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Im Zug von Süd nach Nord |

Am Bahnsteig in New Jalpaiguri
ich sitze gerade am Bahnhof von New Jalpaiguri in West-
Die letzten eineinhalb Wochen waren ein unerfreuliches Auf und Ab. Das Problem mit dem Objektiv erwies sich als hartnäckig. Zwei Läden verweigerten nach Ansicht des Objektives die Reparatur, das Sony-Service-Center offerierte mir Ersatz in Form einer Original-Sony-Linse — nun sind diese aber deutlich teurer als die third-party-Nachbauten, und in Indien kosten sie nochmals doppelt so viel wie in Europa; außerdem hätte die Bestellung zwei Wochen gedauert, und so lange ist mein Visum ja gar nicht mehr gültig. Ich war dann in Kochi, weil ich mir dort die besten Chancen auf Reparatur ausrechnete und weil ich außerdem einen Nepal-Reiseführer im besten Buchladen des Ortes vorbestellt hatte — natürlich hatten die Dumpfbacken (“Two or three days, Sir!”) auch in zwei Wochen das Buch nicht organisiert. Manchmal hat man den Eindruck, man sei der erste Mensch, der je ein Buch bestellt hat, weil die Leute offenbar selbst hochgradig fasziniert sind, was dabei wohl herauskommen wird.
Gesehen im Zug: Dieses Schild ziert die Notbremse und lädt zu Reflexionen über den Wert von Lebenszeit ein (1000 Rupye entsprechen etwa
Entsprechend machte ich ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter (was monsunbedingt ja auch stimmte), und da nahte sich Rettung einer einer Form, die sonst immer nur Ärger verspricht: Ein schmächtiger Rikshafahrer fragte mich, warum ich so schlechte Laune hatte. Ich warnte ihn, daß er das nicht hören wolle, und erzählte ihm dann alles, was mir in den letzten Tagen in Indien nicht gefiele. Es wurde eine lange Geschichte. Er lächelte und gab mir dann die Adresse eines Kamera-Reparaturladens, die ich ganz unten auf die Liste der am nächsten Tag abzuklappernden Läden aufnahm. Was versteht so ein Riksha-Wallah schon von einer Spiegelreflexkamera!
Offenbar genug, denn nachdem mich am nächsten Tag alle Läden enttäuscht hatten, fuhr ich zur angegebenen Adresse, wo ich ein ganzes Shopping Mall mit Hitech-Produkten fand, meistens Handyläden. Die Kameraleute machten einen kompetenten Eindruck, versprachen, sich das Objektiv anzusehen und alternativ in Erfahrung zu bringen, wo man neue Objektive um vernüftiges Geld kriegt. Und am nächsten Tag erhielt ich ein repariertes Objektiv, von dem der Reparaturmensch sagte, er könne zwar für den Autofokus nicht garantieren, aber der Rest müßte beliebig langlebig sein. Voller Freude fuhr ich gleich nach Mattancheri, um ein paar Photos von der Judenstadt nachzuholen — und stolperte dort gleich über einen nagelneuen Nepal-Reiseführer, und zwei Straßen weiter saß der freundliche Rikshafahrer, bei dem ich mich dann herzlich bedanken konnte.
Dem Sechser gegenüber gibt es noch zwei Schlafplätze direkt am Gang
Sechserabteil in Schlafkonfiguration
Entsprechend gut gelaunt setzte ich mich dann vorgestern in den Zug, der mich von Chennai nach New Jalpaiguri bringen sollte — eigentlich wäre der Ernakulam-
So eine Zugfahrt ist eine äußerst indische Art, Indien zu bereisen, denn die Inder machen es ebenso. In der billigsten Klasse, dem sleeper, sitzt man zu sechst in Abteilen, die zum Gang hin offen sind und durchaus auch für europäische Konfektionsgrößen ausreichend Platz bieten. Nachts schläft man bequem: Zwei auf den beiden Sitzbänken, zwei auf der Gepäckablage und zwei und heruntergeklappten Zwischenbetten. Auf der Gepäckablage kann man auch tagsüber herumliegen und dösen, wobei die überall von der Decke hängenden Ventillatoren eine erkennbare Abkühlung bringen; sonst setzt man sich eben runter und plaudert mit den anderen Passagieren.
Im Wagen herrscht immer reger Durchgangsverkehr
Im Wagen herrscht immer reger Durchgangsverkehr
Auf einer Zugfahrt kann man durchaus interessante Leute treffen; mit Vergnügen erinnere ich mich an den Mitreisenden auf der Fahrt nach Orissa, der mir, sobald er erfuhr, daß ich Österreicher bin, erklärte, daß er Sigmund Freud für einen drei größten Geister in der Menschheitsgeschichte halte (die anderen waren, nicht weniger überraschend, Darwin und Marx). Auch wenn ich Freud nicht so sehr schätze, so ist das doch eine erfreuliche Abwechslung, denn normalerweise kennen die Leute höchsten einen Österreicher, und auf den kann man nicht allzu stolz sein. ☺
Diesmal reiste ich mit einem jungen Lehrer aus Chennai, der in einer Schule in Guwahati, der Hauptstadt Assams, unterrichtet; im Nachbarabteil saß eine bengalische Familie, die die kranke Mutter zur Behandlung nach Chennai begleitet hatte und nun mit ihr wieder heimfuhr; die anderen in meiner Nähe sprachen kein Englisch. Die Verspätungen halten sich in engen Grenzen, da scheint sich in den letzten vierzehn Jahren wirklich einiges zum Besseren gewendet zu haben. Mehr als eine Stunde Verspätung habe ich bei Fahrzeiten von zwei bis drei Tagen nicht erlebt.
Der Chai-Wallah
Die Zugfahrt verläuft recht eintönig und wird nur im Rhythmus von ein bis drei Stunden von Bahnhofsaufenthalten unterbrochen; dabei steigen nicht nur Passagiere, sondern auch fliegende Händler ein, die dann bis zur nächsten Station den Fahrgästen Haaröl, Seidenstoffe, Elektrospielzeug und was weiß ich sonst noch alles andrehen wollen. Erfreulicher ist der regelmäßige Besuch von Teehändlern, die große Gefäße mit heißer gezuckerter Milch mit sich herumtragen und den Kunden einen Plastikbecher mit Teebeutel in die Hand drücken und dann mit der heißen Milch auffüllen.
Auch Snackhändler mit Kleinigkeiten wie den Teigtaschen Samosa oder gekochten Kichererbsen gibt es, aber sonst liegt die Verpflegung in Händen des Speisewagens. Dort wird den ganzen Tag über eifrig gekocht, und zu Mittag und Abend kann man dann aus je einem vegetarischen und einem nichtvegetarischen Gericht wählen. Alles ist ziemlich einfach aber durchaus eßbar: Auch wenn in Tassen aus Aluminiumfolie serviert wird, so ist es doch frisch gekocht und nicht nur aus der Tiefkühltruhe in den Mikrowellenofen geschoben, wie das bei deutschen Speisewagen zu bedeutend höheren Kosten durchaus vorzukommen pflegt.
Reis, Kartoffeln und Dal
Gemüse-
Am ersten Tag hatte ich ein etwas knochiges Hähnchen und stieg daher für den Rest der Reise auf vegetarisch um: Der Biryani war einfach aber OK, und das Menü aus Linsen und gekochten Kartoffeln mit Reis schmeckte nach Kreuzkümmel und Curcuma, daß es eine Freude war. Ein bißchen lasch zwar, aber erstens ist es ja keine Gourmetreise, und zweitens hatte ich noch ein paar der explosiven Kanthari-
In New Jalpaiguri beginnt nun der Tag zu grauen. Bei nächster Gelegenheit werde ich mich ins etwa
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