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Jaisalmer जैसलमेर (Rajasthan) |

Die Befestigungsanalage von Jaisalmer bietet einen spektakulären Anblick

Blick über die Dächer von Jaisalmer, links der Patwa ki Haveli

Dachlandschaft in Jaisalmer

Der Maharaja-Palast steht innerhalb des Forts von Jaisalmer

Die Goldene Stadt Jaisalmer mit der Burgmauer im Hintergrund
wir, das heißt meine Begleiterin Petra (Name von der Redaktion geändert) und ich, sind nun ganz im Westen von Rajasthan angekommen. Das bezaubernde Jaisalmer (sprich: Dschähßalmehr) schmiegt sich um eine Burg, die auf dem weit und breit einzigen Hügel thront, und ist ganz aus goldgelbem Sandstein er, weswegen es in allen Reiseführern auch Golden City heißt. Dieser eigentlich recht abgelegene Ort mitten in der Wüste ist eine der Touristenhochburgen in Rajasthan.
Daß die Leute in Scharen hierherkommen, hat natürlich seine guten Gründe. Das Stadtbild ist zu einem guten Teil immer noch traditionell und bietet überall goldgelbe Havelis, oft mit prachtvollen Dekorationen, deren Flachdächer in der Abendsonne zu glühen scheinen. A propos glühen: Die Hitze ist fast jenseits dessen, was Menschen billigerweise aushalten können, und daher haben wir auch davon Abstand genommen, mit einem Kamel in die Wüste zu reiten — diese sogenannten „Kamelsafaris“ sind eigentlich der touristische Renner hier, aber selbst die hartnäckigsten Kamel-Keiler und Commission Wallahs sehen eigentlich selbst ein, daß sich die Jahreszeit für outdoor activities nicht eignet: Mehr als ein paar Stunden hält man es im Freien einfach nicht aus.

Das „Penthouse“ des Salam Singh ki Haveli

Verkaufsraum im Salam Singh Haveli

Die Fassade des Patwa ki Haveli
Aber auch jenseits der Höckertiere kann man in Jaisalmer einiges unternehmen: Einige der größten Havelis stehen für Besucher offen. Diese Pracht- und Repräsentationsbauten gehörten Händlerfamilien, und die größten von ihnen lassen so manchen Maharaja-
Detail im Sri Rishabdevaji ka Mandir
Im Sri Jadaprabhuji ka Mandir
Etwas enttäuschend wirkte dagegen das Fort, das nur noch aus Restaurants, Souvenir-
Die hungrigen Welse werden gefüttert
Die Souvenir-Shops sind teilweise pittoresk
Chattri im Gadisar Talav
Ein kurzer Fußmarsch führt von der Altstadt durch die lärmende Neustadt zu einem kleinen See, dem Gadisar Talav. Dort kann man nicht nur einige Tempel bewundern und mit einem Boot zu kleinen Inselchen im See schippern, sondern auch tierliebende Inder dabei beobachten, wie sie das lokale Wildlife verzärteln. Tauben- und entenfütternde Pensionisten gibt es zwar auch in Berliner Parks, aber am Gadisar Talav haben sich sogar Welse an die Menschen gewöhnt: Sobald jemand etwas Eßbares ins Wasser wirft, bildet sich ein unbeschreibliches Knäuel aus glitschigen Fischleibern und weit aufgesperrten, gierigen Mäulern.
Was wir sonst noch in Jaisalmer gemacht haben, ist schnell erzählt: Souvenirs gekauft. Petra hatte offenbar ihrem ganzen Freundeskreis versprochen, „ausgesuchte Kleinigkeiten“ aus Indien mitzubringen. So kam ich in den Genuß, sie bei ihren zahlreichen Einkaufstouren zu begleiten und dabei mehr oder minder tatkräftig Unterstützung zu leisten. Ganz gegen meine Gewohnheit habe ich diese Einkaufstouren sehr genossen: Viele Händler residieren nämlich in schönen alten Havelis, die ich mir gerne in Ruhe ansehe, während Petra die ganze Truppe mit Erkundigungen, Feilschen und Teetrinken ruhigstellt. Außerdem habe ich festgestellt, daß Shopping zu zweit erheblich einfacher als allein ist. Will der Verkäufer keinen guten Preis machen, so kann man nämlich eine Runde good cop, bad cop spielen: Der Böse (also ich) geht mit gut einstudiertem homerischen Gelächter in Richtung Tür, und die Gute (also Petra) wirkt peinlich berührt, sieht gestresst aus, wirft dem Verkäufer einen entschuldigenden Blick zu und schickt sich (ganz unterwürfige Frau) an, dem Bösen zu folgen. Der Verkäufer sieht sein Opfer (die Gute) entschwinden, und senkt notgedrungenermaßen den Preis. Es hat fast immer funktioniert.
Die wunderschöne Patchwork-Decke
Und so haben wir gekauft: Einen Bucheinband aus Kamelleder, Götterstatuen, Ringe und eine romantische Miniaturenmalerei mit Radha und Krishna auf blauem Hintergrund. Das schlimmste Stück war jedoch eine typisch rajasthanische Decke, die in Patchwork-Technik aus zahlreichen Flicken zusammengenäht ist. Diese Flicken sind mit vielen eingenähten Spiegeln und Perlen geschmückt; sie sind alle mehrere Jahrzehnte alt und bestehen, so versicherte uns der Händler, aus alten Hochzeitsgewändern von Dörflern tief in der Wüste. Unseligerweise hatte sich Petra bereits beim ersten Besuch auf das teuerste Stück der ganzen Stadt eingeschossen, und der Verkäufer, zugleich auch Chef des Ladens, hatte es offenbar gemerkt. Eigenartigerweise schien es trotz der enormen Händlerdichte nirgendwo ein vergleichbares Exemplar zu geben, und wie mir scheint, war sich das Schlitzohr über seine Monopolstellung durchaus im klaren. Vermutlich haben wir an dieser Decke alles, was wir anderswo clever erhandelt hatten, wieder verloren, und noch mehr dazu. Was soll’s: Sie ist traumhaft schön, und Petras Augen strahlten vor Freude, als wir sie am letzten Tag gut in Leinen eingenäht beim Händler abholten.
Fried Raita
Die Verpflegung war dagegen a mixed blessing. Abseits der ganzen Touri-
Mathari
Am großen Chowk, von dem einige Straßen in die Altstadt abbiegen und von wo aus man den Aufstieg zum Fort unternimmt, steht ein relativ großer Snackstand, wo man süße und pikante Kleinigkeiten bekommen kann — Pakora, Barfi & Co. Besonders interessant fand ich Mathari, dünne knusprige Cracker, die mit Ajowanfrüchten gewürzt waren. Kaum ein Tourist bleibt an dieser aus Brettern roh gezimmerten Bude stehen, aber irgendwann in hitzebedingter Not fand ich heraus, daß die Leute dort auch Tee machen können, und so fielen wir öfter auf einige Gläser Tee und eine Handvoll Snacks ein. Es ist immer wieder erstaunlich, wie man selbst in der Mitte einer so touristischen Stadt fast touristisches Neuland betreten kann, denn die Leute verhielten sich uns gegenüber so vorsichtig neugierig, wie ich es sonst nur aus abgelegenen Gebieten kenne.
Wegen der Hitze haben wir beschlossen, unser Programm weitgehend umzukrempeln: Da der Monsun in Rajasthan offenbar heuer nicht so recht will, werden wir in die Berge fahren. Das sind zwar eineinhalb Tage Busfahren, aber das erscheint trotzdem verlockender, als sich hier weiter im eigenen Saft garen zu lassen. Folglich melde ich mich nächste Woche von einem Ort, wo ich schon einmal war: Dharamsala, dem kleinen Städtchen mit dem großen tibetischen Lächeln.
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