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Konark କୋଣାର୍କ (Orissa) |

Ein Stück von der Südfassade des Sonnentempels von Konark, mit den Rädern 1 und 2.

Der Aufgang zum Sonnentempel (Ostseite). Es steht nur noch die Vorhalle, der Tempelturm dahinter ist längst eingestürzt.

Der Tempel wird mit viel Arbeitskraft renoviert.

Der Sonnentempel (Surya Mandir) von Konark
obwohl Konark genauso wie das letzte Woche besprochene Puri für einen Tempel berühmt ist, haben die beiden Orte eine sehr unterschiedliche Atmosphäre. Konark ist ein kleines Dorf mit höchstens ein paar Tausend Einwohnern und ohne religiöses Leben, da der Tempel eine Ruine ist und folglich aus kunsthistorischem und nicht aus spirituellem Interesse besucht wird. Überhaupt kommen die meisten Leute nur zu einem Tagesausflug hierher; daß ich schon einige Tage hier verweile, macht mich zu einer Art Exoten. Entsprechend geht es hier ziemlich friedlich und ruhig zu.
Allerdings kann Konark ein großkalibriges Stück UNESCO-
Der Sonnentempel von Konark stammt etwa aus dem 14. Jahrhundert und bestand, so wie die Tempel von Khajuraho, ursprünglich aus einer Vorhalle und einem Tempelturm — allerdings in gigantischem Ausmaß, die Vorhalle erreicht
Der Sonnengott Surya lenkt den Sonnenwagen.
Die Südostseite des Sonnentempels
Ein Relief mit einer eindeutigen Szene
Alle Architektur des Tempels folgt einem symbolischen Prinzip, denn die gesamte Anlage stellt den Wagen des Sonnengottes Surya auf seinem täglichen Weg über das Firmament dar. Ostseitig steht ein steinernes Gespann aus sieben Pferden, die die Wochentage symbolisieren. An Nord- und Südseite findet man je 12 Räder, die für Halbmonate stehen, mit je acht Speichen, die eine Unterteilung des Tages in Einheiten von drei Stunden widerspiegeln. Und westseitig blickt eine große Statue Suryas aus grünlichem Granit Richtung Sonnenuntergang.
Die gesamte Außenfassade ist reich verziert, und wenn die Statuen und Reliefs auch nicht die Feingliedrigkeit und Beweglichkeit des Khajuraho-
Ein Rad auf der Südseite (Nummer 3)
Relief mit Giraffe ganz rechts
Amusement zu dritt (auf der schattigen Nordseite)
Besonderes Interesse erwecken die Räder. Sie sind etwa drei Meter hoch und sehr fein gearbeitet; eine perlenkettenartige Reihe von punktförmigen Verzierungen am Außenrand dient als Skala, um aus dem Schatten eines an die Nabe gesteckten Stabes die Zeit abzuleiten. Diese Sonnenuhr erreicht eine Ganggenauigkeit von drei Minuten! Jede der acht Speichen des Rades enthält ein kleines Medaillon mit einer in den Sandstein geschnitzten Darstellung; die acht Bilder pro Rad gehören immer einem gemeinsamen Thema an, seien es nun die Avatare Vishnus oder die verschiedenen Möglichkeiten, sich zu zweit oder zu dritt zu vergnügen.
Auch die restlichen Statuen und Reliefs sind sehenswert. Man findet neben Götterdarstellungen auch viele weltliche Bilder, etwa Jagd, Krieg und das pompöse höfische Leben. Besonders interessant fand ich ein Relief, das unverkennbar eine Giraffe zeigt — manche verbinden dieses überraschende Motiv mit den Entdeckungsfahrten des Zheng He
Ochsengezogener Wagen
Cashew-Staude mit Blüten und unreifen Früchten
Dorfleben
Hat man den Tempel gesehen, so lohnt es sich, in der Umgebung von Konark etwas herumzuspazieren. Nach den staubigen Brauntönen der Landschaft in Madhya Pradesh erfreut nun tropische Grün das Auge, und die vielen kleinen Dörfer erlauben einen Blick auf das ländliche Indien, wie ihn der Tourist nicht jeden Tag geboten bekommt. Man sieht: Hölzerne Wagen mit riesigen Rädern, gezogen von Rindern; Trauben von uniformierten Schulkindern, die ihre drei Englischvokabeln unbedingt am jährlichen Touristen ausprobieren wollen; bunt bemalte Lehmhäuser, auf deren Strohdächern Kürbisranken wuchern; und ausgedehnte Cashew-
Da die meisten Touristen den Ort nur als Tagesausflug besuchen, sind die Unterkünfte bescheiden, und die gastronomische Szene unterbietet das Level von Puri ganz beträchtlich. Interessanterweise fand ich Gewürz-Souvenirhändler, die so exotisches Material wie Kubebenpfeffer, Sternanis und sogar Kümmel (angeblich gut für Biryani!) anboten, und konnte die Gelegenheit gleich nutzen, um Gewürznamen in der lokalen Oriya-
Das kulinarische Angebot konzentriert sich auf eine kurze Reihe von Restaurants auf der Hauptstraße, die alle mit gleichartigen und erstaunlich kosmopolitschen Schildern werben: Rajasthani Thali, Gujarati Thali, bengalisches und punjabisches Essen bevölkert die Speisekarten fast überall in derselben Reihenfolge, und man fragt sich, ob wirklich jede dieser Bruchbuden so multiregional versierte Köche beschäftigen kann. Nach Verköstigung komme ich zum Schluß: Nein.
Onion Dosa ist eine nicht ganz alltägliche Abwandlung von Masala Dosa
Kheer
Idli mit Kichererbsencurry sind am Morgen nicht jedermanns Sache — meine aber schon.
Interessanter sind die südindischen Spezialitäten, die sowohl in den Restaurants als auch in kleinen, sehr improvisierten Eßständen beim Tempeleingang verkauft werden. Besonders die Idlis haben es mir angetan, denn diese gedämpften Küchlein aus einem fermentierten Reis–
In Konark bin ich schwach geworden und dem Charme industriell hergestellter Nahrungsmittel verfallen: Unter Flavoured Milk muß man sich eine Art Kaffeesahne vorstellen, die zurückhaltend gezuckert und mit viel Cardamom gewürzt ist. Das ganze kann man an einem Government Milk Booth in eiskalten 150-ml-Portionen kaufen, und es schmeckt einfach grandios. Wer es traditioneller mag, kann Milch auch in Form von Khir genießen, das ist ein dünnflüssiger Reispudding, den ich hier in einem Dorf ein paar Kilometer vor Konark in einer Version mit Cardamom, ganzen Mandeln, Cashewnüssen und Rosinen gegessen habe.
P.S.: Das Hintergrundbild für diese Reiseberichte stammt übrigens von der Südseite des Sonnentempels.
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