Landkarte
Dhulikhel 1 Namobuddha

Dhulikhel 2 धुलिखेल (Nepal)

Kailashnath Mahadev Shiva statue in Sangam, Kathmandu Velley, Nepal

Die Statue des Kailashnath Mahadev in Sanga

Narayan Mandir (Vishnu Temple) at moonrise, Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Mondaufgang über dem Narayana Mandir im Zentrum von Dhulikhel

Feet of Kailasanatha Mahadev Shiva statue in Sangam, Kathmandu Velley, Nepal

Der Aufgang zu den Füßen von Mahadeva

Liebe Birgit,

ich bin immer noch in Dhuli­khel, denn man kann hier (Schön­wet­ter vor­aus­ge­setzt) eini­ges unter­neh­men. Ganz ab­gese­hen vom schö­nen Alt­stadt­viertel Dhuli­khels und von sei­ner schmack­haften Küche gibt es nämlich in der nä­he­ren Um­ge­bung einige loh­nende Aus­flugs­ziele. Von einem davon, Banepa, habe ich Dir ja schon berich­tet; heute sind zwei weitere an der Reihe, und ein Fest gibt es auch noch.

Bei der An­fahrt von Kath­mandu über den Araniko-High­way kommt man an einem kleinen Dorf namens Sanga vorbei, das auf dem ersten Hügel über das flache Tal blickt. Dabei fällt eine rie­si­ge, 33 m hohe, kupfer­rot glän­zende Figur ins Auge, die den Gott Shiva dar­stellt; sie wurde erst vor zwei Jahren fertig­gestellt und gilt als die höchste frei­stehende Shiva-Statue der Welt. Von Dhuli­khel ist man mit den häufi­gen Bus­sen nach Kath­mandu in einer hal­ben Stun­de vor Ort.

Beim Spa­zieren durch das Dorf wurde ich mit freund­lichen Be­woh­nern kon­fron­tiert, die (an­ders als die Leute in Dhuli­khel) Aus­länder wohl nur vom Hören­sagen ken­nen. Das Dorf wirkt mit seinen Ziegel­bauten wie eine ver­klei­nerte und weniger ent­wickelte Kopie von Dhuli­khel, aller­dings fiel mir der un­ge­bremste Bau­boom ins Auge. Nach ein paar Minu­ten hatte ich eine Gabe­lung er­reicht: Ein Weg führt of­fen­bar zu Shiva, und der andere laut Auf­schrift auch, nur daß dort 100 Ru Ein­tritt ver­langt werden. Also ent­schied ich mich für den längeren Weg, der mich bald mit präch­tigen Aus­blicken auf die Monumental­statue des Zer­störers und Er­neuerers belohnte, während ich mich von außen um den Hügel herum­schlängeln mußte, um schließlich zu den Füßen des Gottes zu gelangen.

In Sanga prä­sen­tiert Shiva sich in sei­ner fried­lichen Form als Maha­deva und lächelt etwas ver­träumt bis be­kifft. An sei­nem fast weib­lich wir­ken­den Kopf finden sich die üb­li­chen At­tri­bute (Halb­mond, Kobras), eine Hand ist zur Segens­geste er­hoben, wäh­rend die andere den Drei­zack (Tri­shula) hält. Von der Statue ab­wärts er­streckt sich ein park­ähnli­ches Ge­lände, und während man sich den Füßen des Gigan­ten nähert, kommt man an un­zähli­gen Lingams vorbei, die je einen Namen des Gottes tragen. Es herrscht eine gelöste Atmo­sphäre: Manche der „Pilger“ scheinen über­haupt nur zum Photo­graphieren gekommen zu sein. Dazu paßt auch das aus vielen Laut­sprechern euphonisch erklingende Gayatri-Mantra: Om bhur bhuvah svah tat savitur vareniyam bhargo devasya dhimahi dhiyo yo prachodayat (Hör­probe).

Gates of Indreshvar Mandir Hindu Temple at Panauti, Kathmandu Valley, Nepal

Der Indreshwar-Tempel war geschlossen

Statue of Bhimsen (Bhima Sena) Newari Hindu God in Panauti, Kathmandu Valley, Nepal

Bhimsen-Statue in Panauti

Indreshwar Mandir Hindu Temple at Panauti, Kathmandu Valley, Nepal

Der Indreshwar Mandir erhebt sich über die Altstadt von Panauti

Bhimsen (Bhima Sena) idol in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Bhimsen-Darstellung in Dhulikhel

Ein we­sent­lich urba­ne­res und tra­di­tio­nel­leres Am­biente er­war­tete mich in Panauti, einer kleinen Newar-Stadt, die mit dem Bus von Banepa in einer Viertel­stunde er­reicht werden kann. Panauti ist ganz klar in eine Alt­stadt und eine Neu­stadt ge­schie­den: Letztere inter­essiert besten­falls wegen der vie­len Knei­pen am Bus­bahn­hof (Choila-Alarm!), erstere ist aber ein echtes Pracht­stück und dazu noch vor­bild­lich restauriert.

Folgt man dem Weg zum lei­der sehr aus­ge­trock­neten und ver­schmutz­tem Fluß, dann kommt zuerst zu einem Ghat mit zwei schö­nen, alten Tem­peln; ein paar Geh­minuten weiter steht dann der berühmte Indreshwar Mandir, mög­licher­weise der älteste er­haltene Tempel Nepals. Der riesige, drei­stöckige Bau war ver­sperrt und gänzlich ver­lassen, was aber inso­fern ein Vor­teil war, als niemand das hor­rende Ein­tritts­geld fordern konnte. Aus­ländern Mond­summen ab­zu­pre­ssen ist eine Art nepale­sischer Volks­sport, wobei Süd­asiaten (also Inder, Bangla­deshi etc.) immer­hin nur ein Drittel von dem bezahlen, was dem Rest der Welt ab­verlangt wird.

Der Rück­weg durch die Alt­stadt von Panauti führte mich durch enge Gas­sen voller kleiner Schrei­ne und Skulp­turen. Ich habe Dir ja be­reits letz­tens von dem ho­hen An­sehen be­rich­tet, in dem hier die Göt­tin Saras­wati steht; aber es gibt auch einen männ­lichen Gott, der im Newar-Hindu­is­mus eine heraus­geho­bene Be­deu­tung hat: Bhim­sen, der für Handel und Kom­merz steht. Dieser „Gott“ ist in Wahr­heit ein Ver­satz­stück aus dem Maha­bharata, dem über­langen Epos vom Kampf der fünf Pandava-Prinzen gegen ihre bösen Cousins, die Kauravas. Bhima oder Bhima­sena ist der zweit­älteste der Pandavas und vor allem für seine Stärke und Loyali­tät berühmt (übrigens auch für seine Koch­künste); da ein auf un­siche­ren Pfaden wandelnder Händler einen starken Be­schützer braucht, haben ihn die Newar einfach als Schutz­gott adap­tiert. Deshalb findet man ihn in jeder Newar-Stadt dar­gestellt, zu erken­nen an der Keule (mit der er Duryo­dhana regel­widrig die Hüfte zer­schmet­tert hat, aber das ist eine andere Geschichte).

Ritual offerings for Dewali Puja (Newari Hindu Festival) in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Die reicheren Kasten opfern viel

Ritual food at Dewali Puja (Newari Hindu Festival) in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Am Ende des Festes steht der Heilige Imbiß

Ritual offerings for Dewali Puja (Newari Hindu Festival) in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Opfergaben zur Dewali Puja werden gesegnet

Ladies' Parade at Dewali Puja (Newari Hindu Festival) in Dhulikhel, Kathmandu Valley, Nepal

Aufmarsch von Damen im roten Sari

Ich habe ja schon ein paar Male darauf hin­ge­wie­sen, daß der Newari-Kalen­der vol­ler Feier­tage ist; bleibt man auch nur zwei Wo­chen im Newar-Ge­biet, be­kommt man wahr­schein­lich irgend­eine klei­nere oder größere Festivi­tät zu sehen (letzte Woche ist mir das ja auch in Banepa gelun­gen). Hier bin ich nun über eine weitere Feier ge­stol­pert, die Devali Puja (auch Deopuja). Am Vor­mit­tag zogen kleinere Pro­zes­sionen mit Musik­beglei­tung durch die Stadt, und die Män­ner sam­melten sich an kleinen Opfer­stätten, wo sie fa­milien­weise Körbe mit Opfer­gaben weihen ließen; danach wurden Ziegen ge­schlach­tet und gleich unter freiem Himmel ab­ge­flammt, ge­häutet und klein­geschnip­pelt. Jede Newari-Kaste hat dabei einen anderen Opferplatz.

Am frühen Nach­mit­tag bil­deten sich dann auch Damen­prozes­sio­nen, eben­falls mit Musik, wobei die ver­heira­teten Frauen wunder­schöne rote Saris trugen, während die Mäd­chen in ziviler Fest­tags­klei­dung auf­traten. Zu die­sem Zeit­punkt war an den Opfer­stät­ten bereits das große Kochen im Gange, und bald wurde ge­schmaust, nämlich typi­sches Newari-Essen mit Chiura und Ziegen­curry. Ich unter­hielt mich länger mit einer Wirt­schafts­studentin aus Kath­mandu, deren Familie extra aus der Haupt­stadt für diese Fest­lich­keit an­gereist war. Wäh­rend ich mühsam mit den Fingern in den Reis­flocken stocherte (Besteck gibt es bei so tra­ditio­nellen An­läs­sen keines), er­klärte sie mir, daß die Devali Puja nur einmal alle drei Jahre in dieser großen Form statt­finde und daß das ganze eine Art riesiges Familien­fest sei, da ja innerhalb der Kaste jeder mit jedem verwandt sei — aller­dings nur in der väter­lichen Linie, denn die Newar haben ein exo­games Heirats­system: Die Ehe­partner müssen aus verschiedenen väter­lichen Linien stammen.

Vielleicht fragst Du Dich, ob die Newar je­mals etwas an­de­res als Choila und Co. essen; zu­min­dest in Restau­rants sieht man nur wenig von der Newari-Haus­manns­kost. Das ist sehr schade, läßt sich aber ohne Familien­anschluß kaum beheben. Diesen Brief will ich daher mit einem ganz anderen Typ von Speisen be­schließen, den ich nur hier im Kath­mandu-Tal ange­troffen habe: Scharf–saure Süßigkeiten.

Nepali/Newari food: Sweet-sour-spicy pickled Lapsi (Choerospondias axillaris) fruit

Eingelegte Lapsi-Früchte mit Kern

Nepali/Newari food: Sweet-sour-spicy pickled Mango (Mangifera indica) fruit

Eingelegte Mango-Spalten

Nepali/Newari food: Sweet-sour-spicy pickled Lapsi  (Choerospondias axillaris) fruit

Eingelegtes Lapsi-Leder

Die Newar haben es ja be­kannt­lich gerne scharf und würzig; das gilt auch für Süßes. Vieler­orts werden in Sirup ein­geleg­te Trocken­früchte ver­kauft, die jedoch keines­falls lang­weilig süß schmecken. Einer­seits bevor­zugt man saure Früch­te, und an­derer­seits wird mit kräftig Chili nach­geholfen, den Früchten eine über­raschend pikante Seite ab­zu­gewin­nen. Außer Zitronen (Jhamsi) und unreifen Mangos (Am) kommt noch eine weitere Frucht zum Einsatz, die Lapsi (Choero­spondias axillaris) genannt wird; es handelt sich dabei knapp zwetschken­große, etwas läng­liche Stein­früchte, die auf hohen Bäumen wachsen und mit Mangos verwandt sind.

Mangos und Zitronen werden ge­wöhn­lich in Schei­ben oder Spal­ten ge­schnit­ten und mit Sirup und gro­bem Chili­pulver über­gos­sen; bei den klei­neren Lapsi ist das wegen der geringen Größe und des ver­hältnis­mäßig großen Kerns nicht möglich. Ent­weder läßt man sie ganz (und nascht dann um den Kern herum), oder ver­arbeitet das Frucht­fleisch zu 3 mm dicken, pergament­ähnlichen Lappen, die etwas an das geor­gische „Frucht­leder“ tklapi erin­nern. Wegen ihrer intensiven Säure und Fruchtig­keit schmecken mir die Lapsi-Früchte besser als ihre Alternativen.


Dhulikhel 1 Namobuddha

Am, Āṁ, Auṃ bhūr bhuvaḥ svaḥ tat savitur vareṇiyaṃ bhargo devasya dhīmahi dhiyo yo naḥ pracodayāt, Banepa, Banepā, Bangladeshi, Bāṅlādeśī, Bhima, Bhīma, Bhimasena, Bhīmasena, Bhimsen, Bhīmsen, Chiura, Choila, Choilā, Ciurā, Deopuja, Devali Puja, Devālī Pūjā, Devpūjā, Dewali Puja, Dhulikhel, Gayatri, Gāyatrī, Ghat, Ghāṭ, indischer Subkontinent, Indreshwar, Indreshwar Mandir, Indreśvar, Indreśvar Mandir, Jhamsi, Jhamsī, Kailashnath Mahadev, Kailāsnāth Mahādev, Kāṭhmāṇḍau, Kathmandu, kulinarische Reiseberichte, Lapsi, Lapsī, Lingams, Liṅgams, Mahabharata, Mahābhārata, Mahadeva, Mahādeva, Narayana Mandir, Nārāyaṇa Mandir, Nepal, nepalesischer, nepālesischer, Nepals, Nepāls, Nevār, Nevārī, Newar, Newari, Om bhur bhuvah svah tat savitur vareniyam bhargo devasya dhimahi dhiyo yo prachodayat, Panauti, Panautī, Pandava, Pāṇḍava, Pandavas, Pāṇḍavas, Reisebriefe, Sāṁgā, Sanga, Sarasvatī, Saraswati, Sari, Sārī, Saris, Sārīs, Shiva, Śiva, tklapi, t’q’lap’i, Trishula, Triśūla