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Bodhgaya बोधगया (Bihar) |

Der ikonische Turm des Mahabodhi-Tempels

Der Mahabodhi-Tempel steht in einem kleinen Park

Detail am Turm des Mahabodhi-Tempels
der Name Bodhgaya sollte Dir nach Jahren meiner Reiseberichte nicht unbekannt sein: Hier erfuhr ein gewisser Siddharta Gautama die Erleuchtung (eigentlich besser als Erweckung wiederzugeben) und wurde fortan Buddha „der Erwachte“ genannt. Bodhgaya ist die bedeutendste der vier Heiligen Orte des Buddihsmus in Nordindien, und der letzte, den ich besuche: Ich war ja schon in Lumbini (Geburt), Sarnath (erste Predigt) und Kushinagar (Tod).
Bodhgaya liegt im Bundesstaat Bihar, der seit einem halben Jahrhundert mit höchster Verläßlichkeit die schlimmsten statistischen Daten Indiens liefert: Top bei Korruption und Kriminalität, flop bei Bildung und Infrastruktur. Das hat sich zwar im letzten Jahrzehnt erkennbar gebessert, aber immer noch hat Bihar auch bei Touristen einen schlimmen Ruf, und außer Bodhgaya hat es kaum ein Ort über die Wahrnehmungsschwelle der Reiseführerautoren geschafft. Das ist schade, denn das Land ist eigentlich reich mit archäologischen Sehenswürdigkeiten aus der Frühzeit des Buddhismus und des Jainismus gesegnet. Das merkt man ja schon am Namen des Bundesstaates: Bihar ist nämlich nur eine Variante zu Vihara, womit buddhistische oder jainistische Tempel und Klöster bezeichnet werden.
Eigentlich ist Bodhgaya nur ein größeres Dorf, das mit vielen Hotels und Tempeln angereichert ist. Die Hotels dienen natürlich dem Tourismus, der hier weniger auf klassische Touristen als auf Pilgern setzt, und die Tempel wurden, ähnlich wie an den anderen, bereits beschriebenen Orten, von verschiedenen buddhistischen Nationen errichtet, um den Ort zu ehren; darüber schreibe ich dann das nächste Mal. Der einzige „alte“ Tempel ist der Sri Mahabodhi Mandir, gelegen in einem Park im Zentrum des Ortes. Direkt an seiner Rückseite grünt der heiligste Baum der Buddhisten.

Das Laub des Heiligsten der Bäume

Thailändischer Mönch beim Meditieren

Der Baum der Erweckung
Denn es war kein Zufall, daß der Buddha gerade hier erleuchtet (eigentlich heißt das Wort erweckt) wurde: In jedem Weltenalter, so eine buddhistische Legende, wächst hier in Bodhgaya ein Heiliger Baum (Mahabodhi-Baum „Baum der Großen Erweckung“) und wartet auf den zu Erweckenden. Alle Bäume, die vom ursprünglichen Erleuchtungsbaum abstammen, heißen auch „Bodhi-Bäume“, und sie werden hoch verehrt; halb Asien ist voll mit Ablegern von Ablegern von Ablegern, denn jeder buddhistische Tempel braucht einen davon, und vermehren tun sich die Biester natürlich auch noch. Der älteste Ableger wächst übrigens seit
Botanisch ist der Heilige Baum eine Feigenart, nämlich Ficus religiosa. Wie viele tropische Feigen kann er sich zu einer einer gewöhnlichen Baumform entwickeln, aber auch einen sogenannten Banyan oder „Würgefeigenbaum“ bilden: Das geschieht, wenn der Same nicht in der Erde, sondern epiphytisch
Dem Buddhismus in Indien war ein sehr schneller Aufstieg beschieden: Noch zu Lebzeiten des Gründers wurden die ersten Massenklöster gegründet, und zweieinhalb Jahrhunderte später gelangte die neue Religion durch die Patronanz des berühmten Ashoka und seiner Nachfolger, der Maurya-Kaiser, in ganz Nordindien zum Durchbruch. Ashoka selbst soll hier im 4. Jahrhundert

Zusammengepuzzelter Stupa

Pilger vor dem Heiligen Baum bei Vollmond

Buddha-Statue im Mahabodhi-Tempel
Trotzdem ist es sehr beeindruckend, den Tempel zu besuchen: Sein hoher zentraler Turm mit einer eigenartigen Ornamentik macht ihn geradezu unverwechselbar, alle Außenwände sind mit Figuren und Blumenmotiven geschmückt, und rund um den Mahabodhi-Baum an der Westseite des Tempels drängen sich den ganzen Tag Buddhisten aus allen Ländern, um dort zu singen, zu meditieren oder das unvermeidliche Erinnerungsphoto zu schießen. Das Innere des Tempels enttäuscht dagegen etwas und besteht nur aus einem einzigen Raum mit einer schlichten aber effektvoll beleuchtete Buddha-Statue im srilankanischem Stil.
Rund um den Tempel erstreckt sich ein Durcheinander von archäologischem Bröselwerk, das sich teilweise in bizarrer Überrestaurierung präsentiert: So sind die sogenannten „Stupas“ in Wahrheit nichts anderes als moderne Gußbetonkuppeln, in deren Oberfläche verschiedene kleinere Fundstücke eingelassen sind. Trotzdem spaziert man gerne in diesem sehr sauberen Park umher und genießt die ruhige Atmosphäre, die sich in einem speziellen Meditationspark noch gesteigert erleben läßt. Jeden Abend und besonders in Vollmondnächten gibt es größere Festlichkeiten.
Der Tempel wird von der Mahabodhi-
Die meisten Besucher sind aber keine Inder, sondern Pilger aus dem Ausland; zur Zeit stammt die Mehrzahl aus Sri Lanka, aber im Winter sollen die Tibeter dominieren. Da der Monsun nicht so recht kühlen will, ist das Wetter eigentlich viel zu heiß zum Sightseeing, und nur wenige Ausländer bevölkern die großzügig ausgebauten, blitzsauberen und mangels Interessenten spottbilligen Guest Houses, die man vom Ortszentrum auf Schlammpfaden durch deprimierende Slumsiedlungen erreicht.
Frittierte Litti, gefüllte Teigkugeln
Matar Panir, Frischkäse mit grünen Erbsen
Beim Essen kann ich durchaus Erfreuliches berichten: Das Angebot ist nicht spektakulär aber solide. Am besten schmeckt es mir im Shiva Restaurant [sic!] ganz in der Nähe des Eingangs zum Mahabodhi-Tempel. Dort bekomme ich auch meine lebenswichtige Kanne Tee (ca. zwei Liter zum Essen), die ich mir mit einem indischen Lorbeerblatt oder einem Zweig Heiligem Basilikum geschmacklich aufwerte. Das Heilige Basilikum (Tulsi) wächst übrigens überall am Straßenrand und verleiht dem Tee eine hocharomatische, etwas an Anis erinnernde Note, während die frischen, zerquetschten Blätter eher wie eine um einen scharfen Nelkenduft verstärkte Version von italienischem Basilikum riechen.
Dal Tarka, geschälte Kichererbsen mit Würzöl
Alu Jira, Kartoffeln mit Kreuzkümmel
Die Küche ist hier klassisch nordindisch und erinnert stark an das Essen im Nachbarbundesstaat Uttar Pradesh; man bekommt überall Panir, den indischen Frischkäse, in würzigen Saucen, oder das übliche Gemüsespektrum. Als kleinere Snacks empfehlen sich die aus Brotteig geformten Litti, die mit einer milden Gewürzpaste gefüllt sind und entweder über Holzkohle oder Gasflamme gebacken oder schwimmend frittiert werden.
Nach einigen Fehlversuchen hat der Koch meine Leidenschaften genau erkannt und beglückt mich mit Alu Jira, also Bratkartoffeln mit großen Mengen von ganzem Kreuzkümmel, die er großzügig mit grünem Chili schärft. Dazu gibt es ein Dal aus geschälten und gespaltenen Kichererbsen, das mit einem roten Chiliöl (Tarka) übergossen wird und entsprechend feurig schmeckt; je nach Tagesverfassung wird das Öl noch zusätzlich mit Kreuzkümmel, Knoblauch oder grünen Chiliringen aromatisiert. Ich will gar nicht mehr weg von hier!
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