
◀ Hile | Kathmandu 4 ▶ |
Basantapur बसन्तपुर (Nepal) |

Bäume mit Gebetsfahnen

Bei Schönwetter ist das alles recht attraktiv

Verschneite Terrassenfelder nahe Basantapur
das Wichtigste zuerst: Basantapur (das man nicht mit den vielen gleichnamigen Orten in Nepal verwechseln darf, darunter auch ein Stadtteil im Zentrum von Kathmandu) ist kalt. Klirrkalt. Saukalt. A…kalt. Nur Idioten besuchen es im Winter. Abgesehen davon ist es jedoch in sehenswerter Ort, der die primitiven Lebensbedingungen im Gebirge, aber auch dessen Schönheit, treffend illustriert.
Bereits die Anfahrt von Hile ließ mich Übles ahnen: Entlang der malerischen Straße konnte man immer wieder Reste von Schnee und Reif in schattigen Ecken sehen. Tags­über erreicht das Thermometer bei Sonnenschein knapp 20° C, aber nach dem frühen Sonnenuntergang kühlt es so bitter ab, daß ich nicht einmal auswärts essen mag, obwohl die Verpflegung im sonst ganz hübschen Yak Hotel (betrieben von einem freundlichen und des Englischen mächtigen Tibeter) bestenfalls Durchschnittsniveau erreicht. Dieses Hotel mit seinen saubern, ordentlich verglasten Zimmern und Lichtöffnung an der Decke ist übrigens die einzige akzeptable Absteige des Dorfes, sonst hat man nur die Auswahl zwischen düsteren, fensterlosen und mit alten Zeitungen tapezierten Löchern und ebenso schmutzigen Buden mit vergitterten Löchern in der Wand (was ungefähr einem Gutschein für einmal Lungenentzündung gleichkommt).
War mein Ankunftstag wenigstens noch schön sonnig, so brachte der zweite Tag Bewölkung und gegen Abend Hagelsturm, Gewitter und Schneefall. Und so blieb es dann auch drei weitere Tage, bis ich genug hatte, und die Flucht in tiefere Lagen vollzog. Trotzdem hatte ich in diesen eigentlich nur zwei Tagen einige schöne Erlebnisse hier.

Die Einheimischen sind sehr freundlich
Während die „Stadt“ einen fast ebenso multiethnischen Charakter wie Hile letzte Woche aufweist, ist das Umland hauptsächlich von den Limbu besiedelt. Man erkennt das leicht, weil jedes Haus (sprich: jede Hütte) ein oder mehrere Schweinekobeln angeschlossen hat; die Limbus sind dafür bekannt, daß sie am liebsten Schwein essen. Die dunkelschwarzen, haarigen Borstentiere laufen auch gelegentlich über die Straßen oder werden von einem Hirten vorbeigetrieben; obwohl ziemlich wildschweinisch aussehen, scheinen sie doch ganz friedlich veranlagt zu sein und ihren Lebenssinn hauptsächlich darin zu sehen, Fett anzusetzen. Mir soll es recht sein.
Interessanterweise gibt es hier gar keine Tempel. Der Wirt des Yak-Hotels erklärte mir, daß der nächste tibetische Tempel ein paar Stunden Fußmarsch von hier entfernt sei. Auch sonst gibt es in der Stadt nicht viel zu sehen; die Hauptstraße mit dem Markt ist ähnlich wie in Hile strukturiert, aber ein paar Nummern kleiner. Seitengassen entarten nach wenigen Metern zu kleinen Fußpfaden, die oft mit steinernen Stufen zu den höher- oder tiefergelegenen Häusern führen. Und das war es auch schon.

Schmuckes Häuschen in einer Seitengasse

Limbu-Hütte
Nur entlang der Hauptstraße stehen gemauerte, mehrstöckige Häuser; der Rest sind kleine blendend weiß verputzte Häuschen (für die Wohlhabenderen) und schäbige Holz- und Steinhütten (für die Bauern, meist Limbu). Das sieht alles in allem gar nicht so anders aus als manche der aussterbenden traditionellen Dörfchen in den Alpen, besonders der Schweiz. Aus den meisten dieser Hütten raucht es den ganzen Tag wie aus einem Braunkohlekraftwerk, weil der Herd als einzige Wärmequelle den ganzen Tag befeuert wird. In besonderem Maß gilt das für die vielen kleinen, oft schäbigen Restaurants, die geradezu bestrebt scheinen, die letzten Waldreste des Himalaya in blauen Rauch zu verwandeln, mit entsprechenden Folgen für die Fernsicht. Das Problem verschärft sich noch durch die Unsitte, abends auf der Straße alles Brennbare, von Rindenresten bis zur Plastikabfall, zu verheizen und sich am Feuer zu wärmen.

Anatomiestudien am Schaf à la Gurung

Die frustrierende Limbusuppe
Beim Essen hatte ich hier nicht soviel Glück wie letzte Woche in Hile: Das Angebot ist beschränkter und konzentriert sich auf Dalbhat Tarkari in wenigen Versionen, gefolgt von Momos und Sukuti. Die Limbu-
Mais-Bohnen-Suppe
Frischer Akabare Khorsani mit Salz
Mais hängt an einem Haus
Wie bereits anläßlich des Maistempels von Somnathpur erwähnt, spielt Mais in am ganzen indischen Subkontinent eigentlich keine besondere Rolle; lediglich im Nordosten und im Himalaya hat der Maisanbau Tradition (wenn Du Dich genau erinnerst, dann habe ich schon einmal von einem kashmirischen Maisbrot berichtet). Hier sieht man oft Maiskolben zum Trocknen unter dem Dach aufgehängt, und ich versuchte schon die längste Zeit, etwas davon zwischen die Zähne zu bringen.
Endlich gelang es mir in einem winzigen Restaurant, das wohl noch nie einen Ausländer gesehen hat, ein paar ausgelöste Maiskolben zu entdecken, und die zugehörigen Körner schmorten in einem großen Topf zusammen mit Bohnen. Also ging ich rein und sagte, daß ich das wollte. Die Frau war zwar sehr freundlich, konnte aber nicht erraten, was denn mein Begehr sein könnte. Mit Hilfe eines wenige Worte Englisch sprechenden Passanten konnte ich dann doch noch eine Bestellung placieren und bekam eine sehr milde, um nicht zu sagen, fast geschmacksneutrale Suppe mit großen, bißfesten Maiskörnern und Bohnen, dazu ein paar eingelegte Chilies (meine Lieblingssorte, Akabare Khorsani) und ein Schälchen mit frisch angebratenem Sukuti.
P.S.: Bei meinem nächsten Nepal-Besuch bekam ich noch mehr Mais zu essen, nämlich in Dhulikhel und im Helambu-Gebiet; und noch viel später auch in Westnepal und im Annapurna-Gebiet.
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