Landkarte
Bundi Ranakpur

Chittaurgarh चित्तौड़गढ़ (Rajasthan)

Chittaurgarh fort overlooking Chittor, Rajasthan (India)

Die Festung Chittaurgarh thront hoch über der Stadt

Jata Shanka Mandir temple inside Chittaurgarh fort, Rajasthan (India)

Der Jata Shankar Mandir ist einer von vielen restaurierten Hindu-Tempeln im Fort

Kumbha Mahal Palace inside Chittaurgarh fort, Rajasthan (India)

Palastanlage Kumbha Mahal

Phatta Haveli in Chittorgarh Fort, Rajasthan (India)

Die Ruine des Phatta Haveli

Liebe Birgit,

den Ort, an dem ich gerade bin, findest Du in der Literatur unter verschie­denen Schreib­weisen wie Chittaur, Chittor­garh oder Chittaur­gadh; genauer bezeichnet Chittaur die Stadt und Chittaurgarh die Festungs­anlage. Chittaur ist eine un­spektakuläre wenn­gleich auch irgendwie sym­pathische Stadt mit brahmanen­blauen Häusern, die sich an die lang­gezogene Westseite eines Burg­berges drängen. Eine Serpentinen­straße führt durch fünf Tore hinauf auf die Burg, und dann hat man eines der größten und legenden­umwobensten Forts von ganz Indien erreicht.

Ungeachtet seiner bau­lichen Stärke und seiner günsti­gen Lage ist Chittaur­garh ins­gesamt drei­mal erobert worden. Gefan­gene wurden dabei keine gemacht: Wäh­rend sich die Männer im Raj­puten-Stolz ihr safran­gelbes Hoch­zeits­gewand aus dem Schrank holten und und zu einer sym­boli­schen Hoch­zeit mit dem Schlachten­tod aus­ritten, berei­teten sich die Frauen auf eine „warme Um­armung“ einer anderen Art vor und ver­übten das Jauhar-Ritual: Frei­willige Massen­selbst­verbrennung. Dieser zweifel­hafte Ehr­begriff und seine kompromißl­ose Aus­führung haben Chittaur weit über die Grenzen Raja­sthans hinaus berühmt gemacht.

Close-up to Vijaya Stambha (Tower of Victory) in Chittaurgarh Fort, Rajasthan, India

Ein einzelnes Stockwerk des Siegesturmes

Top level room in Vijaya Stambha (Tower of Victory) in Chittaurgarh Fort, Rajasthan, India

Der oberste Raum im Siegesturm

Pig and Monkey being strange friends, seen at Chittaurgarh Fort, Rajasthan, India

Seltsame Freunde!

Vijaya Stambha (Tower of Victory) in Chittorgarh Fort, Rajasthan, India

Der Siegesturm (Vijaya Stambha)

Als ich das Fort vor 14 Jah­ren schon einmal besuch­te, wa­ren die mei­sten der Ruinen und Bau­werke in einem vernach­lässigten Zustand. Die melan­cholisch stim­mende Um­ge­bung paßte irgend­wie zu der traurigen Ge­schichte des Ortes, und es blieb mir als eines der stärksten Ein­drücke aus Rajasthan in Erin­nerung. Heute sind viele der Tempel glänzend restau­riert, und das Fort ist zum lebens­frohen Zentrum eines jahrmarkt­artigen Treibens von Pilgern und Touristen geworden. Einen so groß­artigen Eindruck macht es nun nicht mehr, aber anderer­seits gönne ich es den Chittauri, daß sie nicht zum Wohle der paar Touristen in permanenter Depression leben müssen.

Stichwort Touristen: Das ganze Fort wim­melt davon, wobei es sich ganz über­wiegend um Inlands­touristen aus allen Teilen Indiens handelt. Sie sam­meln sich vor allem um die teil­weise hervor­ragend restau­rierten Tempel, die mit ihrer aller­dings züchtigen Figuren­pracht einen Hauch Khajuraho verströmen, und um den Sieges­turm (Vijaya Stambha), so etwas wie das Wahr­zeichen der Stadt. Dieses rein religiöse Bauwerk ist außen und innen mit religiösen Stein­figuren und Reliefs geschmückt und bietet vom obersten Stock aus einen herrlichen Ausblick auf das weitläufige Fort mit seinen Tempel und Palast­ruinen. Jedes Stock­werk ist individuell ausge­arbeitet und geschmückt, und sogar die Stiegen verlaufen in jeder Etage anders: teilweise zentral in einem engen, schacht­artigen Stiegen­haus, und teilweise etwas geräumiger an der Innen­seite der Außen­mauer. Der siebente Stock ist ganz in hellem Marmor gehalten und wird durch verschieden geformte Per­forationen der Außenmauer effektvoll beleuchtet; zum achten Stock könnte man nur mit einer Strick­leiter vordringen, aber die wird nicht angeboten.

Vor dem Sieges­turm treibt eine Affen­horde ihr Un­wesen; Pas­santen können Knabber­zeug in kleinen Papier­tüten kaufen und an die Affen ver­teilen, die es dann ganz manier­lich mit den Fingern heraus­nehmen und sich in den Mund stecken. Auch heilige Kühe und ein paar Schweine laufen dort herum, und zu meinem Erstaunen sah ich ein dösendes Schwein, das liebevoll von einer kleinen Gruppe Affen gelaust und gestreichelt wurde. Ein vorüber­gehender Inder sah meine Verblüffung und kommentierte trocken “They are friends”.

Mira Mandir Vishnu (Krishna) temple at Chittaurgarh Fort, Chittaur, Rajasthan (India)

Im Mira-Tempel

Tower of Glory (Kirti Stambha), Jain tower at Chittaurgarh Fort, Chittaur, Rajasthan (India)

Der Ruhmesturm (Kirti Stambha)

Padmini's Pavillon at Chittorgarh Fort, Chittor, Rajasthan (India)

Der Wasserpavillon der Padmini

Obwohl einige Paläste als Ruinen erhalten sind, so bleibt doch nur einer davon wirklich im Ge­dächt­nis haften: Der Palast der Padmini. Die Legende erzählt, daß der Sultan von Delhi das Gesicht der schönen Padmini als Spiegelung im See sah, als sie sich aus ihrem im Wasser gebauten Pavillon herauslehnte; von ihrer Schönheit begeistert, begann er einen Krieg mit Chittaur, der mit dem ersten Jauhar und Padminis Flammen­tod endete. Der große Palast­komplex wurde in den letzten 14 Jahren ausgiebig restauriert und ist nun mit duftenden Rosen bepflanzt; ich habe ihn noch als Trümmer­feld in Erinnerung, und finde das auch irgendwie passender.

Am Fort-Gelände stehen einige mehr oder minder große Tempel, die teil­weise Hindu-Göttern gewidmet sind, teil­weise aber auch der Jain-Religion dienen. Alle sind im typische nord­indischen Stil errichtet und auf der Außen­seite mit einer Unzahl von Figuren geschmückt, die durch die Kunst der Restauratoren fast wie neu aussehen. Die meisten sind in Betrieb und werden von Brahmanen bewirtschaftet, die jeden Besucher mit glücks­bringenden Mantras segnen, wenn dieser seine Rupye brav bezahlt. Besonders bemerkens­wert fand ich einen großen Vishnu-Tempel, dem ein kleiner „Mira-Tempel“ ange­schlossen ist, in dem eine flöten­spielende Frau abge­bildet ist. Diese Mira war eine Dichterin und Sängerin, die angeblich im 16. Jahr­hundert lebte. Sie verehrte Krishna so intensiv, daß sie von der Familie ihres Ehemanns geächtet wurde und zwei Giftanschläge wunder­sam über­lebte (er­klär­bar nur durch Krishnas wunder­sames Eingreifen). Eine Anzahl ihrer exstati­scher Oden an Krishna ist bis heute erhalten.

Über die Jain-Tempel sage ich lieber nichts, weil es dazu im Verlauf der folgenden Briefe noch genug Gelegen­heit geben wird. Aber ich muß unbe­dingt den Ruhmes­turm (Kirti Stambha) er­wähnen, der gewisser­maßen als jainisti­sche Pendent zum hinduisti­schen Sieges­turm an der Ost­seite des Forts gleich neben einem Jain-Tempel steht. Auch er ist außen wunderbar verziert, aber leider innen nicht zugänglich. Er gehört zur Sekte der Digambar (der „Himmels­bekleideten“ oder „Luft­bekleideten“), deren Mönche sich in der Öffentlich­keit unbekleidet zeigen, und deshalb ziert ihn eine große Darstellung eines nackten Jain-Heiligen etwa auf der Höhe des zweiten Stock­werks.

Indian Food: Besan Curry

Besan Curry

Indian Food: Bhindia Masala (fried okra = ladyfinger)

Masala Bhindi

Indian Food: Karhi (besan flower gruel)

Karhi

Das Essen in Chittaur bleibt etwas weniger in Erin­nerung. Durch meinen kurzen Auf­enthalt hatte ich keine Gelegen­heit, die schmack­haftesten Restau­rants zu finden, obwohl es es in der Umgebung des Bus­bahnhofs, wo auch mein sagenhaft günstiges Hotel (Zimmer mit WC um knapp zwei Euro) liegt, genug billige Kneipen gibt, die mit mehr oder minder Enthusias­mus den merk­würdigen Ausländer mit seinem Laptop und seinem Tee-Fimmel bewirten. Ich habe hier ganz passable Bharta gegessen, ordentliches Dal und eine merk­würdige Spezialität namens Karhi, das ist einfach eine Pampe aus Kicher­erbsen­mehl und Wasser (oder Joghurt) mit einer Handvoll Gewürze, vor allem Kreuz­kümmel und Curcuma. Dieser Brei wird im Prinzip wie Dal gegessen, also entweder einfach pur, oder man brät ihn in der Art von Dal Fry mit ein paar Gewürzen und eventuell Tomaten noch einmal auf.

Ich habe hier auch noch eine andere Art gese­hen, wie Kicher­erbsen­mehl in einen Curry verwandelt werden kann: Man formt daraus so eine Art Spätzle, die dann mit Wasser und Gewürzen zu einem sämigen Curry verarbeitet werden. Nach der pan-indischen Bezeichnung Besan für Kicher­erbsen­mehl heißt das Ganze dann einfach Besan Curry.

Außerdem haben es die Okras (Bhindi) endlich in die Restau­rants ge­schafft. Man findet sie zwar immer auf den Speise­karten und auch auf den Märkten, aber die richtige Saison scheint erst jetzt zu beginnen. Okras kann man durch die falsche Zu­bereitung fürchter­lich ver­ferkeln: In Indien will man sie nie zu schleimig haben, stattdessen sollen sie bevorzugt sogar noch ein bißchen Knackigkeit zeigen. Dazu müssen sie vollständig trocken sein und scharf angebraten werden, ehe man sie mit möglichst wenig Flüssig­keit aufgießt. Abgesehen von dieser Besonder­heit werden sie nicht anders zubereitet als viele andere Gemüse: Also die Gewürze in Öl anbraten, bis sie ein stark riechendes Masala ergeben, dann kommen die Gemüse­stücke rein, und dann läßt man noch je nach Garzeit fertig­dünsten oder gießt mit irgendetwas Wäßrigem auf (das können auch gehackte Tomaten sein). Der mild–krautige Geschmack der Okras verträgt nicht zuviel Würzung, in dem Restaurant beließen sie es bei Zwiebel, Knoblauch, etwas Kreuz­kümmel und grünem Chili.


Bundi Ranakpur

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