Der Vishvanatha-Tempel am Durbar Square von Patan
Der Darbar Square von Patan
Tempel am Darbar Square
Die Palastmauer (im Vordergrund Garuda)
Der Narasimha-Tempel
Liebe Birgit,
zu den schönen Dingen an Kathmandu gehört es, daß man nicht in der Stadt festsitzt. Bereits in 20 km Umkreis findet man unzählige weitere Sehenswürdigkeiten, von denen ich Dir heute nur eine einzige vorstelle: Die Stadt Patan, die nur 5 km südlich liegt und praktisch längst mit Kathmandu verschmolzen ist.
Die Palastmauer (im Vordergrund Garuda)
Patan (oder auch Lalitpur, die „Stadt der Schönheit“) ist ebenfalls eine historische Stadt und hat einen Darbar Square, dessen Gesamtansicht einfach überwältigend ist und Kathmandu noch übertrifft: Fast alle Tempel und Schreine stehen an der Westseite der Palastmauer und lassen sich mit einem einzigen Blick einfangen. Rundherum erstreckt sich Patans Altstadt, die genauso vielfältige Attraktionen wie die von Kathmandu bereithält.
Der Narasimha-Tempel
Bereits der Weg von der Bushaltestelle im Marktviertel Lagankhel zum Darbar Square führt an faszinierenden Tempeln und Innenhöfen vorbei, bis man schließlich vor einem fast unirdischen Panorama steht: Eine fast endlose Reihe von vielstufig bedachten Tempeln erstreckt sich entlang der Palastfassade. Da ich mir für meinen Ausflug einen Tag mit einigermaßen stabilem Wetter ausgesucht hatte, blieb kaum ein Wunsch offen, und die folgenden Stunden verbrachte ich in purer Verzückung.
Auf den Stufen des Jaganarayan Mandir
Unter dem Dach des Jaganarayan Mandir
Hari Shankar Mandir
Auf den Stufen des Jaganarayan Mandir
Holzfenster am Palast
Die meisten Tempel sind im lokalen Newar-Stil errichtet, aber man findet auch einen achteckigen Krishna-Tempel ganz im Süden und weiter im Norden einen zweiten Krishna-Tempel, der wie ein rajasthanischer Palast mit unzähligen säulengetragenen Küppelchen dekoriert ist; davor hockt auf einer Säule Garuda, das Reittier Vishnus (von dem Krishna ja eine Inkarnation ist), den man in Nepal nicht als Adler, sondern als geflügelten Menschen darstellt. Vor den Shiva-Tempeln sieht man dagegen den buckeligen Bullen Nandi, Shivas Reittier. Ein weiterer stilistischer Ausreißer ist der Narasimha-Tempel, der zu einer weiteren Vishnu-Inkarnation gehört und im indo–arischen Stil Nordindiens errichtet ist.
Unter dem Dach des Jaganarayan Mandir
Hari Shankar Mandir
Holzfenster am Palast
Alle diese Tempel sind nur durch eine Straße vom Palast getrennt. Der Palast ist für Besucher größtenteils gesperrt, aber man kann zwei reichdekorierte Innenhöfe besichtigen, die die Dächer dreier in den Palast integrierter Tempel lassen sich auch von außen gut wahrnehmen. Der freie Platz und die Stufen zu den Tempeln dienen den Einheimischen dazu, sich auszuruhen und in Ruhe mit Freunden (oder Freundinnen) zu plaudern. Trotz der vielen Touristen ist der Ort entspannt und gehört den Newar, nicht den (teuer für das Vergnügen bezahlenden) Ausländern; lediglich der orangegekleidete Sadhu, der jedem ins Bild zu springen versuchte und hinterher dafür eine Spende verlangte, trübte die Stimmung (aber ich habe ja ein Teleobjektiv, ätsch!).
Holzfenster am Palast
Die Newari-Girlie-Gang
Zu meiner Verzückung trugen natürlich auch die Newar-Restaurants (Nevari Khaja Ghar, „Newar-Essens-Haus“) bei, deren Dichte in Patan keineswegs geringer ist als in Kathmandu. Trotzdem beziehen sich meine folgenden kulinarischen Notizen überwiegend auf Kathmandu, einfach weil ich dort viel mehr Zeit verbracht habe. Einen Unterschied in der Kochkunst zwischen den beiden Städten kann ich nicht ausmachen.
Die Newari-Girlie-Gang
Chatamari auf der Platte
Chatamari
Janla
Hirn (Nyapu) und Rückenmark (Tisya)
Satu Mhicha
Bhutan
Baji (Reisflocken)
Hausbrand
Während die Kneipen traditionell nur von Männern besucht werden, scheint sich nun langsam ein Paradigmenwechsel anzubahnen: Manchmal sieht man nämlich auch Gruppen von jungen Frauen, meist sogar Teenager-Gören, die sich ebenfalls dieses Vergnügen gönnen. In einer meiner Stammkneipen wurde ich von einer solchen Girlie-Gang angequatscht, und daraus entwickelte sich eine mehrtägige Bekanntschaft. Die Mädchen, alle um die 18, alle luftig bekleidet, teilweise heftig geschminkt und natürlich mit Handy ausgerüstet, verbringen in den Ferien jeden Tag in der Kneipe, und snacken sich von elf bis vier durch die Speisekarte — nur den Alkohol lassen sie aus, und das ist gar keine schlechte Idee. Dafür rauchen sie wie die Schlote, wobei sie eine verschämt–verschlagene Verschwörermine aufsetzen, sobald sie sich einen Glimmstengel anbrennen. Auf meine Frage, ob denn ihre Eltern das wüßten, meinten sie mit demselben Verschwörerlächeln, daß ihren Eltern nicht klar sei, wie viel sie rauchten. Jede von ihnen sprach Englisch mit der Selbstverständlichkeit einer zukünftigen Wirtschaftsuni-Absolventin und machte zumindest oberflächlich einen emanzipierten Eindruck.
Janla
Chatamari auf der Platte
Chatamari
Janla
Hirn (Nyapu) und Rückenmark (Tisya)
Satu Mhicha
Bhutan
Baji (Reisflocken)
Hausbrand
Zu den bekannteren und auch bei Touristen beliebten Snacks gehört Chatamari, das in den Reiseführern auch etwas provokant „Newari-Pizza“ genannt wird. Dazu wird ein flüssiger Reisteig auf eine heiße Platte gegossen, und sobald er sich etwas verfestigt hat, belegt man ihn mit Gemüse, gehacktem Büffelfleisch und eventuell ein paar Zweigen frischem Koriander. Oft wird auch noch ein Ei darübergeschlagen. Danach legt man einen spitzen Deckel auf die heiße Platte, läßt im eigenen Dampf garen und serviert sofort. Chatamari schmeckt recht milde und trotz der dunstreichen Zubereitung erstaunlich knusprig.
Janla
Hirn (Nyapu) und Rückenmark (Tisya)
Satu Mhicha
Eine Redensart des Kathmandu-Tales sagt: „Die Newar können aus einem Büffel 365 verschiedene eßbare Teile schneiden“. In der Vitrine der vorbereiteten Speisen sieht es daher ein bißchen aus wie in Hannibal Lectors Kühlschrank: Magen, Lunge, Rückenmark, Gehirn und weitere Teile, die ich gar nicht zuordnen konnte, geben schon mal einen groben Eindruck, was einen erwartet. Vom europäischen Standpunkt noch am harmlosesten ist Janla oder Janli, Büffelhaut mit ein bißchen daranhängendem Fleisch, die ähnlich wie Choila mit viel Chili und Knoblauch mariniert gegessen wird.
Satu Mhicha
Bhutan
Hirn (Nyapu) und Rückenmark (Tisya)
Baji (Reisflocken)
Hausbrand
Das in Butter gedünstete Rückenmark (Tisya) schmeckt sehr gut, ähnlich wie gekochtes Knochenmark und genauso fett. Bei den mit Kochenmark gefüllte Täschchen aus Büffeldarm (Satu Mhicha) kann ich dagegen nur die Fülle empfehlen; der Darm nimmt nach dem Braten eine ziemlich abartige Konsistenz an: Das Ding ist so elastisch und zäh, daß man es kaum zerkauen kann, und an dieser Krankheit leiden leider auch alle anderen Formen von Büffel-Verdauungstrakt, die noch so angeboten werden. Am schlimmsten ist Bhutan, das ist trocken gebratener Büffelmagen. Und an das Gehirn habe ich mich nicht rangewagt, da stecken zuviele Vorurteile wegen BSE im Kopf (das Rückenmark hatte ich glücklicherweise für Knochenmark gehalten und deshalb gegessen).
Baji (Reisflocken)
Hausbrand
Dazu knabbert man Reis. Ja, Du hast richtig gelesen: Knabbert. Der Reis ist nämlich nicht etwa gekocht, sondern man ißt Reisflocken (Baji oder Chiura), die aus jung geernteten, teilweise gekochten und flachgepreßten Körnern bestehen. Ausgedacht hat sich das wohl der gleiche Kerl, der in der Küche die Kontrolle über das Salzfaß ausübt, denn von den salzigen Snacks und dem staubtrockenen Reis wird man richtig durstig und kann dann dem Himalaya-Bier Chang, oder dem lokalen Whisky-Verschnitt der Marke “Royal Stag” zusprechen. Auch Eigenbau-Alkoholika werden verkauft, die liebevoll in traditionellen Bronzegefäßen abgemessen werden; wer will, der kann sich den Schnaps auch im Plastikbeutel nach Hause mitnehmen.
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