Landkarte
Kirtipur Siehe auch Varanasi, Dharan, Muktinath Almora

Nainital नैनीताल (Uttarakhand)

Cablecar in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Seilbahn

Panthera tigris tigris: Tiger in Nainital Zoo, Uttarakhand (Northern India)

Tiger im Zoo

Lake view in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Panorama von Nainital

Boat in Nainital, Uttaranchal (Northern India)

Tretboot im See

Liebe Birgit,

nach dem kurzen Zwi­schen­spiel in Nepal bin ich wie­der ein­mal in Indien, und zwar — Lakhshmi sei Dank — mit einem glän­zen­den 6-Monats-Visum. Einige lange Bus­fahrten über den Fernen Westen Nepals brachten mich zum Grenz­posten in Mah­endra­nagar; von Ban­bassa, auf der indi­schen Seite der Grenze, ging es dann über Haldwani in die freund­liche hill station Naini­tal, einen der Touristen­magneten im Osten des erst 2001 neu­geschaf­fenen Bundes­staates Uttara­khand.

Nainital (sprich: Nähni­tal) liegt in einem tiefen Tal — das hat aber mit dem Namen nichts zu tun, denn Hindi Tal heißt „See“, und tat­säch­lich füllt ein dank Eu­trophie­rung dunkel­türkises Was­ser die Tal­sohle auf. Dieser „Augen­see“ ver­dankt seinen Namen der be­reits ein­mal kurz an­geschnit­tenen Legende von Shiva und seiner un­glück­lichen Ge­lieb­ten Sati, deren Kör­per­teile über den ganzen Sub­konti­nent ver­streut wurde und dabei je­weils einen be­sondes heilgen Ort (Shakti Pitha) be­grün­de­ten. Hier in Naini­tal schlug an­geb­lich eines ihrer Augen auf; aller­dings ist der An­spruch etwas wackelig, weil es drei weitere Orte in Nord­indien gibt, die sich um die beiden Augen streiten. Eine genauere Be­spre­chung dieses Themas ver­schiebe ich daher auf später einmal.

Am östli­chen See­ufer lockt ein kleiner, sehr stim­mungs­voller Tempel die Pilger an, aber ins­gesamt ist ist Naini­tal als Pilger­ort eher un­wich­tig; dafür ist es ein belieb­ter Sommer­frische­ort bei In­lands­touristen und Aus­ländern. Das hat durch­aus seinen Grund: Auf 2000 m See­höhe bietet der Ort eine grüne Natur, saubere Luft (die indi­sche Re­gie­rung be­treibt hier auch ein Ob­serva­torium) und ein sehr freund­liches Ambiente. Wer will, der kann hier in der Ge­gend herum­wandern, ein tibeti­sches Kloster be­sich­tigen, mit einer Gondel­bahn zum Snow View, einem Hügel 250 m über der Stadt, schweben, oder mit Tret- oder Ruder­boot den See un­sicher machen; beson­ders hübsch ist der Zoo mit seinen groß­zügig dimen­sio­nier­ten Ge­hegen. Indi­sche Inlands­touristen sind dis­zipli­nierte Listen­abhaker und er­ledi­gen das gewöhn­lich alles an einem Tag.

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Genau an dem Tag, als ich Nepāl ver­ließ, wurde dort das Früh­lings­fest Holi be­gan­gen; in Indien feiert man es aber gene­rell einen Tag spä­ter, wobei es ge­wis­se re­gio­nale Varia­tionen gibt. In Naini­tal ist man bei­spiels­weise noch einen Tag später dran, und das er­öffnet in­di­schen Spaß­bremsen (ja, das gibt es wirklich!) die Mög­lich­keit, diesem Fest zu ent­kom­men, in­dem sie ge­nau getimt zwi­schen Ebene und Ge­birge hin- und her­reisen. Tat­säch­lich gibt es viele Gründe, wes­halb man dieses „Fest der Farben“ lieber ver­mei­den möchte; ich habe es bisher vier­mal erlebt, und nur in Khaju­raho fand ich es einiger­maßen nett; in Bhopal war es da­ge­gen extrem rüpel­haft, und in Vara­nasi habe ich das Hotel tags­über gleich gar nicht ver­las­sen. Hier in Naini­tal hat es aber richtig Spaß gemacht.

Worum geht es bei Holi? Darauf gibt es ver­schie­dene Ant­worten, ge­nau­so wie bei unse­rem un­gefähr zeit­gleichen Oster­fest. Einer­seits feiert man den Früh­ling, der den Winter ab­löst; an­derer­seits ist es ein Fa­schings­fest, bei dem alle Regel auf den Kopf gestellt und alle Kasten­grenzen auf­gelöst werden, denn einmal im Jahr muß man ja Dampf ab­las­sen können. Und natür­lich gibt es auch eine mytho­logi­sche Er­klä­rung: Hiranya­kashipu, ein böser und fast un­besieg­barer Dämon, ließ sich von allen Unter­tanen als Gott ver­ehren. Aber sein eigener Sohn Prahlada er­wies sich als treuer An­hän­ger von Vishnu und unter­lief die Be­fehle seines, Vaters, der mehrere An­schlä­ge auf sein Leben ver­such­te. Eines Tages ver­lang­te der Vater von Prahlada, er solle am Schoß seiner Schwester Holika Platz neh­men, wäh­rend diese auf einem Scheiter­haufen saß; da Hiranya­kashipu seine Tochter für feuer­fest hielt, ent­zün­dete er das Holz, in der Hof­fnung, den ketzeri­schen Sohn los­zuwer­den. Aber wenn man Vishnu auf seiner Seite hat, dann kann nicht viel schief­gehen, und so ver­brannte Holika, wäh­rend Prahlada über­lebte. Das be­grün­dete die Tradi­tion von Frühlings­feuern, die das Böse verbrennen.

Wegen des Brenn­stoff­mangels sind die Feuer in die Kritik ge­kom­men und werden oft weg­gelas­sen; hier in Naini­tal hab ich gar keines ge­sehen. Im Vorder­grund steht der Karne­vals- bzw. Fa­schings­aspekt des „Heute ist alles er­laubt“: Von Morgen bis Mittag schmiert je­der je­dem Farbe ins Ge­sicht, staubt ihn mit Farb­pulver ein oder be­spritzt ihn mit ge­färb­tem Was­ser. Viele stel­len sich mit frisch­gekauften bil­ligen Kla­motten auf be­lebte Straßen­kreuzun­gen und kolorie­ren unter lauten Rufen von Happy Holi! alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Hinter­her sieht das ganze Land aus wie ein Arbeits­unfall bei der IG Farben, und die poly­chrom schil­lernden Menschen sind erst dann wieder­zuerken­nen, wenn sie aus dem Bade­zimmer zurückkommen.

Girlie Gang celebrating Holi Hindu festival of Colors with Pichkari in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Gefeuert wird aus allen Rohren

Girlie Gang celebrating Holi Hindu festival of Colors with Pichkari in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Happy Holi, Daddy!

Girlie Gang celebrating Holi Hindu festival of Colors in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Aufladen der Waffen

Girlie Gang celebrating Holi Hindu festival of Colors with Pichkari in Nainital, Uttarakhand (Northern India)

Der Feind sitzt hinter dem Gebüsch

Frauen hal­ten sich dabei zwar etwas zu­rück, aber Kinder jeden Ge­schlechts geben an diesem Tag Voll­gas bzw. Voll­farbe. Die bei­den halb­wüchsi­gen Töchter in meiner super­sympathi­schen Unter­kunft, dem Na­kshatra Guest House, bil­deten mit zwei Nachbar­mädchen eine brand­gefähr­liche Girlie-Gang: Zuerst wurde in einem Baby­plantsch­becken eine rosa­rote, grün­lich fluores­zieren­de Farb­stoff­lösung (Rhod­amin 6G, wie ich ver­mute) an­gerührt, dann wurden dünn­wandige Plastik­ballons damit be­füllt und als Krönung kam eine riesige Wasser­spritze (Pichkari) zum Einsatz, die knapp einen Liter Flüs­sig­keit bis zu 15 m ziel­genau ver­sprühen konnte. Mit diesem Waffen­arsenal legten sich die Ter­roristin­nen auf die Lauer, be­schos­sen Pas­santen aus dem Hinter­halt, lie­ferten sich einen Stel­lungs­krieg mit den Nach­bars­jungen und gaben selbst dem eigenen Vater Farbiges im Über­fluß. Am Ende waren alle trief­naß, knall­bunt und quietsch­vergnügt.

Vor mir hat­ten die jungen Da­men genug Re­spekt, um mich zu ver­schonen; aber ich konnte eine Men­ge farben­froher Photos schießen und bekam ein paar rituelle Speisen angeboten, darunter selbst­gemachte Gujhiya, das ist eine kleine Mürb­teig­tasche in der Art von Samosa, aber mit einer süßen Fül­lung aus Khoya (ein­gekoch­ter Milch). Noch besser schmeckte mir das haus­gemachte Alu Jira (Brat­kartof­feln mit viel Kreuz­kümmel), das mit einem herr­lich schar­fen Chutney aus Minze und grünen Chilies auf­gewer­tet wurde. Nach all diesem bunten Feier­streß konnte ich mich zu­frieden in mein Zimmer zurück­ziehen und die Sache theo­retisch ab­run­den, und zwar in Form von ein paar Artikeln über Quanten­chromo­dynamik.

North Indian Food: Chicken in mountain style (Pahari Murghi)

Huhn nach Hausfrauenart

North Indian Food: Alu Jeera (Roast potato with Cumin) servd with mint chutney

Alu Jeera mit Pudina Chutney

Selten ha­be ich in Indien einen Ort mit so vielen net­ten Men­schen ge­fun­den. Die Familie im Guest House ist top, und in einer kleinen Kneipe, die von einer liebes­würdi­gen Dame mit dem Spitz­namen Auntie betrieben wird, lernte ich eine Gruppe junger Leute kennen, die am lokalen College Physik und Chemie stu­dieren. Naini­tal ist voller christ­licher Kirchen und an­geschlos­sener Schulen und erfreut sich daher eines extrem hohen Bildungs­niveaus. Hier haben auch Mäd­chen deut­lich bessere Chancen: Ich war sehr über­rascht, daß sie im Studien­gang Computer Science sogar die Mehrheit stellen. Aller­dings bleiben auch die Stu­denten in ihrer Freizeit ge­schlechter­mäßig eher unter sich.

Das Essen bei Auntie in der namens­lose Kneipe knapp am Gauri Hotel ist ganz gut, aber sehr einfach. Auf Vor­bestel­lung kann sie aber auch ganz tolle Familien­rezepte zu­bereiten, und ich gönnte mit ein Hühn­chen auf Pahari-Art. Das wurde in einer dünnen, auf Wasser ba­sie­ren­den Curry-Sauce mit viel Zwiebel ge­schmort und mit einer sub­tilen Prise Koriander-Grün ab­geschmeckt. Es erinnerte ein bißchen an ein ähn­liches Produkt aus Rajgir, aber die rusti­kale Würzung kam ganz ohne moguli­sche Gewürze aus; ge­schmeckt hat es trotzdem sehr gut.

North Indian Food: Indian bread Chapati puffed on a gas flame

Chapati, Phase 2: Über der Gasflamme bläht sich das Brot kugelig auf

North Indian Food: Indian bread Chapati baked on a hot surface

Chapati, Phase 1: Das Brot wird auf einem heißen Blech gebacken

Zum Essen gibt es hier Brot, meist Chapati. Dieses ist das ein­fach­ste aller nord­indi­schen Brote, und so ist es nun höchst an der Zeit, daß ich es einmal ge­nauer be­schrei­be. Der Teig be­steht nur aus Was­ser und dem so­genann­ten Atta-Mehl aus einer halb­harten Weizen­sorte, manch­mal auch in Voll­korn-Variante. Man formt daraus etwa 2 mm dicke Fladen, die dann auf einer heißen Ober­fläche sehr rasch unter ein­mali­gem Wenden gegart werden. Dabei werden die beiden Ober­flächen voll­ständig durch­gebacken, aber das Zentrum bleibt noch etwas weicher. In einem zweiten Schritt legt man die Fladen auf eine Gas­flamme, und das Brot poppt ent­lang der halb­garen Mittel­fläche zur Ballon­form auf. Das sieht auf den ersten Blick wie Hexerei aus, gehört aber wirklich zu den ele­mentar­sten Grund­lagen der nord­indi­schen Kochkunst.


Kirtipur Almora

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