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Ranakpur राणकपुर (Rajasthan) |

Der Surya Narayan Mandir in Ranakpur ist nur ein kleiner Nebentempel, aber seine Fassade besteht aus reinem Marmor

Ziegenhirte auf der Straße vom Hotel zum Ranakpur-Tempel

Haus in den Aravali-Bergen nahe Ranakpur
Ranakpur ist irgendwie etwas Außergewöhnliches. Es ist keine Stadt, nicht einmal ein Dorf, sondern der Name bezieht sich wirklich nur auf einen mitten in der Wildnis stehenden Tempel, das angeschlossene Verwaltungsgebäude und die Busstation mit einer Tee-
Etwa drei Kilometer nördlich des Tempels findet man dann tatsächlich eine Ansammlung von Hotels, leider nicht unbedingt der billigen Art, und noch ein paar Kilometer entfernt steht ein größeres Dorf. Insgesamt bleibt aber der Eindruck weitgehender Abgeschiedenheit, der das Wunder des Ranakpur-Tempels umso erstaunlicher macht.
Man betritt den Adinath-Tempel durch ein reichverziertes Marmortor
Der Adinath Mandir ist mit Abstand der schönste Tempel der Gruppe
Der Tempel gehört zu den vier Hauptheiligtümern der Jains, einer nur in Indien und vor allem im Nordwesten verbreiteten Religionsgruppe, deren nur etwa 2 Crore Mitglieder typischerweise die höheren Ebenen der indischen Gesellschaft besetzen: Die Jains bewerten Bildung sehr hoch und betätigen sich überwiegend als Händler, da es ihnen absolut verboten ist, Leben zu zerstören; und welchen handwerklichen oder bäuerlichen Beruf gibt es schon, bei dem nicht gelegentlich ein Wurm oder eine Mücke daran glauben muß?
Der Jainismus wurde von Mahavir (dem „großen Helden“) gegründet, der wahrscheinlich ganz knapp vor dem Buddha gelebt hat. Nach Meinung der westlich-analytischen Religionswissenschafter entsprangen beide Religionen demselben Bedürfnis, dem zu dieser Zeit in ausufernden Ritualen erstarrten Hinduismus („Brahmanismus“) eine Antithese in Form einer auf persönliche Erlösung bezogenen Lehre entgegenzuhalten. Das würde die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Doktrinen, vor allem in praktischer Hinsicht, ganz gut erklären; allerdings behauptete Mahavir, daß er der vierundzwanzigste und letzte Jain-Lehrer (Tirthankar oder Furtbereiter) sei; sein Vorgänger Parshvanath läßt sich noch historisch fassen, während alle früheren Tirthankaras fürs erste legendär bleiben. Der zeitliche Abstand zwischen Parshvanath und Mahavir von ungefähr zwei Jahrhunderten ergäbe für den ersten Furtbereiter, Adinath, ein Datum irgendwo in der frühen bis mittleren Industalzeit, weit vor der Einwanderung der Arier. Die westliche Religionswissenschaft lehnt die These eines prä-arischen Jainismus einhellig ab, aber den gläubigen Jain kümmert das nicht viel.
Kultbild von Adinath, von einem trägen Wächter gegen unbefugtes Photographieren geschützt.
Halle mit Säulen und Elefant
Marmorkuppel
Die Ähnlichkeiten zwischen Jainismus und Buddhismus (vor allem in der Hinayana-
Nach all diesen Vorbemerkungen nun zum Tempel, dessen über tausend Marmorsäulen (jede mit individueller Ausarbeitung) vom Reichtum der Jains zeugen. Durch die zahlreichen Berufsverbote auf Basis der Ahimsa blieb den Jains ja nicht viel anderes übrig, als Händler zu werden, und das bringt speziell zu diesen Zeiten mehr Einkommen als das produzierende Gewerbe. In einer nach Religionszugehörigkeit gegliederten Tabelle des Wohlstandes und der Bildung nehmen die Jains nach den zahlenmäßig insignifikanten Parsen den zweiten Platz ein. Sieht man die Ranakpur-Tempel, dann glaubt man das gerne.
Säulengang am Rande eines Innenhofes
In den sonnigen Innenhöfen wachsen alte, knorrige Bäume
Das Spiel mit Licht und Schatten erinnert an eine barocke Kirche
Während die Vormittage den Gläubigen vorbehalten sind, darf nachmittags jedermann und jede Frau die Tempel betreten. Es gibt vier kleinere und einen riesengroßen Tempel; letzterer ist Adinath, dem Ersten Furtbereiter gewidmet, und für ihn muß ein Photo Permit erstanden werden; trotzdem wachen etliche Uniformierte mit Trillerpfeife penibel darüber, daß niemand die Kultbilder von Adinath und anderen Tirthankaras auf JPG bannt. Aber das Sehenswerte sind ohnehin die Säulen, die Kuppeln und die elegant dekorierten Wände; Adinath wird eigentlich nur wegen der Herausforderung interessant, unauffällig aus der Hüfte mit hoher Brennweite quer durch den Tempel zu schießen.
Wenn ich von Touristen spreche, so sind wie auch letztes Mal in Chittaur vor allem Inder gemeint; nur wenige Ausländer tun sich die lange Fahrt an und kommen meist von Udaipur auf einem Tagesausflug hierher. Jene, die kommen, sind aber alle überwältigt von einer geradezu barocken Baukunst, in der fein bearbeiteter Marmor und vor allem der Lichteinfall die wesentlichen Elemente bilden. Der ungefähr kreuzförmig angelegte Tempel hat vier Innenhöfe, durch die die Sonne Licht auf die Säulen mit ihrem Dekor aus Figuren, Blättern und geometrischen Ornamenten wirft und dem Marmor interessante Farbschattierungen abgewinnen kann.
Einfaches Essen im Tempel
Der Speisesaal im Ranakpur-Tempel
Sehr einfache Pakora mit gedünsteten Chilies
Kulinarisch kann Ranakpur leider nicht so recht punkten. In meinem Hotel (dessen Manager beim Zimmerpreis sehr mit sich handeln ließ) ist das Essen ebenso teuer wie fade, und sonst gibt es nur verschiedene Snackbuden, die nichts außer Pakora und einem zugegebenermaßen sehr interessanten Chili-
Trotzdem sind einige Bemerkungen über die Jain-
Wie das in der Praxis funktioniert, konnte ich in der Kantine des Tempels sehen, wo einfache Jain-
Ich werde noch einen Tag länger hierbleiben, denn in der Nähe steht eine noch abgelegenere und unbekanntere Sehenswürdigkeit: Das Fort von Kumbhalgarh, das ich (wenn Adinath mir nicht zürnt) in einem langen Tagesausflug morgen besuchen will.
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