
◀ Trincomalee | Kohima 2 ▶ |
Kohima (Nagaland) |

Nachgebautes traditionelles Haus im Stil der Angami Naga

Wuchtige Kirchen dominieren das Stadtbild von Kohima
manchmal werden Wunder doch wahr. Fast genau vor einem Jahr hatte ich Dir ja aus Guwahati von meinen Begegnungen mit den Nagas und anderen Nordost-
Ob die liberale Regelung nun die allgemein erwartete Verlängerung erfährt, ist hier niemandem bekannt — nicht einmal den Beamten im Superindendent Police Office, bei denen ich mich am ersten Tag meines Aufenthaltes zu melden hatte. Wenn ich also Pech habe, fliege ich in gut einer Woche hochkant aus dem Bergland des Nordostens heraus und muß wieder in die Ebenen von Assam zurück; andernfalls kann ich hier in den nächsten Wochen und Monaten drei touristisch völlig unterentwickelte Bundesstaaten auf Herz und Nieren bereisen. Und in jedem Fall kann ich bis zum Jahreswechsel zwei der drei so lange verbotenen Hauptstädte kennenlernen: Im Moment Kohima und in der letzten Woche des Jahres dann Imphal in Manipur; für Mizoram existiert noch ein Notfall-
Sänger und Musikanten in einer Baptisten-Kirche
Kohima hat extrem freundliche Bewohner
Weihnachtssterne wachsen überall und erreichen 3 m Höhe
Warum ich mit Kohima begonnen habe, ist ganz schnell erklärt: Die Nagas sind fast ausschließlich Christen, und daher ergibt sch die Gelegenheit, wie im letzten Jahr, Weihnachten in einem christlichen Umfeld zu erleben. Diese Nagas sind ein ganz erstaunliches Völkchen: Gegliedert in über zwanzig Stämme mit voneinander stark abweichenden Sprachen lebten sie Mitte des 19. Jahrhunderts noch als halbnackte Kopfjäger in kleinen, permanent miteinander kämpfenden Dörfern; inzwischen sehen sie sich als eine einheitliche Nation (was ihnen den großen Ärger mit Indien und die jahrzehntelange Isolation eingebracht hat, denn Separatisten werden in Delhi gar nicht gemocht), haben die am steilsten wachsende Bildungskurve Indiens und sind ganz wild darauf, mit der Welt ernsthaft in Kontakt zu treten.
In Nagaland ist Englisch die einzige offizielle Verwaltungssprache (ein Kuriosum ersten Ranges in Indien). Der Grund dafür liegt in der Unverständlichkeit der Naga-
Dieser Naga-Junge verkauft Ratten am Markt
Das Kriegsdenkmal
Eine junge Naga-Dame
Die Stadt Kohima ist wie eine typische Hill Station gebaut und zieht sich kilometerlang an einem Rücken dahin; je tiefer man von den repräsentativen Häusern und Straßenzügen an der Kuppe absteigt, umso primitiver und ärmlicher werden die Behausungen. In all diesen Dingen ähnelt Kohima meinem letztjährigen Weihnachts-
Ernsthafte Sehenswürdigkeiten gibt es in der Stadt kaum. Einschlägig zu erwähnen wäre hier höchstens das Kriegsdenkmal mit ein paar hundert Soldatengräbern, das nur einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt auf einem kleinen Hügel steht und das an die Schlacht von Kohima im Frühsommer 1944 erinnert. Damals drang eine japanische Division mit dem etwas größenwahnsinnigen Ziel einer Invasion Indiens aus dem bereits von den Japanern eroberten Burma über die Grenze nach Indien vor und wurde hier von britischen, chinesischen und amerikanischen Truppen gestoppt. Die wichtigsten Kampfhandlungen spielten sich rund um Imphal ab, aber Kohima lag auf der Versorgungsroute für Imphal und erlangte deshalb hohe strategische Wichtigkeit. Insgesamt kamen wenger als ein Lakh Soldaten auf beiden Seiten ums Leben, davon drei Viertel Japaner und die meisten als Opfer des Dschungels mit seinen Krankheiten und seiner schlechten Infrastruktur; trotzdem stößt man in der Literatur nicht selten auf blumig–
Das Kriegsdenkmal ist übrigens in einem erstaunlich guten Zustand, sehr sauber und gepflegt. Die Soldatengräber, die das eigentliche Denkmal in Sektoren umgeben, sind nach religiösem Bekenntnis geordnet und mit einem Kreuz, einer Koransure oder einem Om Bhagavate Namah („Ehre dem Göttlichen“) geschmückt; letzteres deckt bequemerweise alle Hindus ab, welcher Sekte sie auch angehören mögen.
Frische Schnecken
Aus denen wird kein schöner Seidenspinner mehr!
Das zitronenduftende Würzkraut niepfü
Sonst gibt es in der Stadt nicht viel zu sehen, aber man kann ja immer auf den Markt gehen. Dort wuselt es von allerhand unindischen Leckereien: Schnecken, Frösche, Maden und Insektenlarven, manche größer als mein kleiner Finger, krümmen sich auf flachen Tellern, bis sich ein Käufer ihrer erbarmt und ichweißnichtwas damit anstellt. Schneeweiße Ratten drängen sich unter kleinen Drahtnetzen, bis sie verkauft und ihrem neuen Schicksal entgegengetragen werden (das besteht dann sicherlich nicht im Gestreicheltwerden).
Eigenartige Gewürze findt man auch, darunter ein Verwandter von Sichuanpfeffer und und ein etwas enigmatisches Kraut, das vom Aussehen her etwas an Lavendelblüten erinnert und hier niepfü heißt; es handelt sich, wie ich mit viel Recherche herausgefunden habe, wohl um eine Elsholtzia-Art mit einem sehr angenehmen, reinen Citrusduft. Sogar die bei uns als „Malven“ bekannten roten Hibiscus-Kelche bekommt man frisch und getrocknet zu kaufen, ich habe sie in Indien noch nie zuvor gesehen. Und natürlich gibt es überall den superscharfen Naga-Chili, aber dazu schreibe ich besser später etwas. Zuletzt ist auch die große Auswahl an getrockneten und fermentierten Fischprodukten erwähnenswert; frische Fische gibt es auch, sie zucken halblebendig in kleinen Kübeln umher.
Galho
Chow Mein
Die Küche ist leider nicht so gut und vielfältig, wie man es nach Besuch des Marktes erwarten würde — stattdessen dominieren in den Restaurants Standard-
Der Laden, in dem ich gerade sitze und gemütlich vor mich hintippe, heißt Cloud 9 und liegt gleich am Gemüsemarkt. Er wird von einer freundlichen Naga-
Es ist jammerschade, daß ich nicht viel länger hierbleiben kann;aber der Jahreswechsel kommt mit Riesenschritten, und ich fühle den Zwang, noch rasch nach Manipur zu schlüpfen, ehe die Grenze im schlimmsten Fall für weitere sechs Jahrzehnte dichtgemacht wird. Also werde ich in den nächsten Tagen noch einen schnellen Brief von hier verschicken, ehe ich mich in den zweiten der so lange unzugänglichen Staaten aufmache.
◀ Trincomalee
Kohima 2 ▶