Landkarte
Udupi Siehe auch Pokhara, Almora Guwahati

Hampi ಹಂಪೆ (Karnataka)

Ruins as banks of Tungabhadra river at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Ruinen am Flußufer

Pushkarani Water Sanctuary at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Das Wasserheiligtum Pushkarini

Ruins and Boulders at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Landschaft mit Ruine

Liebe Birgit,

als letzte Desti­nation in Karna­taka habe ich mir Hampe aus­ge­sucht, eines jener Dir mittler­weile wohl schon gut bekannten „Traveller­paradiese“. Und tat­säch­lich: Dieses Dorf, in dem gegen­wärtig wohl mehr Touristen als Ein­heimi­sche leben, hat schon seine an­ge­neh­men Seiten. Vor allem aber interessante.

Auch wenn man es dem winzigen Dorf mit seinen gerade mal 1000 Ein­wohnern nicht an­sieht, so steht es doch genau am Platz von Vijaya­nagara, der glanz­vollen Haupt­stadt eines fast ganz Süd­indien um­spannen­den Reiches. Noch im 15. Jahr­hundert zeig­ten sich viele Be­sucher (darunter auch Euro­päer) be­eindruckt von der Pracht der reichen Stadt Vijaya­nagara, deren Ge­schichte aller­dings nach einer mili­täri­schen Nieder­lage 1565 ziem­lich plötz­lich endet. Und aus der Welt­stadt wurde über Nacht ein Dorf, das seine Kühe im Schat­ten der Ruinen von monu­menta­len Tem­peln grasen ließ. Und das blieb so, bis die Touristen kamen.

Hampe, das sich im lokalen Dialekt „Hampi“ spricht und das da­her auch oft so ge­schrie­ben wird, be­steht aus einer 300 m langen Haupt­straße, an deren einem Ende der riesige Virupaksha-Tempel steht; das an­de­re führt zum Fuß einer kleinen Hügel­kette, hinter der sich einige große Tempel­ruinen ver­bergen. Aber Ruinen oder zu­min­dest ein paar herum­stehende Säulen gibt es hier über­all: Mitten im Dorf, entlang der Zufahrts­straßen, auf den Hängen und Spitzen der um­liegen­den Hügel und manch­mal auch mitten in den Feldern.

Monolithic giant Narasimha (Man-lion) at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Narasimha-Statue

Dancing room inside the Hazarama Devalaya Temple at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Innenraum im Hazar Ramachandra Devalaya

Der Aufent­halt in Hampe be­gann äußerst un­ange­nehm: Be­reits auf der An­reise war mir aufge­fallen, daß die kleinen blut­saugen­den Insek­ten, die mich im Hotel­zimmer in Udupi regel­mäßig ange­knab­bert hatten, offen­bar meine eigenen waren; jeden­falls reisten sie in riesi­gen Familien­verbänden inner­halb meines Ruck­sackes mit mir durch Indien. Diese “bedbugs” los­zuwer­den, war gar nicht so ein­fach, und ob es mir mit einer Mischung aus Heiß­wasser, Sonnen­licht und Insekti­zid wirk­lich ge­lun­gen ist, alles von Ruck­sack bis Schlaf­sack zuver­lässig und nach­haltig zu debuggen, wird sich in den nächsten Wochen weisen (Schauder, Grusel). Photos von den Mist­viechern er­spare ich Dir, es reicht, darauf hinzu­weisen, daß sie schwer ge­panzert und ziem­lich un­zerstör­bar sind, wenn man sie nicht ganz ge­zielt mit viel Druck zwischen den Fin­gern — naja, manch­mal hält sich die Realität nicht an die Regeln des guten Geschmacks.

Glücklicher­weise hatte ich mit dem dynami­schen Bruder–Schwester-Paar, das das Guest House be­treibt, starke Ver­bündete, die mir tat­kräftig halfen, die Mist­viecher zu dezi­mieren. Nicht auszu­denken, was pas­siert wäre, wenn ich an irgend­welche schleimigen Trickser ge­kommen wäre, die ver­sucht hätten, das Un­glück zu eska­lieren, um dann eine mög­lichst kosten­intensive Rettungs­aktion an­bieten zu können. Aber die beiden waren wirk­lich hilf­reich und auch wenn sie dauernd Scherze über mich und meine Bugs machten (als Pro­gram­mierer finde ich das gar nicht witzig), so kam es doch aus freund­lichem Herzen. Von der weib­lichen Team­hälfte, Bhuban­eshwari (von allen kurz Bhavani ge­nannt), wird später noch mehr zu be­richten sein.

Tourist group approaching the Achutaraya Devalaya temple at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Eine Touristengruppe am Weg zum Achutaraya Devalaya

Gopuram of Virupaksha Devalaya Temple seen from Hemakuta Hill, at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Das Gopuram des Virupaksha Devalaya, gesehen in der Abenddämmerung vom Hemakuta-Hügel

Ceremonial Elephant Lakshmi blessing pilgrim inside Virupaksha Devalaya Temple, at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Innerhalb des Virupaksha-Tempels gibt Lakshmi ihren Segen

Was kann man sich in einer Woche Hampe alles an­sehen? Nun, ein­deutig mehr, als in eine Woche paßt. Es gibt hier Ruinen ohne Ende, darunter einige mit hohem archäo­logi­schen Wert, die ent­sprechend stark besucht und vom ASI zu den üb­lichen Touristen­fallen aus­ge­baut sind. Einige alte Tempel sind auch noch in Betrieb, allen voran der Virupaksha Deva­laya mitten im Ort. Außer­dem kann man auch ein­fach durch die von röt­lichen Granit­blöcken ge­prägte und mit Ruinen ge­spren­kelte Land­schaft spa­zieren oder die stille Atmo­sphäre im Fluß Tunga­bhadra genießen — nur baden soll man darin nicht, zu­mindest warnen davor viele Schilder, die zur ge­stei­ger­ten Ein­dringlich­keit mit naiven Zeich­nungen von bös­artig drein­blickenden Kroko­dilen ge­schmückt sind. Irgend­wie ist Hampe eine Kreuzung aus Siam Reap in Kam­bodscha und und Göreme in der Türkei: Über­all stehen halb­zerfal­lene Tempel im Angkor-Wat-Stil, aber die Land­schaft wirkt mehr medi­terran als tropisch, mit bizarren Fels­forma­tionen am Horizont. Letz­terer Ein­druck wird noch ge­steigert durch die duftenden Lippenblüten­gewächse, die hier über­all wachsen (darunter auch eine Art Basilikum mit einem minz­änhlichen Geruch) und damit Er­innerun­gen an die Garigue wachrufen.

Der Virupaksha Devalaya ist an­geb­lich noch älter als Vijaya­nagara und in einem typisch süd­indi­schen Stil er­richtet. Das riesige Gopuram ist wohl das einige Objekt in Hampe, das eine Kokos­palme über­ragt, und dahinter schließen mehrere Höfe und Hallen an. In einem davon lebt Lakshmi, die Tempel­elefantin mit einer Vor­liebe für Bananen. Selbige kann man am Tempel­eingang kaufen und dann dem Dick­häuter einzeln in den Rüssel stopfen; Lakshmi ist jedoch ganz distin­gu­ierte Dame und schält die Bananen mit dem be­weg­lichen „Finger“ am Rüssel­ende, ehe sie sich die Dinger in den Mund stopft. Füttert man sie statt mit der Banane mit Klein­geld, dann wirft sie es ihrem Halter­team zu und erteilt mit dem Rüssel einen Segens­geste. Ver­wechs­lungen zwischen diesen beiden Betriebs­moden scheinen nicht vorzukommen.

External Mandapa (dancing hall) belonging to Vitthala Devalaya Temple, at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Mandapa im Vittala-Tempel

Ceremonial Chariot (Ratha) inside Vitthala Devalaya Temple, at Hampi (former Vijaranagara), Karnataka (India)

Der berühmte steinerne Tempelwagen im Vitthala Devalaya

Unter den archäo­logischen Sehens­würdig­keiten ist der Vitthala Deva­laya die bedeut­samste. Dieser ziem­lich große und ver­gleichs­weise gut er­haltene Komplex steht etwa zwanzig Geh­minuten vom Dorf entfernt, wobei man je nach Route ent­weder am idyl­li­schen Fluß ent­lang oder durch ein ausge­dehn­tes Ruinen­feld an­kommt. Der Vittala-Tempel steht auf einem umm­auerten Gelände mit dem Haupt­eingang nach Osten und be­steht aus einem un­gefähr zentralen Gebäude aus Halle und Heilig­tum und mehreren kleineren Säulen­hallen zum Tanzen und für Hoch­zeiten. In manchen dieser Mandapas sind die Säulen wirk­lich sehr schön ge­arbei­tet und mit ver­schie­denen mytho­logischen Figuren ge­schmückt; andere sind dagegen recht plain. Das un­bestrit­tene Pracht­stück des Tempels ist jedoch ein Tempel­wagen (Ratha) aus Stein in der Mitte des Kom­plexes — dieses wunder­schöne Stück Steinmetz­kunst ist karnataka­weit auf vielen Ab­bil­dun­gen zu sehen, mit denen die KTDC (Karnataka Tourism Develop­ment Corpo­ration) für die Kunst­schätze des Landes wirbt.

Indin Tourist Food: Rather elegantly served

Elegant serviert auf der Dachterrasse des Guest House

Indian / Korean Tourist Food: Kimchi Manduguk (Kimchi soup and kimchi stuffed mandu noodles)

Unerwartete Schärfebombe: Kimchi Manduguk 김치만두국

Indian Tourist Food: Young potatoes in curry gravy

Indische nouvelle cuisine: Junge Kartoffeln in pikanter Curry-Sauce

Wie immer in einem „Traveller­paradies“ ist das Essen nicht be­son­ders indisch; das Problem ver­schärft sich erheb­lich durch die geringe Größe von Hampi, da es kaum eine Essens-Infra­struktur für Ein­heimi­sche gibt (und die paar Futter­stellen am Bus­bahn­hof sind zwar billig aber alles andere als gut). Folg­lich mußte ich dies­mal voll ins tourist food beißen — und zu meiner eigenen Über­raschung war das gar nicht übel.

Schuld an diesem frohen Er­lebnis war Bhavani, die de-facto-Chefin des Guest House in dem ich wohne. Sie sieht wie eine Mitt­zwanzigerin aus, aber ihre Tochter ist bereits sech­zehn Jahre alt, und Bhavani ist nicht nur eine clevere Ge­schäfts­frau, son­dern auch eine er­fahre­ne Köchin, die etwas kann, was man in Indien sonst mit der Lupe suchen muß: Aus­ländisch kochen.

Die europäi­sche Be­geiste­rung für aus­ländi­sches Essen ist histo­risch und geo­grapisch eher eine Aus­nahme; die meisten Leute essen bevor­zugt das, was sie „mit der Mutter­milch aufge­nom­men“ haben. Folg­lich wird ein indi­scher Koch die Spa­ghetti kaum jemals al dente be­kom­men, oder gar zu Sardellen oder Parmesan als Würzung greifen. Bhavani ist jedoch eine echte Aus­nahme: Ihr indi­sches Essen ist ziem­lich gut (wenn man nur beim Chili hart­näckig ist), und außer­dem kann sie gut korea­nisch und italie­nisch. Natür­lich ist sie strikte Vege­tarie­rin, was die Aus­wahl etwas ein­schränkt, aber inner­halb dieses Limits lieferte sie eine fabel­hafte Performance ab.

Italo-Indian Tourist Food: Gnocchi al Pomodoro

Gnocchi al Pomodoro

Italo-Indian Tourist Food: Pasta Aglio Olio Peperoncino

Pasta Aglio Olio Peperoncino

Indian Guest House/Restaurant manager Bhavani producing pasta fresca

Bhavani an der Nudelmaschine

Ich mußte grinsen, als ich auf der Speise­karte einige korea­nische Speisen (sogar in korea­nischer Schrei­bung) fand, und fragte Bhavani ganz un­schul­dig, wo sie denn das Kim-Chi her­nehmen wolle. Das mache sie selbst, er­klärte sie mir, und auf meinen zwei­feln­den Gesichts­ausdruck zeigte sie mir ein großes Einweck­glas voll zinnober­rotem Kraut-und-Karotten-Pickle; das habe sie von einer korea­nischen Touristin ge­lernt. Ich ver­köstigte eine Portion und befand es zwar etwas salzig, aber sonst sehr gut. Ent­sprechend versuchte ich bei Ge­legen­heit die Suppe Kimchi Manduguk 김치만두국, das sind mit rohem Kimchi ge­füllte Teig­taschen (Mandu, 만두), die in einer Kimchi-Suppe ge­kocht werden. Bhavani war in Bezug auf Chilies im Lauf der Woche zu­mindest bei mir ein bißchen freakig ge­worden, und das Resultat ge­nügte fort­geschrit­te­nen An­sprüchen: Der Ge­schmack von ge­koch­tem Kimchi in der Suppe kon­trastier­te erstaun­lich stark mit dem noch rohen Kohl in den Mandu.

Solcherart mutig gewor­den, be­schloß ich, auch den ita­lieni­schen Nudel­gerichten eine Chance zu geben. Fatte a mano ist hier ernst ge­meint: Bhavani be­reitet den Teig selbst und jagt ihn durch eine echte Nudel­maschine. Die resultie­renden fettucine wurden dann aglio olio e peperon­cini zu­berei­tet: Oliven­öl (im­por­tiert aus den Abruzzen, wenn ich das Schild richtig inter­pretie­re), Knob­lauch und etwas über­raschend grüne indische Chilies, das ganze noch be­streut mit ge­trock­ne­tem Oregano. Ich war richtig baff, und vergaß ganz auf meine übliche Spöt­telei über den an­geb­lich „un­genieß­baren Touristenfraß“.


Udupi Guwahati

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