Landkarte
Ranakpur Mount Abu

Kumbhalgarh कुम्भलगढ़ (Rajasthan)

Fort Walls in Kumbhalgarh, Rajasthan, India

Das Fort von Kumbhalgarh steht uneinnehmbar in der kargen Landschaft

Oxen-driven well in Aravali Mountains between Ranakpur and Kumbhalgar, Rajasthan (India)

Brunnen mit freischwebenden Stufen

Oxen-driven well in Aravali Mountains between Ranakpur and Kumbhalgar, Rajasthan (India)

Brunnen mit Schöpfrad und rechts Stufen

Liebe Birgit,

wenn ich letztes Mal Ranak­pur als abge­legen be­schrieben habe, was soll ich da erst zu Kumbhal­garh sagen, dem ver­mut­lich größten Fort Indiens, das die Mewar-Dynastie ganz hinten nach dem letzten Berg links errich­tete und das selbst Kaiser Akbar nicht mehr als einen Tag lang ein­nehmen konnte? Von Ranakpur, auch nicht gerade einem Zentrum der Urbani­tät, ist man gute drei Stunden mit Sammel­jeep und Bus unter­wegs, bevor man die letzten drei Kilo­meter zu Fuß zurück­legen muß.

Dabei kommt man durch eine Land­schaft, die wirklich kaum ein Zeichen des zwanzig­sten und schon gar nicht des einund­zwanzig­sten Jahr­hunderts er­kennen läßt. Die Straße führt fast ohne Verkehr durch die kargen Hügel, und man sieht ver­streute Gehöfte, kleine An­sied­lungen mit kom­mu­naler Bewäs­se­rung und ent­spre­chend leuch­tend gelbe Senf­felder. Beson­ders faszi­nierten mich die Zieh­brunnen, die immer noch durch Rinder­kraft be­trie­ben werden: Der rotie­rende Ochse bewegt per Zahnrad­technik eine Kette, an der Gefäße befestigt sind; letztere holen das Wasser aus der Tiefe des stein­gemauerten Brunnens und schütten es in die Bewässerungs­kanäle. Da wir gerade Trocken­zeit haben, liegt bei vielen Brunnen der Wasser­stand zu tief für die Kette, und so muß elektrisch gepumpt werden. Dafür kann man sehen, wie im Inneren der Brunnen Stufen verschiedener Bauart bis nach ganz unten führen.

Oxen-driven well in Aravali Mountains between Ranakpur and Kumbhalgar, Rajasthan (India)

Mit zwei Ochsenstärken wird bewässert

Local women in the barren Aravali mountains

Aravalli-Gebirge mit Dame

Die Men­schen leben hier wahr­schein­lich tradi­tionel­ler als an den meisten Orten, die ich in Indien ge­sehen habe. Frauen in bunten Saris, denen natür­lich immer die här­testen Ar­beiten auf­gebür­det werden, wirken von der Straße aus wie Schmetter­linge, wenn sie sich im Zickzack­kurs durch das dornigen Akazien­gestrüpp arbeiten, um ein bißchen Feuer­holz zu sammeln. Man kommt sich fast wie ein schlüssel­loch­blickender Voyeur vor, wenn man diese Menschen beobachtet, deren Tages­ablauf so anderen Gesetzen als der eigenen folgt.

Fortress wall of Kumbhalgarh fort, Rajasthan (India)

… wird von einer Mauer mit riesigen Wehrtürmen gesichert.

Entry gate to Kumbhalgarh fort, Rajasthan (India)

Der Eingang nach Kumbhalgarh …

Erreicht man dann end­lich die mäch­ti­gen Mauern des Forts, dann fragt man sich, welche Asuras, Raksha­sas oder meinet­wegen Cycl­open diese unge­heure, 36 km lange Mauer in­mit­ten der wilden Berge er­rich­tet haben könn­ten; menschen­gemacht sieht sie eigent­lich nicht aus. Vor einem Jahr haben mir in Diyarbakır (Ost­anatolien) die Ein­heimischen erzählt, ihre 5 km lange, sehr beein­druckende Stadt­mauer sei die längste nach der Chinesi­schen Mauer, und ähnliche Geschichten mag man auch anderswo hören; aber hier will ich es glauben. Das düstere, endlose Gemäuer mit seinen bauchigen Wehrtürmen muß auf jede von der Anfahrt bereits geschlauchte angreifende Armee auch als psychische Barriere gewirkt haben.

Als ich den Ort vor 14 Jahren be­suchte, war er noch wesent­lich verlas­sener als heute; mittler­weile gibt es Über­nachtungs­möglich­keiten, Cafés und Souvenir­läden, und natür­lich das ultimative Kenn­zeichen der Zivilisation: Eintritts­karten, die für Ausländer zwanzig­mal soviel wie für Inder kosten. Bin ich nun zwanzig­mal soviel wert wie der indische Tourist, oder tue ich durch meinen Besuch dem Monument zwanzig­mal mehr Schaden? Das weiß nur der Archeo­logical Survey of India.

View onto Kumbhalgarh fort (from Badal Mahal) showing village and Vedi Mandir temple, Rajasthan (India)

Blick vom Badal Mahal zum Dorf, zum Vedi Mandir und weiter zur Mauer, die sich bis zum Horizont weiter über die Hügel windet.

Badal Mahal Palace in Kumbhalgarh fort, Rajasthan (India)

Der Badal Mahal

Innerhalb der Mauern sieht es nicht viel anders aus als außer­halb: Eine kleine dorf­artige An­sied­lung, ge­spickt mit einer mini­malen tou­risti­scher Infra­struktur, viel dürre Land­schaft und Grup­pen von Tem­peln, die teil­weise ge­rade­zu über­restau­riert wir­ken. Am höch­sten Punkt des um­schlos­senen Ge­bietes steht eine gut er­halte­ne Burg namens Badal Mahal mit einigen re­stau­rier­ten Palast­räumen voller Frescen von Elefanten.

Former Jain temple now used as Shiva Mandir, Kumbhalgarh, Rajasthan (India)

Auch ein Nandi macht aus einem alten Jain-Tempel keinen Shiv Mandir

Spannen­der fand ich die Tempel. Ob­wohl einer da­von als Shiva-Schrein ge­nutzt wird, tragen alle typi­sche Merk­male der Jain-Archi­tektur; ledig­lich die kleinsten und insignifi­kan­te­sten da­von schei­nen mir original hin­duis­tisch zu sein. An den anderen sieht man winzige Tirthankara-Figuren über den Ein­gän­gen, männ­liche und weib­liche Schutz­figuren (Yaksha bzw. Yakshi) auf Knie­höhe links und rechts am Ein­gang und andere Sym­bole, deren Be­deu­tung mir nicht klar ist: Eine acht- oder sechzehn­zipfelige Blüte, Rauten-Orna­mente und an chinesische Drachen er­in­nernde Löwen­köpfe an der Eingangs­schwelle. Auch archi­tektoni­sche Merk­male wie die Kom­bina­tion von Kuppeln und Türmen, offene Säulen­hallen und mehr­stöckige Bau­weise erinnern mich an jainistische, nicht aber hinduisti­sche Tempel. Eine Touristin aus Kolkata, selbst eine Jain, erklärte mir, daß der ASI nichts über diese Tempel publiziere, weil die hindu­istischen Archäo­logen keine Möglichkeit sähen, die Jain-Natur dieser Tempel wegzu­argumentieren und daher lieber Gras darüber wachsen ließen. Das mag eine Verschwörungs­theorie sein, aber da die Jains heute selbst in ihren Hoch­burgen in Rajasthan und Gujarat nur eine Minderheit darstellen, verwundert das Schweigen über eine so hohe Konzentration an Jain-Tempeln tatsächlich ein bißchen. Es gibt nicht einmal einen offiziellen Lageplan des Fort-Geländes.

Two-storey column inside of Vedi Manir, Kumbhalgar, Rajasthan (India)

Stockwerkübergreifende Säule im Vedi Mandir

Vedi Mandir Jain temple, Kumbhalgarh, Rajasthan (India)

Der Vedi Mandir ist ein prachtvoller Jain-Tempel

Am interes­san­testen ist zweifellos der Vedi Mandir, ein drei­stöckiges, säulen­getragenes Bauwerk mit einer zentralen Kuppel und mannig­faltiger Jain-Dekoration. Einige Säulen reichen durch große Aus­sparungen im Fuß­boden vom zweiten Stock bis auf Boden­niveau — ein bemerkens­werter Effekt. Außerdem werden die höheren Stock­werke immer niedriger, so daß das Gebäude von unten durch Vortäuschen einer per­spektivischen Ver­kleinerung wesentlich höher wirkt.

Rajasthani/Indian Food: Preparing Chili Pakora (Mirch Pakora): Dipping Chiles in Chickpea Batter and Deep-Frying

… in den flüssigen Besan-Teig (hinten) tauchen, frittieren, …

Rajasthani/Indian Food: Chili Pakora (Mirch Pakora)

… und fertig ist die schärfste Pakora Indiens!

Rajasthani/Indian Food: Preparing Chili Pakora (Mirch Pakora): Coating Chiles with spiced potato mash

So macht man Mirc Pakora: Chilies mit Kartoffelteig ummanteln, …

Bei soviel Besich­tigung denkt man nicht an das leib­liche Wohl — und es wäre ja auch nicht viel zu be­kommen. Bei einem Zwischen­stop in Sayra, wo man zwischen Jeep und Bus um­steigen muß, hatte ich jedoch Gelegen­heit, eine wunder­bare Chili-Pakora zu essen, die die scharfe Raja­sthani-Küche treffend illust­riert: Grüne Chilies werden zunächst mit einer kräftig gewürzten Kartoffel­masse um­mantelt, danach in den typischen Pakora-Teig aus Kicher­erbsen­mehl, Salz, Natron und Wasser getaucht und danach frit­tiert. Das Resultat kann wirklich über­zeugen, denn je weiter man sich von der Spitze bis zur Basis des Chilies durchißt, desto schärfer wird es, und der knusprige aber milde Kichererbsen­teig kontrastiert herrlich mit der weichen aber scharfen Kartoffel­komponente. So kocht man einfach aber wirkungsvoll!

Nächste Woche melde ich mich dann von einem richtig touristischen Ort, nämlich Mount Abu — das ist die einzige hill station Rajasthans.


Ranakpur Mount Abu

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