chili­reich mari­niert und dann unter in­fernali­schen Be­din­gun­gen mit Holz­kohlen­grill und Ventil­lator ge­gart wird. Ser­viert wird das ganze mit Puff­reis (Bhuja), einem nicht auf­regenden Chutny aus Tomaten, das im besten Fall mit Timur auf­gewer­tet wird, und manch­mal rohem Gemüse, wie Ret­tich mit ge­hackten Koriander­blättern. Als beken­nen­der Schweine­fan sage ich: Besser geht es nicht mehr.


Narayangarh Karnali Highway

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