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Mamallapuram மாமல்லபுரம் (Tamil Nadu) |

Die Fünf Rathas in Mamallapuram: Von links nach rechts Draupadi, Arjuna, Bhima, Nakula–Sahadeva und ganz rechts fast verdeckt Yudhishtira

Felsrelief mit gut lebensgroßen Elefanten

Trau keinem falschen Lehrer: Die Katze lehrt die Mäuse das Tanzen (offenbar, um sie hinterher zu verzehren)

Der Granitfindling Krishna’s Butterball liegt auf einem beängstigend schiefen Untergrund
nun bin ich also in Tamil Nadu, dem (nach Meinung der Tamilen) kulturellen Kernland Südindiens. Diese selbstbewußte Aussage stützt sich unter anderem darauf, daß sowohl Baukunst als auch Literatur im Tamilenland weiter zurückreichen als in den Nachbarstaaten, und daß die lokale Kultur in hohem Maß selbständig sei, mit wenig Einfluß von außen. Hier in Mamallapuram (das früher Mahabalipuram hieß) ist man sogar geneigt, das zu glauben.
Das Städtchen mit seinen gut 10000 Einwohnern liegt direkt am Golf von Bengalen, ungefähr
Die ganze Dekkan-Halbinsel besteht aus uraltem Granit. Verwitterungsbedingt tauchen immer wieder riesige, oft halb vergrabene Findlinge, Felsplatten oder anders geformte Bruchstücke in der Küstenebene auf. Daraus ergibt sich beträchtliches künstlerisches Potential, denn der Granit ist steinhart und durch seine glitzernden Einschlüsse auch ziemlich attraktiv.

Im Kirushna Koyil sieht man, wie Krishna einen Berg hochhebt, um Dorfbewohner vor einem Unwetter zu schützen

Der Yudhistira-Felsentempel

Im Höhlentempel Magishamartini Mandapam
Die einfachste Konstruktion ist ein Höhlentempel: Man schlägt eine fünf bis zehn Meter tiefe Höhle, also eher eine Nische, in den Fels. Dekorative Elemente wie Säulen, Kultfiguren und Reliefs sind nicht etwa nachträglich eingebaut, sondern gewachsener Fels, der beim Formen der Höhle „übriggelassen“ wurde. Hier gibt es eine Anzahl solcher Höhlentempel, von denen sich die meisten in einem engen Areal drängen, das als öffentlicher Park viel besucht wird.
Auch die Felsentempel sind monolithisch,
Besonders bemerkenswert ist die Gruppe der Fünf Rathas mit fünf stilistisch völlig unterschiedlichen Felsentempeln, die aus ein und dem demselben riesigen Monolithen herausgemeißelt wurden. Das sieht ein bißchen so aus wie ein Wettbewerb aus Eisfigurenschneiden oder Sandburgenbauen, wo Ensembles wunderbarer Einzelstücke entstehen, von denen keines zum Nachbarn paßt. Historiker haben die (zum Teil nicht ganz vollendeten) Fünf Rathas schon als Versuchslabor oder als Sammlung aller zu diesem Zeitpunkt verbreiteten Tempeltypen bezeichnet. Offenbar war Mamallapuram bereits damals ein Zentrum der Steinmetzkunst, mit verschiedenen Schulen im Konkurrenzverhältnis — daß das heute noch so ist, sieht man an den Souvenirhändlern, die selbstgemeißtelte Granitelefanten oder tanzende Shivas aus Olivin anbieten, und deren ständiges Gehämmere eine angenehme Hintergrundakustik im Touristenviertel erzeugt.
Der Strandtempel
Innovatives Souvenir: Ganesha mit Laptop
Zuletzt gibt es hier auch noch ein Beispiel eines gemauerten Tempels, der direkt am Ufer steht und allgemein als “shore temple” bekannt ist, auf Tamilisch Katarkaraik Koyil. Dieser möglicherweise älteste Tempel Südindiens ist aus Granitblöcken gebaut und zeigt bereits stark verwitterte Reliefs. Mit seinen spitzen Türmen bietet er einen eleganten Anblick, auch von der Seeseite. Unter europäischen Matrosen des 16. Jahrhunderts war Mamallapuram als „Ort der Sieben Pagoden“ bekannt, und niemand weiß, wo die anderen sechs stehen (oder ob es sie überhaupt jemals gegeben hat). Der Tsunami von 2004 hat jedoch einiges an Sediment vom Meeresgrund weggewaschen, und es kamen dabei Mauern zum Vorschein, die möglicherweise zu weiteren Tempeln gehören.
Mamallapuram ist ein „Travelerparadies“, die Individualtouristen sammeln sich hier also zu Kollektiven. Der Ort hat auch zweifellos einen hohen Charmefaktor durch die Kombination aus exzellenter touristischer Infrastruktur (es gibt sogar mein deutsches Lieblings-
Kulinarisch ist die Anwesenheit von Touristen wie immer eine zweischneidige Angelegenheit: Schicke Restaurants mit Dachterrassen und handgeflochtenen Ratan-Möbeln laden zwar zum Verweilen ein, aber das Essen! Kommt man wirklich nach Indien, um amerikanisches Thunfischsteak, britisches Roastbeef oder italienische Pizza Frutti del Mare zu essen, beziehungsweise irgendwelche Approximationen dazu?
Der Touristenbezirk ist aber nur einen Straßenzug lang, und dann ist man schon wieder in Indien. Billige Kneipen bieten meals, also Reis mit Curries zum Nachnehmen, an, und anderen üblichen Verdächtigen – Dosa, Idli, Purota – sind auch zu haben. Mit mehreren Currygerichten pro Mahlzeit bekommt man dann rasch einen Eindruck, was so alles in tamilischen Mägen landet.
Tamilische Speisen: Von oben im Uhrzeigersinn Dal, Sambar, Drumsticks in Kokosmilch, trockene Bohnschoten, Rasam
Rote Rüben und Dal mit dem Kundu Milagai
Trockener Curry aus Zwiebeln und Spalterbsen
Tamilisches meals: Von links nach rechts Kartoffeln in Kokosmilch, trockene Rote Rüben, Joghurt, Rasam, Dal, Sambar
Was ich bisher gegessen habe, hinkt ein bißchen hinter meinen Erlebnissen in Andhra hinterher. Rasam und Sambar schmecken hier sehr ähnlich wie beim nördlichen Nachbarn, alles ist zwei Töne milder, aber dafür gibt es mehr Abwechslung zwischen den einzelnen Curries eines Mahles. Diese Abwechslung betrifft sowohl den Geschmack als auch die Konsistenz. So findet man neben einem scharf-
Die wichtigsten Gewürze der Region sind Senfsamen und Curryblätter, die nun wirklich in so ziemlich ihren ihren aromatischen Fingerabdruck hinterlassen — dazu kommen natürlich noch die Chilies. Gelegentlich findet man etwa kirschgroße, abgerundet–
Viele Speisen werden nur mit diesen drei gewürzt, oft noch ergänzt durch Bockshornklee, Koriander oder Asant. Allerdings kommt noch eine Komponente dazu, die ich für typisch südindisch und ganz besonders tamilisch halte. Das sind getrocknete Hülsenfrüchte, die hier trocken geröstet werden, bis sie einen nussigen Geschmack mit Röstaromen entwickeln. Besonders gern nimmt man die gelben Spalterbsen, die auf einen goldgelben Farbton geröstet und dann vermahlen oder, mit geringer Kochzeit, auch ganz gebraucht werden. Besonders die trockenen Curries enthalten gerne eine Handvoll davon.
Nächste Woche fahre ich nach Kanchipuram, das ist der Abwechslung halber wieder einmal eine Tempelstadt.
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